Von: Associazione per i popoli minacciati / Gesellschaft für bedrohte Völker [info@gfbv.it]
Gesendet: Montag, 10. November 2003 12:08
An: Österreich-Konvent; Presse Konvent
Betreff: GZ 99000.0281.8-Konvent/2003

An den
Vorsitzenden
des Österreich-Konvents
Franz Fiedler

Wann erfüllt Österreich endlich den Verfassungsauftrag Minderheitenschutz?

Bozen, den 10.11.2003

Die Gesellschaft für bedrohte Völker-Südtirol (GfbV) appelliert an Sie, bei
der sogenannten Harmonisierung der österreichischen Verfassung nicht die
Anliegen der sechs Sprachminderheiten zu vergessen. Österreich ist säumig
bei der Umsetzung der verschiedenen Verpflichtungen des Artikels 7 des
Staatsvertrages von 1955. Das bestätigten auch verschiedene Urteile des
Verfassungsgerichts. Tatsächlich kümmern sich beispielsweise bei den
zweisprachigen Ortsnamen darum weder die Republik noch das betroffene
Bundesland Kärnten.

Die bisher verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte werden den
Sprachminderheiten vorenthalten. Damit wird der tägliche Verfassungsbruch
geduldet. Auch über diese Frage muß im Konvent diskutiert werden. Der
Österreich-Konvent muß in seiner Arbeit deshalb einige richtungsweisende
Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes berücksichtigen. Handlungsbedarf
ist auch deshalb gegeben, weil das derzeitige österreichische
Minderheitenrecht aus der Monarchie und aus dem Völkerrecht herrührt.

Für die Südtiroler Sektion der GfbV ist es unverständlich, wenn die
Volksgruppensprecherin der ÖVP, Silvia Fuhrmann, die Anliegen der
Sprachminderheiten in der angelaufenen Verfassungsreform als "klitzekleine
Kleinigkeit" abqualifiziert. Sind die Angehörigen der Minderheiten, Bürger
zweiter Klasse?

Die GfbV-Südtirol unterstützt deshalb die Forderungen des
Volksgruppenzentrums, den Minderheitenschutz gesetzlich neu zu ordnen und
eine Reihe von Schutzmaßnahmen gesetzlich zu verankern. Mit einem neuen
Minderheitenschutzgesetz soll den Sprachminderheiten die Chance auf eine
Zukunft und Perspektive gegeben werden.
Mit dem Verfassungsgesetz soll endlich die mediale Versorgung in den
Minderheitensprachen, muttersprachliche Kindergärten und die gezielte
Förderung "faktisch benachteiligter Gruppen" garantieren. Das notwendig
gewordene
Verfassungsgesetz soll den Sprachen der Minderheiten einen gesicherten Platz
im öffentlichen Leben eingeräumen.