Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

Konstituierende Sitzung,

Montag, 30. Juni 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Tagesordnung

 

1.      Konstituierung des Österreich-Konvents

2.      Grundsatzerklärung des Vorsitzenden des Konvents

3.      Generaldebatte

Es ist in Aussicht genommen, diese Sitzung um 13.00 Uhr zu schließen und

in einer nächsten Sitzung am Donnerstag, dem 10. Juli 2003, um 9.00 Uhr im Bundesratssitzungsaal im Parlament in Wien fortzusetzen.


Inhalt

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler............................................ 4

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner.................... 10

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer ............ 10

Dr. Dieter Böhmdorfer ................................................................................................ 12

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................................... 13

Dr. Andreas Khol......................................................................................................... 15

Dr. Wolfgang Schüssel............................................................................................... 16

Mag. Herbert Haupt..................................................................................................... 16

Prof. Herwig Hösele.................................................................................................... 18

Waltraud Klasnic......................................................................................................... 19

Dr. Michael Häupl........................................................................................................ 20

Helmut Mödlhammer................................................................................................... 21

Bernd Vögerle.............................................................................................................. 23

Dr. Clemens Jabloner................................................................................................. 24

Dr. Bernd-Christian Funk............................................................................................ 25

Dr. Gerhart Holzinger.................................................................................................. 25

Dr. Alfred Finz............................................................................................................. 27

Dr. Ernst Strasser....................................................................................................... 28

Dr. Christoph Leitl....................................................................................................... 29

Dr. Herbert Sausgruber............................................................................................... 30

Dr. Theo Öhlinger........................................................................................................ 31

Manfred Dörler............................................................................................................. 32

Ing. Georg Griessner................................................................................................... 33

Dr. Evelin Lichtenberger.............................................................................................. 34

MMag. Dr. Madeleine Petrovic..................................................................................... 36

Mag. Terezija Stoisits.................................................................................................. 37

Dr. Peter Kostelka....................................................................................................... 38

Dr. Manfred Matzka..................................................................................................... 39

Dr. Josef Pühringer..................................................................................................... 41

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer................................................................................ 42

Mag. Herbert Tumpel................................................................................................... 43

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.......................................... 43

 


 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich darf ersuchen, die Plätze einzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, Sie bei der konstituierenden Sitzung des Österreich-Konvents begrüßen zu können. Ich begrüße auch die Vertreter der Medien, und, da die Sendung im Fernsehen übertragen wird, begrüße ich auch die Zuschauer vor den Fernsehschirmen. Die Fernsehübertragung wird bis 13 Uhr laufen und für die Sitzung selbst ist auch vorgesehen, dass sie um 13 Uhr endet.

 

Ich komme damit zum ersten Punkt der Tagesordnung und stelle die Konstituierung des Österreich-Konvents fest.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie der Einladung entnommen haben, wurde auch der Herr Bundespräsident zu dieser Eröffnungssitzung eingeladen. Er hat auch sein Kommen zugesagt, musste aber in letzter Minute bedauerlicherweise aus gesundheitlichen Gründen absagen. Er hat uns stattdessen eine Grußbotschaft zukommen lassen mit dem Ersuchen, dass ich sie zur Verlesung bringe. Ich darf dies mithin tun. Die Grußbotschaft lautet:

 

„Zu meinem Bedauern kann ich heute der Einladung nicht nachkommen, an der konstituierenden Sitzung des Österreich-Konvents teilzunehmen.

Die Erarbeitung von Vorschlägen zur Staatsreform, zur Aufgabenverteilung der Gebietskörperschaften und zur Neukodifizierung von Verfassungsbestimmungen ist ein dringliches Anliegen im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher. Es ist höchst verdienstvoll, im Geiste und auf der Grundlage unseres vielfach bewährten Bundes-Verfassungsgesetzes zeitgemäße Anpassungen vorzuschlagen und danach zu trachten, die Übersichtlichkeit unserer Verfassung zu verbessern – ein Erfordernis, auf das auch ich in den letzten Jahren mehrmals hingewiesen habe. Die Rechtsstaatlichkeit ist ein hohes Gut – und es muss alles getan werden, um das Verständnis und Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Einrichtungen unserer Republik zu stärken.

Ich bin davon überzeugt, dass der Österreich-Konvent diesen Aufgaben im Geiste des demokratischen Dialogs und größtmöglicher Offenheit nachkommen wird, danke schon jetzt allen Konventsmitgliedern für ihre Arbeit und wünsche den Beratungen viel Erfolg!“

Soweit die Grußbotschaft des Herrn Bundespräsidenten.

 

Ich nehme Ihr Einverständnis vorweg, dass wir dem Herrn Bundespräsidenten für diese Grußbotschaft danken und ihm gleichzeitig auch Genesungswünsche übermitteln. Ich werde ein diesbezügliches Schreiben an den Herrn Bundespräsidenten richten.

 

 

 

 

(zweiter Tagesordnungspunkt)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitglieder des Konvents! Lassen Sie mich, bevor wir in die Grundsatzdebatte eingehen, einige grundsätzliche Worte vom Vorsitz aus sagen.

Wir alle sind uns bewusst, welche Aufgabe uns bevorsteht, welche Verantwortung wir übernommen haben für unsere Republik und für die Bewohner unserer Republik. Wir wurden aufgerufen, eine neue Form des Staatsaufbaus und der Verfassung zu schaffen. Und ob eine staatliche Verfassung als Reform bedürftig anzusehen ist, bemisst sich nicht so sehr an der Zahl ihrer Jahresringe, die sie angesetzt hat, sondern vielmehr daran, ob sie auf der Höhe der Zeit ist und den Anforderungen, die an sie gestellt werden, zu entsprechen vermag.

Unter diesem Gesichtspunkt sind daher nicht die über 80 Jahre, die unser Bundes-Verfassungsgesetz aufweist, von vorrangiger Bedeutung für eine grundsätzliche, konstitutionelle Neuschöpfung, sondern die gereifte Erkenntnis, dass Österreich mit ihr nicht mehr über die optimalen Voraussetzungen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts verfügt.

Auch wenn man sich die mancherorts vertretene Auffassung nicht zu eigen machen will, dass unsere Verfassung schon von Anbeginn an kein staatstheoretisch Widerspruch freies, sondern nur ein auf Kompromissen basierendes Werk dargestellt habe – ja, manche meinen sogar, sie sei von Anfang an eine Ruine gewesen, also: Selbst wenn man sich nicht diese Meinung zu eigen machen sollte, kann doch nicht geleugnet werden, dass die auf zahlreichen Novellen beruhenden inhaltlichen Änderungen, denen die Verfassung seit dem Jahre 1920 unterworfen war, nicht dazu beigetragen haben, sie als geschlossenes System unserer staatlichen Grundlagen zu begreifen.

Unübersichtlichkeit sowie Belastung mit verfahrensrechtlichen und organisatorischen Regelungen kennzeichnen unsere heutige Konstitution. Ganz zu schweigen von den in ihrer Fülle kaum noch zu überblickenden, vom Bundes-Verfassungsgesetz getrennt erlassenen Verfassungsgesetzen, beziehungsweise in einfachen Gesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen, die in ihrer Gesamtheit dem Bundes-Verfassungsgesetz den Status einer Verfassungsurkunde verwehren.

Man sollte unserer geltenden Verfassung aber andererseits auch Gerechtigkeit widerfahren lassen. Sie hat sich viele Jahrzehnte hindurch nicht nur als praktikabel erwiesen, sondern war auch Garant für Demokratie und Rechtsstaat in Österreich. Der Ruf nach einer umfassenden Reform darf daher nicht als rückwärts gewandte Kritik an unserer Verfassung missverstanden werden, sondern beruht auf der Einsicht, die Weichen für die Zukunft Österreichs neu stellen zu müssen.

Die Notwendigkeit einer Reform unserer Verfassung gründet sich jedoch nicht nur auf zu ihrem Nachteil ausschlagenden Veränderungen, denen sie ausgesetzt war, sondern mindestens ebenso sehr auf den gegenüber der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geänderten Rahmenbedingungen für unseren Staat und seine Bewohner.

Der Aufbruch in ein neues Jahrtausend erfolgte nahezu zeitgleich mit dem Eintritt Österreichs in ein größeres Europa. Die Neupositionierung des Nationalstaates in dieser größeren sowie zunehmend größer und bedeutsamer werdenden supranationalen Gemeinschaft bedingt auch eine Neubewertung der innerstaatlichen Aufgaben und Kompetenzen sowie eine Reform der innerstaatlichen Strukturen und Institutionen, der bisher nur unzureichend Rechnung getragen wurde.

Das Abwandern von immer mehr ehedem national staatlich angesiedelten Rechten und Zuständigkeiten an die Europäische Union und deren Einflussnahme auf den innerstaatlichen Bereich wurden zwar in Österreich registriert, teils begrüßt oder bedauert, beziehungsweise politisch wie rechtstheoretisch kommentiert, doch beließ man es großteils dabei, sich mit Adaptierungen der österreichischen Rechtslage zufrieden zu geben, ohne den entscheidenden Schritt zu einer in die Wurzeln gehenden Reform des gesamten staatlichen Aufbaus zu setzen.

Einige gut gemeinte, allerdings ohnedies bei weitem nicht ausreichende Ansätze wie etwa die in den 80-er und 90-er Jahren des vorigen Jahrhunderts initiierte Bundesstaatsreform blieben letztlich nur Versuche und ohne greifbares Ergebnis.

Parallel zu dieser in der Hinwendung Österreichs zur Europäischen Union bestehenden Entwicklung und der in diesem Zusammenhang von ihr den Mitgliedstaaten verpflichtend vorgegebenen Budgetdisziplin machten sich die innerstaatlichen Rahmenbedingungen und Hierarchien als Hemmschuh für den schlanken Staat mit kostengünstiger, Budgetressourcen schonender Verwaltung höchst unliebsam bemerkbar. So sehr Österreich auf seine vorbildliche Verwaltung und das hohe Berufsethos seiner öffentlich Bediensteten zu Recht stolz sein kann, so verkrustet sind vielfach die nicht zuletzt auf veralteten Kompetenzbestimmungen beruhenden Verwaltungsstrukturen, die unter ökonomischen Gesichtspunkten initiierten Reformbestrebungen widerstehen – wie dem Rechnungshof aus jahrzehntelanger Prüfungserfahrung leidvoll geläufig ist.

Es soll keineswegs verkannt und durchaus gewürdigt werden, dass gerade in jüngerer Zeit dennoch verwaltungsinnovatorische Maßnahmen getroffen und Reformen in Gang gesetzt wurden, die positive und anerkennenswerte Effekte erzielten. Doch war oftmals zu registrieren, dass Versuche, unsere Verwaltungsstrukturen wirklich  tiefgreifenden Änderungen zu unterziehen, daran scheiterten, dass man relativ bald an verfassungsrechtliche Grenzen stieß, die weitere Reformen verhinderten.

Auch dies war eine Folge des in verfahrensrechtlicher Hinsicht vielfach zu sehr ins Detail gehenden Bundesverfassung. Die nicht nur vom Rechnungshof immer wieder erhobene Forderung nach mehr staatlicher Effizienz konnte daher nicht zuletzt wegen der von der Verfassungsebene her vorgegebenen Starrheit der Rahmenbedingungen für die österreichische Verwaltung nicht umgesetzt werden. So kann es nicht überraschen, dass die allenthalben als entscheidender Nachteil empfundene Inflexibilität und die daraus resultierende Hürde für eine sparsame, das Budget und die Steuerzahler weniger belastende Administration mit ursächlich dafür waren, dass die Forderung nach einer grundsätzlichen Erneuerung – und nicht bloß punktuellen Korrektur – der Verfassung laut wurde.

Es mehrten sich die Stimmen, die dafür eintraten, nach dem Vorbild des Konvents der Europäischen Union den Versuch zu wagen, einen Österreich-Konvent als Forum der Diskussion sowie der Reform des Staates und seiner Verfassung ins Leben zu rufen. Das vor wenigen Tagen beschlossene Gesetz über den Österreich-Konvent trägt diesem Anliegen Rechnung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Konvent wurden von seinem Gründungskomitee klare Ziele vorgegeben. Abgeleitet vom übergeordneten Ziel, Vorschläge für eine grundlegende Reform des Staates und der Verfassung in Form eines Entwurfes für einen straffen Verfassungstext auszuarbeiten, der sämtliche Verfassungsbestimmungen enthält, seien als bedeutendste Vorgaben für den Konvent die Befassung mit folgenden Bereichen erwähnt:

Eine umfassende Analyse der Staatsaufgaben, eine neue Kompetenzverteilung, das Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips, die Struktur der staatlichen Institutionen, die Grundzüge der Finanzverfassung – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung – sowie die Einrichtung einer effizienten Kontrolle auf Bundes- und Landesebene.

Zugleich wurde dem Konvent als unverrückbarer Rahmen für seine Arbeit die Bewahrung der Baugesetze, der geltenden Verfassung, also des demokratischen, des bundesstaatlichen und des rechtsstaatlichen Prinzips sowie der republikanischen Staatsform aufgetragen.

Innerhalb dieses Rahmens muss es jedoch dem Konvent unbenommen bleiben, Veränderungen oder Neubewertungen vorzunehmen, mögen sie auch höchst unorthodox oder gar revolutionär anmuten. Noch viel weniger darf es dem Konvent und seinen Mitgliedern verwehrt sein, die zur Sache gehörigen Themen ohne Rücksicht auf echte oder vermeintliche Tabus zu diskutieren. Der parlamentarische Boden, auf dem der Konvent tagt, hat Garant für das freie Wort zu sein, und zwar für alle Mitglieder des Konvents.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist absehbar, dass hinsichtlich der meisten der dem Konvent zur Beratung überantworteten Themen kontroversielle Auffassungen vertreten werden. Als Beispiel sei das Legalitätsprinzip herausgegriffen, das von stringenten, keine Schmälerung duldenden Befürwortern als unabdingbarer Schutz des Einzelnen vor der Willkür staatlicher Macht, von anderen wiederum als Hindernis für die erforderliche Flexibilität der öffentlichen Verwaltung angesehen wird.

Die Diskussionen im Konvent werden daher, wie es einem derartigen Forum ansteht, von Interessengegensätzen geprägt sein. Der Konvent sollte sich jedoch nicht prioritär als Plattform für Lobbyismus missverstehen. Die Arbeit an der neuen Verfassung sollte von den Mitgliedern des Konvents nicht unter dem Aspekt des größtmöglichen Vorteils für die eine oder andere Interessengruppe angegangen werden. Der Konvent hat nicht eine Verfassung mit dem eingeschränkten Blickwinkel auf den nächsten Finanzausgleich, sondern für das 21. Jahrhundert zu entwerfen. Vorrang hat dabei die Beantwortung der Fragen: Wie soll sich Österreich in einem Menschenalter, also in etwa 30 Jahren in einem größeren Europa positionieren? Welche Rolle kann und soll es noch als Nationalstaat spielen? Welche Rechtsstellung und Freiheiten sollen seinen Bürgern, seinen Volksgruppen, seinen sonstigen Bewohnern zugedacht sein? Wo sollen die Grenzen staatlicher Macht liegen? Welches Konzept wird bestimmen, welche Aufgaben weiterhin unter seiner Verantwortung verbleiben und welche abgegeben werden? Vor allem aber: Auf welchen gemeinsamen Werten soll unser Staat aufgebaut und geleitet werden? Kurz gefasst: Wie soll das Österreich gestaltet sein, das wir der kommenden Generation zu übergeben haben? Dies und nicht eine engstirnige, in kleinlichen Auseinandersetzungen verhaftete Diskussion sollte die Arbeit des Konvents auszeichnen.

Hat man sich einmal geeinigt, welche Zukunftsvisionen man mit Österreich verbindet, dann sollte es auch leichter fallen, über die dazu notwendigen verfassungsrechtlichen Grundlagen einen Konsens zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ziele, die dem Konvent für seine Arbeit vorgegeben sind, stellen nicht auf Strukturerhaltung, sondern ganz im Gegenteil auf Innovation ab. Innovation wiederum setzt den Mut zur Veränderung voraus. Und Veränderung bedeutet unter anderem neue Grenzziehungen, nicht zuletzt von Kompetenzen. Zu meinen, sämtliche im Konvent vertretene Interessengruppen könnten auf eine Mehrung ihrer Rechte zählen, muss wohl von jedem Einsichtigen als Illusion abgetan werden. Überlegungen, den Konvent nur unter der Bedingung zu akzeptieren, dass aus den Ergebnissen seiner Beratungen keine Schmälerung des eigenen Einflusses resultieren dürfe, sind nicht geeignet, einen konstruktiven Beitrag zu leisten, äußert sich doch darin ein fehlendes Verantwortungsgefühl für eine größere Gemeinschaft.

Wer unbeweglich in seiner Position verharrt, sollte bedenken, dass erfahrungsgemäß alles, was sich nicht selbst bewegt, irgendwann einmal schließlich fremd bewegt wird. Die Geschichte ist reich an Beispielen dafür.

Wir sollten stets eingedenk sein, dass es sich bei diesem Konvent weder um einen Konvent der Bundesländer, der Gemeinden oder der Sozialpartner, noch um einen solchen der politischen Parteien handelt, sondern - wie dies der Name sinnfällig zum Ausdruck bringt – um einen Österreich-Konvent. Und das allen anderen Belangen übergeordnete Interesse hat daher ein gesamtösterreichisches zu sein.

Mit Österreich können wir uns alle unbestrittenermaßen am umfassendsten identifizieren. Angesichts der Stellung Österreichs im gesamteuropäischen Gefüge wird nur die Entwicklung aller im Konvent vertretenen Partikularinteressen zu einem gesamtösterreichischen Interesse nicht nur österreichische Identität nach innen stiften, sondern diese auch überzeugend in Europa vertreten lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So spannend sich die zu erwartenden Diskussionen im Konvent auch gestalten mögen, muss von Beginn an klar sein, dass der Konvent sich nicht nur als bloße Plattform des Gedankenaustausches verstehen darf, sondern als Arbeitskonvent gedacht ist. Die mit 18 Monaten ab seiner Konstituierung limitierte Frist bis zur Vorlage eines Verfassungsentwurfes ist gewiss knapp bemessen. Dies sollte uns bestimmen, uns in unserer Arbeit auf das Wesentliche zu konzentrieren und uns nicht in Nebensächlichkeiten zu verlieren. Auch sollten wir uns davor hüten, uns auf die Präsentation von Vorschlägen und deren Austausch zu beschränken. Vielmehr gilt es, gemeinsame Ergebnisse zu erarbeiten.

Der Konvent der Europäischen Union gibt uns ein Beispiel dafür, dass in einem einigermaßen vergleichbaren Zeitraum sehr wohl ein Ergebnis erzielt werden konnte. Ob man diesem nun ablehnend oder positiv gegenüber steht, mag in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben.

Der Begriff „Konvent“ gemahnt jedoch nicht nur an den der Europäischen Union, sondern auch an andere prominente Vorbilder, die ihren festen Platz nicht nur in der Historie des jeweiligen Landes, sondern auch in der Weltgeschichte haben, so zum Beispiel in Frankreich oder in den Vereinigten Staaten des 18. Jahrhunderts. Diese Vorbilder mögen uns zwar gegenwärtig übermächtig erscheinen und könnten bei uns Bedenken aufkommen lassen, ob wir ihnen genügen können oder ob wir uns nicht mit dem für unser Forum gewählten Begriff übernommen haben. Wir sollten jedoch nicht kleinmütig sein, sondern den hohen geschichtsträchtigen Ansprüchen, die mit dem Begriff „Konvent“ verbunden sind, gerecht zu werden versuchen. Die mit dem Österreich-Konvent verknüpfte Erwartungshaltung ist eine große. Sie hat uns Ansporn im Interesse Österreichs und der Österreicher zu sein.

Gewiss mag angesichts der in der Vergangenheit fehlgeschlagenen Versuche, eine Staatsreform ins Werk zu setzen, bei so manchen auch hinsichtlich dieses Konvents mehr oder minder große Skepsis über ihre Erfolgsaussichten aufkommen. Auch kann klarer Weise kein Erfolg garantiert werden. Euphorie wäre daher fehl am Platz.

Es wäre aber ebenso deplatziert, die Arbeit des Konvents in einer pessimistischen Grundhaltung beginnen zu wollen. Dazu besteht nun wirklich kein Anlass. Die personelle Zusammensetzung des Konvents, seine von einer breiten Mehrheit getragene Einsetzung und nicht zuletzt auch die Einsicht in die Notwendigkeit einer fälligen Staats- und Verfassungsreform sollten eine gute Basis für eine erfolgsorientierte Arbeit des Konvents schaffen und uns mit dem nötigen Optimismus in die Zukunft blicken lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mitglieder des Konvents. Österreich hat in der Vergangenheit wiederholt Großes und Großartiges geleistet und auch mehr zu Stande gebracht, als ihm manch einer in den eigenen Reihen zugetraut hätte. Der Konvent bietet die große Chance, Gleiches unter Beweis zu stellen. Er möge diese Chance nützen. Wir mögen diese Chance nützen, im Interesse unserer Heimat und unserer Bewohner. Danke schön.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zum drittten Punkt der Tagesordnung, der Generaldebatte.

 

Ehe ich in die Generaldebatte eingehe, darf ich Ihnen dazu einige Informationen geben: Die Reihenfolge der Rednerliste wurde derart erstellt, dass zuerst die Mitglieder des Präsidiums des Konvents zu Wort kommen, im Anschluss daran Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, dann Vizekanzler Mag. Herbert Haupt, sowie der Präsident des Bundesrates, Prof. Herwig Hösele und die derzeitige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptfrau Waltraud Klasnic.

Im Anschluss daran folgen die Mitglieder des Konvents in der Reihenfolge, in der sie die Wortmeldungen abgegeben haben. Es gibt einen Tausch zwischen Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber, Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer und Herrn Univ. Doz. Dr. Peter Bußjäger. Ansonsten liegt Ihnen die unveränderte Liste der Wortmeldungen vor. Für Frau Bundesministerin  Elisabeth Gehrer wurde als Ersatz Herr Staatssekretär  Dr. Finz nominiert. Er wird an ihrer Stelle das Wort ergreifen.

Sollte es während der Sitzung zu weiteren Wortmeldungen kommen, darf ich Sie bitten, sie bei Frau Dr. Ingrid Moser, die hier zu meiner linken sitzt, abzugeben.

Es besteht eine Redezeitbeschränkung von fünf Minuten. Die Zeit wird danach eingestellt. Nach vier Minuten leuchtet automatisch auf dem Rednerpult eine rote Lampe auf, die Ihnen signalisiert, dass Sie nur mehr eine Minute Zeit haben. Ich darf Sie ersuchen, sich an die Redezeitbeschränkung zu halten. Wir werden jedenfalls die Sitzung um 13 Uhr schließen. Wortmeldungen, die abgegeben wurden und die in dieser Sitzung nicht mehr aufgerufen werden können, kommen bei der nächsten Plenarsitzung des Konvents zum Aufruf. Diese Sitzung wird am 10. Juli 2003 stattfinden.

Wer bei Aufruf der Wortmeldung nicht im Saal ist, verwirkt seine Wortmeldung, kann sich allerdings nachträglich wieder in die Liste eintragen lassen. Es kommt jeder Redner in der Generaldebatte nur einmal zu Wort.

Das Protokoll über Ihre Wortmeldung wird Ihnen schriftlich zugehen, und es wird Ihnen – wie dies der parlamentarischen Gepflogenheit entspricht – eine Frist von 48 Stunden zur Korrektur offen stehen. Die korrigierte Fassung ist dann wieder dem Stenographendienst des Parlaments zuzuleiten.

Sollte keine Korrektur innerhalb dieser Zeit vorgenommen werden, dann gilt Ihr Einverständnis mit der unkorrigierten Fassung als vorausgesetzt; das Protokoll wird in dieser Weise dann veröffentlicht werden.

Da ich am Ende der Sitzung noch einige Verlautbarungen für die nächste Sitzung vorbringen werde, wird daher die letzte Wortmeldung etwa zwischen 12:50 und 12:55 Uhr zum Aufruf gelangen.

Ich darf nun die erste Rednerin zu Wort bitten, Frau Landtagspräsidentin Andrea Orthner. Bitte, Frau Landtagspräsidentin. Die Zeit ist auf fünf Minuten eingestellt.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Österreich-Konvents! Alles hat seine Zeit, und offensichtlich ist die Zeit jetzt günstig. Günstig, heranzugehen, Österreich neu zu bauen und eine neue Verfassung zu geben und daran zu gehen, all das, was schon am Tisch liegt, was diskutiert worden ist, zu sammeln, zu ordnen, neu zu strukturieren und ins 21. Jahrhundert zu bringen.

Seit vielen Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, bemühen sich viele maßgebliche Organe unserer Republik, der Länder und Gemeinden, der Parteien, dies zu tun. Jetzt scheint der Augenblick günstig zu sein, in den kommenden 18 Monaten daran zu gehen, mit den Mitgliedern, mit den hinzugezogenen Experten, ein sehr ehrgeiziges Projekt zu beginnen und positiv zu Ende zu bringen.

Ich bin auch ganz sicher, dass diese Aufgabe gelingen kann, wenn alle sehr offen, sehr problem- und sehr lösungsorientiert an diese Aufgabe herangehen. An eine Aufgabe, bei der es darum geht, Österreich in seinen Grundfesten mit den guten Baugesetzen, die wir haben, zu belassen; das bundesstaatliche Prinzip zu belassen, aber mehr zu tun, als auf den Grundfesten eines alten Hauses nur ein paar Renovierungsarbeiten zu machen. Es geht schon um mehr: Es geht um eine Neuordnung, aber das Festhalten am bundesstaatlichen Prinzip ist weder Einschränkung noch Festhalten am Überkommenen oder Festhalten an Besitzständen; sondern es ist ein notwendiges und gutes Fundament, das auch Österreich erfolgreich gemacht hat. Die Aufgaben, die heute der Bund, die Länder, die Verbände haben – sie sind grundlegend anders geworden. Heute gilt es, Synergien zu nützen, Bewusstsein zu schaffen, Menschen einzubinden, die so genannte Zivilgesellschaft hereinzubringen. Es geht darum, zu motivieren, zu koordinieren, intelligente Projekte anzugehen und gemeinsam zu erledigen. Das alles ist Grundlage eines neuen Verständnisses von Staat und Gesellschaft, eines Verständnisses, das Menschen auch im Besonderen einbringt – auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips. Was wollen wir? Dieses „tu selbst, was du selbst tun kannst“ auch in unsere Verfassung ganz stark hereinbringen! Wir brauchen also klare und nachvollziehbare Strukturen in unserem Land. Wir brauchen Zuständigkeiten, die nachvollziehbar sind, die neu formuliert werden müssen. Wir brauchen das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger, die mit uns ein neues Österreich bauen sollen, und wir brauchen dazu eine korrekte und ordentliche Finanzgebarung, die es den Gemeinden und Ländern ermöglicht das zu tun, was sie selber tun können, und die insgesamt den Bürgerinnen und Bürgern nützt.

Ich glaube, dass dieses Projekt ein Projekt sein wird, das unsere Landsleute selbstbewusster machen kann. Selbstbewusst und erfolgreich machen kann, in einem Europa des 21. Jahrhunderts zu bestehen. Nicht nur zu bestehen, sondern eine hervorragende, gute und selbstbewusste Rolle zu spielen. Ich freue mich auf diese Arbeit im Österreich-Konvent.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Univ. Prof. Dr. Heinz Fischer.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich durch diese feierliche Stimmung einer konstituierenden Sitzung nicht davon ablenken lassen, dass wir eine ziemlich schwierige Aufgabe übernehmen. Eine sehr schwierige Aufgabe, die uns in nächster Zeit viel Arbeit und Mühe bereiten wird, aber hoffentlich am Schluss mit Freude über einen Erfolg belohnt wird.

Ich möchte meinen Diskussionsbeitrag – das ist der erste Punkt – mit einem Kompliment an Hans Kelsen und jene Persönlichkeiten beginnen, die in einer so unglaublich schwierigen Zeit, wie den Monaten nach dem Ersten Weltkrieg, es zu Stande gebracht haben, für Österreich auf breiter Basis eine neue – in manchen Bereichen bahnbrechende – Verfassung zu schaffen, die am 1.Oktober 1920 in Kraft getreten ist, also bald 83 Jahre alt sein wird; auch wenn sie in manchen Bereichen lückenhaft war und manche Einzelteile nicht fertig gestellt werden konnten.

Zweitens: Die Tatsache, dass diese Verfassung, wie schon erwähnt, mehr als 80 Jahre alt ist – auch wenn sie elf Jahre lang von 1934 bis 1945 nicht in Kraft war – hat meines Erachtens Vorteile und Nachteile. Vorteile, die in der Stabilität, in der Kontinuität, in der Berechenbarkeit und in einer ausführlichen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes liegen. Nachteile, weil sich natürlich die gesellschaftlichen und technologischen Bedingungen in diesen mehr als acht Jahrzehnten stark verändert haben. Weil wir beichten oder zugeben müssen, dass wir diesen Prozess der Verfassungszersplitterung zugelassen haben und weil der Prozess der Europäischen Integration neue Bedingungen geschaffen hat, die im europäischen Verfassungskontext zu berücksichtigen sind.

Drittens: Das gemeinsame Nachdenken über zeitgerechte Strukturen für unseren Staatsaufbau und die gemeinsame Arbeit an einer neuen Verfassung sind daher ebenso vornehme wie wichtige Ziele, an deren Ausformulierung  wir noch zu feilen haben, z.B. was die genauen Aufgaben einzelner Ausschüsse oder einzelner Themen des Konvents betrifft. Aber insgesamt gilt schon dieser kluge, weise, in Österreich oft zitierte Ausspruch des früheren französischen Staatspräsidenten Herriot, der einmal gemeint hat: Wer eine Gesellschaft stabil halten will, muss sie in Bewegung halten. Wer eine Demokratie stabil halten will, muss sie auch in Bewegung halten.

Viertens: Die Methode eines Konvents ist grundsätzlich nicht neu, aber sie hat sich gerade in jüngster Vergangenheit durch zwei erfolgreiche Konvente auf europäischer Ebene bewährt. Ich möchte bei dieser Gelegenheit den österreichischen Vertretern im EU-Konvent herzlich zu ihren Leistungen und Erfolgen, die sie gemeinsam mit anderen erzielt haben, gratulieren und hoffe, dass sich die Reihe erfolgreicher Konvente durch diesen Österreich-Konvent fortsetzen lässt.

Fünftens: Man kann einen solchen Konvent natürlich nach unterschiedlichen Kriterien zusammensetzen und über die Zusammensetzung und die Zweckmäßigkeit einzelner Komponenten diskutieren, aber diese Frage ist heute müßig. Der Konvent ist, wie er ist; er ist, was er ist. Von dieser Realität ausgehend werden wir uns alle gemeinsam um ein gutes Arbeitsergebnis bemühen. Ein positives Arbeitsergebnis wäre meines Erachtens erzielt, wenn es gelingt, Konsens über eine neue Verfassungsstruktur und möglichst auch über einen neuen Verfassungstext zu erzielen. Dass diese Verfassung eine demokratische Verfassung sein muss, dass sie davon ausgehen muss, dass Österreich kein zentralistischer Einheitsstaat ist, aber dass auch das bundesstaatliche Prinzip in sinnvoller und effizienter Weise weiter entwickelt werden muss, steht für mich fest. Mit Recht haben sich zwei Parlamentarier heute zu Wort gemeldet und auch darauf hingewiesen, dass den Gemeinden ein angemessener Stellenwert gesichert sein muss und geschaffen werden muss.

Sechstens: Der Konvent wird seine Aufgaben teilweise im Plenum, teilweise in Ausschüssen erledigen und ich möchte zum Abschluss allen Konventsmitgliedern Weisheit und Toleranz und Klugheit wünschen, und die Kraft, die Gesamtinteressen der Republik über Partikularinteressen zu stellen. Ich bitte auch die österreichische Bevölkerung um ein bisschen Geduld und um Wohlwollen für diesen Konvent mit seiner schwierigen Aufgabe.

Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr.  Dieter Böhmdorfer.

Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde schon darauf hingewiesen, dass es für dieses Vorhaben Parallelen gibt und Grundanliegen gibt. Es wurde auch gesagt, dass natürlich der so genannte EU-Konvent in diese Thematik hereinspielt. Und es ist dies auch ganz selbstverständlich, wir werden bei der Arbeit in diesem Konvent darauf achten müssen, wie die Entwicklung in der EU weitergeht.

Wir müssen aber eines bedenken: Die Europäische Union befindet sich auf Identitätssuche. Sie hat eine Grundordnung eigener Art in den letzten Jahrzehnten entwickelt, eine lockere Zusammenarbeit, eine langsame, für manche allerdings zu schnelle Integration, ohne dass sie eine eigene Staatlichkeit, ein Zentralgebilde ihrer eigenen Organisationseinheit entwickelt hätte.

Wir wissen noch nicht, ob wirklich eine Verfassung auf EU-Ebene entsteht, oder ob es sich dabei um einen – allerdings ganz wesentlich verbesserten – Vertragsentwurf handeln wird. Trotzdem müssen wir im Österreich-Konvent diese Entwicklung weiter beobachten.

Österreich hat im Gegensatz zur EU längst eine eigene Identität gefunden und ist nunmehr im Begriff eine Verfassung nach diesem eigenen Bild zu entwickeln. Wir handeln in der Erkenntnis, dass unsere Verfassung zu viele Einzelbestimmungen hat, dass diese auch nicht dimensionsgetreu gewichtet und angesiedelt sind, dass sie zersplittert, versprengt und ausgefranst sind, und – Herr Präsident Fischer hat es schon gesagt – wir müssen dies vor der österreichischen Bevölkerung beichten oder zugestehen.

Der Ruf nach Entrümpelung, der sogar von den Verfassungsrichtern – unseren Höchstrichtern – kommt, ist schon von der Wortwahl her ein Signal, weil man in der Wortwahl merkt, dass der österreichische Bürger, wenn diese Entwicklung weitergeht, die Achtung vor der Verfassung verlieren könnte. Denn was man entrümpelt, das braucht man nicht mehr und das schätzt man nicht mehr. Sie ist – ich betone das – noch nicht verloren. Und es wird die Aufgabe dieses Konvents sein, eine Verfassung vorzulegen, die klar zum Ausdruck bringt, was die Verfassung wirklich für eine Aufgabe zu bewerkstelligen hat – nämlich Tragwerk, Statik und Struktur unseres Staates erkennen zu lassen und auch wieder die Achtung des Bürgers vor der Verfassung herzustellen.

Sie ist, ich betone das, noch nicht verloren gegangen, aber es wäre dies wohl die Entwicklung der nächsten Jahre und Jahrzehnte, wenn es diesen Konvent nicht gäbe. Was darf sich der Bürger von dieser Verfassung somit erwarten? Verfassungsrecht ist das grundsätzlichste und das wichtigste Recht. Verfassungsrecht ist das Gerüst unseres Staates, nicht die Fassade. Verfassungsrecht regelt Rahmenbedingungen für das Staatsgeschehen. Und nur wichtige Themen gehören in das Verfassungsrecht und diese müssen dimensionsgetreu und dimensionsadäquat dort angesiedelt werden.

Wie meines Erachtens die Grund- und Freiheitsrechte jene Rechte, die der Einzelne gegen den übermächtigen Staat erkämpft hat an den Beginn der Verfassung gestellt gehörten, weil sie eine Orientierungsfunktion haben. Sie signalisieren, welche Rechte und Berechtigungen der Einzelne dem Staat abgerungen hat und wie sich der Staat gegenüber dem Einzelnen zu verhalten hat.

Die neue Verfassung muss auch die Sprache der Bürger sprechen. Die Verfassung muss selbsterklärend sein, sie muss zu ihm reden. Sie muss eine klare Systematik haben. Die Stellen, die der Bürger sucht, die Themen, die er finden will, müssen leicht auffindbar und zugänglich sein. Die neue Verfassung hat auch darzulegen, welche Achtung sie vor dem einfachen Gesetzgeber hat. Der einfache Gesetzgeber ist nicht unwichtig. Im Gegenteil, er ist genau so wichtig wie der Verfassungsgesetzgeber, aber er hat eben eine andere Aufgabe.

Die einfachen Gesetze schaffen dem Staat Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit. Die Verfassung weist die Richtung und das Ziel, der einfache Gesetzgeber den Weg. Es ist klar, dass in dieser Verfassung vieles etabliert werden soll, was jetzt schon an Wünschen geäußert wird.

Als Justizminister darf ich eines ganz klipp und klar und deutlich sagen: Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist nach wie vor unser höchstes Gut und alles ist mir Recht, was zur Stärkung und zum Ausbau dieser Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit dienen wird.

Natürlich melden sich auch die Rechtsanwälte und die Notare. Sie wollen die Absicherung ihrer Berufsverschwiegenheit, die Absicherung der Rechtsberatung und der Rechtsvertretung in der Verfassung. Wir werden sicherlich darüber reden und ich danke dem Herrn Präsidenten, dass er klar gemacht hat, dass über alles und jedes auf diesem Boden zu diesem Thema geredet werden darf.

Ich schließe mich den Wünschen, die auch von einer gewissen Sorge getragen sind, an. Ich wünsche Ihnen, Herr Präsident, und uns allen im Konvent, dass wir gute Arbeit leisten, dass die Bevölkerung mit uns zufrieden ist und dass die großen Anstrengungen, die wir unternehmen und das große Risiko, das wir eingehen, nicht umsonst waren. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig. Bitte sehr.

Dr. Eva Glawischnig: Danke, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verfassungsdiskussion geht in Österreich ja mittlerweile über Jahrzehnte und wollte man sie mit einem Bild vergleichen, da ist es Sisyphus, der mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kommt. Sehr oft ist der Stein nach oben gerollt worden und dann wieder hinuntergerollt und daneben sind noch weiter Verfassungsrecht und Verfassungsgesetze in großer Zahl produziert worden.

Unsere Aufgabe ist sehr, sehr groß, sehr sehr schwierig und wir haben auch nur sehr wenig Zeit zur Verfügung – 18 Monate um für all diese großen Dinge eine inkorporierte Verfassungsurkunde zu machen, die Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden oder die Neuerung des Finanzausgleiches neu zu diskutieren.

Ich möchte aber mit einer kritischen Reflexion beginnen und aus der heraus drei Appelle an Sie richten. Im Vorfeld hat es Kritik gegeben an der Zusammensetzung des Konvents und das soll auch hier erwähnt sein. Es ist sehr sehr bedauerlich, dass die europäische Unions-Ebene nicht stärker vertreten ist. Es ist sehr bedauerlich, dass eine große Bevölkerungsgruppe 52 Prozent nur mit 14 Menschen hier vertreten ist, nämlich die Frauen. Wir sind 14 weibliche Mitglieder und 56 männliche.

Es ist bedauerlich, dass gerade die gesetzgebende, verfassungsgesetzgebende Körperschaft nämlich Abgeordnete zum Nationalrat, Bundesräte und Bundesrätinnen sehr gering vertreten sind und dass es doch eine Zusammensetzung geworden ist, die sehr stark interessensorientiert ist. Und in dem Zusammenhang möchte ich einen Appell an Sie richten, aus der Institution herauszusteigen und hier auf die Gesamtausgewogenheit, auf die Gesamtzusammensetzung zu schauen und auch gerade die mit zu bedenken, die in diesem Konvent nicht überrepräsentiert sind.

Der zweite Appell ist auch mit einer kritischen Reflexion verbunden: Die so genannte Bürger/Bürgerinnen-Gesellschaft; die Bürgerinnen und Bürger, für die wir das alles hier machen, sind im Konvent nicht vertreten! Und wir haben heute die Jugendlichen draußen vor dem Parlament stehen. Auch hier ein Appell, gerade zu überlegen, welche Mittel und Wege wir finden können, die Zivilgesellschaft, Bürgerinnen und Bürger in diese Beratungen mit herein zu nehmen.

Der dritte Appell: Es hat auch in den letzten Wochen einige Anlässe gegeben, politische Anlässe, über staatliche Institutionen zu diskutieren. Der dritte Appell ist vor allem an die Politik gerichtet: Tagespolitische Anlässe, wie zum Beispiel die Abstimmung hier in diesem Haus im Bundesrat, nicht zum Anlass zu nehmen, irgendwelche schnellen Schlüsse zu ziehen. Also, die politische Diskussion möge – zumindest die aktuelle – draußen bleiben.

Was sind die Chancen? Wir haben sehr große Chancen mit dieser Gründung, mit dieser Einrichtung des Österreich-Konvents, aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, die Risken sind auch da. Ich habe jetzt einiges schon gehört von Mitgliedern, auch vom Vorsitzenden, dass unter dem Schlagwort „mehr Muskeln, weniger Fett“ des Staates beschrieben ist und ich möchte dem etwas entgegensetzen: Ich glaube, es geht nicht nur um Effizienz, Sparsamkeit und effiziente Mittel­verwendung!

Um die geht es sehr wohl auch. Aber das wichtigste um das es hier gehen soll, ist die Demokratie und die Demokratisierung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

In diesem Sinne ist es aus meiner Sicht wichtig, den Grundrechtskatalog – die Rechte der Bürgerinnen und Bürger – zu überarbeiten, die Modernisierung des Wahlrechtes anzudenken, die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle – also das Wechselspiel, das Grundprinzip der Demokratie, nämlich den Wechsel, möglich zu machen. Das ist das wichtigste Element einer Demokratie.

Also diese Interessen der Bürgerinnen und Bürger möglichst mit hereinzunehmen und auch Mittel und Wege zu suchen, wie wir das verstärken und ihnen Platz und Raum geben können. Ich hoffe, dass wir in den Ausschüssen sehr intensiv arbeiten werden. Wir werden um die zehn Arbeitsausschüsse haben, in denen die tatsächliche Arbeit geschehen wird. In diesen zehn Arbeitsausschüssen sind die Wege schon vorgegeben. Welche Themen das sein werden, spiegeln die wichtigsten Prioritäten des Gründungskomitees wider. Ich möchte aber noch einmal meine Prioritäten einbringen:

Wie bereits gesagt: Eine Grundrechtsüberarbeitung, ein österreichischer Grundrechtskatalog im Zusammenhang mit den europäischen Vorgaben ist sehr wichtig. Die Modernisierung des Wahlrechts im Sinne von erweiterten Partizipationsrechten, auch die Reform der gegenseitigen Mitwirkungsrechte der Gesetzgebungsorgane und vor allem auch die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verwaltungshandelns.

Ein letzter Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Viele Bürgerinnen und Bürger haben die letzten Jahre versucht, mitzugestalten über Volksbegehren, direkte Demokratie. Wir haben in dem Sinn keine ausgeprägte Form der Mitsprachemöglichkeit und es ist mittlerweile schon so etwas wie ein Überdruss an diesem Instrument zu beobachten. Und ich meine, direkte Mitsprache, direkte Demokratie effizienter zu machen, den BürgerInnen mehr Raum in der Verfassung zu geben, wäre auch eines der wichtigen Anliegen für diesen Konvent.

In diesem Sinne ein paar kritische Warnungen für die erste Arbeitssitzung, aber doch die Hoffnung, dass diesmal der Sisyphus-Stein nicht hinunter rollt und vielleicht einmal oben liegen bleibt. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Nationalratspräsident Univ. Prof. Dr. Andreas Khol. Bitte sehr.

Dr. Andreas Khol: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren des Konvents! Wer nicht der Meinung ist, dass Sisyphus ein glücklicher Mann oder eine glückliche Frau gewesen ist, ist für die Spitzenpolitik nicht geeignet, hat mir einmal jemand ins Stammbuch geschrieben. Ich bin überzeugt, dass wir diese schwere Aufgabe in einem positiven Geist erledigen können.

Es ist für mich bereits erstaunlich, dass wir in einer kurzen und hektischen Zeit, die von Konflikt und Konkurrenzdenken geprägt war, den Konsens zwischen allen staatstragenden Kräften gefunden haben, dieses Unterfangen zu beginnen. Dass wir alle hier sitzen; die Gemeinden, die Städte, die Sozialpartner, die Länder, der Bund und dass wir ein gemeinsames Ziel haben: Das ist für mich schon der erste Hinweis, dass wir vielleicht beim Steine rollen und beim Stein dann oben lassen, glücklicher und erfolgreicher sein werden, Frau Kollegin Glawischnig. Wir haben ja  andere Erfahrungen hinter uns – und das möchte ich auch sagen. Die Bundesstaatsreform des Jahres 1992 war viele, viele Jahre verhandelt, war vom Bundeskanzler der Republik unterschrieben, Franz Vranitzky, wurde von Viktor Klima bestätigt und wurde nicht umgesetzt, ist bis heute leeres Papier geblieben. Das heißt also: Wir können nicht mit blindem Optimismus an dieses schwere Unterfangen herangehen, und deswegen hat der Österreich-Konvent auch eine andere Formel des Herangehens an das Problem entwickelt. Alle staatstragenden und staatsbildenden Kräfte, die zu einer Verfassungswerdung notwendig sind, – da gehören die Parlamente von Bund und Ländern dazu - sitzen hier am Tisch. Wir haben ein Mandat, ein sehr genaues Mandat, und wir haben auch einen Zeitauftrag – 18 Monate. Und das ist segensreich.

Unsere alte Verfassung hat sich bewährt. Sie hat Friede, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und soziale Gerechtigkeit in dieses Land gebracht. Warum dann ändern? Die Grundzüge wollen wir behalten, meine Damen und Herren, aber es ist zum Beispiel für eine Bürgerin und einen Bürger unzumutbar, seine oder ihre Grundrechte nicht in einer lesbaren Form kennen zu können. Denn wir haben Bestimmungen aus dem Jahre 1867, wir haben Bestimmungen aus Staatsverträgen, wir haben internationale Konventionen. Also zeigen Sie mir meine Rechte – das ist in Österreich schon eine Vorlesung. Das ist nur ein Beispiel, warum wir das Bewährte unserer Verfassung in eine neue, zeitgemäße, verständliche und kurze Form bringen müssen. Ich möchte, dass am Ende des Weges die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes eine Verfassung in der Hand haben, wo sie ihre Rechte kennen, wo sie damit arbeiten können, und wo sie auch verstehen können, was darin steht. Das ist unser Ziel und dieses Ziel sollten wir bis Ende nächsten Jahres auch erreichen können.

Es ist uns bis jetzt eigentlich noch nicht bewusst geworden, dass sich der Staat, der ja eine Kulturleistung der Neuzeit ist, dass sich dieser Staat vom Stadtstaat zum Nationalstaat entwickelt hat. Und der Nationalstaat in Europa hat sich zum Mitgliedstaat entwickelt. Das ist also eine neue Kategorie, die wir in unserem Verfassungsaufbau zu berücksichtigen haben.

Ein weiter Weg steht vor uns, meine Damen und Herren. Und ich sage es hier ganz deutlich, es wird ohne Zustimmung der Gemeinden keine neue Verfassung geben. Es wird ohne Zustimmung der Länder keine neue Verfassung geben, und es wird ohne Zustimmung der politischen Parteien keine neue Verfassung geben. Das heißt, wir sitzen hier in einem Boot, das nur dann an sein Ziel gelangt, wenn der Konsens, den es bei der Gründung gegeben hat, bis zum Ende reicht. Das wünsche ich uns allen, im Interesse unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Zu Wort ist nunmehr Herr Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel gemeldet.

Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hoher Konvent! Zunächst einmal würde ich uns empfehlen ein etwas anderes Bild zu wählen, als den berühmten Herrn Sisyphus. Ich habe nie ganz verstanden, was der Sinn dieser Arbeit sein soll, einen Stein auf einen Berg zu wälzen, der dann runter fällt oder nicht runter fällt. Zweitens war der Sisyphus allein. Und das allein ist schon beinahe der Garant dafür gewesen, dass eben nichts Gescheites herauskommt. Dieser Konvent ist alleine durch die Zusammensetzung etwas ganz anderes. Hier wird an einem sinnvollen Haus gebaut, am Haus Österreich, und wir versuchen es gemeinsam. Das sind zwei andere Bilder, die mir ehrlich gesagt besser gefallen als der gute alte Sisyphus aus der alten Sagenwelt.

Ich habe in der Regierungserklärung gemeinsam mit dem Regierungsteam unter „Österreich neu denken“ die Idee aufgegriffen, einen Konvent einzurichten und wir werden ihn auch voll inhaltlich unterstützen. Ich glaube, dass diese neue Verfassung notwendig ist. Einfach deshalb, weil in Europa die Dinge neu geordnet werden, weil wir überprüfen müssen, auf welcher Ebene was sinnvoller Weise gemacht werden soll. Wir haben zum Teil vier, fünf Verwaltungsebenen, die miteinander nicht einmal kongruent sind: Die Gerichtsorganisation etwa ist nicht ident mit der Verwaltungsorganisation, die Sicherheitsorganisation nicht ident mit den Bildungseinrichtungen. Hier herrscht Handlungsbedarf.

Zweiter Punkt: Richtig ist – Heinz Fischer hat es erwähnt – Kelsen hat in wenigen Wochen eine beeindruckende Verfassung entwickelt. Aber heute ist sie so unübersichtlich geworden, dass sich eigentlich kein Mensch mehr auskennt: 90 Novellen, 75 Verfassungsgesetze, Staatsverträge, unzählige Einzelbestimmungen, das passt nicht mehr. Ich glaube daher, dass wir im Interesse der Sparsamkeit einerseits, aber vor allem auch eines starken Staates andererseits, hier neue Akzente setzen wollen. Denn wir haben einerseits Überregulierungen und in anderen Bereichen echte Unterregulierungen. Und das muss besser aufeinander abgestimmt werden.

Konvent ist das Gegenteil von Auseinandersetzung. Konvent heißt nämlich Zusammenkommen und daher wünsche ich mir, dass wir neben der üblichen politischen Auseinandersetzung, die ja durchaus sinnvoll ist und in einer Demokratie unvermeidbar und notwendig, dass hier ein Zusammenrücken, ein sich Zusammensetzen, entstehen wird, aus dem etwas herauskommt. Wir brauchen dabei öffentliche Diskussion, nicht nur hier, nicht nur über die Medien, sondern auch über Internet und möglichst viele Diskussionsprozesse, welche die Arbeitskreise und die Arbeit hier begleiten. Und wir brauchen dazu auch das Grundprinzip und das Grundverständnis, dass das Ganze wichtiger ist als die noch so berechtigten Einzelinteressen – das gilt für jeden, auch für den Regierungschef und natürlich auch für jeden Einzelnen, der hier sitzt. Was ich mir wünsche ist, dass am Ende die neue Verfassung zeigt, in welcher Verfassung Österreich als Ganzes ist: Neu, modern gestaltet, verständlich und auch effizient, das soll nicht unterdrückt werden. Herzlichen Dank und viel Glück!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Bundeskanzler. Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Vizekanzler Mag. Herbert Haupt.

Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wir haben uns mit den 18 Monaten Zeitraum für den Österreich-Konvent einen ambitionierten Zeitrahmen gesetzt. Wenn man die Arbeit des europäischen Konvents betrachtet, so ist das ein Zeithorizont, der durchaus die Arbeit gelingen lässt.

Ich möchte aber aus meiner Position zwei Dinge einbringen, die mir in den bisherigen Reden abgegangen sind. Das erste: es kann nicht nur sein, dass dieser Konvent die Rechte festschreibt, sondern selbstverständlich auch für die einzelnen Gebietskörperschaften die Pflichten festzuschreiben sind. Verzeihen Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich als Sozialminister gerade in diesem Bereich ein gebranntes Kind bin. Die Gebietskörperschaften, Länder, Gemeinden, Städte und der Bund sind untereinander oft nicht sehr zimperlich. Die, die unter die Räder dieser verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen kommen, sind die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Ich bin nicht umsonst Sozialminister, um nicht davon überzeugt zu sein, dass die Grundbasis für Frieden und eine friedliche Entwicklung unseres Staates die soziale Sicherheit ist. Ich betrachte die Disharmonierung der Pensionssysteme des Jahres 1995 als groben Fehler, nicht nur im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit, sondern auch im Hinblick auf die Kostenneutralität und die Zumutbarkeit für alle Bevölkerungsschichten.

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass gerade ich als Sozialminister ein besonderes Interesse habe, dass dieser Österreich-Konvent gelingt und ich werde ihn daher voll unterstützen. Gestatten Sie mir aber auch ein Wort zum Redebeitrag von Frau Kollegin Glawischnig: Ich denke nicht daran, dass Anlassgesetzgebung in einem so weit reichenden Bereich wie der Verfassung überhaupt nur diskutierbar ist. Es kann – auch wenn wir uns heute hier im Bundesratssaal befinden – keine Diskussion darüber sein, dass wir in Kenntnis des Europa-Konvents alles zu unternehmen haben – und hier bin ich nach wie vor glühender Föderalist –, die Rechte der Länder und der Gemeinden so zu stärken, dass auch die gesetzgebenden Körperschaften und nicht nur die Individuen den Rechtszugang zum europäischen Gerichtshof bekommen. Daher ist eine Stärkung der ersten Kammer für mich eine Grundüberlegung, die in diesen Rahmenbedingungen hier umzulegen ist.

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir mit dem heutigen Tag und den 18 Monaten, die wir uns als Frist gesetzt haben, aber auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir diesem Konvent von Seiten der Bundesregierung und der gesetzgebenden Körperschaften als Unterstützung beimengen, auch deutlich dokumentiert haben, dass wir das Gelingen dieses Konvents wollen.

Die Bürger haben ein Recht auf Schutz und Geborgenheit. Wir Österreicher werden uns auch vor der Osterweiterung die Frage stellen müssen, wie weit wir auch die Rechte jener Bürgerinnen und Bürger, die nicht innerhalb unserer Staatsgrenzen wohnen, im Rahmen dieser neuen Verfassung absichern und garantieren wollen.

Eine Reihe von europäischen Ländern hat für ihre Auslandsbürger und für ihre Minderheiten auch außerhalb ihrer Grenzen weitgehende, institutionelle, aber auch verfassungsmäßige Garantien.

Für Österreich wird es die Frage sein, ob wir ausschließlich für Südtirol oder auch für die anderen Auslandsösterreicher und österreichischen Minderheiten in dieser Verfassung – gleich wie für die österreichischen Minderheiten nahezu fünfzig Jahre nach Abschluss des Staatsvertrages – neue Rechte und neue Möglichkeiten formulieren.

Ich bin überzeugt davon, sehr geehrte Damen und Herren, dass der Österreich-Konvent so, wie er seine Arbeit begonnen hat, und so, wie es von Seiten des Präsidiums formuliert worden ist, gelingen kann.

Ich bin auch überzeugt davon, dass die Grundlage auf der Basis des Konsenses, die Verfassung neu zu erringen, eine gute Grundlage ist. Denn nur eine Verfassung im Konsens, eine Verfassung, die lesbar ist, und die im Bewusstsein aller Bürger ist, ist eine richtige Grundlage für einen Rechtsstaat.

Und ich habe noch eine Bitte: Machen wir die Arbeit des Verfassungskonvents so zügig, dass auch die Menschen mit Behinderung in Österreich ihre Grundrechte, so wie sie es sich vorstellen, umfassender garantiert bekommen als es in der heutigen Verfassung festgeschrieben ist.

Ich glaube, sie haben nach mehr als 83 Jahren Verfassung und Verfassungsdiskussion in Österreich das Recht, auch mehr an Grundrechten zu bekommen, weil sie ein besonders schützenswertes Objekt der österreichischen Verfassung sein müssen und bleiben wollen.

Ich wünsche dem Österreich-Konvent ein gutes Gelingen im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Vizekanzler! Zu Wort gemeldet ist nunmehr der Präsident des Bundesrates, Herwig Hösele.

Herwig Hösele: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass der Österreich-Konvent sich hier im Bundesratsitzungssaal konstituiert, in einem Saal, der einer breiteren Öffentlichkeit bis vor wenigen Tagen weitgehend unbekannt war.

Und ich sage es gleich, ich halte jene Art von Schlagzeilen, die der Bundesrat vor einigen Tagen gemacht hat, für verzichtbar und vor allem auch nicht geeignet für Anlassgesetzgebung, aber ich möchte dem etwas Positives abgewinnen: Wir haben für eine fruchtbare Diskussion mit kritischem Resultat einen Anstoß.

Wie wir wissen, ist die Konstruktion des Bundesrates ein seit 1920 immer wieder diskutierter, unbefriedigender Kompromiss. In diesem Sinne finde ich es auch ein wichtiges, symbolhaftes Zeichen dafür, dass der Österreich-Konvent hier tagt. Es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass Österreich ein Bundesstaat ist und es auch in Zukunft sein wird, und dass eine echte Länderkammer des österreichischen Parlaments wesentlicher und unverzichtbarer Grundpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung ist. Unverzichtbar, aber nicht unveränderbar.

Wobei aus meiner Sicht die Stärkung der Regionen und Gemeinden im Gesamtstaat und die Stärkung der Mitwirkung der Länder am bundesstaatlichen Gesetzgebungsverfahren ein wichtiges Ziel sein soll.

Es geht nicht um wechselseitige Schuldzuweisungen, verfehlte Frontstellungen, Besitzstandsdenken – es ist schon angesprochen worden – auch nicht um Festhalten an verkrusteten Strukturen, die dann ohnehin obsolet werden, sondern um eine offensive und kreative, tabulose Diskussion, um die besseren Ideen und Argumente und das Optimum für den Bundesstaat Österreich und seine Bürger – das unterstreiche ich, insbesondere seine Bürger – im 21. Jahrhundert, unter den Bedingungen des neuen Europas, zu erreichen.

Dem Projekt des Konvents, seiner Größe und seiner Zusammensetzung ist manche Skepsis entgegengeströmt. Es liegt an uns allen, diese Kritiker eines Besseren zu belehren. Alle, die diesem Konvent zugestimmt haben – und es gibt erfreulicherweise einen sehr breiten Konsens – stehen gewissermaßen in einer Erfolgshaftung.

Voraussetzung für ein gutes Resultat ist die Erzielung von win-win-Situationen für den Gesamtstaat Österreich, für alle Gebietskörperschaften und vor allem für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Größere Überschaubarkeit, mehr Demokratie, Effizienz für den Bürger, ein schlankerer Staat und damit nachhaltige, finanzielle Entlastungen. Das muss der erkennbare Nutzen für den Bürger sein.

Es wird eine ganz wichtige Aufgabe sein, dies innerhalb von 18 Monaten nicht nur zu erarbeiten, sondern den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln und zu erreichen, dass möglichst viele von ihnen an dieser Österreichbewegung teilhaben können.

Ich könnte mir vorstellen, dass als Abschluss des Österreich-Konvents, nach Abschluss der Beratungen im Nationalrat und Bundesrat, auch ein direkt demokratisches Volksabstimmungselement stehen könnte.

Ich schließe nicht mit Sisyphus, obwohl mir das nahe gelegen wäre, aber da hat Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel natürlich Recht: Das ist eine Einzelperson. Ich schließe mit Karl Popper: „Optimismus ist Pflicht.“ Ich habe da einen Satz gefunden, der uns alle einschließt: „Dies schließt nicht nur ein, dass die Zukunft offen ist, sondern auch, dass wir alle sie mitbestimmen durch das, was wir tun. Wir alle sind mitverantwortlich für das, was kommt.“

Daher hoffe ich, dass wir gemeinsam im Österreich-Konvent einen Erfolg für Österreich erzielen können.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Nunmehr Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic.

Waltraud Klasnic: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Österreich-Konvent ist eine politische Vereinbarung der Gemeinden, des Bundes, der Länder. Wir sind gleichberechtigte Partner, mit all den Institutionen, die hier vertreten sind.

Das Lebensgefühl und das Vertrauen der Menschen in unsere Demokratie soll und muss gefestigt werden. Wir wollen vermitteln, dass neue Wege gegangen werden können. Es liegt daran, wie wir es anpacken.

In diesem Sinne hat die Landeshauptleute-Konferenz am 30. April bei ihrer Tagung in Graz ihre Mitarbeit zugesagt und einstimmig in Anwesenheit aller neun Landeshauptleute folgenden Beschluss für die grundsätzliche Positionierung der Bundesländer, die zweimal die Republik begründet haben, für den Österreich-Konvent gefasst, den ich Ihnen nun wörtlich zur Kenntnis bringen möchte:

Das bundesstaatliche Prinzip ist eines der wichtigsten Fundamente die demokratische Republik zu stärken. Gerade in einem zunehmend sich einigenden Europa ist es für das breite Vertrauen der Bürger unabdingbar und es bildet eine Stärkung der Regionen, also des überschaubaren Bereichs für Bürgerinnen und Bürger und damit die entscheidende Zukunftsperspektive.

Ein sich zunehmend einigendes Europa, das ein Europa der Bürger sein will, kann daher auch nur ein Europa der Regionen sein. In zahlreichen Staaten der Europäischen Union werden den Regionen zusätzliche Gesetzgebungsagenden eingeräumt. Der Ausbau des Subsidiaritätsprinzips wird auch in den Beratungen des EU-Konvents neuerdings unterstrichen.

Die Landeshauptleute-Konferenz betont, dass Bürgernähe, Effizienz, Überschaubarkeit und Mitgestaltbarkeit die entscheidenden Zielsetzungen einer Staatsreform in Österreich sein müssen. Länder und Gemeinden sind im Interesse dieser bürgernahen und demokratischen Aufgabenerfüllung bereit, zusätzliche Verantwortung wahrzunehmen, wenn die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten gegeben werden.

Die Bundesländer mit gesetzgebenden Landtagen und Landesregierungen und die Gemeinden sind die unverzichtbaren Orte der demokratischen Mitwirkung der Menschen. Kennzeichen eines gestärkten Bundesstaates sind vor allem die wirksame Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung und in europäischen Angelegenheiten sowie die Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder.

Soweit der Beschluss.

Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Ergebnisse so zu gestalten und uns um diese zu bemühen, die dem Bundesstaat dienen. Miteinander reden, entscheiden und Wege suchen und finden, ist der Auftrag, jetzt und heute.

Und wie hat Präsident  Dr. Fiedler heute gesagt? Wir sollen uns bemühen, dass wir eine Antwort darauf wissen: Wir sollen uns bemühen, dass wir eine Antwort darauf wissen, welches Österreich wir den kommenden Generationen, sprich den Kindern und Enkelkindern von heute, weitergeben. Sie werden uns einmal fragen und wir sollen ihnen bei der Antwort in die Augen schauen können.

In diesem Sinne kann man sich selbst und uns nur alles Gute wünschen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Landeshauptmann!

Nunmehr ist zu Wort gemeldet Herr Bürgermeister Dr. Häupl. – Bitte sehr.

Dr. Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde heute wiederholt betont, dass wir uns eine sehr schwierige Aufgabe gestellt haben. Jawohl, wir haben uns eine sehr schwierige Aufgabe gestellt: Die Neuordnung der Verfassung, die Neuordnung und Verteilung der Aufgaben des Staates, Effizienz, Demokratisierung, den Servicecharakter für die Bürger, die Einbindung der Bürger – das ist eine gewaltige Aufgabe, und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir sie nur dann bewältigen können, wenn wir uns nicht nur von dem Alb der jüngeren oder älteren Geschichte leiten lassen, sondern wenn wir mit Optimismus und Zukunftshoffnung an diese Aufgabe herangehen, denn sonst blicken wir allzu sehr zurück und nicht nach vorne.

Damit will ich die Wiederholungen auch schon lassen und mich in dem kurzen Einstieg zu dieser umfassenden Arbeit der nächsten eineinhalb Jahre auf zwei Überschriften konzentrieren: Zunächst die Frage der Staatsaufgaben.

Robert Musil hat in seinem „Mann ohne Eigenschaften“ gesagt, dass das alte Österreich die beste Bürokratie Europas ist. Abgesehen von der Zwiespältigkeit dieses Kompliments, das man bei Musil natürlich immer sehen muss, will ich das auch gar nicht werten. Mag sein, es gibt ja grundsätzlich sowieso nichts Gutes, was man nicht auch noch besser machen kann.

Ich glaube, diese Arbeit teilt sich in zwei Bereiche: zunächst einmal die Überprüfung der Staatsaufgaben. Selbstverständlich ist zunächst einmal die Frage zu stellen: Was ist denn heute Aufgabe des Staates, und was ist es heute nicht mehr? Denn zweifelsohne haben wir uns in hohem Ausmaß auch darauf zu konzentrieren, jene Aufgaben, die wir im Interesse der BürgerInnen – und zwar sehr umfassend zu sehen – zu erfüllen haben. Und zwar tatsächlich zu erfüllen und nicht nur Aufgaben auf Aufgaben zu türmen. Wir werden uns zweifelsohne auch von einigen Dingen zu lösen haben.

Zum Zweiten ist es aber auch die Frage der Aufgabenverteilung. Ohne hier ins Detail zu gehen: Aber wenn gerade Österreich zu Recht in der jüngsten Diskussion, aber auch schon in früheren Diskussionen, in den Verträgen der Union auf das Subsidiaritätsprinzip besonderen Wert gelegt hat – und das Subsidiaritätsprinzip im Hinblick auf die Konkurrenz etwa zum Wettbewerbsprinzip durchaus auch immer wieder verteidigt hat. Dann, denke ich, gilt das nicht nur für Europa, das gilt auch für Österreich. Und wenn wir daher an die Aufgabenverteilungen zu denken haben, so haben wir das aus meiner Sicht vor dem Hintergrund der Erfüllung dieses Subsidiaritätsprinzips zu machen. Aufgaben dorthin zu stellen, wo sie am effizientesten für den Bürger auch zu lösen sind.

Es geht hier nicht um Machtverteilung, es geht um Arbeitsverteilung, um effiziente Arbeitsverteilung im Hinblick auf die Serviceleistungen, die die Verwaltung zu erbringen hat, die der Staat zu erbringen hat, die die Länder zu erbringen haben, die die Städte und Gemeinden zu erbringen haben.

Und selbstverständlich – ich will das auch heute durchaus ansprechen, wenn wir über die Fragen der Finanzverfassung zu diskutieren haben – sind diese Aufgaben-lösungen auch mit den nötigen Finanzmitteln auszustatten. Das lehrt ja auch der Alltag der Geschichte. Ich will mir nicht vorstellen, dass wir in die Situation kommen wie in Deutschland, wo den Kommunen im Besonderen Aufgaben zugeteilt wurden, ohne sie in die Lage zu versetzen, diese auch finanziell lösen zu können.

Lassen Sie mich zum Zweiten auch im Hinblick auf die Reform der Vollziehung einige wenige Worte sagen:

Ich denke, dass hier Demokratisierung, Bürgerservice, Effizienz die richtigen Schlagworte sind.

Es bieten uns heute schon die Technik und die Technologie eine Fülle von Möglichkeiten. Eine Fülle von Möglichkeiten gerade im Hinblick auf Effizienzsteigerung, aber selbstverständlich auch im Hinblick auf eine noch stärkere Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie neue Maßstäbe zu setzen. Wir sollten diese Chance dieses Konvents letztendlich auch im Sinne dessen nutzen, dass wir im Hinblick auf die Entwicklung einer effizienten, einer sehr selbstbewussten, einer sehr die Demokratie einfordernden Gesellschaft dem auch Rechnung zu tragen haben.

In dem Sinn denke ich, dass wir die eingangs erwähnte und heute wiederholt dargestellte gewaltige Aufgabe, die wir zu erfüllen haben, auch bewältigen können und in dem Sinn sollten wir sie im Interesse unserer Bürger auch bewältigen: Wir sind zum Erfolg verpflichtet. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Bürgermeister.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Helmut Mödlhammer. – Bitte sehr.

Helmut Mödlhammer: Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Konvent! Wenn man die Zahl der jeweiligen Vertreter der unterschiedlichen Gebietskörperschaften in diesem Konvent betrachtet und das Gewicht danach misst, dann sind die Gemeinden sehr leichtgewichtig. So sind 27 Vertreter des Bundes oder der Parteien hier vertreten, 18 Vertreter der Länder und 4 Vertreter der 2359 österreichischen Städte und Gemeinden. Aber, meine Damen und Herren, wir sind keine Erbsenzähler, sondern wir erwarten von diesem Gremium hier eine konstruktive, eine hoch stehende und Ergebnis orientierte Diskussion. Ein Forum, bei dem aber auch die zunehmende Bedeutung der Kommunen erkannt und anerkannt wird.

Ich bin aufgrund der bisherigen Wortmeldungen zuversichtlich, weil die Gemeinden immer eine zentrale Rolle gespielt haben. Und ich bin zuversichtlich, weil jedes Mitglied dieses Konvents – egal, von welcher Gebietskörperschaft es entsendet wurde – erst einmal ein Gemeindebürger ist und dann ein Landesbürger und ein Bundesbürger.

Ein Gemeindebürger, ein Bürger einer Gemeinde, die für jeden Lebensabschnitt eines Menschen Bezugspunkt und Mittelpunkt des Bürgers ist. Das beginnt von der Wiege und endet bei der Bahre: Bei der Geburt mit der Anmeldung, geht es weiter über die Krabbelstube, über den Kindergarten, über den Hort hin bis zur Pflichtschule, für die die Gemeinden die Träger sind, bis zum günstigen Baugrund und bis zur günstigen Wohnung, mit dem entsprechenden Arbeitsplatzangebot, und weiter zu Kultur, Sport und Erholungseinrichtungen. Und es endet mit der Betreuung und Pflege unserer älteren Mitbürger.

Selbstverständlich hat jeder Gemeindebürger ein Anrecht auf ein ordentliches kommunales Wege- und Verkehrsnetz, auf eine einwandfreie Trinkwasserversorgung und eine Abwasserentsorgung, auf eine funktionierende Abfallentsorgung und auf Hilfe durch modernst ausgerüstete Feuerwehren und Rettungswesen. Und schließlich auch ein Anrecht auf eine letzte Ruhestätte.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nur ein kleiner Ausschnitt eines Gemeindeaufgabenkatalogs, der bei weitem nicht vollständig ist.

Und dass die österreichischen Gemeinden und Städte die mit Abstand größten öffentlichen Investoren sind – zwei Drittel aller öffentlichen Aufträge kommen von den Gemeinden –, kann in einer Zeit, wo wirtschaftliche Probleme auftreten, nicht laut genug betont werden.

Meine Damen und Herren! Was erwarten sich die Gemeinden von diesem Österreich-Konvent?

Erstens: Rechtliche, politische und wirtschaftliche Absicherung aller Gebietskörperschaften: Von der Einheitsgemeinde in der Großstadt bis zur Kleinstgemeinde im ländlichen Raum.

Zweitens: Eine neue und besser ausgeprägte Partnerschaft der übergeordneten Gebietskörperschaften, in der die Gemeinden nicht Befehlsempfänger und auch nicht Bittsteller sind, sondern gleichberechtigt.

Drittens: Wir erwarten uns eine Bereinigung des Kompetenz- und Aufgabendschungels mit entsprechender Zuteilung der Aufgaben, aber auch der entsprechenden Mittel dazu.

Viertens: Wir erwarten uns mehr Mitsprache und mehr Mitwirkung der Gemeinden und ihrer Interessensvertretungen; etwa in einer Länderkammer oder durch den Abschluss von Art. 15 a-Verträgen.

Fünftens: Wir erwarten uns den Einbau des Daseinsvorsorgeauftrages der Gemeinde in das Finanzverfassungsgesetz.

Meine Damen und Herren! Für die Kernaufgaben der Gemeinden, wie sie in der Daseinsvorsorge festgeschrieben sind, etwa die Trinkwasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, für diese Kernaufgaben müssen gerade in der heutigen Zeit die entsprechenden Finanzleistungen garantiert werden.

Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten und klare Finanzierungsregeln für diese Kernaufgaben. Meine Damen und Herren, die Gemeinden Österreichs haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie wie keine andere Gebietskörperschaft ihren Bürgern eine Infrastruktur und Lebensbedingungen bieten, die man unter dem Begriff Lebensqualität und Heimatgefühl zusammenfassen kann. Wir, die Kommunen, sind bereit, daran mitzuarbeiten, dass dieser hohe Standard für unsere Bürger gefestigt und auch ausgebaut werden kann. Wir wünschen uns alles Gute dazu.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident. Als nächster zu Wort gemeldet ist Vizepräsident Bernd Vögerle.

Bernd Vögerle: Herr Präsident! Hoher Konvent! Meine geschätzten Damen und Herren! Vorerst möchte ich festhalten, dass ich dem österreichischen Gemeindebund, der mir die Aufgabe übertragen hat, in diesem Konvent die Interessen der Gemeinden Österreichs zu vertreten, einen herzlichen Dank aussprechen möchte. Diese ehrenvolle Aufgabe ist für mich ein Auftrag, meine ganze Kraft dafür einzusetzen, dass in den nächsten Monaten das Ziel erreicht wird, ein Ziel, das sicherlich nur unter größten Anstrengungen und mit vollem Einsatz jedes einzelnen Mitgliedes dieses Konvents erreicht werden kann.

Worin sehe ich meine persönliche Herausforderung? In den letzten Monaten wurde im europäischen Konvent eine Europaverfassung erarbeitet, ein Verhandlungsentwurf liegt vor. Dabei konnte unter großen Anstrengungen erreicht werden, dass die nationale Identität der Mitgliedstaaten auch die regionale und lokale Selbstverwaltung beinhaltet. Auch das Subsidiaritätsprinzip hat Eingang in diesen Verfassungsentwurf gefunden. Dieses Prinzip sieht vor, dass die europäische Ebene nur dann handeln soll, wenn das zu erreichende Ziel nicht besser auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der Regionen oder Kommunen erreicht werden kann. Die Fragen einer klaren Regelung im Bereich der so genannten Daseinsvorsorge sind zwar noch nicht abgeschlossen, bekannte Zwischenergebnisse lassen aber hoffen, dass die Sicherheit der Versorgung in allen Gebieten unseres Staates auch in Hinkunft durch die Leistungen aus dem öffentlichen Bereich abgesichert werden. Dabei kann festgestellt werden, dass eine Marktöffnung im Bereich der Daseinsvorsorge durchaus zu überlegen ist. Im Einzelfall mag die Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen durchaus Ergebnisse zeitigen, die zu so genannten Synergieeffekten und einem Mehrwert für alle Bürger führen. Öffentliche Dienstleistung soll regelmäßig auf ihre Effizienz und ihren Mitteleinsatz hin überprüft werden. Dabei ist aber der Aspekt der Kosten von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge immer in Relation zum Nutzen zu setzen, den diese für die Gesellschaft stiftet. Die Gemeinden scheuen keinen Vergleich ihrer öffentlichen Dienstleistungen und sprechen sich ausdrücklich für jeden Erfahrungsaustausch aus, der auf ein besseres Verständnis der Funktionsweise und Mechanismen für eine nachhaltige Entwicklung der Leistungen der Daseinsvorsorge abzielen.

Spekulationen und willkürliche Privatisierungen bringen dem Bürger nicht einmal kurzfristig Vorteile. Langfristig können sie, wie Beispiele in Europa und Übersee zeigen, zum Chaos führen. 40 Jahre nach der Gemeindeverfassungsnovelle und 15 Jahre nach Verankerung der Interessenvertretungen der Gemeinden und Städte in der Finanzverfassung muss es deshalb auch in diesem Konvent gelingen, die Stellung der Gemeinden und ihrer Aufgaben verfassungsrechtlich abzusichern. Dies ist mir jedoch nicht genug. Es muss auch geprüft werden, ob durch eine Neuverteilung der Aufgaben diese nicht sogar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der Gemeindeebene rascher und bürgernäher und sicher auch sparsamer erledigt werden können. Diese Forderung ist aus meiner Sicht deshalb berechtigt, da für unsere Bürgerinnen und Bürger die Gemeindestuben und Rathäuser die erste Ansprechstelle sind.

Der demokratisch gewählte Bürgermeister ist jener politisch Verantwortliche, der bei allen kleinen und großen Problemen zuerst angesprochen und um Problemlösung gefragt wird. Auf Basis dieses Selbstverständnisses der Bürgerinnen und Bürger muss die Stellung der Gemeinden abgeleitet werden. Gerne übernehmen die Gemeinden und Städte die Aufgaben, die sie im eigenen Wirkungsbereich erledigen können. Eine Forderung ist dabei aber unabdingbar: Zu einer Aufgabenübertragung gehört auch die Sicherstellung der für die Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Finanzmittel. Wenn diese klare Vorgabe erfüllt wird, sind die Gemeinden so wie bisher auch verstärkt bereit, Aufgaben zu übernehmen und diese sparsam, wirtschaftlich und effizient zu erfüllen.

Geschätzte Damen und Herren, dieser Konvent ist eine große Chance durch die Überprüfung und Neuzuordnung der Aufgaben eine effizientere und raschere Verwaltung herbeizuführen. Dies kann aber nicht seine einzige Aufgabe sein. Bei allem Verständnis für Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit kann ein Grundsatz nicht unbeobachtet bleiben: Auch in Hinkunft wird ein Konzept, das dieser Konvent erarbeiten und vorlegen wird, nur dann akzeptiert, wenn es eine wirkliche, echte Neuordnung bringt, die erkennbar über dem erst genannten Ziel auch klare, soziale Aussagen beinhaltet. Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn alle Mitglieder des Konvents unvoreingenommen, ohne Rücksicht auf persönliche Interessen zu einer sachlichen und konstruktiven Arbeit bereit sind. Und für mich darf ich feststellen, dass ich diesen konstruktiven Verhandlungsweg bei meinen bisherigen Aufgaben niemals verlassen habe. Und diese Arbeitsweise werde ich im Interesse der Ziele dieses Konvents auch uneingeschränkt beibehalten.

Lassen sie mich abschließend feststellen: Ich freue mich auf die Arbeit, sie ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance und ich schätze mich geehrt, dass ich an diesem Vorhaben mitwirken darf. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn Präsident Univ. Prof. Dr. Jabloner. Bitte sehr.

Dr. Clemens Jabloner:  Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920 ist nüchtern und realistisch formuliert. In schwierigster Zeit entstanden, ist unsere Verfassung vom demokratischen Aufbruch der Republik und von den guten Traditionen des alten österreichischen Staatsrechts geprägt. Meiner Überzeugung nach ist diese, von Kelsen rechtstechnisch perfekt gestaltete, Verfassung noch immer eine hervorragende Grundlage unseres Staatswesens. Dennoch ist der Reformbedarf nicht abzustreiten. Manches hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Auch sind wir von der ursprünglichen Knappheit des B-VG weit entfernt. Das war die Verfassung 1920 und da war das Übergangsgesetz drin, vielleicht sollte man diesen Text noch einmal sehr genau lesen.

Dass unsere Gesellschaft seitdem harmonischer geworden wäre, vermag ich nur in Teilbereichen zu sehen. Deshalb werden wir weiterhin klare Regelungen brauchen, das Bekenntnishafte ist nicht am Platz. Der österreichische, nüchterne Stil der Verfassung sollte gewahrt bleiben. Als Präsident des Verwaltungsgerichtshofes sind mir die rechtsstaatlichen Strukturen und der Rechtsschutz ein besonderes Anliegen. Der Verwaltungsgerichtshof ist überlastet. Deshalb – und auch um einen föderalistischen Akzent zu setzen – wird seit langem die Schaffung von Landesverwaltungsgerichten gefordert. Ich rechne ganz fest mit ihrer Verwirklichung im Rahmen dieses Verfassungskonvents.

Auch wenn die Sparsamkeit des Staates ein wichtiges Reformziel ist, kann eine Verfassungsreform meiner Ansicht nach nicht allein von Effizienzvorstellungen geprägt sein. Genauso wichtig sind die demokratische Legitimation des Staatshandelns, die Bindung der Vollziehung an das Gesetz und der Schutz des Einzelnen gegen staatliche, aber auch gegen gesellschaftliche Willkür. All dies, meine Damen und Herren, kann freilich ein Staat nicht garantieren, der glaubt, sich für seine Existenz entschuldigen zu müssen. Vielmehr ist ein Staat gefragt, der ohne überflüssiges Dekor seiner sicher auftritt, und der den einzelnen weder als Unterworfenen noch als Kunden, sondern als Mitwirkenden sieht. Das, meine Damen und Herren, wird mich im Verfassungskonvent leiten.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Univ. Prof. Dr. Funk.

Dr. Bernd-Christian Funk: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ob Sisyphus glücklich war, wissen wir nicht, aber es spricht manches dafür, dass er ein verurteilter Wissenschafter gewesen ist, dem die Endlosigkeit des Bemühens als ewige Strafe auferlegt wurde. Hier endet das Bild. Die Vergeblichkeit steht jenseits davon.

Das Abenteuer einer grundlegenden Verfassungsreform ist ein relativ ergebnisoffener Prozess. Fixpunkte sind die Baugesetze der Verfassung. Im übrigen geht es darum, Ziele und Wege selbst zu finden. Das ist eine Besonderheit der Arbeit dieses Konvents. Selbst die Baugesetze der Verfassung erweisen sich jedoch bei näherer Betrachtung als nicht unbedingt zuverlässige Größen, deren juristische Bedeutung allgemein konsentiert wäre.

Verfassungsreform sollte nicht hauptsächlich als Vehikel für eine ökonomisch besser funktionierende Verwaltung verstanden werden. Zwar ist auch das ein wesentliches Anliegen der Verfassungsreform. Aber ein Reformdenken, welches mit einem aufs Ökonomische reduzierten Effizienzbegriff arbeitet, würde sein Ziel verfehlen. Eine Verfassungsreform mit Rechenstift allein ist nicht ausreichend. Effizienz darf nicht als Fetisch eines betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Denkens missverstanden werden. Effizienz hat neben ökonomischen Perspektiven auch noch andere Facetten.

Verfassungsreform ist mehr als eine Verfassungstextreform, sie ist auch und hauptsächlich Verfassungsordnungsreform. Dabei geht es um die soziale und politische Ordnung und damit immer auch um Macht. Es ist nicht die Aufgabe des Konvents, demokratisch verteilte Machtverhältnisse zu verändern. Sehr wohl geht es aber um die künftige Verteilung von Machtmöglichkeiten und Machtzugängen. Eine Neu- und Umverteilung dieser Möglichkeiten und Zugänge genügt nicht. Im Sinne eines liberal-rechtsstaatlichen Verständnisses wäre es wichtig – und für Österreich neuartig – wenn es gelänge, einen substanziellen Verzicht auf politische Macht zu erreichen.

Im Vordergrund der Reform stehen Fragen des Sachkonsenses. Im Hintergrund steht etwas, was man weder sehen, noch dekretieren und auch nicht kodifizieren kann – Konsens-Konsens –, ein Metakonsens, nämlich Konsens über die Funktionen und das Verständnis der Verfassung. Konsens über die Funktion der Verfassung und das Verfassungsverständnis zu finden, ist für den Erfolg der Reformbemühungen von entscheidender Bedeutung. Hier wird der Konvent notgedrungenermaßen eine Aufgabe auf sich nehmen müssen, der sich die Wissenschaft – wenn sie sich richtig versteht – im Sinne von Sisyphus ständig zu stellen hat: Sie muss sich selbstkritisch bei der eigenen Arbeit zusehen. Auch dem Konvent wird die Leistung einer laufenden Selbstvergewisserung über die konsensrelevanten Grundlagen der Reform aufgegeben sein. Der Reformdiskurs wird sich auch über die Fragen des Verfassungsverständnisses und der Verfassungsfunktionen zu verständigen haben.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Prof. Dr. Holzinger. Bitte sehr.

Dr. Gerhart Holzinger: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beschäftige mich jetzt seit mehr als 30 Jahren als Jurist von Berufs wegen mit der österreichischen Verfassung. Und in all diesen Jahren stand die Verfassung, und zwar die Verfassung in ihrer Gesamtheit und nicht einzelne Aspekte derselben, kaum jemals derart im Blickpunkt der Öffentlichkeit, insbesondere auch der medialen Öffentlichkeit, wie es derzeit im Zusammenhang mit diesem Österreich-Konvent der Fall ist.

Ich meine daher, dass dieser Österreich-Konvent über all das, was wir damit inhaltlich vorhaben, hinaus auch eine große Chance bietet, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes die Verfassung ihrem Inhalt und ihrer Funktion nach näher zu bringen. Und ich meine, dass damit auch eine kleine Hoffnung verbunden sein könnte, dass es auf diese Weise gelingt, auch in Österreich, so wie das anderswo Realität ist, die Verfassung zu einem wesentlichen Element der jeweiligen nationalen, österreichischen Identität zu machen.

Diese Chance kann freilich nur dann genutzt werden, wenn der Konvent innerhalb angemessener Zeit greifbare Ergebnisse erzielt. Angesichts der Vielzahl der Probleme, die die österreichische Verfassung aufwirft, halte ich es für ratsam, die Arbeit des Konvents auf jene Problemfelder zu konzentrieren, in denen besonderer Reformbedarf besteht. Und ich meine, dass man bei all dem breit gefächerten Anliegen, das wir verfolgen, in diesem Zusammenhang auch durchaus Mut zu Pragmatismus an den Tag legen sollte. Ich meine, dass besonderer Reformbedarf vor allem in drei Bereichen besteht:

Zum Einen, was die Staatsorganisation im Bund/Länder-Verhältnis unter Einschluss der Aspekte der Gemeindeautonomie anlangt. Dazu ist vorweg zu sagen, dass das Bundesstaatskonzept der österreichischen Bundesverfassung von jeher weder „Fisch noch Fleisch“ war – um das so salopp zu formulieren. Österreich ist zwar programmatisch und auch in Einzelbestimmungen der Verfassung als Bundesstaat eingerichtet, die zentralstaatlichen Elemente sind aber vor allem wenn man einen internationalen Vergleich anstellt, unübersehbar. Hier täte mehr Konsequenz not.

Zum Zweiten meine ich, dass ein wesentliches Problemfeld, das es zu bearbeiten gilt, die Organisation der staatlichen Verwaltung sein muss. Hier gibt es in der Tat eine Reihe von Möglichkeiten zur Vereinfachung, zur Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen, und damit insgesamt zur Steigerung der Effizienz des staatlichen Handelns. Wobei ich hinzufügen möchte, dass Effizienz ein wichtiger Gradmesser und ein wichtiges Kriterium für Reformbemühungen in diesem Bereich sein muss. Dass aber, wenn es um staatliche Organisation und insbesondere auch um die Kompetenzverteilung im staatlichen Rahmen geht, die Effizienz nur ein wichtiges, aber nicht das allein entscheidende Kriterium sein kann.

Im Zusammenhang mit einer Neuorganisation der Verwaltung sehe ich aber auch – und da treffe ich mich in einem Punkt, mit dem, was Präsident Jabloner schon ausgeführt hat – die Notwendigkeit, die gerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns zu reformieren. Und zwar aus meiner Sicht auch in Richtung der Schaffung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit.

Und nur einen Satz in diesem Zusammenhang angefügt: Ich meine, dass man, wenn man diesen Reformweg beschreitet, sich auch das Verhältnis der Höchstgerichte zu einander genauer anschauen und überprüfen sollte, ob die derzeitige Situation auf diesem Gebiet wirklich zweckmäßig und effizient ist, um bei diesem Terminus zu bleiben.

Und last, but not least, ein dritter Bereich, der meines Erachtens im Besonderen im Blickpunkt unserer Reformüberlegungen stehen müsste: die Bereinigung des Bundesverfassungsrechts! Und zwar unter zwei Gesichtspunkten: Zum Einen, was die Straffung der Verfassung anlangt und die Reduzierung des Rechtsstoffes. Hier gilt es sicher, vielen Ballast abzuwerfen. Und zum Zweiten, die Schaffung eines Inkorporierungsgebotes, also eines verfassungsrechtlichen Gebotes, das für die Zukunft die Einheitlichkeit des formellen Bundesverfassungsrechts sicherstellt.

Ich würde mir wünschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dieser Österreich-Konvent Gelegenheit gibt, in diesen Fragen Lösungen zu erzielen, und zwar ohne vorweg festgelegte Positionen im Sinne eines offenen und gleichberechtigten Dialogs aller Konventsmitglieder, und freue mich, in diese Arbeit meine Expertise einbringen zu können. Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor. Nunmehr Staatssekretär Dr. Finz in Vertretung für Bundesministerin Gehrer. Bitte, Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist durch mehrere Vorredner ein eindeutiges Bekenntnis zum bundesstaatlichen Prinzip ausgesprochen worden. Ich glaube, es wird Aufgabe des Konvents sein zu prüfen, ob in allen Bereichen wirklich der Idee des Bundesstaates voll Rechnung getragen wird. Zum Beispiel beim Finanzierungssystem des Staates.

Wenn man das Finanzierungssystem des Staates betrachtet, so kann man feststellen, dass hier eine überwiegende Aufgabe dem Bund übertragen ist, dass er praktisch alle Einnahmen zu tätigen hat und dann in einem Verteilsystem auf die Länder beziehungsweise Kommunen weiterzugeben hat. Wenn man Bundesabgaben und Länderabgaben zusammenrechnet, wird man darauf kommen, dass die Länder nur mit 2 Prozent zu diesem Volumen beitragen. Es wird also die Forderung sein aus Sicht eines Finanzministeriumvertreters, dass der Eigenfinanzierungsgrad der Länder durch eigene Steuergesetzgebung angehoben wird. Es würde auch der bürgernahen Verwaltung dieser Grundsatz entsprechen, und dass darüber hinaus natürlich die ewige Frage der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung besser als bisher gelöst werden sollte. Ein prominentes Beispiel dafür sind die Landeslehrer.

Wir haben in Österreich nach dem Beispiel des europäischen Stabilitätspaktes einen österreichischen Stabilitätspakt. Dieser ist insofern kompliziert geregelt, dass er ein Mischsystem von Überschüssen und Defizitregelungen zum Ausgleich vorsieht. Ich glaube, Ziel einer Weiterentwicklung dieses österreichischen Stabilitätspaktes sollte es sein, dass alle Gebietskörperschaften einen ausgeglichenen Haushalt haben. Das würde es auch erleichtern, wenn man noch nähere Regelungen trifft, den Zeitraum für einen Finanzausgleich von vier Jahren unter Umständen auf einen längeren Zeitraum, zum Beispiel von sechs Jahren zu erweitern.

Es sind heute die Gemeindenfinanzierungen angesprochen worden, und es ist ja hier auch in dem Regierungsabkommen ein wichtiger Hinweis enthalten, und zwar, dass wir von dem bisherigen pauschalen System des abgestuften Bevölkerungsschlüssels auf einen aufgabenorientierten Bevölkerungsschlüssel wechseln. Ich glaube dieser Grundsatz ist wichtig, dieses Streben ist wichtig. Es sind die Gemeinden zusammengewachsen zu Ballungsräumen, Umlandgemeinden. Und die Finanzierung sollte nach den tatsächlich erfolgten Aufgaben ausgerichtet werden.

Wir haben natürlich auch in diesem Zusammenhang heute die Verwaltungsreform mehrfach angesprochen. Wichtig ist einmal, dass zwischen Bund und Ländern die Kompetenzbereiche besser abgegrenzt werden als bisher und dass die Verwaltungsreform in dem Sinn fortgeführt wird, dass für den Bürger die nächstgelegene Behörde für alle Anliegen zuständig ist. Egal, ob es sich um eine Materie aus einem Bundesgesetz oder einem Landesgesetz handelt. Die Bezirksverwaltung neu ist hierfür ein gutes Beispiel.

Ich habe die Bundesministerin Gehrer heute zu vertreten: wenn man sich mit Verfassungsfragen, Kompetenzfragen beschäftigt, spielt natürlich das Schulwesen hier ganz intensiv hinein. Warum? Wir haben großteils Schulfragen verfassungsrechtlich geregelt. Wir haben 20 Gesetze, die entweder zur Gänze oder teilweise nur mit Zweidrittelmehrheit geregelt werden können und wir haben nur drei Gesetze, die mit einfacher Mehrheit geregelt sind. Außerdem haben wir eine Kombination in allen Bereichen des Schulwesens, wie zum Beispiel Schulerhaltung, Personalwesen und dergleichen mehr, wo kombinierte Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern notwendig ist. Das dient nicht einer effizienten und schlanken Schulverwaltung. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Staatssekretär. Als nächster Redner hat sich Bundesminister Dr. Ernst Strasser zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Bundesminister.

Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hohe Mitglieder des Konvents! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie soll das Österreich gestaltet sein, das wir unseren Kindern übergeben möchten? Das ist die Grundfrage und die Grundanforderung, die der Vorsitzende des Konvents an unsere Arbeit stellt. Und es stimmt, Herr Bürgermeister Häupl, die Arbeit ist schwierig. Aber die Arbeit ist notwendig, und vor allem, es ist eine äußerst lohnende Aufgabe, weil es um die Zukunft unseres Österreichs im 21. Jahrhundert geht.

Als Mitglied der österreichischen Bundesregierung hier in diesem Konvent werde ich gemeinsam mit den Beamten des Innenministeriums diese Arbeit voll unterstützen. Ich habe heute in der Früh gehört, Herr Vorsitzender, dass wir auch Personal zur Verfügung stellen dürfen, was wir natürlich gerne tun.

Wenn wir von der inneren Sicherheit sprechen und an die innere Sicherheit denken, dann dürfen wir von gesichertem Boden ausgehen. Von einem gesicherten Boden, den die österreichischen Gendarmen und Polizisten gemeinsam mit den Ländern, den Gemeinden und den Magistraten in den letzten 30, 40 Jahren geschaffen haben. Wir gehören zu einem der sichersten Länder der Welt.

Aber nicht Strukturerhaltung, sondern Innovation, Veränderung, Anpassung der Strukturen an die neuen Herausforderungen, das sind die Aufgaben, die an unsere Verwaltung gestellt werden. Wir stellen uns dieser Aufgabe durch die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie im Verwaltungsbereich. Wir erwarten uns hier eine wesentliche Erhöhung der Schlagkraft, vor allem im Außendienst, wir erwarten uns eine Straffung der Verwaltungsabläufe, eine verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit, eine Verflachung der Hierarchie-Ebenen und anderes mehr.

Dieser Konvent gibt die Möglichkeit, dass wir beim Überbau über der Sicherheitsexekutive bei der Behördenstruktur auch neue Wege gehen können, denn tatsächlich ist es so, dass durch Innenministerium, Sicherheitsdirektionen, Bezirkshauptmannschaften, Bundespolizeidirektionen und Magistrate die Zuständigkeiten im Bereich der Sicherheitsverwaltung mannigfach verteilt, manche sagen, zu viel verteilt sind. Hier wäre eine Verbesserung sinnvoll möglich und nicht nur ökonomisch effizient, wie das Professor Funk und Professor Holzinger zum Teil auch kritisch angemerkt haben. Wir wünschen uns sehr, dass wir diese Diskussion offen und ohne Vorfestlegungen in diesem Konvent führen können.

Zum Zweiten hat Bürgermeister Häupl zu Recht angesprochen, was Aufgabe des Staates ist und was nicht mehr oder nicht Aufgabe des Staates ist. Hier geht es vor allem darum, zu klären, was bei Ausübung des Gewaltmonopols Hoheitsverwaltung sein soll. Wir sind hier der Meinung, dass das Gewaltmonopol in staatlicher Hand bleiben soll, es ist eine wichtige Aufgabe einer staatlichen Gemeinschaft. Allen Privatisierungstendenzen muss klar eine Absage erteilt werden. Wir wünschen uns hier eine Grenzziehung in diesem Bereich.

Zum Dritten haben die Vertreter der Gemeinden Mödlhammer und Vögerle, zu Recht gesagt: Wer schafft an? Wer zahlt? Wer vollzieht? Hier gibt es große Unterschiede, auch in dem Bereich, wo wir zuständig sind. Einige schaffen an, Andere bezahlen, und wir aus der Sicherheit sollen vollziehen. Wir erhoffen uns hier auch eine Klärung. Der, der anschafft, soll auch zahlen und soll auch für die Vollziehung verantwortlich sein. Das ist unsere Grundtendenz, mit der wir in die Sache hineingehen.

Vierter Punkt: Effektiver und rascher Rechtsschutz. Herr Präsident Jabloner hat zu Recht die Überlastung verschiedener Oberster Gerichtshöfe und nicht nur dieser, angesprochen. Wir wünschen uns auch, dass jahrelange Verfahren, deren Ausgang für Betroffene oft zu spät kommt, verkürzt werden können, dass wir hier eine Verbesserung angehen können. Die schon angesprochene Frage der Verländerung in diesem Bereich ist eine Frage, die wir auch diskutieren wollen.

Fünfter Punkt: Das Wahlrecht modernisieren. Nicht nur die neuen Formen, die uns die Technik bietet, bis hin zum E-Voting, sondern auch das Briefwahlrecht ist uns eine wichtige Angelegenheit, die wir gerne hier diskutieren wollen.

Grundlage, Basis und Ausgangspunkt für Polizeiarbeit ist die Rechtsstaatlichkeit und die hundertprozentige Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte. Deshalb ist ein Grundrechtskatalog für unsere Arbeit, der sich an den europäischen Grundrechten orientiert, von entscheidender Bedeutung. Wir wünschen uns sehr, dass dieser Konvent gerade auch aus diesem Gesichtspunkt erfolgreich sein wird. – Herzlichen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Bundesminister. Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn Präsident Dr. Christoph Leitl. – Bitte sehr.

Dr. Christoph Leitl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Exakt in zehn Monaten, am 1. Mai 2004, findet die EU-Erweiterung statt. Damit ändert sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld unseres Landes so stark wie nie zuvor. Enorme Chancen für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich, aber auch manche Risken sind damit verbunden. Daher fügt es sich sehr gut, dass jetzt nach Abschluss der Arbeiten im Europäischen Konvent hier der Österreich-Konvent versucht, Verfassung und Verwaltung auf neue Grundlagen zu stellen, die unser Land wettbewerbsfähiger machen.

Ich glaube, dass Österreichs Verfassung und Verwaltung die Chance hätte, zu einem europäischen Benchmark zu werden und Österreich als einen der besten Standorte Europas auch in rechtlicher Hinsicht zu positionieren.

Das was Kelsen für das 20. Jahrhundert, das nationale Jahrhundert, geleistet hat, das wird jetzt der Konvent für das 21. Jahrhundert, das europäische Jahrhundert, leisten und damit Kelsen sinnvoll weiterentwickeln.

Es geht uns von Seiten der Wirtschaft darum, die Aufbauorganisation des Staates neu zu überdenken. Ich bin Bürgermeister Häupl sehr dankbar, denn er hat die Subsidiarität ausdrücklich erwähnt. Ich glaube, diese Subsidiarität, der Föderalismus, das Zuordnen von Kompetenzen an die jeweilige kleinstmögliche Einheit, ist ein ganz entscheidendes Prinzip. Und wir werden gerade auch bei der Formulierung einer Bundesverfassung beachten müssen, welche Kompetenzen Europa heute hat, ohne dass uns das oft ausreichend bewusst ist. Und, zweitens: Welche Kompetenzen sollen die Regionen, das heißt, unsere Länder und Gemeinden haben, denn es besteht ein regionaler Wettbewerb in Europa.

Dementsprechend müssen auch die finanziellen Mittel in einem fairen, transparenten und klaren Finanzausgleich zugeordnet werden. Schließlich schlage ich auch vor, dass die Diskussion über die Mitwirkung und die rechtliche Grundlage der Sozialpartnerschaft Eingang in die Diskussion findet. Dies haben wir auf der europäischen Ebene, im europäischen Konvent erfolgreich erledigt und dies dient der Klarstellung, einer wichtigen und notwendigen Klarstellung. Die Sozialpartner als „Manager des Wandels“ sollen auch eine rechtliche Basis haben.

Neben dieser Aufbauorganisation ist es die Ablauforganisation, die ganz wesentlich ist und die im Vorhinein mitgedacht werden sollte. Wir brauchen keine bürokratieorientierte, sondern eine dienstleistungsorientierte Verwaltung, die das Land unterstützt, die motivierend ist, die einen Teil der Erfolge des Landes bewirkt. Eine Verwaltung, die untereinander kooperiert, vertikal und horizontal, eine Verwaltung, die modernste Technologien implementiert. Der zuständige EU-Kommissar Liikanen schätzt, dass allein durch Implementierung von neuen Technologien – Stichwort e-government – 10 bis 20 Prozent der Verwaltungskosten gespart werden können, ohne dass ein Qualitätsverlust für die Bürger damit verbunden ist; ganz im Gegenteil. Und dass wir schließlich moderne Instrumente, moderne Planungs-, Steuerungs- und Kontrollmechanismen implementieren.

Ziel ist, dass der Standort Österreich klare, verständliche Regelungen hat und diese rasch, effizient und mit Rechtssicherheit umsetzt. Damit hätten wir die Chance, im Zeitalter der Globalisierung und der europäischen Einigung, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich zu stärken und damit vom Standpunkt des Rechtes, der Wirtschaft und der Gesellschaft Österreich im Wettbewerb vorne zu positionieren als erfolgreiches Land. Das erwarten unsere Bürger, daran mitzuwirken sind wir bereit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Als Nächster zu Wort gemeldet ist Landeshauptmann Dr. Sausgruber. Bitte, Herr Landeshauptmann.

Dr. Herbert Sausgruber: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einige Bemerkungen aus der Sicht eines Landes, das viel Erfahrung hat mit offenen Grenzen, auch mit dem Blick in die Nachbarschaft zu kleinräumig organisierten Staaten und ihrer Fähigkeit sich anzupassen.

Zunächst freut mich sehr, dass es gelungen ist – es waren anfangs andere Zwischentöne, die Grundsätze der Verfassung ausdrücklich außer Streit zu stellen, sie haben sich bewährt, wir haben keinen Grund, diese in Frage zu stellen.

Zweitens glaube ich, dass das Vorhaben, die Verfassung zu straffen, im Text zusammenzufassen, zwar nicht einfach ist, aber mit einiger Anstrengung machbar sein müsste. Das ist durchaus zu unterstützen und erfordert den Mut zum Wesentlichen, in Manchem auch den Mut zur Lücke am richtigen Ort.

Politisch kontroverser wird wohl die Neupositionierung sein, die im Zusammenhang der Mitgliedschaft mit der Europäischen Union angesprochen wurde. Der Prozess ist ja im Gange. Wir haben große Strukturveränderungen hinter uns, auch ohne irgend eine Erweiterung. Wir sollten nicht auf die Wettbewerbssituation vergessen, die uns zwingt, die Abgabenlast zu reduzieren, und da möchte ich auf Folgendes hinweisen: Heute war bei Staatsaufgaben vornehmlich von Hoheitsaufgaben die Rede. Ein wesentlicher Teil von Staatsaufgaben sind die teuersten, sind die professionellen Dienstleistungen etwa im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege, um zwei Beispiele zu nennen. Gewaltig dynamische Bereiche, und da sollte man sich unabhängig von hoher Juristerei auch darüber unterhalten: Wie viel Spielraum lässt man den Handelnden? Was ist privater Anteil, was ist staatlicher Anteil, welchen Stellenwert hat ehrenamtliches Engagement und welche Rahmenbedingungen braucht Bürger-Engagement, um zu funktionieren?

Zwei oder drei Wünsche: Wenn man über die Aufgaben redet und über die Gesetzgebung: Die Gesetzgebung, vor allem die Bundesgesetzgebung, ist bei uns viel zu detailverliebt und die Sprache ist für Durchschnittskonsumenten, auch für Durchschnittsjuristen, oft unverständlich. Der bürokratisierende Druck durch diese Praxis ist beachtlich. Wir sollten uns stärker auf das Wesentliche konzentrieren.

Es gibt Bereiche, wo man sagen kann, dass einheitliche österreichische Regeln Sinn machen und nicht neun verschiedene Länderregelungen. Dort sollte man dann über die Mitwirkungsrechte der Länder in einer schlanken, straffen, effizienten Form reden. Mit „effizient“ meine ich nicht nur Aufschieben, sondern echte Kooperation.

Und zum Abschluss: Wenn von Staatsstrukturen die Rede war – unser Bundeskanzler hat einiges angesprochen, das ist sehr zu unterstützen – möchte ich einige Beispiele ergänzen. Es gibt eine Fülle von Bundesbehörden in den Ländern, die kein Wunder an Synergie sind, hier wäre einiges zusammenzufassen. Auch das Ressortprinzip, das ich im Grundsatz nicht kritisiere, hat seine Schwächen. Auch dieses ist kein Wunder an Effizienz, und manche Synergie wäre hier zu gewinnen.

Abschließend – es blinkt – kann ich die sehr große Erwartung Vieler auch heute nicht teilen, glaube aber mit einem Schuss Pragmatismus ließe sich einiges bewegen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Landeshauptmann. Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Universitätsprofessor Dr. Öhlinger.

Dr. Theo Öhlinger: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren des Konvents! Ich bin wahrscheinlich schon eines der älteren Semester hier im Haus, leider, aber ich habe als solcher eine ganze Reihe von Versuchen einer Verfassungsreform miterlebt und zum Teil auch mitwirken dürfen. Wir wissen, dass alle diese Versuche gescheitert sind und insofern ist das Bild vom Sisyphus leider alles andere als abwegig.

Noch nie hat es in einem dieser Projekte eine Veranstaltung wie diese gegeben. Ich glaube, dass es gut ist, dass der neue Versuch, die österreichische Verfassung zu reformieren, mit dieser Inszenierung beginnt, auch weil damit ein gewisser Erfolgszwang bewirkt wird. Dieses Projekt, wenn es scheitert, würde bedeuten, dass wir zu dem Schluss kommen, die österreichische Verfassung ist tatsächlich unreformierbar. Dies wäre ein Schluss, zu dem wir wirklich nicht beitragen dürfen. Gerade auch, wenn man der Meinung ist, dass die österreichische Verfassung einen Reformbedarf hat. Und sie hat einen Reformbedarf bei aller Qualität ihres Ursprungs. Es sind hier schon viele Themen angesprochen worden. Ich meine, dass der Konvent sich auch eine gewisse Konzentration auf die Themen, die er behandeln will, überlegen muss. Selbstverständlich wird die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern etwas sein, was dieser Konvent einer Modernisierung zuführen muss. Aber wenn wir schon bei der Verwaltung sind: Die Verfassung ist zunächst einmal die Grundlage der Gesetzgebung. Zu glauben, dass alle Qualität der Verwaltung aus der Verfassung heraus deduzierbar sein muss und alle Anderen es sich dann bequem machen können, das wäre eine Illusion. Man darf von einer Verfassung nicht zu viel erwarten. Man muss sich auf das konzentrieren, was eine Verfassung leisten kann. Sie ist die Grundlage der Rechtsordnung und als solche ungeheuer wichtig, aber sie kann nicht das Weißbuch für alle Probleme sein, die es in Österreich gibt.

Das führt mich zu einem zweiten Thema dieses Konvents: Er hat sich selbst die Aufgabe gegeben, einen neuen geschlossenen Verfassungstext zu erarbeiten. Tatsächlich haben wir in Österreich einen Verfassungsstoff angehäuft, der seinesgleichen sucht. Es gibt nichts Vergleichbares, zumindest in Ländern mit ähnlicher Rechtskultur.

Allein der Abbau dieser unzähligen, angeblich an die 1.000 Verfassungsbestimmungen wird schwierig genug sein, weil hinter jeder dieser Bestimmungen irgendein Interesse steht, und selbst wenn man bei 300 sagt, das kann man streichen, würden immer noch 700 übrig bleiben.

Aber es geht nicht nur um diesen notwendigen Rückbau, es geht dabei darum, eine grundlegende Änderung der Verfassungspraxis und des Verfassungsverständnisses herbei zu führen. Es geht um eine Verfassung, die diese Praxis der Verfassungsbestimmungen in Zukunft nicht mehr notwendig macht. Jeder von uns hat wahrscheinlich schon an irgend einer Verfassungsbestimmung mitgewirkt. Er weiß, wie leicht es ist, solche Bestimmungen zu erreichen, wenn nur genügend breiter Konsens besteht. Aber er weiß auch wie schwierig es ist, Gesetze zu erlassen, wenn man über dieses Instrument nicht mehr verfügt.

Auf dieses Instrument zu verzichten fordert daher ein ganz grundsätzliches Umdenken in der Verfassungspraxis, und da müssen auch die Theorie und ich glaube auch die Judikatur ihren Anteil dazu leisten. Es geht um eine Verfassung, die einerseits genügend politischen Gestaltungsspielraum offen lässt, unter der Verantwortung vor dem Wähler. Das ist ja der Kern der Demokratie, und ich glaube, dass hier in Österreich durchaus ein gewisser Reformbedarf noch besteht. Aber auch der Bedarf um eine Verfassung, die diesem politischen Prozess einen klaren und festen Rahmen setzt, über den man sich nicht mit Beliebigkeit hinwegsetzen kann. Das ist sicher eine schwierige Aufgabe. Ich sage das nicht, um hier Skepsis zu verbreiten, ich glaube, dass Optimismus angebracht und Optimismus notwendig ist, es soll nur ein sehender und kein blinder Optimismus sein. Nur so wird der Konvent Erfolg haben können. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Landtagspräsident Manfred Dörler. – Bitte sehr.

Manfred Dörler: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Vertreter des Vorarlberger Landtages und als Vorsitzender der österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz – Vorarlberg übernimmt turnusmäßig ab morgen den Vorsitz – kann ich Ihnen allen versichern, dass die Länderparlamente im Konvent engagiert mitarbeiten werden. Wir werden uns einer offenen Diskussion auf Grundlage des Auftrags, der an den Konvent ergangen ist, nicht verschließen. Wir werden diese Diskussion hier offen führen.

Es ist für die Legitimation der Konventsarbeit aber unabdingbar, dass die Landtage angemessen vertreten sind. Ich bedanke mich bei allen denjenigen, die das durchgesetzt haben. Das war ja nicht von Haus aus klar.

Ich möchte in meiner ersten Wortmeldung allerdings auf einige Stimmen eingehen, die im Vorfeld des Konvents auch zu hören waren. Da war davon die Rede, dass die Vertreter der Länder aber auch der Gemeinden Besitzstandwahrer seien. Dies bringt eine Grundhaltung zum Ausdruck, die von vornherein annimmt, dass die Neugestaltung unserer Grundordnung zu Lasten der Länder gehen solle.

Wenn wir auf dem Boden der Bauprinzipien der Verfassung, also der Demokratie, des Rechtsstaates und des Bundesstaates über eine Neugestaltung reden, dann ist in gewisser Hinsicht jeder hier Sitzende ein Besitzstandwahrer. Natürlich zählen in diesem Sinn auch die Vertreter der Bundesregierung oder des Nationalrates, um nur zwei Beispiele zu nennen, zu den Besitzstandwahrern. Ich hielte es daher für ungeeignet aus der Vielzahl der Akteure im Konvent eine bestimmte Gruppe herauszusuchen. Es muss uns klar sein, dass die Veränderungen, die wir brauchen – und die sind unbestritten – nicht in eine Einbahnstraße gehen sollen. Der Herr Präsident Fischer hat gesagt, der Konvent ist, was er ist, und so ist es.

Ich hoffe vielmehr, dass es den Ländern und den Gemeinden im Konvent gelingen wird unter Beweis zu stellen, dass sie zu den Reformkräften in diesem Land zählen. Ich darf auch darauf verweisen, dass viele bisherige Reformbestrebungen nicht unbedingt von den Ländern blockiert worden sind, aber wir haben den Herrn Sisyphus schon öfter zitiert heute, wir gehen mit Optimismus in die Diskussion.

Lassen Sie mich noch einen Gedanken weitergeben. Gegenwärtig – habe ich den Eindruck – wird sehr viel über Pluralismus, über Differenzierung diskutiert. Die Präsidenten der Österreichischen Landtage haben am 7. Februar ein Papier erstellt und Reformvorstellungen niedergeschrieben, an die wir uns bei unseren Diskussionen natürlich halten werden. Unser Anliegen aber, die Bedeutung von Pluralismus und Differenzierung zu vermitteln, ist ein sehr großes. Erst die Unterschiedlichkeit ermöglicht Innovation und Wettbewerb.

Es ist mir bewusst, dass die Antwort auf die Frage, ob Einheitlichkeit oder Differenzierung sinnvoll ist, natürlich von der Angelegenheit abhängt. Darüber wird man schon diskutieren müssen. Aber aus meiner Sicht wird es in der Konventsarbeit sehr wesentlich darum gehen, dass die künftige Bundesverfassung allen Ebenen des Staates, damit meine ich nicht nur die Länder, sondern auch die Gemeinden und andere Selbstverwaltungskörper, die größtmögliche Selbständigkeit garantiert, jedoch im unbedingt notwendigen Ausmaß auch für Einheitlichkeit sorgt. Das wird eine sehr spannende Aufgabe sein und ich freue mich darauf, und ich wiederhole mich: Wir haben sehr viel Grund, die Veränderungen sehr offen miteinander zu diskutieren. – Ich danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Präsident Ing. Georg Griessner.

Ing. Georg Griessner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ganze kann nur so stark sein wie es seine Teile sind. In diesem Zusammenhang freut es mich, dass viele der heutigen Redner bereits ein ganz eindeutiges Bekenntnis zum Föderalismus abgelegt haben. Immer wenn man über etwas spricht, wie auch ich über das Nächste, was mir wichtig ist, das Subsidiaritätsprinzip, erlebt man oft, dass man sehr unterschiedliche Verständnisse darüber hat. Ich sage ganz eindeutig ein klares „Ja" zu einem zeitgemäßen Föderalismus, das heißt, dass wir auch darüber diskutieren müssen, aber ich sage ein klares „Nein“ zu einem Exekutivföderalismus, bei dem die Landesparlamente völlig in den Hintergrund treten.

Wir wissen, ein funktionierender und gelebter Föderalismus bezieht die betroffenen Menschen wohl besser in die Entscheidungen ein, er stärkt die Identität, und er ist – auch darüber wird man sicher eine ausführliche Diskussion führen müssen – kostengünstiger.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was im gesellschaftlichen Leben der Grundsatz der Subsidiarität ist, ist im staatlichen Handeln und im staatlichen Leben der Grundsatz des Föderalismus, daher die klare Forderung nach einer konsequenten Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips.

Subsidiarität ist wohl die bestmögliche Antwort auf die wachsende Komplexität. Je komplexer Sachverhalte und Probleme werden, um so weniger kann man zentral führen und zentral entscheiden.

Ich würde bitten, dass man auch über die Bundesgrenzen hinaus schaut, welche Diskussion in Deutschland abläuft, welche Diskussion in Frankreich geführt wird und ich glaube, es ist ganz eindeutig, dass man überall dort versucht, dezentral wieder die Regionen, die kleineren Einheiten, entsprechend zu stärken.

Subsidiarität erfordert erhöhte Verantwortungsbereitschaft und bringt in Summe sicher mehr Transparenz. Viele reden von der Subsidiarität und doch scheint sie schwer umsetzbar zu sein. Ich glaube, das ist so, weil erstens die Anwendung dieses Prinzips in der Ausgestaltung des Föderalismus konkret – und das gilt für alle Betroffenen – mit Machtverzicht verbunden ist und damit auch mit Verzicht auf Gestaltungsmöglichkeit.

Das Subsidiaritätsprinzip verlangt ein eingehenderes und grundsätzlicheres Nachdenken, wie wir in diesem Zusammenhang mit Gleichheit und Gerechtigkeit umgehen. Gemeinsam sollte es uns auf diesem Konvent um zukunftsträchtige und sachgerechte Strukturen unserer staatlichen Organisation, zur besseren und bürgernäheren Lösung anstehender und vor allem künftiger Probleme und damit im Besonderen zur Ausgestaltung unserer Demokratie gehen.

Das heißt für mich: Erstens, klarere Kompetenzabgrenzungen zwischen den Gebietskörperschaften, Gemeinden, Ländern und dem Bund. Zweitens, keine Abschaffung des Bundesrates, sondern Stärkung und Aufwertung des Bundesrates zu einer echten Länderinteressenkammer im Gesamtstaat und drittens natürlich in dem Zusammenhang auch – und das wurde schon einige Male heute erwähnt – eine partnerschaftliche und faire Verteilung der Finanzmittel, die der neuen zukünftigen Aufgabenverteilung entspricht.

Je subsidiärer ein Staat organisiert ist, desto kostengünstiger wird die Verteilung von staatlichen Leistungen, weil mit zunehmender Nähe zu den Menschen die Organisationskosten dieser Verteilung sinken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident Fiedler hat zu Recht Beweglichkeit gefordert. Beweglichkeit in der Diskussion und in den Einstellungen. Wir gehen offen auf diese Diskussion zu und treten ein. Aber Beweglichkeit wird nur dann Erfolg bringen, wenn sich alle bewegen. Wenn alle, ganz gleich von welcher Partei, von welcher Organisation, von den Ländern oder den Gemeinden hier tätig sind und bereit sind, mitzudiskutieren und sich einzubringen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass für mich nicht die Zeit oder der Zeitraum der Diskussion für die Arbeit in diesem Konvent maßgeblich ist, sondern es ist letzten Endes das Ergebnis und es soll ein gutes Ergebnis zu Stande kommen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident. Nunmehr kommt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort.

Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Österreich-Konvent! An dieser ersten Sitzung dieses Österreich-Konvents ist es natürlich wichtig und angemessen, auch an den Europäischen Konvent zu erinnern, an seine Zielsetzungen, inwieweit er sie erfüllen konnte und was vielleicht schon von der Geschäftsordnung an von der Zusammensetzung an, sich bewährt hat oder aber sich als Hindernis herausgestellt hat.

Die erste Frage der Zielsetzungen ist natürlich heute schon einige Male angesprochen worden. Im Europäischen Konvent waren Transparenz, BürgerInnennähe und Demokratisierung wichtige Anliegen. Demokratie, Transparenz, Fassbarkeit für den Bürger, müssen damit auch zu unseren Zielen zählen und sie wurden bis jetzt wenig erwähnt. Aber ich glaube, dass sie viele der Mitglieder in diesem Konvent natürlich auch in ihren ganz persönlichen Zielsetzungen mitnehmen.

Das bedingt aber auch eine ganz bestimmte Zusammensetzung und Organisationsform für den Konvent und hier komme ich schon zu einem Wermutstropfen. Wenn als eines der Spannungsfelder angesprochen wurde, dass sich dieser Konvent zwischen Strukturerhaltung und Innovation seinen Weg wird suchen müssen, hat man zwei oder drei wichtige innovative Elemente außen vorgelassen oder zu wenig berücksichtigt:

Das sind die Jungen, das sind die Frauen und das ist die Zivilgesellschaft. Der Europäische Konvent hat ein Forum der Zivilgesellschaften gehabt, hat es betreut, hat es allerdings am Schluss zu wenig berücksichtigt.

Meine Damen und Herren! Weil die Mitwirkung der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Struktur und in der Organisation dieses Konvents noch nicht ausreichend berücksichtigt ist, ist mein großer Appell an Sie, dass wir gemeinsam einen strukturierten Dialog mit dieser Zivilgesellschaft als innovative Kraft für unsere Diskussion auch entwickeln und zwar aus einem ganz einfachen Grund:

Es sind die Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, die an die rechtlichen Hürden stoßen, die an die Grenzen der derzeitigen Verfassungsstruktur stoßen und sie sind wichtige Frühwarnsysteme für das, was sich an Verfassungsverständnis in der Bevölkerung entwickelt und entwickeln kann. Und für uns ein wichtiger Kontrollmechanismus, um hier den modernen Anforderungen einer innovativen Demokratie besser entgegen zu kommen.

Als eine weitere Zielsetzung wurde schon der Spargedanke genannt. Meine Damen und Herren! Sparen ist schon richtig, aber ich möchte schon einen Grundsatz hier darüber stellen: Das ist der Grundsatz der Demokratie. Denn nicht alles was billig ist, ist auch Recht. Und viele Bürgerinnen und Bürger können davon ein Lied singen. Und nicht alles was Recht ist, ist auch billig. Hier kann uns die Zivilgesellschaft einiges darüber erzählen.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier sehr hohe Prinzipien zu wahren. Sie alle dem Sparen unterordnen zu wollen, wäre – so glaube ich – ein gewaltiger Rückschritt in einem Verständnis von Demokratie, was wir als Konvent sicher nicht in dieser Form tragen können.

Ein weiterer Punkt, auch wieder mit dem Verweis auf den Europäischen Konvent, war die Rolle des Präsidenten. Herr Präsident Fiedler! Ich appelliere an Sie, nehmen Sie sich nicht Herrn Präsident Giscard D’Estaing in allen Aspekten zum Vorbild. Seine große Stärke war es nicht, die alle Anregungen des Konvents wirklich zu hören und aufzunehmen. Hier gab es ab und zu eine gewisse Selektivität und ich wünsche mir von Ihnen, von uns allen und von unserem Präsidium, dass dieser Prozess aus dem Europäischen Konvent sich hier nicht wiederholt. Das wäre mir ein ganz zentrales Anliegen.

Zum Abschluss: Einige Male wurde schon angesprochen, dass es nicht genügen wird, dass wir hier unter uns ein breites, tiefes Verständnis der Österreichischen Verfassung entwickeln und sie damit weiter entwickeln. Unsere Aufgabe muss es auch sein, dieses Verständnis mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu teilen und mit ihnen gemeinsam in diesen Entwicklungsprozess zu treten.

Ich kann Ihnen sagen: Diese Erfahrung, die wir hier auf europäischer Ebene machen konnten, die wünsche ich mir auch für diesen Österreich-Konvent und ich hoffe, dass in der Spannung zwischen Strukturerhaltung und Innovation hier unter Einbindung der Zivilgesellschaft ein guter Weg gefunden wird, ein gemeinsames Bewusstsein für die Wichtigkeit der Aufgabe und ein gemeinsames Verständnis dieser Aufgabe zu entwickeln. Das wird sich in diesem Sommer noch entscheiden, und ich wünsche uns allen viel Kraft dazu. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch, Frau Abgeordnete. Nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Madeleine Petrovic, bitte sehr!

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Herr Präsident! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ziemlich skeptisch hergekommen, und bin jetzt aber in einigen Punkten nach den Wortmeldungen doch um vieles optimistischer.

Punkt eins, das Schlagwort vom schlanken Staat: Ich hatte in der Vorbereitung des Konvents ein bisschen den Eindruck, dass das schon so ein Paradigma ist – immer wieder schlanker Staat – dass das schon fast in Richtung Magersucht hingegangen ist. Jetzt haben einige, nicht zuletzt auch der Herr Bundeskanzler, wieder einmal das Wort vom starken Staat in den Mund genommen. Und ich möchte mich dem gerne anschließen, und vielleicht auch einen ersten Versuch wagen, die Frage: was sind denn die Bereiche, die Aufgaben, für die wir einen starken Staat brauchen, zu beantworten. Aus meiner Sicht, alles das, was für die Gesellschaft, für Gruppen in der Gesellschaft, für Menschen, nötig ist, und vom Markt nicht geleistet wird. Märkte sind notwendig – wir haben eine Marktwirtschaft – und Märkte können Bedürfnisse viel besser befriedigen als jede Art zentraler Planung. Aber Märkte und die Kräfte der Märkte wirken per se nicht sozial und nicht ökologisch, sondern sie tendieren dazu, die Starken stärker, die Reichen reicher und eben die Armen ärmer zu machen. Dass im Bereich der Marktwirtschaft Unternehmungen betriebswirtschaftlich agieren, das soll so sein und ist so. Aber der Staat, die res publica, muss volkswirtschaftlich agieren. Das habe ich oftmals vermisst.

Das heißt: Grundbereiche der sozialen Sicherheit sind klassische öffentliche Aufgaben und dürfen als solche nicht in Frage gestellt werden. Damit meine ich eine soziale Grundsicherung, die wir in allen Bereichen brauchen werden: bei den Pensionen, für Menschen, die arbeitslos sind, für Menschen, die krank sind, für Menschen, die alt sind. Wir brauchen einen starken Staat in allen Bereichen der sozialen Bildung und wir müssen vor allem auf die achten, die eben nicht zu Hause ein Elternhaus haben mit einem dicken Bankkonto. Wir müssen auf die Flüchtlingskinder schauen, auf die Kinder aus den ärmeren Haushalten. Das sind klassische öffentliche Aufgaben. Und natürlich müssen wir – und als Grüne ist mir das ein ganz besonderes Anliegen – den riesigen und immer wichtigeren Bereich der Umweltpolitik als öffentliche Aufgabe definieren, den Schutz des Wassers, den Schutz der Luft, die Abwehr der Gefahren der Atomkraft und auch die Sicherung bestimmter Dienstleistungen, Schlagwort: GATS.

Das sind Fragen, die wir hier diskutieren sollten, im Sinne von – meiner Meinung nach –öffentlichen Aufgaben. Und es kann nicht so sein, dass zum Beispiel die Debatte über so ein wichtiges Abkommen wie GATS, in einem Ressort, im Wirtschaftsressort oder sonst wo, nur im Bereich der Vollziehung angesiedelt ist. Ich glaube das gehört hierher, das soll mit den Ländern, mit den Gemeinden diskutiert werden und letztlich auch in einer allgemeinen Form festgeschrieben werden. Es wird aber dann, nachdem wir einen Konsens erreicht haben, auch um die Frage gehendass es klassische öffentliche Aufgaben gibt, die nicht Märkten überantwortet werden dürfen. Dann wird es aber auch um die Frage der Mittelaufbringung und der Mittelverwendung gehen. Und auch hier – das war der zweite Punkt, in dem ich mich eigentlich gefreut habe – haben mehrere schon gesagt, kann es insbesondere bei der Finanzierung der kleinen Einheiten, der Gemeinden, nicht ausschließlich darum gehen, wie viele Menschen dort wohnen – also nach dem Meldezettel, oder nach der Betriebsansiedlung, nach der Zahl der Arbeitsplätze. Das ist oft zufällig und manchmal hat eine Gemeinde nur den Nutzen und eine andere Gemeinde hat dann nur die Lasten und muss die Infrastruktur herstellen.

Das heißt: Hier müssen wir eine gerechtere Mittelzuteilung nach den Aufgaben finden, die eben auch die kleinen Einheiten leben lässt und die ländlichen Räume auch lebensfähig erhält. Aber da gehört noch etwas dazu, nämlich die Mittelaufbringung: Wenn wir so etwas wie Gerechtigkeit anstreben, dann glaube ich, werden wir in dem Bereich auch darüber reden müssen, wie Österreich im internationalen Kontext die Mittel aufbringt, wer mehr dazu beitragen kann und wer ohnehin schon an der Grenze ist. Und da wird es auch um Steuerprivilegien gehen, und ich erlaube mir nur ganz zum Abschluss zu sagen: Würden wir etwa nur – so wie im europäischen Kontext, so auch wie die Schweiz – Vermögenssteuern, Kapitalsteuern, Stiftungssteuern einheben, dann hätten wir überhaupt kein Budgetproblem und an das sollten wir – glaube ich – auch denken, wenn wir uns um zukünftige Staatsaufgaben hier unterhalten. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Abgeordnete. Als nächster zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits.

Mag. Terezija Stoisits: Dobor dan, postovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! So oft war heute schon von Sisyphus die Rede. Erstens möchte ich feststellen, dass Sisyphus keine Sage ist, sondern ein Mythos, und dass die psychoanalytische Deutung ihn als einen Glücklichen bezeichnet. Und wenn wir jetzt von diesem Konstrukt aus an die Aufgabe, die wir in den nächsten 18 Monaten haben, herangehen, dann möchte ich hier auch, so wie viele vor mir schon, das Bekenntnis dazu ablegen, dass es einen Reformbedarf bei der österreichischen Bundesverfassung gibt. Gleichzeitig aber – und das haben einige Vorredner und Vorrednerinnen auch schon getan – ist mindestens so deutlich zu sagen, dass das Bekenntnis zur bestehenden Bundesverfassung, zur Kelsen-Verfassung, ebenso wichtig ist; und dass dieses klare und deutliche Bekenntnis zu diesem Ursprung für mich die Voraussetzung für die Arbeit in diesem Konvent ist – dessen Endergebnis noch niemand von uns kennt. Da wir alle heute in der konstituierenden Sitzung sehr positiv gestimmt sind und in diese Arbeit nur gehen können, wenn wir überzeugt sind, zu einem Ergebnis zu kommen, hoffe ich, dass Sie diese Auffassung alle teilen.

Ich möchte mich – und jetzt komme ich auf den Beginn der Diskussion zurück – der Kritik von Frau Dr. Glawischnig anschließen und damit auch das zum Ausdruck bringen, was die Grünen in ihrer Wortmeldung bei der Diskussion im Nationalrat zur Beschlussfassung des Gesetzes über den Österreich-Konvent deutlich gemacht haben: Dass die Wahl des Österreich-Konvents, seine Zusammensetzung und seine Form von uns kritisiert wurde, scheint mir auch heute als ein Mitglied des Konvents immer noch berechtigt. Denn die Zusammensetzung und die Form, wie sie gewählt wurde, ist für mich als Abgeordnete und damit auch den Verfassungsgesetzgeber repräsentierende, zu exekutivlastig. Denn eines ist sicher – und das garantiert die österreichische Bundesverfassung – wir haben einen Bundesverfassungsgesetzgeber. Das sind National- und Bundesrat. Das ist kein Österreich-Konvent, das ist kein Gremium von Wissenschaftlern, das ist keine Versammlung von Landes-, Gemeinde- und Bundespolitikern, sondern das sind der Nationalrat und der Bundesrat. Und dabei soll es auch bleiben und dazu müssen wir ein Bekenntnis ablegen, wenn wir an die Arbeit herangehen.

Das Ziel dieser 18 Monate Arbeit, die vor uns liegen, ist für mich: Demokratisierung – mehr Teilhabe für mehr Menschen! Das heißt: mehr Partizipation von möglichst mehr der österreichischen Bevölkerung. Das ist die Stärkung der Instrumente der direkten Demokratie. Und das ist – das möchte ich jetzt ganz besonders ansprechen – das ist die Frage der Grundrechte. Eine jahrzehntelange Diskussion – nicht nur Diskussion, sondern auch eine jahrzehntelang tagende Grundrechtskommission, beide haben es nicht geschafft, ein zentrales Dokument der Grund- und Menschenrechte in Österreich so zu erarbeiten, dass es tatsächlich auch inkorporiert worden wäre. Der Grundrechtsschutz in Österreich ist – das hat Präsident Khol, glaube ich, schon ganz zu Beginn gesagt – ein Problem der Überschaubarkeit. Er ist auch ein prozedurales Problem und hat auch inhaltliche Defizite. Ich möchte jetzt auch als Mitglied des Konvents versuchen, einen Beitrag zu leisten, um eben diese verschiedenen Aspekte in einer produktiven Diskussion – Herr Präsident Fischer hat von Weisheit, Klugheit und Toleranz in der Diskussion und in dem Prozess gesprochen – konkret anzusprechen.

In diesem Konvent soll und muss es die Möglichkeit geben, beispielsweise darüber zu diskutieren, ob der Verfassungsgerichtshof in Österreich die Möglichkeit bekommen sollte, Urteile der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen.

Hier in diesem Konvent muss und wird diskutiert werden, ob die Festschreibung eines Mindestmaßes an sozialer Teilhabe als Grundrecht in Österreich in der Verfassung festgelegt werden soll.

Dieses Sozialstaatsprinzip, das in einigen europäischen Ländern festgeschrieben wird, ist insofern nichts Neues und das wird Diskussionsgegenstand sein.

Wir als Grüne oder ich als grüne Vertreterin, werden das auch einbringen.

Aber jetzt noch ganz punktuell und zum Schluss: Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, die Kinderrechtskonvention, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Auskunftserteilung, das sind jene Problemstellungen, die im Konvent und in den Ausschüssen zur Sprache kommen werden und wo ich positiv gestimmt bin, dass es auch zu einem Ergebnis kommen wird – nicht im Sinne von Sisyphus – aber trotzdem glücklich. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Abgeordnete! Nunmehr Herr Volksanwalt Dr. Kostelka, bitte.

Dr. Peter Kostelka: Herr Vorsitzender! Hoher Konvent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegen Ende dieses ersten Tages der Generaldebatte wird klar, dass, wie bei allen Generaldebatten, dies der Tag der großen Worte war und dass es jetzt darum gehen wird, in die mühevollen Ebenen der Arbeit einzusteigen.

Aber lassen Sie mich das nicht tun, ohne unter Anlehnung an das österreichische Selbstverständnis des Bildungsbürgertums auch kurz zu Sisyphus zurückzukommen:

Sisyphus hat das, – ob glücklich oder nicht, sei dahingestellt – was er getan hat, als Strafe auf sich genommen und so sollten wir vom ersten Tag an den Konvent nicht verstehen. Sondern als eine unendliche Chance, ein Gebäude, das wir alle im Grunde genommen akzeptieren, aber von dem klar ist, dass es nach 80 Jahren der Bewohnung in vielen Bereichen sanierungsbedürftig ist, entsprechend neu zu gestalten. Mit dem Selbstverständnis, dass die Bausubstanz durchaus in Ordnung ist.

Aber in diesem Zusammenhang, wenn man am Ende einer solchen Debatte die Debattenbeiträge übereinander legt, dann muss einem schon klar werden, dass über manches gesprochen und über anderes auffallend wenig gesprochen wurde.

Der neue Verfassungsgrundsatz der "Effizienz" kam hier voll zum Tragen. Was nicht bedeutet, dass ich der Meinung bin, dass alles was teurer ist, automatisch besser ist. Das heißt aber auch nicht umgekehrt, dass alles was billiger ist, automatisch besser ist. Sondern ich glaube, dass Effizienz Ergebnis einer Prüfung zu sein hat, die eine neue Regelung, aber auch alte Regelungen, zu bestehen haben; dass es aber kein Wert für sich ist.

Es wurde sehr, sehr viel vom Bundesstaat gesprochen, was wohl selbstverständlich ist, da die Verfassung, die als Ergebnis dieser Arbeit des Konvents im Vordergrund stehen wird, sicherlich eine föderalistische sein wird.

Meine Damen und Herren! Seien wir uns aber auch bewusst, warum wir heute darüber diskutieren, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass mit dem Beitritt Österreichs in die Europäische Union von den bisherigen drei Ebenen nun die Subsidiaritätsfrage von einer vierten Ebene, nämlich der gesamteuropäischen Ebene gestellt wird und dass daher eine Dynamik in doppelter Hinsicht besteht.

Eine Dynamik, die fürs Erste die nicht oder nicht in ausreichendem Maße berücksichtigten technologischen, politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 83 Jahre zu umfassen hat und zum Zweiten dem Umstand Rechnung tragen muss, dass die Zuständigkeiten nun nicht nur auf die drei innerösterreichischen Ebenen, sondern auch auf die Europäische Union verteilt sind.

Eine solche Verteilung hat keine Einbahnstraße in irgendeine Richtung zu sein, sondern die möglichst optimale Prüfung, welche Ebene am besten geeignet ist, eine Aufgabe wirklich zu erfüllen.

Ein bisschen zu wenig ist mir auch von Demokratie und Rechtsstaat die Sprache gewesen. Ich möchte das aus meiner Sicht deswegen in ganz starken Worten unterstreichen, weil ich davon überzeugt bin, dass diese Frage, diese Bereiche Demokratie und Rechtsstaat ebenso wie alle anderen, ständig von neuem erworben, gestaltet und bewegt werden müssen. Dass es nicht automatisch ist, dass eine Demokratie oder ein Rechtsstaat die leitenden Elemente einer solchen Verfassung bleiben.

Zwei Bemerkungen zum Schluss: Die Grundrechte sind mehrfach angesprochen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seien wir uns bewusst: In zehn Monaten wird nicht nur ein neuer Verfassungsvertrag der Europäischen Union in Kraft treten, sondern es wird auch die EU-Menschenrechtscharta zu einem verpflichtenden Element der europäischen Rechtsordnung werden.

Ich glaube, es ist daher dem Grundsatz der Erhaltung politischer und intellektueller Energien folgend, dass wir bestehende Grundrechte ausbauen und auf ihnen aufbauend uns überlegen, wo denn die weißen oder grauen Flecken zu ergänzen sind.

Letzte Bemerkung: Jeder, der mehr Effizienz in seiner Unternehmung zu verwirklichen sucht, wird sich bewusst sein, dass es nicht die beste Methode ist, diese Effizienz zu erreichen, indem man einmal den Controller nach Hause schickt und die Kontrolle entsprechend herunterfährt.

Meine Damen und Herren! Neben dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof sind auch die Elemente der präventiven Systemkontrolle, wie Rechnungshof und Volksanwaltschaft, als integrierender Bestandteil einer lebendigen Verfassung zu verwirklichen.

Ein Gesetz kann nur so gut sein, wie es seine Vollziehung ist und dazu gehört auch Kontrolle.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Volksanwalt! Danke auch für die Erwähnung des Rechnungshofes bei dieser Gelegenheit.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Sektionschef Dr. Matzka. Bitte, sehr.

Dr. Manfred Matzka: Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Aus vielen bisherigen Ausführungen gewinnt man den Eindruck, dass neben der Mythologie vor allem drei Motive die Mitglieder des Konvents bewegen.

Sehr oft wurden verfassungsrechtliche Aspekte angesprochen. Es ist notwendig, sagte man, einen einheitlichen, einen kurzen, einen systematischen, einen verständlichen Text zu schaffen. Wir haben viele verwaltungstechnische Argumente gehört. Wir sollen Staat und Verwaltung effizienter, billiger, schlanker gestalten.

Und ich habe, trotz mehrerer gegenteiliger Appelle auch – wie Sie – machtpolitische Überlegungen gespürt. Was tue ich, dass die eigene Institution oder die eigene Funktion stärker wird, oder zumindest nicht bei diesem Umgestaltungsprozess geschwächt wird.

Nun bin ich gelernter Verfassungsjurist, ich arbeite als Topmanager in der Verwaltung und war immer ein engagierter Sozialdemokrat. Ich kann allen drei Ansätzen sehr vieles abgewinnen und die Versuchung ist auch groß, die dem Konvent gestellte Aufgabe aus dem Gesichtswinkel der Rechtsdogmatik, der Verfassungsästhetik, des New Public Management, vielleicht sogar der Polizei-Schlagkraft, der Parteistrategie oder der Lobbyinteressen zu sehen.

Aber das ist nicht unsere Aufgabe.

Ich pflichte jenen von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen bei, die gemeint haben, es ist nicht eine fachjuristische, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung, die hier getragen wird. Es ist keine budgetäre, es ist eine soziale Herausforderung, und die Verantwortung besteht nicht für Partikularinteressen, sondern fürs Ganze.

Unsere Aufgabe, denke ich, ist es, Verbesserungen in der Verfassung anzuregen, die den Menschen in diesem Land etwas bringen – für jeden hier und heute erkennbar und konkret – die ihre Stellung im Leben verbessern, den Umgang mit dem Staat erleichtern, den Alltag vereinfachen und denen, die es brauchen, auch mehr Schutz in und vor dem Staat und mit dem Staat geben. Wenn dadurch die Verfassung klarer und verständlicher wird, ist das wunderbar. Wenn dadurch weniger Geld für Bürokratie ausgegeben wird, ist das auch wunderbar. Aber entscheidend sind andere Dinge:

Erstens: Mehr Demokratie. Das heißt Fortschritte im Wahlrecht; das heißt, von den Gemeinden bis zu den Universitäten bis zu den Sozialversicherungen eine Absicherung der Selbstverwaltung gegen Eingriffe von außen, von oben. Das sind spürbare Erweiterungen der Mitwirkung von Betroffenen an der Verwaltung. Die Menschen sollen mitreden können überall dort, wo derzeit noch Verwaltungsbehörden ausschließlich hierarchisch organisiert sind und keinen demokratischen Bezug haben. Und das heißt, den schwachen Stimmen der Zivilgesellschaft auch eine Verstärkung zu geben.

Zweitens: Es geht um eine größere Nähe des Staates zum Bürger, zu den Bürgerinnen. Das heißt, eine Ausstattung der Gemeinden als Anlaufstelle für alle Verwaltungssachen. Das heißt, größere Transparenz bei den Entscheidungen der Verwaltungsorgane, einschließlich der obersten Repräsentanten. Und das heißt auch, Bündelung der Zuständigkeiten und damit notwendigerweise eine Reduzierung der derzeit bis zu fünf Ebenen, auf denen wir uns verwalten lassen.

Das heißt schließlich, dass wir in der Praxis dezentralisieren und regionalisieren müssen und den ländlichen Raum nicht seiner Verwaltungsstellen entkleiden dürfen – und der Aspekt ist, denke ich, wichtiger als eine abstrakte Debatte um Details oder Grundsätze des föderalistischen Prinzips.

Das heißt drittens: Soziale Verantwortlichkeit des Staates stärken. Es ist wichtig, auf der Verfassungsebene die sozialen Verpflichtungen des Staates im Staatsaufgabenkatalog zu verankern, im Kompetenzkatalog klar zu machen, soziale Rechte und Grundrechte zu stärken und die für den Alltag wichtigen staatlichen Leistungen der Grundsicherung auch als staatliche Leistungen zu sichern und auf bürgernaher Ebene anzusiedeln.

Wenn wir vieles von diesem Programm schaffen, das den Menschen und nicht das Paragrafenwerk in den Mittelpunkt stellt, dann nehme ich es gerne in Kauf, dass Verfassungsrechtler und Sektionschefs den einen oder anderen Kompromiss schließen müssen. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Sektionschef.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer. – Bitte sehr.

Dr. Josef Pühringer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir uns vorgenommen haben, ist enorm viel, ist beachtlich viel. Und es gibt die Chance, dass das Gesamte ein großer Wurf wird. Es besteht aber auch die Gefahr, dass wir bei einem Alibiergebnis enden.

Das müssen wir heute am Beginn dieses großen Vorhabens ganz offen sehen und auch ganz offen sagen.

Und ich möchte in weiterer Fortsetzung meiner Vorredner, die aus den Ländern kommen, klar zu Beginn zur Rolle der Länder festhalten: In der letzten Zeit hat so mancher Mächtiger oder so manche Mächtige, so mancher Wichtiger oder so manche Wichtige – oder solche, die sich dafür halten – auch in den Medien verlauten lassen: Es werde sowieso nichts herauskommen, denn die Länder werden blockieren. Die werden ihre Schrebergärten hüten, die werden ihre Hausaufgaben sowieso nicht erfüllen, die huldigen einem Kantönligeist.

Ich sage daher in aller Klarheit: Die Länder sind keine Reformverweigerer! Wir sind keine Reformverweigerer! Wir sind bereit zu sinnvollen Lösungen! Wir sind bereit, auch neue Aufgaben zu übernehmen, wenn wir dazu in die Lage versetzt werden. Neue Aufgaben bedeuten natürlich auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung. Wenn diese gegeben ist, sind wir bereit, im Rahmen des Gesamtgefüges des Staates auch neue Aufgaben zu übernehmen im Sinne dessen, dass man Aufgabenerfüllung in die Nähe der Bürger bringen soll und nicht umgekehrt.

Und ich sage auch mit einem gewissen Stolz: Wer die Geschichte der Zweiten Republik verfolgt, der wird feststellen, dass alle wirklich großen Entscheidungen in dieser Republik bis hin zum EU-Beitritt gemeinsam mit den Ländern und auch mit den Gemeinden in dieser Republik geschehen und beschlossen worden sind.

Und ich glaube, dass es nicht fair und auch nicht richtig ist, wenn man sagt: Na ja, wir haben da größte Skepsis, mit den Ländern wird das nicht zu machen sein. Mit den Ländern ist es zu machen, mit den Ländern ist viel zu machen, wenn man korrekt und vor allem fair mit ihnen umgeht.

Die entscheidende Frage wird sein: Was ist in Zukunft die entscheidende Aufgabe, was sind die Aufgaben des Staates aus dem Blickwinkel der Bürger, die der Staat im 21. Jahrhundert zu erledigen hat? Was erwartet der Bürger vom Staat? Wo kann man sich von Aufgaben verabschieden? Wo kommen womöglich auch neue Aufgaben hinzu?

Meine persönliche Überzeugung ist, dass das Subsidiaritätsprinzip das wohl ziemlich wichtigste Baugesetz eines modernen Staates im 21. Jahrhundert sein wird. Denn die Politik, vor allem aber die Verwaltung, soll hin zum Bürger. Zentralismus dort, wo er sinnvoll ist, aber nur dort. Und Kompetenzen dort ansiedeln, wo sie am besten ergebnisorientiert für den Bürger erledigbar sind.

Ich warne aber auch vor Utopien – ich sage das dazu. Herr Prof. Dr. Matzner hat jetzt gemeint, die Gemeinden sollen für alle Verwaltungssachen ausgestattet werden. Meine Damen und Herren, das wird in Hunderten Gemeinden mit 500, 700, 1.000, 1.200 Einwohnern wohl im Sinne des Steuerzahlers nicht möglich sein. Da wird man entweder andere Modelle finden müssen, z.B. über Verwaltungsgemeinschaften bei Beibehaltung der Autonomie der Gemeinden, oder man wird sich die Frage stellen, ob nicht doch die Bezirkshauptmannschaft jene Ebene ist, die als Bürgerbehörde am ehesten und besten mit der entsprechenden Kompetenz auszustatten ist.

Ich stimme mit Herrn Präsident Fiedler voll überein: Niemand soll sich einmauern, alle sollen wissen, dass sie Teil eines Ganzen sind – dann ist die Chance größer. Eine Garantie ist sicherlich immer noch nicht gegeben, dass es eine ganze Sache im Sinne eines großen Wurfes wird, was wir uns alle wünschen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Landeshauptmann.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte sehr.

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer: Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute bei dieser Eröffnungsveranstaltung sehr viele gute Wünsche für unsere Arbeit gehört und ich denke, da wird ja hoffentlich auch nicht so viel schief gehen.

Wenn ich die Stimmung hier in der heutigen Sitzung versuche zusammenzufassen, ist das ein verhaltener Optimismus. Und ich denke, dieser verhaltene Optimismus ist auch ganz angebracht, weil die Arbeit ja wirklich sehr umfangreich und schwierig ist. Am anschaulichsten denke ich kann man das sehen, wenn wir das kleine Büchlein aus dem Jahr 1920, das uns Präsident Jabloner gezeigt hat, vergleichen mit dem, was  Präsident Korinek mitgebracht hat: Die Verfassung ist angewachsen auf gute 20 Zentimeter und ist um einiges breiter und dicker geworden als damals.

Ich meine, damit sind auch die Aufgaben des Konvents eigentlich sehr klar umrissen: Wir müssen die Verfassung wieder überschaubar machen. Natürlich – wie das heute angeklungen ist – der Rechenstift darf nicht das Motto sein, das ist klar. Aber die Vereinfachung, Lesbarkeit, Verständlichkeit und Effizienz, meine ich, sind gute Leitmotive für eine neue Verfassung und dann ergibt sich in Wirklichkeit die Einsparung eigentlich auch von selbst.

Im Vorfeld – und auch heute bei der Veranstaltung – wurde die Zusammensetzung unseres Kreises sehr kritisch gesehen. Ich möchte darauf hinweisen, dass das einstimmig von allen Parlamentsparteien so beschlossen wurde. Auch Herr Prof. van der Bellen hat hier seine Zustimmung zu dieser Zusammensetzung gegeben. Ich meine, das sind gute Leitmotive für eine neue Verfassung. Ich meine, es ist auch so, wie es Präsident Khol gesagt hat: Der Erfolg dieses Konvents ist nur dann denkbar, wenn alle hier mitmachen: sowohl die Gemeinden, als auch die Länder, der Bund und alle Parteien. Daher denke ich, es wäre geradezu leichtsinnig, die Repräsentanten dieser Körperschaften nicht einzubinden. Und hier halte ich es mit Bürgermeister Häupl: Wir sind hier zum Erfolg verdammt, war sein Schlusswort. Bei allen Diskussionen, meine ich, sollten wir nie vergessen, für wen wir diese Arbeit leisten: für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes! Und wir dürfen hier nicht im Elfenbeinturm der Theorie bleiben, sondern wir müssen auch letztlich immer den konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger herausarbeiten.

Meine Wünsche für den Stil einer neuen Verfassung sind: Wir sollten immer den Weg der einfachen Lösung suchen, wir sollten jedenfalls in einer verständlichen Sprache bleiben und nicht die Interessen, sondern die Argumente sollten zählen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Abgeordnete! Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Präsident Mag. Herbert Tumpel. Herr Präsident, ich erteile ihnen das Wort. Ich füge gleichzeitig hinzu, das ist der letzte Redner, der heute aufgerufen wird, denn wir wollen pünktlich um 13 Uhr schließen, und es gibt nach Herrn Präsident Tumpel noch einige organisatorische Informationen durch mich an Sie. Bitte, Herr Präsident!

Mag. Herbert Tumpel: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Themenstellung des Konvents, das Erarbeiten einer neuen Verfassung, ist für mich die Frage, nach welchen Spielregeln unser Gemeinschaftsleben in Zukunft ablaufen soll. Spielregeln meine ich damit nicht abwertend, sondern im positiven Sinn.

Ich gebe Minister Strasser Recht, wenn er sagt, das Ziel, das sich der Konvent gesteckt hat, ist ein großes Vorhaben und wir sollen alle mit Optimismus daran gehen. Das Konvents-Ergebnis hat weit reichende Konsequenzen für die Zukunft der Jungen in Österreich – es sind aber alle Bürgerinnen und Bürger des Landes betroffen. Deshalb muss die zentrale Frage sein: Was erwarten die Menschen von uns?

Wir müssen eingehend darüber diskutieren, welche Aufgabenstellung ein neues Gemeinwesen unter welchen Spielregeln zu bewältigen hat. Auf welcher Ebene? Mit welcher Qualität? Mit welcher Regelungsdichte?

Diese Fragen drängen sich auf, und sie wurden von einigen Vorrednerinnen und Vorrednern bereits angesprochen. Da wäre der Bereich der Daseinsvorsorge. Die Fragen der Gestaltung des Gesundheitssystems, der Sozialsysteme. Die wichtigen Fragen des Bildungssystems, der Infrastruktur. Ich glaube, hier müssen wir konkrete Antworten geben.

Die erste Frage ist: In welcher Qualität müssen diese Leistungen von wem erfüllt werden – was erwarten die Bürgerinnen und Bürger?

Der zweite große Bereich: Wie nachvollziehbar sind die Regeln, wie transparent? Wie weit können die Bürgerinnen und Bürger mitgestalten? Welche Sicherheit haben sie, dass sich das Gemeinwesen nicht aus einer Verantwortung zurückzieht?

Hier gibt es Defizite, die wurden bereits angesprochen. Diese Defizite müssen wir deutlich machen und beseitigen. Denn, und davon bin ich fest überzeugt, auch ein moderner Staat braucht die Grundgedanken der Solidarität. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident! Ich habe angekündigt, dass Sie der letzte Redner sein werden. Ich bleibe auch dabei, was nicht bedeutet, dass die Wortmeldungen, die heute oder auch schon zuvor für die Generaldebatte abgegeben wurden, damit verfallen sind oder damit verwirkt wären. Sondern sie bleiben weiterhin aufrecht, und es werden alle, die sich bisher zu Wort gemeldet haben, aber nicht drankommen konnten, bei der nächsten Sitzung aufgerufen werden. Bei der nächsten Sitzung wird allerdings nicht nur diese Generaldebatte ihre Fortsetzung finden, sondern: Wir haben auch in Aussicht genommen, uns eine Geschäftsordnung zu geben, das heißt, beim nächsten Mal die Geschäftsordnung zu beschließen. Ich möchte einmal vorweg dafür danken, dass diese heutige Sitzung, die gewissermaßen im geschäftsordnungsfreien Raum abgelaufen ist, auch so abgelaufen ist, dass eine Geschäftsordnung nicht notwendig war. Klarerweise können wir uns für die kommenden Sitzungen nicht auf so etwas verlassen. Wir brauchen eine Geschäftsordnung, und wir werden eine solche beim nächsten Mal zu beschließen haben.

In den Mappen, die Sie auf ihren Pulten vorgefunden haben, ist ein Entwurf der Geschäftsordnung enthalten. Ich darf an Sie das Ersuchen richten, sich diese Geschäftsordnung bis zur nächsten Plenarsitzung des Konvents durchzusehen.  Sollten von Ihrer Seite aus Änderungen gewünscht werden, dann bitte ich Sie, bei der nächsten Sitzung schriftliche Abänderungsanträge einzubringen. Ich möchte aber hinzufügen: Das soll keine Ermunterung sein, Abänderungsanträge einzubringen. Ich darf Sie wirklich ersuchen, diese Geschäftsordnung unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob sie damit das Auslangen finden können. Ich möchte aber noch etwas weiteres zur Geschäftsordnung hinzufügen. Diese Geschäftsordnung ist, so wie der gesamte Konvent, darauf ausgerichtet, dass es letztendlich zu einer Konsenslösung kommt. Daher ist auch die Geschäftsordnung sehr knapp gehalten und unterscheidet sich sehr deutlich von der Ihnen geläufigen des Nationalrats oder auch des Bundesrats; und ich glaube, wir sollten mit Disziplin, die wir uns selbst angedeihen lassen sollten, auch mit einer möglichst knappen Geschäftsordnung das Auslangen finden. Ich darf Ihnen von dieser Stelle auch Lob aussprechen, was die Redezeitdisziplin anbelangt hat; sie wurde im Großen und Ganzen eingehalten. Ich war zwar in dem einen oder anderen Fall etwas toleranter, aber grundsätzlich muss man sagen, haben sich so gut wie alle an die fünf Minuten Redezeit gehalten, und das scheint mir auch ein gutes Omen für die Zukunft zu sein.

Im Übrigen möchte ich auch meiner Anerkennung Ausdruck verleihen, dass das Niveau dieser Diskussion meiner Einschätzung nach ein sehr hohes war, und ich glaube, wir sollten uns von dieser Einstellung, die von den Rednern zum Ausdruck gebracht wurde – nämlich einem gewissen Optimismus, keiner Euphorie, wie ich gesagt habe, aber einem gewissen Optimismus und der Überzeugung, konstruktive Arbeit leisten zu müssen, was die Tätigkeit des Konvents anlangt – in der Zukunft weiterhin leiten lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich die Sitzung nun schließe, darf ich Ihnen noch ein technisches Detail zur Kenntnis bringen, das mir von der Parlamentsdirektion ans Herz gelegt wurde: Sie haben heute provisorische Kärtchen bekommen, die sie als Mitglieder des Konvents ausweisen. Es ist daran gedacht, Sicherheitskarten anzuschaffen, die einen etwas höheren Standard aufweisen. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, dass der Parlamentsdirektion Fotos von Ihnen gegeben werden. Es gibt in der Reichsratsstraße 1, also vis-à-vis des Hauptgebäudes des Parlaments, beim Infoshop die Möglichkeit, sich fotografieren zu lassen und damit die Voraussetzungen für eine Sicherheitskarte für jeden von Ihnen zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit sind wir wirklich am Ende. Bitte sehr. Herr Präsident Fischer!

[Zwischenruf Präsident Dr. Fischer: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich würde anregen, dass wir die Mitglieder des Konvents bitten, allfällige schriftliche Stellungnahmen schon bis zum 7. Juli 2003 zu übermitteln. Wir haben nämlich am 8. Juli 2003 eine Sitzung des Konventspräsidiums, und dieser Termin (7. Juli 2003) würde uns ermöglichen, die eingelangten Vorschläge zur Geschäftsordnung im Präsidium zu besprechen und für die Konventssitzung am 10. Juli 2003 einen gemeinsamen Abänderungsvorschlag zur Geschäftsordnung vorzubereiten.]

Ich stehe selbstverständlich diesem Vorschlag sehr aufgeschlossen gegenüber. Es sollte allerdings damit nicht der Eindruck entstehen, dass nicht doch noch auch bei der nächsten Sitzung ein solcher Antrag schriftlich gestellt werden kann. Wünschenswert wäre es freilich, wenn uns bereits zuvor derartige Anträge zukommen könnten. Ich darf aber nochmals sagen: Es soll dies keinesfalls als Ermunterung aufgefasst werden, jetzt möglichst viele Abänderungsanträge zu dem Entwurf der Ihnen vorliegenden Geschäftsordnung einzubringen, denn wir wollen uns auf das Wesentliche konzentrieren, wie heute mehrfach zum Ausdruck gebracht wurde, und nicht auf die Formalbedingungen.

Damit bin ich nun tatsächlich am Ende angelangt, und es bleibt nur mehr, die Sitzung für geschlossen zu erklären. Sie bekommen die Ladungen für die nächste Sitzung rechtzeitig zugesandt.