Stellungnahme Univ.Prof. Dr. Bernhard Raschauer

 

Ich persönlich sehe die jeweils aktuellen Staatsaufgaben grundsätzlich - dh wenn man von einzelnen verfassungsrechtlichen Vorgaben absieht - als Ergebnisse des jeweiligen politischen Prozesses. Auch unter Berücksichtigung der ersten Beratungen in der konstituierenden Sitzung habe ich beschlossen, eine "Leermeldung" abzugeben:

Ich sehe keinen Bedarf, eine der bestehenden Zielbestimmungen oder Gesetzgebungsaufträge des B-VG oder "naher" BVG (Verbotsgesetz, Neutralität, umfassender Umweltschutz, Datenschutz) zu streichen. Im Hinblick auf "fernere" Verfassungsbestimmungen würde ich noch den Fortgang der Arbeiten des Ausschuss 2 abwarten.

Da jede der bestehenden Bestimmungen ihre ganz spezifische Geschichte und politische Wertigkeit hat, sehe ich - jedenfalls derzeit - auch keine Möglichkeit, derartige Bestimmungen irgendwie zu "systematisieren".

Andererseits sehe ich keinen Bedarf, neue Aufgabennormen, Staatszielbestimmungen oder Gesetzgebungsaufträge einzuführen. Ich meine, dass man dies dem politischen Prozess überlassen kann.

Wollte man versuchen, "Kernaufgaben" zu definieren und verfassungsrechtlich festzuschreiben, würde man bei einigen Punkten landen, die vermutlich nicht wirklich strittig sind oder aber mit Einschränkungen versehen werden müssten (zB "Maßnahmen des Bundesheeres in Wahrnehmung der militärischen Landesverteidigung", "Rechtssetzung, soweit sie nicht anderen Einrichtungen übertragen ist"). Immerhin kommen sogar Festnahmebefugnisse ("Ausübung spezifisch staatlicher Gewalt") nichtstaatlichen Einrichtungen zu. Bei der Rechtsprechung müsste man Raum belassen für die gesetzlich anerkannte private Schiedsgerichtsbarkeit und Mediation.

Eher wäre es angebracht, der spezifischen Begriffsverwendung durch den VfGH entgegen zu treten: Soweit Staatsaufgaben legitimer Weise durch Ausgegliederte wahrzunehmen sind - die Konturen dafür, insb die erforderliche politische Steuerung, sind in einem anderen Ausschuss zu klären -, vermag ich nicht einzusehen, warum sie nicht Verwaltungsstrafen verhängen oder auch wichtige Verordnungen erlassen sollen.

Mit freundlichen Grüßen
                              Bernhard Raschauer, e.h.