Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

10. Sitzung,

Montag, 29. März 2004

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

Tagesordnung

 

 

Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht des Ausschusses 5 (Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden)

 

 


 

 

 

 

Inhalt

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3

Dr. Peter Bußjäger................................................................................................ 3

Dr. Kurt Stürzenbecher........................................................................................ 9

Dr. Gerhart Holzinger......................................................................................... 10

Dr. Ewald Wiederin.............................................................................................. 11

Dr. Andreas Khol................................................................................................. 12

Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 13

Albrecht Konecny................................................................................................ 15

Mag. Anna-Maria Hochhauser............................................................................ 16

Herbert Scheibner.............................................................................................. 18

Dr. Eva Glawischnig............................................................................................ 19

Dr. Johannes Schnizer....................................................................................... 21

Manfred Dörler.................................................................................................... 22

MMag. Dr. Willi Brauneder................................................................................. 23

Walter Prior.......................................................................................................... 24

DDr. Karl Lengheimer......................................................................................... 26

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 27

DDr. Christoph Grabenwarter........................................................................... 29

Mag. Werner Wutscher....................................................................................... 30

Dr. Josef Pühringer............................................................................................. 31

 

 


Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich begrüße alle erschienenen Mitglieder des Konvents und darf die heutige Sitzung des Konvents für eröffnet erklären.

Wir haben heute einen TAGESORDNUNGSPUNKT, und zwar den Bericht des Ausschusses 5 betreffend die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Wie in vergleichbaren Fällen wird uns auch heute der Vorsitzende des Ausschusses 5, Herr Landtagsdirektor Dr. Bußjäger, eine Einführung in den Bericht in der Dauer von 15 Minuten liefern, und im Anschluss daran besteht für die Mitglieder des Konvents die dMöglichkeit, sich zu Wort zu melden - wobei ich in diesem Zusammenhang auf die traditionelle 5-minütige Redezeitbeschränkung verweisen darf.

Ich darf zu Beginn der Sitzung, wie erwähnt, Herrn Landtagsdirektor Bußjäger nunmehr das Wort erteilen und Sie ersuchen, uns eine Einführung zum Bericht zu geben. - Bitte, Herr Landtagsdirektor.

Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme die Gelegenheit gerne wahr, entsprechend der mittlerweile eingeführten Übung den Bericht des Ausschusses 5 kurz darzustellen.

Der Österreich-Konvent hat dem Ausschuss 5 ein Mandat zugewiesen, dessen Auftrag generell wie folgt umschrieben war: Schaffung eines klaren, nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen gegliederten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen unter Berücksichtigung der Rechtslage der Europäischen Union.

Der Ausschuss hat insgesamt zehn Sitzungen abgehalten, seine Mitglieder haben sich mit zahlreichen Vorschlägen zu Wort gemeldet - wir haben uns entschlossen, die eingebrachten Positionspapiere in den Ausschussbericht aufzunehmen.

Es ist an dieser Stelle auch der Ort, mich bei allen Mitwirkenden im Ausschuss - das sind die Ausschussmitglieder beziehungsweise deren Vertreter - für die engagierte, stets aber sachlich gebliebene Mitarbeit zu bedanken. Mein besonderer Dank gilt jedoch der fachlichen Ausschussbetreuerin, Frau Dr. Claudia Korneder-Partisch, für ihre schlechthin unentbehrliche fachliche Unterstützung. Ich möchte es auch nicht verabsäumen, mich bei ihrer Vertreterin, Frau Mag. Caesar, ebenfalls zu bedanken, und vor allem auch bei Frau Monika Siller für die gewissenhafte Erledigung der Sekretariatsaufgaben.

Zu den Punkten A bis C des Mandats - Fragen der bundesstaatlichen Differenzierung, Analyse der bestehenden Kompetenzverteilung, Kriterien für eine neue Zuordnung von Aufgaben:

Der Ausschuss behandelte die Punkte A bis C des Mandates in seinen ersten, beiden Sitzungen. Die Beratung erfolgte auf der Basis eines Vortrages des externen Experten, Professor Weber, zum Thema Sinn und Zweck bundesstaatlicher Differenzierung in der Gesetzgebung beziehungsweise einer homogenen Gesetzgebung und eines Grundsatzreferates des Ausschussmitgliedes, Professor Funk, zur bestehenden Kompetenzverteilung.

Die Überlegungen des Ausschusses zu diesen Punkten des Mandats sind in die umfassenden Ausführungen des Berichtes zu den Punkten D bis F des Mandates eingeflossen.

Nun zu den Punkten D und E des Mandats. Überlegungen zu neuen Rechtsetzungsinstrumenten, Verteilung der Gesetzgebungsaufgaben zwischen Bund und Ländern:

Nun zunächst zur Strukturierung und Formulierung der Kompetenz-Tatbestände. Ausgehend von der Tatsache, dass die bestehende Kompetenzverteilung der Bundesverfassung bekanntermaßen in einem besonders hohem Maße zersplittert und unübersichtlich ist, gelangte der Ausschuss einvernehmlich zur Ansicht, dass in einem neuen System die Anzahl der Kompetenztypen reduziert werden soll, eine Flexibilisierung der Kompetenzverteilung anzustreben ist, die Kompetenzverteilung und Abgrenzung insgesamt einfacher werden sollte und die Rechtsetzung der Europäischen Union mit zu berücksichtigen ist.

Der Ausschuss sprach sich überwiegend für die Formulierung großer, abgerundeter Kompetenzfelder aus. Die Kleinteiligkeit der Kompetenzzuweisungen soll aufgelöst werden. Es wurde aber auch zu bedenken gegeben, dass das neue Kompetenzsystem so gestaltet sein muss, dass es nicht zu einer systematischen Einschränkung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder führt.

Intensiv wurde im Ausschuss beraten, ob es, neben exklusiven Zuständigkeiten des Bundes und der Länder, auch einen dritten Bereich, so genannter geteilter beziehungsweise gemeinschaftlicher Zuständigkeiten geben soll, in dem sowohl der Bund als auch die Länder, nach Maßgabe noch zu formulierenden Kriterien, rechtsetzend tätig werden könnten. Solche gemeinschaftlichen Zuständigkeiten gibt es nicht nur bereits ansatzweise im bestehenden System, sondern auch viele andere dezentralisierte Systeme kennen solche Kompetenztypen.

Ein vollständiges Einvernehmen über die Sinnhaftigkeit einer solchen dritten Säule der Gesetzgebung, wurde nicht erzielt. Insbesondere blieb der mögliche Umfang dieses Bereiches offen, aber auch schlechthin wurde diesem Drei-Säulen-Modell von verschiedenen Ausschussmitgliedern das Konzept einer gemeinsamen Gesetzgebung der Länder entgegen gesetzt. Nach diesem Modell sollte es einen Bereich von Gesetzgebungszuständigkeiten geben, in dem die Länder über einen so genannten Ausschuss-Landtag, eine gemeinsame, einheitliche Landesgesetzgebung ausüben sollten. Dieser Ausschuss-Landtag wäre auch als Alternative zum Bundesrat gedacht.

Bei der Kompetenzinterpretation sprachen sich die Ausschussmitglieder vielfach für eine stärkere Berücksichtigung des Sachzusammenhanges aus. Die Interpretationsmethoden als solche, die bestehenden, vor allem also auch die historische Auslegung, sollen aber nicht in Frage gestellt werden.

Grundsätzliche Bemerkung zur Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten:

Hinsichtlich der Zuordnung von Kompetenzen zu Bund und Ländern, oder auch zu einem dritten Bereich - mit geteilter Gesetzgebungszuständigkeit - konnte im Ausschuss kein Einvernehmen erzielt werden. Die Bandbreite der Meinungen divergierte beträchtlich.

Die verschiedenen, von den Ausschussmitgliedern bezogenen Positionen sind aus dem besonderen Teil des Berichtes ersichtlich. Dort ist auch eine vom Ausschussvorsitzenden verfasste, synoptische Darstellung enthalten, auf die ich hier ausdrücklich verweise.

Wir haben die Frage diskutiert, ob es möglich sein soll, von einer einheitlichen bundesgesetzlichen Regelung abweichende Landesgesetze zu erlassen. Das nennt man eine so genannte Opting-Out-Gesetzgebung.

Der Ausschuss sprach sich überwiegend kritisch zu diesem in anderen Ländern, vor allem in Deutschland, diskutierten Vorschlag aus. Statt einer solchen Opting-Out-Regelung wurde angeregt, die Möglichkeit zur Delegation von Gesetzgebungskompetenzen an die Länder auszuweiten und die bestehende Regelung des Artikels 10 Abs. 2 B-VG für den gesamten Bereich der ausschließlichen Bundeskompetenzen zu verallgemeinern.

Überwiegend wurde die Meinung vertreten, dass dem Bund, im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeiten der Länder, seinerseits keine Möglichkeit zukommen soll, abweichende oder ergänzende Regelungen zu schaffen. Im Bereich der gemeinschaftlichen Zuständigkeiten wurde angedacht, dass hier die Länder gesetzgeberisch tätig werden sollten, so lange und so weit der Bund keine gesetzlichen Regelungen aufstellt.

Bei der Form der Rechtsetzung, auch bei der Frage, ob es eine Ziel- und Rahmengesetzgebung geben soll, wurden folgende Meinungen vertreten:

Der Ausschuss vertrat einhellig die Auffassung, dass die Bundesgesetze im dritten Bereich eine Materie abschließend regeln können, dass sie sich aber auch auf die Regelung bloß von Zielen und Rahmen beschränken können. Die Regelungsdichte des Bundesgesetzes sollte vom Bedarf nach Einheitlichkeit abhängen. Einige Mitglieder unterstützten jedoch den Vorschlag des Ausschussvorsitzenden, wonach der Bundesgesetzgeber - in bestimmten Materien und unter bestimmten Voraussetzungen -  auf eine Vorgabe von bloßen Zielen oder Rahmenvorschriften beschränkt werden soll. Andere Mitglieder äußerten sich wieder grundsätzlich skeptisch zu einem solchen Modell und verwiesen auf die Untauglichkeit der bestehenden Grundsatzgesetzgebung.

Zu den Kriterien für die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich: Es wurde diskutiert, ob die Kompetenzausübung nach objektiven Kriterien oder nach subjektivem Bedarf erfolgen soll. Darüber hinaus wurde erwogen, einen prozeduralen Kooperationsmechanismus zwischen Bund und Ländern vorzusehen.

Überwiegend vertrat der Ausschuss die Ansicht, dass objektive Kriterien als Orientierung und Leitlinie für die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund sinnvoll sind. Andere Ausschussmitglieder lehnten allerdings objektive Kriterien grundsätzlich ab, da diese die Kompetenzzuordnung letztlich auf den Verfassungsgerichtshof verschieben würden.

Es wurde in dem Zusammenhang, auch was der prozeduralen Mechanismus betrifft, ein Verhandlungsverfahren andiskutiert. Der Ausschuss vertrat dazu überwiegend die Auffassung, dass die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich Gegenstand eines solchen Verhandlungsverfahrens, also eines politischen Verfahrens, sein soll.

Es wurde überwiegend die Auffassung vertreten, dass im Verhandlungsverfahren ein reformierter Bundesrat, das heißt, ein Bundesrat, der als Vertretungsorgan der Länder eingerichtet ist, als Verhandlungspartner des Bundes auftreten soll.

Ein generelles Zustimmungsrecht des Bundesrates im dritten Bereich, in der mittleren Säule, wurde ebenso überwiegend abgelehnt, wie eine direkte Beteiligung der Länder selbst. Teilweise wurde auch vorgeschlagen, dass die Wahrnehmung der Zuständigkeit als subjektive Bedarfsgesetzgebung des Bundes ausgestaltet werden sollte, wobei der Bundesrat festzustellen hätte, ob und inwieweit ein einheitliches Regelungsbedürfnis gegeben ist, ob und inwieweit ein Kompetenzübergang vom Land auf den Bund erfolgen sollte.

Überwiegend wurde die Auffassung vertreten, dass eine explizite Regelung zur Konfliktlösung bei Bundes- und Landesregelungen, etwa im Sinne des Grundsatzes Bundesrecht bricht Landesrecht, entbehrlich ist. Es wurde davon ausgegangen überwiegend, dass die allgemeine Derogationsregeln zur Lösung dieser Konflikte ausreichen würden.

Zur Privatwirtschaftsverwaltung:

Im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung soll transkompetentes Handeln weiterhin zulässig sein, also grundsätzlich keine Bindung an Kompetenzschranken bestehen.

Umsetzung von Gemeinschaftsrecht:

Nach überwiegender Meinung der Ausschussmitglieder  erscheint es nicht sinnvoll, die Umsetzung von EU-Recht ausschließlich dem Bund zu übertragen. Vielmehr sollen Bund und Länder weiterhin in ihrem Kompetenzbereich grundsätzlich für die Umsetzung zuständig sein. Bestehende Probleme in der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht könnten durch die neue Kompetenzverteilung und allfällige, neue Auslegungsmaximen entschärft werden. Man denke in dem Zusammenhang an ohnehin nur splitterhaft vorhandene Zuständigkeiten der Länder zur Umsetzung von EU-Recht im Bereich des Datenschutzrechtes oder des IPPC-Rechtes.

Der Ausschuss vertritt überwiegend die Meinung, dass die Devolution im Sinne des bisherigen Artikels 23 d Abs. 5 B-VG an den Bund bereits mit Ablauf der Umsetzungsfrist erfolgen sollte. Dem steht gegenüber, dass es auch Streitigkeiten darüber geben kann, ob überhaupt eine Umsetzungsverpflichtung besteht und dass es dem Bund nicht möglich sein sollte, ein Land bei der Beurteilung der Frage, ob eine solche besteht, zu präjudizieren.

Vereinbarungen gemäß Artikel 15a B-VG:

Es wurde vorgeschlagen, solche Vereinbarungen unmittelbar anwendbar zu machen, da damit der Aufwand der Transformation weg fiele. In diesem Fall müsste allerdings die Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle vorgesehen werden. Weiters wäre die Möglichkeit einer frühzeitigen Einbindung der parlamentarischen Organe zu diskutieren. Insgesamt äußerten sich die Ausschussmitglieder allerdings überwiegend kritisch zum Instrument der Vereinbarungen gemäß Artikel 15 a B-VG.

Kompetenzvereinbarungen:

Es wurde auch diskutiert, Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern in einem bestimmten Rahmen und unter Wahrung der Steuerungsfunktion der Verfassung auch ohne Verfassungsänderung zuzulassen. Einige Mitglieder hielten die Möglichkeit, in Randbereichen solche Kompetenzen zu verschieben beziehungsweise Abgrenzungen festzulegen, für sinnvoll. Betont wird allerdings, dass Kompetenzvereinbarungen jedenfalls nur unter Einbindung der Parlamente erfolgen können. Die Mehrzahl der Ausschussmitglieder äußerte sich allerdings skeptisch gegenüber diesem Modell.

Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung:

Es bestand Einigkeit, dass eine möglichst frühzeitige Einbindung der Länder in den Gesetzgebungsprozess des Bundes sinnvoll ist. Der Ausschuss sprach sich überwiegend für die verfassungsmäßige Verankerung wechselseitiger Informationspflichten über Gesetzgebungsvorhaben zwischen Bund und Ländern aus. Es wurde auch erwogen, die wesentlichen Inhalte des Konsultationsmechanismus in die Verfassung zu integrieren. Sanktion der Nichteinhaltung des Verfahrens nach dem Konsultationsmechanismus sollte weiterhin allerdings ausschließlich die beim Verfassungsgerichtshof einklagbare Kostenersatzpflicht durch die rechtsetzende Gebietskörperschaft sein.

Konzeption des Bundesrates:

Viele Ausschussmitglieder sprachen sich für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung aus, nach der die Landtage hinsichtlich der Entsendung von Abgeordneten in den Bundesrat im Rahmen der Artikel 34 und 35 B-VG frei sind. Eine Direktwahl des Bundesrates wird mehrheitlich abgelehnt. Diskutiert wurde auch, ob die Mitglieder des Bundesrates in ihrem Stimmverhalten an Vorgaben des entsendenden Landes gebunden sein sollten. Ein allgemein gebundenes Mandat wurde vom Ausschuss abgelehnt. Ein Teil der Ausschussmitglieder erachtete jedoch ein gebundenes Mandat in Angelegenheiten des Zuständigkeitsbereiches der Länder, die einer bundesgesetzlichen Regelung zugeführt werden, für sinnvoll, weil dadurch die Bundesräte zu direkten Beauftragten der Landtage würden. Ein anderer Teil der Ausschussmitglieder sprach sich jedoch dezidiert gegen jede Form eines gebundenen Mandates aus.

Einspruchsrecht des Bundesrates:

Weitgehende Einigkeit besteht, dass der Bundesrat zu einem früheren Zeitpunkt, als es derzeit der Fall ist, in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden soll. Dies könnte durch Erstattung einer Stellungnahme oder durch Vorlage eines konkreten Abänderungsantrages erfolgen.

Möglichkeit von Teileinsprüchen:

Es besteht weitgehend Einigkeit, dass es dem Bundesrat nicht möglich sein soll, mit Teileinsprüchen einen integrierten Bestandteil eines Gesetzes herauszulösen. Verschiedentlich wird jedoch die Auffassung vertreten, dass Teileinsprüche dann möglich sein sollen, wenn der Gesetzgeber verschiedene, nicht zusammengehörige Materien in einem so genannten Sammelgesetz zusammenfasst und dass in diesen Fällen jede Einheit für sich beeinspruchbar sein sollte.

Beharrungsbeschluss im Nationalrat:

Der Ausschuss vertrat mehrheitlich die Auffassung, dass der Beharrungsbeschluss im Nationalrat wie bisher mit einfacher Stimmenmehrheit erfolgen soll.

Weiters wurde vorgeschlagen, die Möglichkeit eines vereinfachten Erledigungsverfahrens, wenn es keine Probleme in der Sache gibt, zu schaffen.

Zustimmungsrechte des Bundesrates:

Es besteht Konsens, dass dem Bundesrat in den Angelegenheiten des bisherigen Artikels 44 Abs. 2 B-VG, also bei Einschränkung von Länderkompetenzen, weiterhin ein Zustimmungsrecht zukommen soll. Das erhöhte Zustimmungsquorum sollte beibehalten werden. Verschiedentlich wurde dazu auch angeregt, dem Bundesrat generell ein Zustimmungsrecht zu Verfassungsgesetzen einzuräumen. Verschiedene Ausschussmitglieder vertraten auch die Ansicht, dem Bundesrat ein Zustimmungsrecht auch für Gesetze einzuräumen, deren Vollziehung den Ländern erhebliche Kosten verursacht. Andere wiederum sprachen sich jedoch dezidiert dagegen aus, und erachteten das Instrumentarium des Konsultationsmechanismus für geeigneter, dieses Problem zu lösen. Ein Teil der Ausschussmitglieder spricht sich für ein Zustimmungsrecht des Bundesrates bei Inanspruchnahme der Regelungskompetenz des Bundes in der dritten Säule aus.

Mitwirkung des Bundes an der Landesgesetzgebung:

Der Ausschuss war der Ansicht, dass das Verfahren gemäß Artikel 98 B-VG in der Praxis keine wesentliche Rolle spielt und daher entbehrlich ist. Eine Information des Bundes über Gesetzesvorhaben der Länder soll im Rahmen einer wechselseitigen Informationspflicht zwischen Bund und Ländern stattfinden. Konsens bestand, dass eine Inanspruchnahme von Bundesorganen gemäß Artikel 97 Abs. 2 B-VG weiterhin der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen soll.

Teilnahme der Länder an der Europäischen Union:

Der Ausschuss vertrat die Ansicht, dass hinsichtlich des Artikel 23e B-VG, sieht man von Abs. 5 über die Umsetzungsverpflichtung ab, derzeit kein Änderungsbedarf gegeben ist. Es ist allerdings zu beachten, dass in der europäischen Verfassung ein Subsidiaritätsmechanismus mit einer Mitwirkung der nationalen Parlamente an der EU-Gesetzgebung und der Möglichkeit einer Klageerhebung vorgesehen ist. Diesbezüglich könnte sich hier noch ein Änderungsbedarf ergeben.

Länderstaatsverträge:

Der Ausschuss vertrat die Auffassung, dass angesichts der außenpolitischen Bedeutung von Länderstaatsverträgen eine Pflicht zur Unterrichtung der Bundesregierung und ein Einspruchsrecht der Bundesregierung angemessen sind. Konsens bestand, dass die Einbeziehung des Bundespräsidenten des Verfahrens nach Artikel 16 B-VG entbehrlich ist.

Ich komme zur abschließenden Bewertung:

Die vorangegangenen Darstellungen sollten in geraffter Weise die Ergebnisse der Ausschussberatungen wiedergeben. Sehr groß waren die Meinungsunterschiede zur Fragen der Dritten Säule. Kern der Idee einer Dritten Säule ist die Überlegung, dass es Regelungsmaterien gibt, in welchen einheitliche Ziele und Standards, für die die Bundesgesetzgebung zu sorgen hätte, sinnvoll sind, auf der anderen Seite aber auch Gestaltungsspielräume der Länder vorhanden sein sollen. Das Funktionieren eines solchen Systems ist dabei wesentlich auch eine Frage der Beteiligung der Länder an der harmonisierenden Gesetzgebung des Bundes. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Ländermitwirkung wurde auch nicht in Frage gestellt. Wie sie aber realisiert werden soll, darüber konnte kein Konsens erzielt werden.

Ländermitwirkung und Dritte Säule sind ja in einem hohen Grad miteinander vernetzt. Eine breite Dritte Säule schmälert logischerweise die exklusiven Kompetenzen von Bund und Ländern. Sie schafft deutlich größere Flexibilität für den einfachen Gesetzgeber, führt aber auch zu größerer Komplexität des Gesetzgebungsverfahrens, wenn es tatsächlich zu einer stärkeren Ländermitwirkung kommen soll. Anderenfalls läuft die Dritte Säule auf eine Kompetenzkompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers hinaus, bei der fraglich ist, ob sie aus Sicht der Länder akzeptabel sein wird. Die Alternative dazu ist, wie von verschiedenen Ausschussmitgliedern vertreten, eine vergleichsweise schmale oder gar keine Dritte Säule.

Insgesamt hat die Ausschussarbeit die Bandbreite der Regelungsalternativen für eine bundesstaatliche Kompetenzverteilung aufgezeigt. Sie hat Ansätze für Neukonzeptionen erarbeitet, die nun im weiteren Prozess des Konvents einer entsprechenden Wertung und Prüfung zu unterziehen sind. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen, Herr Landtagsdirektor, nicht nur für die jetzige Präsentation, sondern natürlich in erster Linie für die Vorsitzführung im Ausschuss. Mein Dank gilt in gleicher Weise den übrigen Mitgliedern des Ausschusses 5 und auch der Betreuung durch das Büro des Konvents. Besten Dank! Ich darf Sie, Herr Landtagsdirektor, ersuchen, auch an die Mitglieder des Ausschusses, die derzeit nicht im Konvent anwesend sind, diesen Dank weiterleiten zu wollen.

Wir gelangen nunmehr zur Diskussion über den Bericht des Ausschusses 5. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stürzenbecher. - Bitte sehr

Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Dem Ausschuss 5 und dessen Vorsitzenden ist mit dem Auftrag, eine neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern auszuarbeiten, wahrlich keine leichte Aufgabe gestellt worden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass es bei einer Vielzahl der behandelten Punkte noch keinen Konsens gibt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl auch kaum geben kann. Dennoch, und das hat man auch aus dem Bericht des Herrn Vorsitzenden entnehmen können, wurden Grundlagen dafür geschaffen, dass im weiteren Prozess des Konvents bei gutem Willen der Beteiligten Lösungen gefunden werden können, die einen echten Fortschritt gegenüber der geltenden Kompetenzaufteilung darstellen. Einige Voraussetzung dafür, die auch wichtige Diskussionsprozesse im Ausschuss widerspiegeln, möchte ich kurz darlegen.

Das bundesstaatliche Prinzip wurde ja vom Mandatsauftrag vorausgesetzt, also von niemandem in Frage gestellt. Im Ausschuss war nach meinem Dafürhalten bedeutsam, dass insbesondere von Univ.-Prof. Dr. Weber wissenschaftlich belegt wurde, dass ein föderalistisches System bei den Effizienz- und Kostenaspekten durchaus gute Noten aufweist, jedenfalls keine Schlechteren als Modelle der zentralstaatlichen unitarischen Aufgabenbesorgung. Der Bundesstaat ist also nicht teurer als ein zentralistischer Staat. Es geht darum, wie klug man ihn organisiert. Sicher braucht ein moderner Bundesstaat aber auch eine gewisse Homogenität, und die Autonomie der Länder soll diese Homogenität nicht in Frage stellen.

In diesem Zusammenhang passt sehr gut eine Feststellung, die der Wiener Bürgermeister Dr. Häupl als Vertreter des Städtebundes am 30. Juni 2003 hier im Österreich-Konvent getroffen hat. Häupl verwies darauf, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für Österreich gilt.

Ich zitiere: “Wenn man an neue Aufgabenverteilungen denke, so haben wir das vor dem Hintergrund der Erfüllung des Subsidiaritätsprinzips zu machen. Aufgaben sind dorthin zu stellen, wo sie am effizientesten für den Bürger auch zu lösen sind. Es geht also nicht um Machtverteilung, sondern um Arbeitsverteilung, um effiziente Arbeitsverteilung im Hinblick auf die Service-Leistungen, die die Verwaltung zu erbringen hat.“ Zitatende.

Wichtig ist natürlich auch, dass für die Lösung der Aufgaben die nötigen Finanzmittel vorhanden sein müssen. Vor diesem Hintergrund sind die vielen Punkte und Probleme zu sehen, die im Ausschuss 5 lange und durchaus sachlich diskutiert wurden. Es soll also - wie wir gehört haben, und was durchaus sinnvoll ist - die Anzahl der Kompetenztypen deutlich reduziert werden, größere Kompetenzfelder geschaffen und damit sachgerechte Interpretationen gefördert werden. Das so genannte Versteinerungsprinzip soll deutlich in seiner Bedeutung reduziert werden.

In diesem Zusammenhang wurde lange über das Drei-Säulen-Modell gesprochen und ich kann durchaus sagen, dass am Anfang - so wie das Modell im Ausschuss präsentiert wurde - auch beim Land Wien eine gewisse Skepsis zu diesem Modell gegeben war. Es wurde aber dann von Seiten des Landes Wien durch Stadträtin Mag. Renate Brauner ein Modell präsentiert, dass im Ausschuss im Prinzip positiv aufgenommen wurde. Demnach sollte es bei der Dritten Säule eine sinnvolle Form der Bedarfsgesetzgebung geben. Grundsätzlich sollten die Länder für die Regelung der Materien in diesem dritten Bereich zuständig sein, jedoch könnte ein grundlegend neu konstruierter Bundesrat einen Gesetzesregelungsbedarf des Bundes feststellen und damit einen Kompetenzübergang bewirken. Dieses Modell würde gewährleisten, dass es zu keiner unnötigen Einschränkung der Gesetzgebungskompetenz der Länder käme, umgekehrt aber bei tatsächlichem Bedarf im Interesse des Staatsganzen eine Bundeskompetenz wahrgenommen werden kann. So gesehen, ist das von der SPÖ entwickelte Drei-Säulen-Modell ein innovatives und durchaus zukunftsweisendes. Formen der Rahmengesetzgebung oder der Grundsatzgesetzgebung scheinen aber in diesem Zusammenhang als nicht sinnvoll.

Zum Bundesrat: Nicht abschaffen, sondern sinnvoll neu gestalten ist die Devise und eben frühere Einbindung, wie wir schon vorher vom Vorsitzenden gehört haben. Nicht zielführend erscheint mir eine gemeinsame Gesetzgebung der Länder in einem so genannten Ausschusslandtag. Wichtig hingegen erscheint die Aufwertung und Verbesserung des Konsultationsmechanismus. Es sollte dieser in die Bundesverfassung integriert und rechtzeitig wechselseitige Informationspflichten festgelegt werden, insbesondere was die finanziellen Auswirkungen betrifft. Aber, gerade was den Konsultationsmechanismus anlangt, wird noch Detailarbeit im weiteren Prozess der Konventsarbeit notwendig sein.

Abschließend: Die Erarbeitung neuer Grundlagen für einen modernen Bundesstaat in der Europäischen Union ist eine anspruchsvolle und schwierige Aufgabe. Ein positiver Abschluss wird aber für die Bürgerinnen und Bürger wirklich etwas bringen: Eine effiziente und kostenbewusste Kompetenzgestaltung, Bürgernähe und eine Vertiefung der Demokratie und damit einen Ausbau des Vertrauens der Bürger in die von ihnen gewählten Organe. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Abgeordneter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Prof. Dr. Holzinger. - Bitte sehr!

Dr. Gerhart Holzinger: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Neuordnung der Kompetenzverteilung ist ein besonders umstrittenes Thema der Verfassungsreform. Daher kann es auch nicht überraschen, dass sowohl in den Vorberatungen des dafür eingerichteten Ausschusses, als auch im letztlich vorgelegten Bericht deutlich geworden ist, wie kontroversiell die Meinungen im Ausschuss zu diesem Thema waren. Mit Blick auf die weitere Vorgangsweise hier in diesem Konvent scheint es mir zweckmäßig, nochmals in Erinnerung zu rufen, was die wesentlichen Grundanliegen einer Reform der Kompetenzverteilung sein sollten.

Ich möchte drei Punkte ansprechen. Die eigenständige Gesetzgebungskompetenz der Länder ist ein Wesensmerkmal des Bundesstaates. Wenn man daher - und das ist eine Grundlage dieses Konvents - am bundesstaatlichen Prinzip festhält, dann bejaht man damit auch die eigenständige Gesetzgebungskompetenz der Länder. Unter dieser Voraussetzung wäre es aber inkonsequent, die Länder dabei auf bloß wenige staats- und gesellschaftspolitisch marginale Bereiche zu beschränken. Das muss letztlich zu ineffizienten Lösungen führen, und zwar zu ineffizienten Lösungen, welche die gesamte staatliche Organisation betreffen. Vielmehr kann die Konsequenz aus dem grundsätzlichen Bekenntnis zum Bundesstaat nur in einer ausgewogenen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bestehen und das bedeutet, dass die Gesetzgebungskompetenzen der Länder gegenüber dem Status quo zu stärken sind.

Zum Zweiten: Eines der Hauptprobleme der geltenden Kompetenzverteilung besteht darin, dass sie in vielerlei Hinsicht auf bloße Aufgabenfragmente abstellt und nicht auf sinnvoll abgerundete Aufgabenbereiche. Vordergründig hängt das unter anderem auch damit zusammen, dass der geltende Kompetenzkatalog terminologisch in vielem noch immer an der Kompetenzordnung der Ministerien in der Monarchie orientiert ist. Ein Hauptanliegen einer Zuständigkeitsreform auf dem Gebiet der Gesetzgebung muss es daher sein, diese Kleinteiligkeit zu überwinden und zu größeren, sinnvoll abgerundeten Aufgabenzusweisungen zu gelangen. Dabei wird man, realistisch betrachtet - und Kompetenzfragen sind nun einmal in besonderem Maße Machtfragen -, nur so vorgehen können, dass man vom geltenden Kompetenzbestand ausgeht, und versucht, durch Arrondierung und Bereinigung größere Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu schaffen.

Und zum Dritten: Ein weiteres gravierendes Manko der geltenden Kompetenzverteilung ist ihre Typenvielfalt. Daher sollte man sich - ohne Ausnahmen zuzulassen - mit drei Typen begnügen, nämlich die drei Typen einer ausschließlichen Bundeskompetenz, einer ausschließlichen Landeskompetenz und eines Bereiches der zwischen Bund und Ländern geteilten Gesetzgebungskompetenz. Meines Erachtens wird man mit einem solchen dritten Bereich, um einen solchen dritten Bereich, nicht herumkommen. Sowohl der Vergleich mit den Kompetenzordnungen anderer Bundesstaaten als auch die geltende österreichische Verfassungsrechtslage zeigen, dass es einen verfassungspolitischen Bedarf nach einem solchen Kompetenztypus gibt. Im Rahmen einer derart zwischen Bund und Ländern geteilten Gesetzgebungskompetenz kommt aber einer wirksamen Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung besondere Bedeutung zu. Das unterstreicht einmal mehr die Wichtigkeit einer Reform des Bundesrates, jedenfalls seiner Befugnisse, allenfalls aber auch seiner Organisation. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass der Ausschuss 3 des Konvents in seinem Bericht in Aussicht gestellt hat, sich mit den Fragen der Reform des Bundesrates hinsichtlich seiner Aufgaben und seiner Organisation nochmals zu beschäftigen, nachdem der Bericht des Ausschusses 5 vorliegt, was nunmehr der Fall ist. Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Prof. Dr. Wiederin. - Bitte sehr.

Dr. Ewald Wiederin: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Als Mitglied des Ausschusses kann ich bestätigen, dass es harte Arbeit war. Und doch sind die Resultate dürftig. Man darf das nicht schönreden: Wir stehen nahezu mit leeren Händen da. Wir waren mit der Makroebene, mit Strukturfragen beschäftigt, und ich bin auch im Rückblick noch der Überzeugung, dass es sinnvoll war, sich zunächst auf diese Ebene zu konzentrieren. Aber dennoch: Konsens haben wir nur über Details erzielt, und wir haben die eigentlich prekäre Frage - wie verteilen sich die konkreten Angelegenheiten auf Bund und Länder? - nur fallweise andiskutiert. Das Einzige, was der Ausschuss vorweisen kann, ist eine mehr oder weniger gelungene Einigung auf ein grundsätzliches Modell, das Drei-Säulen-Modell.

Aber dieser Konsens ist weniger solide, als es den Anschein hat. Manche Leute stellen sich die dritte Säule als ein sehr enges Kompetenzband vor, andere, die für mehr Flexibilität in der Kompetenzverteilung plädieren, konzipieren sie hingegen sehr weit. Eine Gruppe will die Inanspruchnahme dieser Bedarfskompetenz an objektive Kriterien binden, deren Einhaltung vom Verfassungsgerichtshof nachgeprüft werden kann, während eine zweite Gruppe dafür plädiert, Auffassungsunterschiede primär politisch auszutragen. Über diese Gräben hinweg wird eine Einigung sehr, sehr schwierig werden. Das muss man wohl realistisch sehen und pragmatisch angehen.

Was die Breite der dritten Säule angeht, wird man bei jenen Angelegenheiten ansetzen müssen, die derzeit in den Artikeln 11 und 12 B-VG genannt sind. Auf diese Weise könnte man rund um das Energiewesen, die Krankenanstalten und Teile des Wohnwesens einen Katalog erstellen und schrittweise versuchen, über die Zuordnung weiterer Angelegenheiten Konsens zu erzielen.

Bei der Streitfrage „subjektiver oder objektiver Bedarf“ könnte ein Kompromiss in die Richtung gehen, dass zwar die Inanspruchnahme der Kompetenz an objektive Kriterien gebunden wird, die grundsätzlich justiziabel ausgestaltet sind, oder mit anderen Worten, über deren Einhaltung der Verfassungsgerichtshof zu wachen hätte, dass aber die Möglichkeit der Geltendmachung der Bedarfsfrage auf privilegierte Kläger beschränkt wird. Das würde bedeuten, dass der Weg zum Verfassungsgerichtshof nur vor der Gesetzeskundmachung und nur den Partnern im föderativen Verbund - hier also, nachdem es um die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund geht, den Ländern - eröffnet wäre.

Ungeachtet dieser möglichen Kompromisse: Im Moment sind wir an einem toten Punkt angelangt. Wenn es weitergehen soll und damit es sinnvoll weitergehen kann, sind wir auf eine politische Einigung im Präsidium angewiesen. Für die nächste Runde braucht der Ausschuss Vorgaben mit auf den Weg, die meiner Einschätzung nach insbesondere drei Punkte betreffen müssen. Zunächst einmal die Frage der Struktur: Soll man das Dreisäulenmodell weiter verfolgen, und wie soll konkret das Verfahren in der dritten Säule ausgestaltet sein? Sodann der Bundesrat: Wie soll er zusammengesetzt sein? Und ein dritter, mir wichtig erscheinender Punkt betrifft den Vollzug. Ich habe es von Anfang an bedauert, dass im Kompetenzausschuss nur die Gesetzgebungszuständigkeiten zur Diskussion standen. Mit dieser im Ausschussmandat vorgenommenen Weichenstellung waren wir von der Verwaltungsebene völlig losgelöst.

Rückblickend kann man sicherlich mit einem gewissen Recht sagen, dass das auch sein Gutes hatte, weil der Ausschuss schon mit den Gesetzgebungskompetenzen überfordert war. Andererseits haben wir uns im Ausschuss nicht selten im Kreis gedreht, weil mögliche Kompensationen von Einbußen auf der Gesetzgebungsebene durch Zugewinne auf der Vollzugsebene nicht diskutierbar waren und weil immer wieder die Frage auftauchte, ob es die mittelbare Bundesverwaltung künftig noch gibt oder nicht mehr gibt. Ich glaube, dass wir für die nächste Runde unbedingt Vorgaben beziehungsweise politische Einigungen darüber brauchen, ob es mittelbare Verwaltungen geben soll und in welchem Umfang sie zulässig sein sollen. - Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Professor.

Die nächste Wortmeldung steht bei Herrn Präsidenten Dr. Khol. - Bitte schön.

Dr. Andreas Khol: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich dem Ausschuss 5, vor allem dem Herrn Dozenten Bußjäger und den Mitarbeitern sehr, sehr herzlich danken für diesen hochinteressanten Bericht und, Herr Kollege Wiederin, ich stimme mit vielem überein, was Sie gesagt haben, insbesondere, was jetzt die nächsten Schritte sein müssen. Ich möchte aber Ihnen energisch widersprechen: Der Ausschuss steht nicht mit leeren Händen da, sondern das, was bisher an strukturellen Fragen vorgeschlagen und beraten wurde, ist aus meiner Sicht weitgehend konsensfähig und darin haben mich die Vorredner Stürzenbecher und Holzinger auch bestätigt, dass die Differenzen zwischen den verschiedenen Meinungen nicht so groß sind. Ich stimme aber überein, dass weitere Anstrengungen der Konsensfindung zwischen den verschiedenen Bereichen notwendig sind.

Der Bericht ist ein wichtiger Bericht, weil er diesen sehr spröden, politisch hoch bedeutsamen, aber sehr technischen Bereich der Aufgabenverteilung im Bundesstaat betrifft. Ich finde, dass die Ergebnisse, dass ein Konsens darüber besteht, dass Föderalismus weiterhin ein richtiges und wichtiges und gutes Strukturprinzip unserer staatlichen Ordnung sein soll, dass dieser Konsens vorliegt, dass das Subsidiaritätsprinzip, ein Grundprinzip der christlichen Soziallehre, weitgehend unbestritten ist, Aufgabenverteilung an jenen Ort, wo die Möglichkeiten der Lösungen bestehen und Hilfe zur Lösung, Subsiduum.

Und ich denke auch, dass es wichtig war, dass dieser Einsparungsfetischismus, den ich immer wieder orte, dass man also den ganzen Konvent nur unter dem Gesichtspunkt der Einsparungen sieht, dass man diesem Fetischismus auch entgegen hält, dass beispielsweise der sehr oft kritisierte Föderalismus natürlich auch eine sparsamere Verwaltung ermöglicht, wenn sachgerecht durchgeführt.

Also, ich halte das für sehr wichtig. Nicht, dass ich mich gegen Einsparungen ausspreche, aber sie sind nicht das primäre Ziel. Das primäre Ziel ist eine neu geordnete, sachgerechte, transparente Verfassung, inkorporiert, deutsch geschrieben, verständlich und flexibel genug, um der Verwaltung und der Gesetzgebung und der Justiz neue Handlungsspielräume zu eröffnen.

Technische Fragen, die angeschnitten sind und die auch Sie, Herr Kollege Wiederin, abgeschnitten haben: Ich denke, dass der Meinungsbildungsprozess im Konvent weitestgehend in die Richtung geht, dass die mittelbare Bundesverwaltung ja weiter bestehen wird. Das heißt, man wird sich hier vom Perchtoldsdorfer Abkommen offenkundig lösen. Das deshalb, weil man bei verschiedenen Sachfragen draufgekommen ist, dass bei Vollziehung der Länder dennoch in manchen Bereichen eine Bundessteuerung notwendig ist, und man hat in der Suche bei neuen Modellen dann die mittelbare Bundesverwaltung wieder erfunden. Also, das war ein interessanter Erkenntnisprozess.

Ich denke auch, dass Konsens besteht, dass der Bundesrat, der in diesem Saale tagt, weiter bestehen soll, aufgewertet wird in dem Sinne, dass er neue Gestaltungsmöglichkeiten bekommt. Ich denke, dass Konsens darüber besteht, dass er bei der Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung unverzichtbar ist. Ich glaube auch, dass die Parameter, die Sie, Herr Kollege Wiederin, angeschnitten haben und auch Prof. Holzinger, dass wir uns im Klaren sein müssen, bei welchen es also Zustimmungsrechte gibt. Ich denke, dass wir hier bei Verfassungsfragen flexibel sein sollten, und dass - über Kompetenzfragen hinaus gehend - ein Zustimmungsrecht angedacht werden sollte.

Ich denke auch, dass man sich bei der Frage bei wichtigen Gesetzen mit finanzieller Tragweite natürlich die Erfahrungen des deutschen Bundesrates zu Eigen machen muss. Es hat mir Ministerpräsident Teufel gesagt, das Elend des Bundesrates ist, dass er bei viel zu vielen Frage Mitbestimmungsrechte und Zustimmungsrechte hat, was ursprünglich gar nicht intendiert war. Ursprünglich waren 10 bis 15 Prozent der Gesetze zustimmungspflichtig, jetzt 60 Prozent. Also, wenn man hier diese Erfahrungen berücksichtigt, glaube ich, ist vieles zu gewinnen.

Ich glaube auch, dass wir uns bei der dritten Säule an der Europäischen Union orientieren können. Also ich befürworte das Säulenmodell, ich glaube, das ist die große Innovation - ich befürworte die abgerundeten Kompetenztatbestände. Peter Kostelka hat seinerzeit einmal von 17 Tatbeständen geredet, in der Verfassungsreform sollen es 25 oder 30 sein, aber nicht 177, wie wir es derzeit praktizieren.

Worauf es jetzt ankommt, kann ich Ihnen nicht mehr sagen, weil meine Redezeit zu Ende ist.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Besten Dank, Herr Präsident.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Mag. Ettl. - Bitte schön.


Mag. Johanna Ettl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

In der abschließenden Bewertung des Berichts des Ausschusses 5 wird festgehalten, dass es vergleichsweise wenig konsensuale Punkte gab und „die Ausschussarbeit insgesamt die Bandbreite der Regelungsalternativen für eine neue Kompetenzverteilung aufgezeigt hat“. Und dieses Band ist wahrhaftig breit. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass die Beratungen des Ausschusses zu wenig von ökonomischen Überlegungen geprägt wurden.

Meine Damen und Herren! Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben OECD-Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung eine Gemeinsamkeit, und zwar ein mittleres Dezentralisierungsniveau, das sich in den letzten 30 Jahren entwickelt hat. Das heißt, Länder, die früher relativ stark dezentralisiert waren, stärkten tendenziell die zentrale staatliche Ebene. Ein Beispiel dafür sind Kanada, die Schweiz oder die skandinavischen Länder, umgekehrt gaben Länder mit zuvor relativ geringem Dezentralisierungsgrad vielfach den nachgeordneten Gebietskörperschaften mehr Autonomie, wie in einigen südeuropäischen Staaten. Italien oder Spanien sind Beispiele dafür. Das hat sich ausgezahlt, weil diese Tendenz das Wirtschaftswachstum begünstigt hat.

Österreich weist unter den OECD-Staaten einen mittleren Grad an Dezentralisierung auf. Eine weitere Dezentralisierung würde daher zu Wachstumseinbußen führen, zumindest tendenziell. Gefordert ist aber eine effizientere Ausgestaltung des föderalen Systems.Heute bestehen zwischen dem Bund und den Ländern, genauso wie zwischen den Ländern und Gemeinden, aber auch zwischen allen drei staatlichen Ebenen zahlreiche Vermischungen und Verflechtungen. In einigen Fällen bestehen Trägerschaft und gemeinsame Finanzierung nebeneinander. Häufig kommt es zu Mehrfachförderungen. Diese vermischten Trägerschaften haben sich tendenziell aus wirtschaftlicher Sicht als ineffizient erwiesen. Sie setzen ökonomisch falsche Anreize mit hohen Folgekosten, schaffen Überangebote und Parallelstrukturen. Daraus lässt sich, was die Reform der Kompetenzverteilung betrifft, vor allem die Forderung nach einer Aufgabenentflechtung ableiten.

Grundsätzlich ist eine klare Festschreibung von Bundes- und Landeskompetenzen mit aufgabenorientierten abgerundeten Kompetenzfeldern im Unterschied zum bisherigen System positiv zu sehen. Ich denke hier beispielsweise an die Notwendigkeit eines einheitlichen Anlagenrechtes als Bundeskompetenz.

Voraussetzung dafür ist, dass die so genannte dritte Säule aus Gründen der Zeitökonomie und Klarheit klein gehalten wird und dass es Möglichkeiten für eine Bundesrahmengesetzgebung gibt, ebenso, wie ein ausgewogener effizienter demokratischer Vermittlungsmechanismus festgelegt werden soll.

Sehr geehrte Damen und Herren! In der Diskussion zur Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ist dringend eine Versachlichung gefordert. Unsere Verfassung stammt aus den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals sind die meisten Menschen kaum jemals über die Grenzen ihres Bundeslandes hinausgekommen. Wir leben aber nunmehr in einer Zeit der Mobilität und der Internationalisierung. Das bedeutet insbesondere, dass die internationalen Wirtschaftsstrukturen immer durchlässiger werden.

Die Arbeitnehmerorganisationen sind sicherlich nicht die Erfinder der Internationalisierung der Märkte, aber es ist uns ein zentrales Anliegen, jene Rahmenbedingungen vorzusehen, damit wir auch unter diesen Voraussetzungen im internationalen Wettbewerb bestehen.

Vor diesem Hintergrund müssen wir eine Fragmentierung unseres Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes vermeiden. Stellen wir uns doch die alt bewährte Frage: Cui bono? Wem nützt es, wenn etwa das Anlagenrecht verländert ist? Ist es gut für Österreich, für unsere Demokratie, für den Wirtschaftsstandort, für die Arbeitsplätze, für die Konsumenten, für die Steuerzahler? Inwieweit ist es bürgernäher, wenn Bauvorschriften verländert sind?

Eine stärkere Föderalisierung des Rechts erschwert durch eine Multiplizierung der Vorschriften den Zugang zum Recht, den Beratungsaufwand und dementsprechend die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger. Dies gilt für Konsumenten und Konsumentinnen, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen genauso wie für Wirtschaftstreibende. Angesichts der Kleinheit unseres Staates ist dieses Argument noch schwer wiegender als in großräumigen Zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass anstelle des Föderalismus nun ein Zentralismus treten sollte. Dezentralisierung setzt aber eine funktionierende Zentrale voraus. Das Prinzip dafür ist übergeordnet nach oben, autonome Selbstverwaltung nach unten.

Wie auch immer die Frage der Kompetenzen gelöst wird, es sollten sich letztlich jene Ansätze durchsetzen, die bürgernahe genug sind, um die Demokratie zu stärken und um regionalen Unterschieden und Bedürfnissen gerecht zu werden. Andererseits darf es aber nicht zu Desintegration des österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgebietes kommen. Wir tun uns schwer genug, unsere Position auf den internationalen Märkten zu behaupten. Wir sollten uns daher durch die Schaffung zahlloser unterschiedlicher Regulierungsniveaus nicht noch zusätzlich aufreiben. Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Magistra, für Ihre Ausführungen.

Ich darf nunmehr Herrn Bundesrat Konecny das Wort erteilen.  - Bitte sehr.

Albrecht Konecny: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Ich möchte jetzt nicht eine Anpreisung der Arbeitsergebnisse dieses Ausschusses, dem ich auch angehört habe, vornehmen, auch wenn ich dem Wort, dass wir mit leeren Händen dastehen, widersprechen möchte. Wir stehen mit einer ganz gut unterwegs seienden Baustelle da, und genau das ist der Punkt, an dem ich inhaltlich anknüpfen möchte. Der Herr Dr. Wiederin hat schon darauf hingewiesen, dass es Vorfragen abzuklären gibt, bevor angedachte, aber nicht zu Ende gedachte Weichenstellungen in Ausschüssen zu Ende gedacht und diskutiert werden können.

Es ist ein bisschen schwierig, wenn in einem Ausschuss, das - wie auch ich meine - durchaus Richtung weisende Modell, Dreisäulenmodell, für die Kompetenzverteilung eingebracht wird, dieses ohne ein Feedback von der Gesamtheit des Konvents bis zur Zahl der Kompetenzen, die man in der dritten oder mittleren, wie man will, Säule ansiedelt, zu Ende zu diskutieren. Es gibt schon aus ökonomischen Gründen bei Ausschussmitgliedern und Mitdiskutierenden begreiflicherweise ein bisschen Angst vor den leeren Kilometern, die man da investiert, und ich glaube, dass es für unsere ganze Arbeitsweise nicht ohne Bedeutung wäre, wenn es im gesamten Konvent zu bestimmten Weichenstellungen kommt, den Ausschüssen auch die Möglichkeit zu geben, den Faden, den sie gesponnen haben, wieder aufzunehmen.

Ich darf dafür ein zweites Beispiel nennen, von dem ich auch zugebe, dass es mir ein bisschen am Herzen liegt. Es ist in mehreren Ausschüssen der Gedanke aufgetaucht, einen Kompromiss zu versuchen zwischen der - und das eint uns ‑ Überwindung von den vielen zerstreuten Verfassungsbestimmungen, aber andererseits dem politisch sehr verständlichen Wunsch nach einer erhöhten Bestandsgarantie bestimmter Regelungen, also etwa im Bereich des Wahlrechts.

Das würde auch die Möglichkeit bieten, manche technische, aber wichtige Bestimmungen aus dem Verfassungstext selbst auszugliedern. Einen solchen Gesetzgebungstypus muss man aber erst erfinden. Den muss es zunächst einmal als Grundlinie in dieser Verfassung geben. Ein Bundesgesetz, das - und das wäre auch der wesentliche Unterschied zum gegenwärtigen Zustand - in seinem Inhalt nicht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entzogen ist, weil es ein einfaches Bundesgesetz mit erhöhter Mehrheitserfordernis ist und daher sehr wohl auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft werden kann, aber in der politischen Arena jenen erhöhten Bestandsschutz sicherstellt, den, wenn man nach langen Mühen, wie man als Akteur weiß, eine Einigung gefunden hat, man sich meist auf beiden Seiten wünscht.

Es gäbe sicher weitere Beispiele dafür, dass solche Weichenstellungen erforderlich sind und dass es durchaus im Interesse einer konstruktiven Konventsarbeit wäre, den Arbeitsausschüssen eben die Möglichkeit zu geben, ihre Diskussion dort wieder aufzunehmen, wo Fristablauf, aber auch die Unfähigkeit zu erkennen, welche Richtlinien gegeben sind, zunächst einmal zu einem Stopp geführt haben.

Angesichts der mutigen Worte des Herrn Präsidenten Khol und den für mich natürlich noch viel bedeutsameren Worten meines politischen Dienstherrn, nämlich des Landtagsabgeordneten Stürzenbecher, wenn man das korrekt ausdrückt, zur Rolle des Bundesrates macht es mir möglich, zu diesem Thema außer einer kurzen formalen Bemerkung nicht zu sagen. Die formale Bemerkung ist, dass wir im Bundesrat schon sehr dankbar dafür wären, wenn wir endlich korrekt in die Verfassung kämen, denn dort gibt es uns eigentlich nicht.

Die wenig bekannte Tatsache, dass jener Bundesverfassungstext, aus dem fortwährend zitiert wird, einen in der Demokratie nicht ganz unbedeutenden Schönheitsfehler hat, nämlich dass es so niemals von einer gesetzgebenden Körperschaft beschlossen wurde, sondern dass er ein Kompilat ist, indem die Tatsache, dass der Bundesrat am Ende der Ersten Republik ein Auslaufmodell war und durch einen Stände- und Bundesrat ersetzt werden sollte, den man nach 45 begreiflicherweise nicht wollte und daher nur sagte, die Bestimmungen sollen halt für den Bundesrat gelten, ist ein wenig befriedigende Rechtsgrundlage für eine immerhin auch verfassungsgebende gesetzgebende Körperschaft. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Bundesrat.

Die nächste Wortmeldung steht bei Frau Magistra Hochhauser. - Bitte schön.

Mag. Anna-Maria Hochhauser: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Diskussionen im Ausschuss 5 waren naturgemäß kontroversiell, weil sie doch geprägt waren vom Spannungsfeld zwischen den berechtigten Interessen der Länder und der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, aber auch von Notwendigkeiten, die sich aus dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ergeben. Nun, die zentrale Aufgabe - und das ist ja bereits mehrfach erwähnt worden - des Ausschusses 5 nach dem Mandat ist die Schaffung eines klaren und nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen gegliederten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen unter Berücksichtigung der Rechtslage der Europäischen Union. Und genau das, nämlich klare abgerundete Kompetenzzuordnungen, ist auch ein wesentliches Anliegen der österreichischen Wirtschaft. Für die Mitglieder der Wirtschaftskammerorganisation ist es besonders wichtig, in der Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht durch kleinteilige Kompetenzzersplitterungen, wie sie  eben historisch entstanden sind  - und damit durch unterschiedliche Anforderungen betroffen bzw. behindert zu werden - und es muss in Zukunft weitgehend vermieden werden, dass in einem Land unserer Größe viele wirtschafts- und standortbezogene Regelungen aus dem EU-Recht zehnmal umgesetzt werden müssen oder nationale Regelungen in neunfacher Ausprägung existieren. Ein Wirtschaftsunternehmen mit mehreren Standorten in verschiedenen Bundesländern hat damit einen erheblichen Koordinations- und Kostenaufwand, muss sich ständig mit den jeweils geltenden Regelungen auseinandersetzen und hat damit natürlich auch unter Umständen Wettbewerbsnachteile.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat daher bereits in einer sehr frühen Phase der Arbeiten des Ausschusses 5 einen umfassenden, ausformulierten Vorschlag für eine neue Kompetenzverteilung vorgelegt, wobei größeren Kompetenzfeldern, wie heute mehrfach angesprochen, durchaus zugestimmt werden muss, und geht also von folgenden Prinzipien aus:

Die Zuordnung der Bundeskompetenzen muss vom Prinzip der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes geprägt sein, dessen Beachtung sich auch aus dem Binnenmarktprinzip der Europäischen Union ergibt. Und zur Ermittlung von abgerundeten Landeskompetenzen werden auch in unserem Vorschlag, die sich aus dem Subsidiaritätsprinzip ergebenden Anforderungen beachtet, auch dadurch, dass vorgesehen ist und die Möglichkeit bestehen soll, in bundesgesetzlichen Bereichen in Zukunft Delegierungsermächtigungen hinein zu nehmen, für die konkrete Ausformung auf der Landesgesetzgebungsebene, um eben regionalen Erfordernissen auch im Bundeskompetenzbereich Rechnung zu tragen. Etwa analog zu der geltenden Öffnungszeitenregelung, wo auch die Möglichkeit besteht, auf die regionalen Erfordernisse einzugehen.

Neben dem Bereich der ausschließlichen Bundes- und der ausschließlichen Landeskompetenzen, die aus unserer Sicht taxativ festgelegt werden sollen, stehen auch wir für einen dritten Bereich. Dieser dritte Bereich soll allerdings nach unserer Ansicht als Generalklausel gestaltet sein, um in Zukunft neue Aufgaben, wie etwa zuletzt die Datenschutzaufgaben, aber auch gewisse Zuständigkeiten, die mit den Bundes- und Landessäulen nicht gelöst werden können, einem adäquaten Kompetenzregime zuzuordnen. Die Ausübung der Gesetzgebung durch den Bund in diesem geteilten Zuständigkeitsbereich ist an objektive und justiziable Kriterien zu binden, das heißt, der Bund soll dann in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht haben, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Selbstverständlich sind die Länder in diesem Bereich im Wege des Bundesrates möglichst frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess einzubinden und vor allem maßgeblich am Verfahren in diesem dritten Bereich zu beteiligen.

Wenn man nun diesen dritten Bereich näher beleuchtet, stellt man fest, dass mit einer gewissen Zeitverzögerung dort zu rechnen ist, bis man eine konkrete Kompetenzfestlegung getroffen hat und man widerspricht natürlich a priori hier dem Auftrag des Konvents nach einer klaren Zuordnung der Kompetenzen. Daraus ist aus der Sicht der Wirtschaft abzuleiten, dass diese dritte Säule oder dieser dritte Kompetenzbereich möglichst klein zu halten ist und für erheblich wirtschaftsrelevante Materien nicht der geeignete Kompetenzbereich sein kann.

Weiters ist noch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der vom Konvent abgehaltenen Hearings eine Reihe von Materien identifiziert wurden, wo von vornherein eindeutige Zuordnungen durch den Verfassungsrechtgesetzgeber erfolgen sollten und der Ausschuss 5 hat sich in seinen Beratungen mit einer konkreten Zuordnung der Materien in die einzelnen Säulen noch nicht beschäftigt. Es werden aber die Ergebnisse dieser Hearings in die weitere Befassung des Ausschusses 5 miteingebracht und miteinbezogen werden müssen.

Abschließend ist aus unserer Sicht festzuhalten, dass mit dem Kompetenzverteilungsvorschlag der Wirtschaftskammerorganisation einerseits dem Mandat Rechnung getragen wurde, andererseits die berechtigten Interessen der Länder und deren Mitwirkungsmöglichkeiten durch den Bundesrat und durch eine Ermächtigung für spezifische Länderinteressen betreffende Bereiche im Gesetzgebungsbereich des Bundes berücksichtigt sind und insbesondere aber auch den notwendigen Veränderungen der Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Österreich auf Grund der EU-Mitgliedschaft Österreichs Rechnung getragen wurde. Ich ersuche daher die Mitglieder des Konvents, im Sinne eines attraktiven Wirtschafts- und Arbeitsstandortes diesen Vorschlag über die Neuordnung der Kompetenzverteilung zu unterstützen. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Magistra.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Scheibner. - Bitte schön.

Herbert Scheibner: Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Am Anfang unserer Beratungen im Ausschuss 5 stand ein Bekenntnis: Ein Bekenntnis zum Bundesstaat und darüber hat es Konsens gegeben, zumindest darüber im Ausschuss und danach kam gleich eine Erkenntnis, nämlich dass, wenn man diesem bundesstaatlichen Prinzip nachkommen möchte, es auch eine und zwar auch respektable Gesetzgebungskompetenz der Länder geben muss. Auch darüber gab es noch Konsens. Dann allerdings und wir haben’s ja heute auch bei den Diskussionsbeiträgen gesehen, klafft eine Lücke zwischen der Theorie und der Praxis, denn die Praxis zeigt und meine Vorrednerin hat das auch dargelegt, dass wir einen sehr starken Zug zu einer bundeseinheitlichen Regelung von den meisten Gesetzgebungsmaterien haben, selbst so klassische Materien, wo man früher gesagt hat, das ist die klassische Landesgesetzgebungskompetenz, wie etwa der Tierschutz, sind mittlerweile auch hoffentlich im Konsens bundeseinheitlich zu regeln.

Es gibt im Verfassungsausschuss einen Antrag, auch das Fischereiwesen bundeseinheitlich zu gestalten und im Baurecht, im Anlagenrecht, in all den Bereichen, die auch die Wirtschaft betrifft, ist ohnehin schon allein aus wettbewerbsrechtlichen und auf Grund von internationalen Gegebenheiten, der Zug zu einheitlichen auch gesetzesmäßigen Regelungen zu erkennen. Und wir haben uns sehr lange mit dem Bekenntnis in der Theorie und auf der anderen Seite mit diesen Erfordernissen aus der Praxis auseinandergesetzt. Wirklich auf einen grünen Zweig sind wir nicht gekommen.

Die dritte Säule, die jetzt so als fast konsensfähig dargestellt wurde, sehe ich nicht als konsensfähig an, denn diese Frage, ob es neben einer eindeutigen Bundeskompetenz und einer einheitlichen und eindeutigen Landeskompetenz auch noch so ein Mittelding gibt, so eine gemeinschaftliche Kompetenz, wo halt jeder mal zugreift und dann versucht man sich irgendwie zu einigen - da war einmal die Idee, einen Vermittlungsausschuss da einzurichten und den Verfassungsgerichtshof irgendwie auch noch mitreden zu lassen - bedeutet also Rechtsunsicherheit aus meiner Sicht par excellence: Nicht wirklich praktikabel, ich sag’ das hier einmal so deutlich, weil man sollte also sich da nicht immer so herumwinden, und es war dann auch interessant, als wir einen klaren und dankenswerterweise von Professor Funk erstellten Vorschlag für eine Aufteilung in Bundes- und Landesgesetzgebungskompetenz vorliegen gehabt haben, da sind wir dann zur Erkenntnis gekommen, es gibt eigentlich derzeit keinen Regelungsbedarf für eine dritte Säule. Ja, möglicherweise für die Zukunft.

Aber da, glaube ich, sind wir auch in den letzten Jahrzehnten mit einer Generalklausel gut ausgekommen und letztlich, wenn man einen zusätzlichen Regelungsbedarf hat, gibt es ja noch immer, auch in Zukunft, den Verfassungsgesetzgeber - Mitwirkung auch der Länder durch das Zustimmungsrecht des Bundesrates. Ich habe gemeinsam mit dem Landesstatthalter Egger einen Vorschlag gemacht für eine dritte Säule, wenn man das schon benötigt, um diese Schere aus Theorie und Praxis - also Theorie: Bekenntnis zum Bundesstaat, und die Frage Praxis der Vereinheitlichung, einer Vereinheitlichungs-Tendenz - hier nachkommen zu können und das ist die angesprochene, aber auch nicht konsensfähige Frage einer bundeseinheitlichen Landesgesetzgebung in einem veränderten Bundesrat.

Hier könnte man unter Ersatz oder Ergänzung der Artikel 15a‑Vereinbarungen entweder eine Regelung durch alle Bundesländer oder durch einen Teil von Bundesländern gestalten, um damit diesen Zug, überall dort, wo man sagt, es muss etwas bundeseinheitlich geregelt werden, zur Bundesgesetzgebungskompetenz zu unterbrechen. Ich weiß, auch nicht ideal, aber doch ein Versuch, eine Anregung, um hier zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln.

Den Bundesrat -  auch wir sind dafür und ich bin auch dafür - muss und soll man umgestalten. Wir haben vorgeschlagen, dass man hier wirkliche Landesvertreter einsetzt, also Landtagsabgeordnete in erster Linie, um vielleicht auch hier ein Spannungsverhältnis in Zukunft zu beseitigen. Nicht sicher, aber vielleicht, dass nicht Landesvertreter hier im Bundesrat einem Bundesgesetz zustimmen, dass aber Landesvertreter derselben Fraktion, desselben Bundeslandes, dann im Landtag dieses Gesetz beeinspruchen und als verfassungswidrig bezeichnen. Wie gesagt: Eine Hoffnung, aber sicher kann man nicht sein, wenn dann dieselben Politiker dann auch hier diese Entscheidungen zu treffen haben.

Letztlich, glaube ich aber doch, waren es sehr intensive und konstruktive Verhandlungen. Dem Vorsitzenden muss man hier wirklich Dank zollen, der auch sehr viel Geduld mit uns gehabt hat. Aber ich glaube doch auch, dass das Präsidium sich jetzt überlegen muss, wie - nicht nur mit diesem Ausschuss, mit den Ergebnissen, etwa auch mit dem Ausschuss I haben wir Ähnliches gehabt - wie man mit den Ergebnissen jetzt umgeht. Weil wir ja letztlich am Ende nicht nur eine Problemauflistung haben sollen, sondern wir brauchen Ergebnisse. Und von Ergebnissen sind wir in diesem Bereich der Gesetzgebungskompetenz noch weit entfernt.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Klubobmann.

Als Nächste zu Wort kommt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. - Bitte sehr.

Dr. Eva Glawischnig: Danke, Herr Vorsitzender. Hoher Konvent!

Also zu den Ergebnissen und jetzt der Interpretation - vor mir war offensichtlich ein Pessimist am Wort - ich war in vielen anderen Fragen pessimistisch. Also hier muss ich allerdings etwas Positiveres formulieren. Es ist zumindest gelungen, in der Diagnose, zumindest was die Krankheit betrifft, einmal einen Konsens zu finden. Die Therapie ist insbesondere noch nicht gelungen. Und bei der Diagnose, das ist schon einmal was, wenn man sich darauf verständigt, dass das jetzige System zu zersplittert und zu starr ist und dass dieses Versteinerungsprinzip mittlerweile so skurrile Blüten treibt, dass sich mit dem niemand mehr identifizieren will und kann.

Ich möchte nur ein Beispiel zu diesem letzten Punkt bringen, das mir so skurril erscheint, dass es erwähnenswert ist: Nämlich, dass der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes daraus schließt, dass der Bundesgesetzgeber 1993 bei der Frage Parteistellung im UVP-Verfahren NGOs nicht genannt hat, dass er daraus schließt, dass dafür keine Kompetenz gegeben sei und das mit dem Versteinerungsprinzip begründet. Das ist schon wirklich eine skurrile Blüte, die erwähnenswert ist, aber das Problem auch ganz gut beschreibt.

Die Bundesstaatsreform ist das Herzstück der Verfassungsreform. Das muss uns klar sein. Wenn wir in diesem Bereich nicht ein Ergebnis zustande bringen, dass auch als Lackmus-Test für den Konvent gesehen wird. Das ist die längste Diskussion und die schwierigste Diskussion. Und was jetzt vorgelegt und diskutiert worden ist, muss man sagen, dass diese Fronten, die es immer gibt zwischen denen, die sich dann gegenseitig beschuldigen als Zentralisten oder Föderalisten, der Ausschuss nicht aufgebrochen hat.

Zu diesen Drei-Säulen-Modellen: Es ist ja im Grunde nicht so ganz neu. Es gibt ja auch jetzt schon gemeinsame Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern über die Grundsatzgesetzgebung, Ausführungsgesetzgebung. Aber auch die Aufteilung Lebenssachverhalte und verschiedene Materien. Neu ist, dass es jetzt eine konkurrierende Zuständigkeit geben soll und, was ich sehr skeptisch bewerte, ist dieser Vorhang des jüngeren Rechts, also dass derjenige, der zum Schluss regelt, diese Konkurrenz irgendwie beendet. Alternativ wurde auch vorgeschlagen, dass die Länder so lange regeln können, bis der Bund die Kompetenz in Anspruch nimmt. Also Vorrang des Bundesrechts.

Ich möchte hier noch einmal outen: Wir haben als Grüne in einigen Fällen deutlich Bundeskompetenzen gefordert, gemeinsam auch mit der Wirtschaftskammer und auch gemeinsam mit einigen Bundesministerien, einfach aus Sachgründen. Ich möchte das noch einmal deutlich formulieren: Ich glaube, wir brauchen eine übergeordnete Raumplanungskompetenz, das ist eine der größten Fragen, wie man mit der Raumordnung in Zukunft umgeht. Ich denke, auch die Dutzenden Verfahren im Bereich Naturschutz, die anhängigen Verfahren bei der EU-Kommission  lassen zumindest eine Koordination der Naturschutzagenden auf Bundesebene sinnvoll erscheinen. Auch im Energiewesen, auch im Bereich Abfallwirtschaft, auch im Bereich Tierschutz, was jetzt schon der Fall ist. Auch die Genehmigung und Kontrolle von gesundheits- und umweltbeeinträchtigenden Anlagen, auch Umweltinformation etc. Dass man da immer über EU-Verfahren letztendlich angehalten werden muss - ich finde, das ist eine Ressourcenvergeudung, dass man bundesweit einheitlich den Status der Richtlinien auch in den Gesetzen vorfindet.

Zum Bundesrat vielleicht noch zwei Sätze: Wir haben hier im Ausschuss 3 an und für sich ein konkretes Modell vorgeschlagen. Die beiden Materien spielen ja sehr eng zusammen: Kompetenzen und Bundesrat. Und ich glaube, das kann man auch nur gemeinsam jetzt abschließend bearbeiten und lösen. Es wurde immer gegenseitig auf die Ausschüsse verwiesen. Dabei denke ich, auch am Präsidium wird Arbeit zu leisten sein, das Problem gesamthaft anzugreifen und zu lösen.

Zum Artikel 15a, sozusagen 15a-Vereinbarungen: Da hat sich letztendlich auch die Mehrheitsposition im Ausschuss dann durchgesetzt, dass Bund-/ Länderstaatsverträge unmittelbar wirksam sein sollen, dass das nicht der Fall sein soll. Und auch, dass Gesetzgebungskompetenzen mit den 15a-Vereinbarungen verbunden sein sollen, hat sich auch nicht durchgesetzt. Das haben wir auch unterstützt, diese ablehnende Meinung.

Unterm Strich, das ist ein sehr, sehr schweres Kapitel, legistisch und politisch. Und gerade hier, denke ich, brauchen wir sehr viel Freiraum noch im Kopf. Ich habe sehr interessant gefunden auch die Idee der finalen Zuständigkeiten. Das ein bisschen Visionäre anzugehen, also nicht irgendwie das auf ein abgerundetes Wort, sondern auf einen finalen Zweck, zum Beispiel Mobilität oder Umweltschutz Kompetenzen hinzuformulieren - finde ich einen sehr, sehr guten Ansatz. Ich würde mir wünschen, dass wir in diese visionäre Richtung weitergehen und diesen alten Föderalismus-Zentralismus-Streit vielleicht einmal ad acta legen und nicht um Machtfragen, sondern um Sachfragen ringen. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr, Frau Abgeordnete.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Schnizer. - Bitte sehr.

Dr. Johannes Schnizer: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Wie schon viele Vorredner gesagt haben, möchte ich auch meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass sich das Drei-Säulen-Modell inzwischen durchgesetzt hat in den Diskussionen des Ausschusses. Wie Präsident Khol schon erwähnt hat, stammt es aus einem Vorschlag, der bereits 1997 in die Bundesstaatsreform eingebracht worden ist und der damals noch sehr exotisch gewirkt hat. Nunmehr gibt es viel Zustimmung dafür.

Das einzige Gegenmodell, das im Ausschuss vorgestellt worden ist, war im Prinzip diese Vorstellung eines Ausschusslandtages, auf den weitgehend Kompetenzen übergehen soll, die bisher die Länder haben, um zu vermeiden, dass sie auf den Bund übergehen - bei diesen Kompetenzen, wo es aber dann trotzdem ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung gibt. Ich glaube, dass das mit den Vorstellungen des Subsidiaritätsprinzips nicht ganz im Einklang steht. Dieses besagt ja, dass immer dann, wenn eine übergeordnete Gebietskörperschaft besser geeignet ist, eine bestimmte Aufgabe zu besorgen, diese berufen werden soll. Dann, wenn es das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung gibt, weil eben länderunterschiedliche Regelungen unbefriedigend sind, ist das meiner Meinung nach ein Indiz dafür, dass eben eine übergeordnete Instanz - dann eben der Bund - die Regelung treffen soll. In Wahrheit soll dann hier ein neues Organ geschaffen werden, deswegen, weil man mit den politischen Verhältnissen in der ersten Kammer des Bundes nicht einverstanden ist. Man will also offenkundig eine andere Zusammensetzung des Bundesgesetzgebers haben. Ich glaube, dass das aus dem tagespolitischen Streit herausgehalten werden sollte. Wie die letzten Wahlen gezeigt haben, können sich auch die Verhältnisse im Bundesrat ändern. Momentan gibt es dort nur mehr einen Vorsprung von vier Mandaten gegenüber einem größeren Vorsprung früher.

Insgesamt glaube ich auch, dass die Einigkeit, die der Ausschussbericht widerspiegelt, größer ist, als auf den ersten Blick zu sehen ist - insbesondere bezieht sich das auf die Einigung über eine neue Technik der Kompetenzverteilung: Während bisher in Wahrheit angeknüpft worden ist an bestehende Gesetze, die dann Bund und Ländern zugeordnet worden sind, besteht weitestgehende Einigung, dass man zu einer Regelung nach Aufgabenbereichen übergehen soll.

Auch der Vorgang dorthin wurde relativ klar gezeigt: Es sollten die bisherigen Einzelkompetenzen größeren Kompetenzfeldern zugeordnet werden, sodass diese dann auch weiter dynamisch interpretiert werden können, sodass sich diese fein ziselierte Aufteilung, wie sie momentan vorhanden ist - wo man zwar klar, aber ohne dass man weiß, wie klar und wem die einzelne Kompetenz zukommt -, eine Kompetenzverteilung hat.

Dabei darf ein Gesichtspunkt nicht ins Hintertreffen geraten, nämlich der der Klarheit und Rechtssicherheit auch für den Bürger. Sobald es größere Kompetenzfelder gibt, steht nicht von vornherein fest, wo genau die Grenze verläuft - momentan ist die Grenze zwar sehr kleinteilig, aber sie ist wenigstens feststellbar. In Zukunft wird das nicht so sein, weswegen ich glaube, dass einem politischen Verfahren für die Einigung der Vorzug zu geben ist.

Jedenfalls ist aber die Rechtssicherheit erforderlich - es darf nicht von Verfahren, die Jahrzehnte nach einer Regelung geführt werden, abhängen, ob die Kompetenz zu Recht ausgeübt wurde oder nicht. Ich glaube, dass der Vorschlag von Wiederin ausbaubar ist, dass vielleicht dann, wenn es keine Einigung gibt über die Kompetenzausübung, ein Verfahren zwischengeschaltet werden kann, wo der Verfassungsgerichtshof als eine Art Schiedsrichter feststellt, ob die objektiven Kriterien, die die Kompetenzverteilung bestimmen, eingehalten sind oder nicht.

Im Übrigen glaube ich, dass in diesem politischen Verfahren, wo der Bundesrat die zentrale Rolle spielen soll, drei Kriterien maßgeblich sind - und auch auf diese hat sich der Ausschuss weitestgehend geeinigt.

Das Erste: eine möglichst frühzeitige Einbindung der Länder. Dort, wo das bis jetzt schon der Fall war - etwa im Vergaberecht -, hat sich gezeigt, dass hier der Sachverstand auch für den Bund zu einer besseren Regelung führt.

Das Zweite ist ein möglichst transparentes Verfahren: Es muss klar sein, aus welchen Gründen entweder eine einheitliche Regelung bevorzugt wird, und aus welchen Gründen eine solche abgelehnt wird. Das ist dann nicht gegeben, wenn - so wie in Deutschland - die Vollziehung untereinander die Zustimmung ausmacht, ohne dass nachvollziehbar ist, wie der Diskussionsprozess dazu verläuft. Dann hätten wir den Nachteil, den momentan die Rats-Gesetzgebung in der EU hat, auch nach Österreich übertragen.

Der dritte Punkt: Es darf zu keiner endgültigen Blockade kommen - hier wäre ein solches Schiedsverfahren nach einem politischen Verhandlungsverfahren vielleicht ein Schritt.

Insgesamt scheint mir, dass der Ausschussbericht eine Grundlage für Einigungsmöglichkeiten bietet, und ich halte das auch für deswegen erforderlich, weil nur dann es gerechtfertigt ist, von einer neuen Verfassung zu sprechen, wenn das Problem der Kompetenzverteilung in einer grundlegenden Weise gelöst wird.  Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön.

Nächster Redner ist Herr Präsident Dörler. - Bitte schön.

Manfred Dörler: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der vorliegende Bericht des Ausschusses 5 behandelt die vielleicht umstrittensten Themenbereiche des Österreich-Konvents, nämlich die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass im Konsens erzielte Ergebnisse den Ausschuss insgesamt nicht sehr befriedigen und offensichtlich von gut bis bescheiden bewertet werden.  Da hat mir das Bild von einer Baustelle gut gefallen - eine Baustelle heißt jedenfalls, dass wir weiter arbeiten und dass die Arbeiten fortgesetzt werden.

Ich beklage diesen Zustand auch gar nicht; ich glaube, dass der Ausschuss gute Arbeit geleistet hat, indem er die möglichen Optionen einer neuen Kompetenzverteilung gut aufbereitet hat. Der Bericht gibt besonders im besonderen Teil den von den Ausschussmitgliedern eingebrachten Vorschlägen breiten Raum, und das halte ich für sehr gut, weil man sich da in die Materie auch als Nicht-Ausschussmitglied viel besser einarbeiten kann.

Lassen Sie mich nun zu einigen inhaltlichen Fragen Stellung nehmen.

Ich bedauere es, dass der Ausschuss dem Gedanken einer Ziel- und Rahmengesetzgebung offenbar überwiegend ablehnend gegenübersteht; möglicherweise haben viele Ausschussmitglieder die zweifellos unbefriedigende Praxis der bisherigen Grundsatzgesetzgebung im Kopf oder in den Augen gehabt. Nach meiner Vorstellung hätte die Ziel- und Rahmengesetzgebung die Funktion, bundeseinheitliche Standards dort, wo sie zweckmäßig sind, einzuführen - das ist ja das Anliegen mehrerer meiner Vorredner.

Das könnte durchaus auch in Bereichen erfolgen, die bisher von den Länderkompetenzen getragen werden, allerdings sollte sich die Gesetzgebung des Bundes auf Vorgaben beschränken, die den Ländern entsprechenden Gestaltungsspielraum überlässt: Die Länder sollen selber entscheiden können, wie sie die Ziele erreichen. Voraussetzung, dass ein solches System funktioniert, ist für mich, dass die Länder an der Bundesgesetzgebung eben effizient mitwirken können - das ist wahrscheinlich einer der Schlüsselpunkte überhaupt, die wir als Ländervertreter haben.

Und wenn ich den Ausschussbericht richtig interpretiere - und als Politiker bin ich etwas die direkte Sprache gewohnt -, dann herrscht über diese Art der Ländermitwirkung Dissens - so wird eine unmittelbare Beteiligung der Länder abgelehnt. Das überrascht mich! Wer, wenn nicht die Länder selbst, sollen in dieser Angelegenheit ihre Erfahrung im Vollzug, ihre Kenntnisse der jeweiligen Verhältnisse der Länder mit einbringen - sollen, ja müssen!  Damit nicht genug: Auch der Bundesrat soll nach Meinung verschiedener Mitglieder allenfalls im Wege einer Stellungnahme Verhandlungen in einem Vermittlungsausschuss durchsetzen können - eine Möglichkeit der Länder, eine überschießende Gesetzgebung des Bundes damit zu verhindern, würde damit wahrscheinlich nicht gelingen.

Ich möchte dazu in aller Deutlichkeit sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Länder damit zufrieden geben werden, dass ihre Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung darauf reduziert wird, dass der Bundesrat dem Nationalrat einen Brief schreiben darf - so weit wird es wohl nicht sein! Als Ländervertreter, als Landtagspräsident, werde ich einer Aushöhlung der Länderzuständigkeiten durch eine so genannte „konkurrierende Gesetzgebung des Bundes“, auf die die Länder im Grunde keinen Einfluss haben, nicht zustimmen können und - wenn Sie wollen - auch nicht wollen.

Ich bekenne mich voll dazu, dass die neue Kompetenzverteilung flexibel sein soll, die Verschiebung von Kompetenzen darf aber keine Einbahnstraße sein. Ein Mechanismus, der dazu führt, dass Landeskompetenzen vom Bund beliebig an sich gezogen werden, kann ja nicht die Zustimmung der Länder finden! Weil dann sind wir auch nachgeordnet, und der Bund kann jederzeit sagen, was er bestimmen will, und wir dürfen dann das machen, was übrig bleibt.

Ein Vermittlungsausschuss, in dem einige Bundesräte mit einigen Nationalräten Empfehlungen beschließen dürfen, die dann für den Gesetzgeber nicht bindend sind, ist keine Mitwirkung von Länderrechten, die diesen Namen tatsächlich verdient. Und wenn ich den Begriff der Baustelle noch einmal strapazieren darf: Ich ersuche das hohe Präsidium, den zukünftigen Auftrag so zu formulieren, dass diese Gedanken auch mit Rücksicht finden. - Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch, Herr Präsident, und darf nun das Wort Herrn Prof. Brauneder erteilen. - Bitte schön.

MMag. Dr. Willi Brauneder: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Als ein dem Ausschuss nicht Angehöriger habe ich nicht nur mit großem Interesse die inhaltlichen Ausführungen beobachtet, sondern mich hat auch interessiert die Selbsteinschätzung der Ausschussmitglieder betreffend die Arbeit des Ausschusses von den leeren Händen bis hin zur Baustelle.

Ich würde sagen, das ist jedenfalls ein bunter Strauß, der uns offeriert worden ist, von Pflanzen und Pflänzchen, der nicht fest geschnürt ist, wenn ich das recht sehe, was also die Möglichkeit eröffnet, in diesen Strauß noch ein Pflänzchen hineinzusetzen - wobei ich mir nicht immer klar war, ob etwas Schönes ein Unkraut ist oder eine Blume, das mag nun Ihrem Geschmack überlassen sein.

Drei-Säulen-Modell: Sicher ist unbestritten die Säule Bundeskompetenzen, die Säule Landeskompetenzen - ich würde eine dritte Säule nennen allenfalls: einheitliche Ländergesetzgebung. In dieser dritten Säule sollte der „Bundesrat neu“ die primäre Rolle spielen, da aber meines Erachtens davon auszugehen ist, dass ein effektiver Bundesrat nur dann vorhanden ist, wenn die Länderexekutive mit eingebunden ist, würde der Bundesrat in dieser dritten Säule als Gesetzgebungsorgan im Hinblick auf das Prinzip der Gewaltentrennung ausfallen. Wie auch immer aber dieser Bundesrat beschaffen sein soll, er wäre wohl geringer bestückt als der Nationalrat, sodass auch von diesem Argument der Bundesrat kein Gesetzgebungsorgan in dieser dritten Säule abgeben könnte - aber was er hingegen sehr wohl sein kann, wäre sozusagen ein Verteilungsorgan.

Und meine Vorstellung wäre jetzt die: In dieser dritten Säule kann der Bundesrat beschließen, dass ländereinheitliche Gesetze zu erlassen sind. Er kann aber auch beschließen, dass die entsprechende Kompetenz an den Nationalrat überzugehen hat, um ein Bundesgesetz zu erlassen.

Die Möglichkeit drei ergibt sich daraus, dass in beiden Fällen kein entsprechender Beschluss des Bundesrates zustande kommt, respektive der Nationalrat nicht ein Bundesgesetz erlassen möchte, so dass dann die dritte Möglichkeit jene ist, dass diese Materie zur Landesgesetzgebung wird.

Wie soll nun diese gemeinsame Gesetzgebung funktionieren? Ich würde hier das Instrument des paktierten Landesgesetzes in Anspruch nehmen. Ich habe das schon in einem anderen Fall einmal ausgeführt, dass man die Möglichkeit eröffnen sollte, in Landesangelegenheiten paktierte Landesgesetze zu erlassen. Aufgrund eines Bundesratsbeschlusses wäre es zwingend, ein paktiertes Landesgesetz zu erlassen.

Wie soll, nur in groben Zügen, dies vor sich gehen? Durch einen gemeinsamen Ausschuss der Landtage sollte dieser Gesetzesbeschluss ausgearbeitet werden, wobei das Problem auftaucht, kann eine Mehrheit der Länder eine Minderheit der Länder binden ?

Ich würde dazu Folgendes sagen: Erstens, was das paktierte Landesgesetz an sich betrifft, gibt es unter anderem ein historisches Beispiel, das sind die paktierten Gesetze, aufgrund des Delegationsgesetzes 1867 zwischen Österreich und Ungarn. Was nun diese Bindung der Länder betrifft, erinnere ich daran, dass auf diese Weise das Bonner Grundgesetz zustande gekommen ist. Der Bayerische Landtag hat bekanntlich das Bonner Grundgesetz nicht zur Annahme akzeptiert und es ist dennoch, wie Sie wissen, in Kraft getreten.

Aber hier kann man ohne weiteres an zwei Möglichkeiten denken, die zu diskutieren sind. Wenn nur ein Teil der Länder diesem paktierten Landesgesetz zustimmt, dann tritt es dort in Kraft und für die anderen Länder fällt die Materie in die Landeskompetenz, oder eine Mehrheit der Länder bindet auch die Minderheit. Jedenfalls wäre das ein Modell, das Sie vielleicht auch noch in diesem Ausschuss mit bedenken könnten. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor!

Als Nächster zu Wort gemeldet, hat sich Herr Präsident Prior. Bitte sehr, Herr Präsident!

Walter Prior: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist schon durch die Zusammensetzung des Ausschusses 5, aber auch der anderen Ausschüsse und auch durch die heutigen Wortmeldungen bestätigt worden, dass hier die Theoretiker, Praktiker, Zentralisten und Föderalisten, um nur eine Einteilung in vier Gruppen vorzunehmen, zusammenkommen und daher ist es natürlich sehr schwierig, tatsächlich in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung gestanden ist, auch zu einem einheitlichen Ergebnis zu kommen.

Aber ich glaube, die Themenstellung des Ausschusses 5 ist für einen kooperativen Bundesstaat, wie es Österreich ist und ich hoffe, auch in Zukunft sein sollte, von entscheidender Bedeutung. Dabei wird die objektive Analyse und Abarbeitung dieser Thematik durch zuletzt häufig werdende Einflüsterungen von außen, von selbst ernannten Experten, die in der Öffentlichkeit in Wahrheit Phantasiezahlen über mögliche Einsparungen transportieren, wenn man nur möglichst weit zentralisiert Kompetenzen und Aufgabenerfüllung weg vom Bürger, in eine offensichtlich besonders effiziente Zentrale, nicht gerade erleichtert.

Gerade zur Frage der Effizienz und den Kosten eines Bundesstaates führte der vom Ausschuss beigezogene Experte, Universitätsprofessor Dr. Weber aus, dass die Wirtschaftswissenschaften dem Föderalismus unter dem Gesichtspunkt von Effizienz und Kostenaspekten, gute Noten geben und dass die immer wieder gehörte These, dass dezentrale Verwaltung und das Nebeneinander und Miteinander von Bundes- und Landesverwaltung, wesentlich höhere Kosten verursache, als eine zentralstaatliche, unitarische Form der Aufgabenbesorgung bisher empirisch nicht nachgewiesen werden konnte.

Unbestritten ist auch für mich, dass die Kompetenzverteilung der Österreichischen Bundesverfassung tatsächlich zersplittert und unübersichtlich ist. Andererseits gibt es in jedem Bundesstaat Abgrenzungs- und Interpretationsprobleme. Es stellt sich aber die Frage, wie die Anzahl der Kompetenztypen reduziert und damit die Kompetenzverteilung insgesamt einfacher werden kann, ohne jedoch die Substanz des bundesstaatlichen Prinzips in Frage zu stellen. Grundsätzlich würde sich die Schaffung dieser abgerundeten Kompetenzbereiche anbieten, wenn nicht damit auch die Gefahr verbunden wäre, dass, je größer das definierte Kompetenzfeld ist, umso mehr Zentralisierungstendenz damit verbunden ist.

Als Folge könnte die weitgehende Aushöhlung der Gesetzgebungskompetenz der Länder drohen. Deshalb scheint mir das im Ausschuss diskutierte Drei-Säulen Modell eine durchaus überlegenswerte Alternative zu sein, wobei in diese dritten Säule auch die Generalklausel aufgenommen werden könnte. Ich verkenne dabei aber nicht, dass auch bei diesem Modell eine Gefahr einer exzessiven Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund tatsächlich auch bestehen könnte. Ebenso bedarf der mögliche Zugriff zweier Gesetzgeber, auf eine Regelungsmaterie neuer, zusätzlicher Bestimmungen in der Verfassung.

Und wie heute bereits mehrere Male erwähnt, hat die größere Zahl der Ausschussmitglieder auch dafür plädiert, dass der Bundesrat tatsächlich ein Vertretungsorgan der Länder sein soll und dass es möglicherweise, und hier stehen wir vielleicht, Herr Professor, im Widerspruch, trotzdem in einem Verhandlungsverfahren, in einem politischen Verhandlungsverfahren versucht werden sollte, die Vertragspartner so zusammen zu setzen, dass es zu einer einheitlichen Auffassung dementsprechend auch kommen könnte.

Ich kann mir daher vorstellen, dass der Bundesrat für die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund, mit einem ausdrücklichen Zustimmungsrecht ausgestattet wird. Dies müsste bei einer künftigen Ausgestaltung des Bundesrates entsprechend berücksichtigt werden und ich hatte die Ehre und die Freude, hier in diesem Saal, vor dem Bundesrat, auch meine Gedanken über einen „Bundesrat neu“, wenn Sie so wollen, hier darzulegen. Und ich glaube, dass hier, mit dem Kollegen Freibauer, aus Niederösterreich, wir doch einige Gedanken mit eingebracht haben, die vielleicht für eine zukünftige Zusammensetzung eines Bundesrates sich vielleicht auch positiv auswirken könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne den Beratungen im Ausschuss 10 vorgreifen zu wollen, bin ich aufgrund der Erfahrungen der letzten zehn Jahre auch der Meinung, dass es auch ein Zustimmungsrecht des Bundesrat für das Finanzausgleichsgesetz und die damit verbundenen Nebengesetze vorgesehen werden sollte.

Die Ausweitung der Kompetenzen des Bundesrates würde auch bewirken, dass es zu einer intensiveren Auseinandersetzung zwischen den Ländern, den Landtagen und dem Bundesrat kommt. Damit könnte die traditionell starke Bindung, manche sagen auch Umarmung, des Bundesrates durch den Nationalrat gelockert werden.

So weit meine Gedanken zu den bisherigen Beratungen und zu den Zukünftigen. Und ich hoffe, dass eine grundsätzliche Basis geschaffen wurde, mit den Beratungen im Ausschuss 5, dass hier weiterhin auch aufgebaut werden könnte. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Präsident!

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Landtagsdirektor Dr. Lengheimer. Bitte schön.

DDr. Karl Lengheimer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Arbeitsausschuss 5 im Konvent steht unter dem Zauberwort „Dritte Säule“. Mit Zauberworten ist es so eine Sache. Sie sind ein ambivalentes Ding, je nachdem, ob sie von guten Geistern gesprochen werden oder unter Umständen auch von allen guten Geistern verlassen sind.

Zweiteres wäre der Fall, wenn wir diese dritte Säule quasi als Ausrede verwenden, weil man sich politisch nicht zwischen Bund und Ländern über alle Dinge einigen konnte, sozusagen als Glückstopf für umstrittene Staatsaufgaben oder auch als einfachen Weg, um weiter Kompetenzen von den Ländern auf den Bund zu verschieben.

Eine dritte Säule wäre hingegen positiv, wenn sie das leistet, was in einer kürzlich vom Föderalismusinstitut vorgestellten Studie gesagt wurde, nämlich die Notwendigkeit einer Dynamik und Flexibilität, die der Staat bei Besorgung seiner Aufgaben genau so notwendig hat, wie auch jeder private Unternehmer.

Diese Dynamik der Staatsaufgaben und ihre Erledigung erzeugt natürlich Unsicherheit. Sie erzeugt Unsicherheit bei den Juristen, weil wir eben daran gewohnt sind, konkrete Tatbestandssubsumierungen vorzunehmen und unser Denken darauf konzentriert ist. Sie erzeugt aber auch Unsicherheit bei den politischen Verantwortungsträgern, weil sie fürchten, dass diese Dynamik in Bereiche führt, die dann nicht mehr einzubremsen sind.

Aber, meine Damen und Herren, bietet die derzeitige Verfassungslage mehr Sicherheit für Kompetenzen der Länder als eine dritte Säule? Ich frage Sie das, wenn ich daran denke, was so alles in letzter Zeit - jüngst der Tierschutz und heute wurde bereits die Fischerei angesprochen - vom Länder- in den Bundesbereich gehen soll. Und daher meine ich, eine dritte Säule oder ein Drei-Säulen-Modell hat nur dann einen Sinn, wenn gewisse Vorbedingungen geklärt sind.

Die erste Vorbedingung: Wir müssen auch vom Bestand ausgehen. Ich glaube nicht, dass man die derzeitige Kompetenzverteilung einfach wegschmeißen kann und von völlig neuen Gesichtspunkten ausgehen kann. Aber wir müssen Änderungen dort, und nur dort, vornehmen, wo sie auch sachlich gerechtfertigt sind.

Ein zweiter Punkt: Ich glaube, eine dritte Säule kann keine Säule sein, die nur in eine Richtung weist, die also nur als schiefe Ebene Kompetenzen von den Ländern an den Bund verschiebt und dafür Kriterien aufstellt, sondern sie muss in beiden Richtungen offen sein. Sie muss, wenn es die dynamischen Voraussetzungen erfordern, bundeseinheitliche Kompetenzen genau so zulassen wie regionale Kompetenzen der einzelnen Länder, und ob diese dann für einzelne Länder nur gelten oder auch für alle Länder, das sei offen, und in diesem Bereich muss man sicherlich auch über die vom Klubobmann Scheibner hier diskutierten oder vorgebrachten Überlegungen dann weiter nachdenken.

Ein dritter Bereich, und das ist der Wesentlichste: Welche Kriterien haben wir für eine dritte Säule? Und da wird sehr, sehr viel angeführt. Und wenn ich nur eines höre, was die Frau Mag. Ettl heute hier ins Treffen geführt hat oder genannt hat: Der Zugang zum Recht wird es nicht sein, der für mehr Bundeskompetenzen spricht, denn wenn ich mir das Bundesrecht ansehe - ich könnte hier den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes ebenso zum Zeugen rufen wie viele Betroffene - dann muss ich sagen, die Übersichtlichkeit des Bundesrechts spricht nicht für weitere Bundes-, sondern nur für weitere Landeskompetenzen.

Ich glaube, diese Einheitlichkeit muss letztlich in einem liegen -  wie immer man dies formuliert - in den Interessen der Bürgerinnen und Bürger, auf die sich diese Norm bezieht. Ihre Interessen allein können entscheidend sein, wo eine Aufgabe besser besorgt wird.

Abschließend noch zwei Bemerkungen: Eine Bemerkung zur Ausführung von Herrn Professor Wiederin, die ich sehr unterstützen möchte, weil er gesagt hat, es ist notwendig, hier auch die Verwaltung einzubeziehen. Wir dürfen ja nicht davon absehen, dass Normen nicht nur vom Gesetzgeber, sondern auch von der Verwaltung geschaffen werden. Und daher ist die Neuformulierung des Rechtsstaatsgebotes der Österreichischen Bundesverfassung, und zwar im Hinblick auf die Verordnungsermächtigung, wieder einmal wie auch in anderen Arbeitsausschüssen, von ganz zentraler Bedeutung.

Und eine zweite Bemerkung: Zum Bundesrat werde ich keine weiteren Ausführungen machen, weil meine Zeit um ist, aber auch deshalb, weil ich die Ausführungen des Präsidenten Freibauer, den ich im Konvent vertrete, bereits im Ausschuss 3 gemacht habe. - Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Dr. Lengheimer.

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. - Bitte schön.

Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte Damen und Herren!

Als ich den Bericht der Arbeitsgruppe gelesen habe, die sich mit den Kompetenzen beschäftigt hat, fühlte ich mich schon sehr erinnert an den Bericht der Arbeitsgruppe Kompetenzen auf europäischer Ebene. Die Problemstellungen waren ganz ähnliche, weil schließlich auch eines der Grundprobleme ein ähnliches war, und das ist beileibe nicht eines, das sich auf der hohen theoretischen Ebene abspielt, sondern auf der hohen politischen. Die derzeitige Form des Föderalismus mit seiner extremen Zersplitterung ist natürlich auch sehr bequem für alle Handelnden. Der Bund kann jederzeit die Schuld an die Länder weiter geben für mangelnde Umsetzung von entsprechenden Materien, und die Länder können jeweils die Verantwortung dem Bund zuschieben, weil entweder das Gesetz oder das Geld dafür fehlen. Das heißt, da diese Situation so gut politisch zu nützen ist, ist der Impetus zur Lösung ein beschränkter. Und mich wundert es mich deswegen nicht, dass die Konsensliste nicht auch eine so extrem lange geworden ist. Es handelt sich hier auch um eine politische Frage, und nicht nur um eine rechtstheoretische.

Viel komplexer wird das Ganze ja dann noch auf der so genannten Realebene, nämlich dort, wo Bürgerinnen und Bürger von Gesetzen, von ihrem Vollzug oder von ihren finanziellen Auswirkungen betroffen sind. Deswegen ist es auch sehr, sehr schwer, die gesamte Diskussion von der finanziellen Seite des Föderalismus vorerst einmal abzulösen, wiewohl notwendig. Wenn man das von vornherein sozusagen nur vom Geldtascherl aus diskutiert, dann wird eine Lösung noch viel schwieriger sein, als es das offensichtlich in diesem Arbeitskreis war.

Ein Beispiel, und vielleicht eines der extremsten Beispiele für die Zersplitterung nicht nur auf Bund und Länder, sondern auch noch innerhalb der Materie, ist sicher das gesamte Umweltrecht. Auch kein Zufall, es ist sozusagen von seiner Entstehungsgeschichte vom größten Teil relativ jung und war zu Beginn der auftretenden Problemlagen auch von einem großen Enthusiasmus gekennzeichnet, dass man viele Probleme mit einem Gesetz ganz schnell lösen würde können, was sich ja dann nicht in diesem Fall bewahrheitet hat.

Die Genehmigung und die Kontrolle umweltrelevanter Anlagen ist eines der großen Problemfelder, und hier zu einem einheitlichen Umweltrecht zu kommen, nämlich sowohl im Vollzug wie auch von den Materien her, wäre sicher eine Erleichterung für die Normunterworfenen, und zwar sowohl für diejenigen, die einen Betrieb betreiben oder schaffen wollen, als auch für Anrainerinnen, Anrainer oder solche, die unter den Auswirkungen dieses Betriebs zu leiden haben. Das sind Dinge, die man aus meiner Sicht dringend erledigen muss, denn gerade dieses Thema wird Sie nicht in Ruhe lassen, auch wenn manche den Eindruck haben, dass es sozusagen in der öffentlichen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund getreten ist. Die Probleme verschärfen sich ja trotzdem.

Ein weiterer Bereich ist natürlich auch die gesamte Frage der Raumordnung. Die Frage von Fachplanungen des Bundes, und solchen der reinen Landesraumordnungen mit all den bekannten Streitigkeiten zwischen Kleinregionen, Fachplanungen des Landes und so weiter und so fort ist natürlich etwas, was für jedes Vorhaben erstens bremsend wirkt, aber auch für jegliche Sanierung eines entstandenen Schadens extrem schädlich wirkt. Also, ich glaube, dass hier die Lösungsnotwendigkeiten von einer besonders hohen Dringlichkeit sind.

Ich sehe aber auch, dass es einige sehr positive Gegenbeispiele gibt, die sich jetzt allerdings nicht rein in der Legistik niederschlagen, wenn es zum Beispiel um Energiesparmaßnahmen geht, wo verschiedene Bundesländer durchaus unterschiedliche Regelungen getroffen haben, die dann aufeinander auch positiv einwirken können.

Die Gefahr allerdings, dass ein Bundesland sagt, Energiesparen ist für mich vollkommen überflüssig, weil ich ja ohnehin genügend Energie - wegen welcher Gründe auch immer - zur Verfügung habe, besteht. Und hier ist die Einheitlichkeit des Bundesgebietes natürlich schon auch ein Problem, was man langfristig sehen muss. Ich glaube nämlich nicht, dass man - und hier komme ich zum Schluss meiner Ausführungen - durch eine Ausdehnung des Konsultationsmechanismus auf mehrere andere Felder, wie es ja auch andiskutiert wurde, nach der derzeitigen Form oder nach einer verschärften Form den Lösungsschlüssel in der Hand hat. Denn die Vision eines einzigen Bundeslandes oder eines vielleicht kurzzeitig entgleisten Landeshauptmannes, der wichtige Vorhaben legistischer Art auf allen Ebenen dann endgültig bremsen kann, kann wohl auch nicht eine sein, die wir uns für die neue Bundesstaatlichkeit vorstellen. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Abgeordnete.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Prof. Grabenwarter. - Bitte schön.

DDr. Christoph Grabenwarter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Wenn man den Ausschussbericht, der wirklich inhaltsreich ist, genau liest und heute die Wortmeldungen insbesondere der Ausschussmitglieder im Gesamtbild würdigt, so zeigen sich drei Punkte, die doch Konsens, breiten Konsens aufweisen.

Das Erste ist wohl das umfassende Bekenntnis zum Bundesstaat, und, darauf aufbauend, die Prämisse ausgewogener Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Und es ist sehr schön, dass heute die Effizienz immer wieder beschworen wurde. Wenn man den Effizienzbegriff etwas weiter fasst, dann kann man auch eine Mitteilung des vom Ausschussvorsitzenden Bußjäger geleiteten Instituts nutzbar machen, wo nachgewiesen wurde, dass auch die Lebenserwartung in Bundesstaaten höher sein soll, als in Einheitsstaaten. Das vielleicht mag die Argumente für den Bundesstaat noch etwas bereichern.

Auch der zweite Konsenspunkt, die Drei-Säulen-Struktur oder die drei Kompetenztypen sind als echter Fortschritt zu begreifen.  Dass es Drei-Säulen-Modell heißt, mag in einem Haus wie diesem, wo man an Säulen kaum vorbeikommt, nicht überraschen.

Und drittens schließlich: die Schaffung größerer abgerundeter Aufgabenbereiche, auch das findet sich in allen Stellungnahmen wieder.

Ich möchte zu diesen drei Punkten zwei Fußnoten anbringen, die nicht als Widerspruch, sondern als konstruktive Kritik gedacht sind.

Die erste betrifft das Spannungsverhältnis zwischen objektiven und subjektiven Kriterien, beziehungsweise damit korrelierend die Frage, ob man das rechtlich steuernd oder politisch auflösen soll. Ich denke, dass wir gerade in Österreich eine Tradition haben, die Kompetenzverteilung auf einem relativ hohen methodischen und theoretischen Niveau zu diskutieren. Das Versteinerungsprinzip wurde heute genannt. Solche Fragen im rechtlichen, letztlich im justiziellen Weg vor dem Verfassungsgericht zu lösen, das ist nicht in allen Staaten Europas der Fall. Ja, selbst in Deutschland, wo die Verfassungsgerichtsbarkeit einen sehr hohen Stellenwert hat, ist der Auslegungsvorgang bei Kompetenztatbeständen doch ein anderer. Ich denke nicht, dass man bestimmte Interpretationsmethoden jetzt vorschreiben kann oder bestimmte hinausregeln kann. Ich glaube auch, dass hinsichtlich des Versteinerungsprinzips, wenn man es so versteht, wie es in der Wissenschaft heute diskutiert wird - es wird ja heute nicht mechanisch auf irgendeine einfachgesetzliche Rechtslage abgestellt -, kein Regelungsbedarf besteht. Dass die historische Auslegung im Kanon der Interpretationsmethoden zur Anwendung kommt, das scheint wohl auch nach Lektüre des Ausschussberichts nicht erheblich in Frage gestellt zu sein.

Ich will aber in dem Punkt anknüpfend an Wiederin unterstreichen, dass objektive Kriterien schon ihre Funktion haben. Warum diskutieren wir hier diese Frage? Tatbestände in Kompetenzkatalogen haben machtbegrenzende Funktion. Sie sind nicht nur bloß ein Arbeitsverteilungsinstrument und die Frage ist: Wollen wir, dass die Verfassung in diesem Bereich eine erhebliche machtbegrenzende Funktion hat? Diese Frage wird man auch zu beantworten haben, wenn man sich fragt, ob eine Kompetenzabgrenzung nach Regelungszwecken im Vordergrund stehen soll, oder eben Tatbestände, die Lebenssachverhalte umfassen. Auch da kann das Beispiel der Europäischen Union durchaus als Anhaltspunkt dafür dienen, ob man das will oder nicht. Die Europäische Union hat doch andere Ergebnisse erzielt mit wesentlich an Zwecken orientierten Kompetenzverteilungsmechanismen.

Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte, ist eine rechtsvergleichende. Sie betrifft das Wie der Kompetenzverteilung in der dritten Säule. Man sieht im Ausschussbericht eine gewisse Neigung zur konkurrierenden Gesetzgebung. Hier könnte ein Blick auf das Beispiel des Bonner Grundgesetzes mit den Artikeln 72 und 74 recht hilfreich sein. Man sieht hier, dass konkurrierende Gesetzgebung zentralisierende Tendenz hat, und wenn das noch kombiniert ist mit großen Tatbeständen, großen abgerundeten Aufgabenbereichen, dann wirkt das noch viel schärfer. Das Beispiel, das man hier anführen kann, ist aus dem Artikel 74 GG: Der Tatbestand des Rechts der Wirtschaft mit einem langen Klammerausdruck. Und über diese Kompetenz holt sich der Bund sehr, sehr viel und das will ich jetzt gar nicht politisch bewerten. Man soll sich nur in der Diskussion dessen bewusst sein. Eine letzte Bemerkung zur Rechtslage nach dem Bonner Grundgesetz. Die im Ausschussbericht an einigen Stellen zitierte Bedürfnisklausel des Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz hat kaum machtbegrenzende Funktion. Das sollte man auch bei der Diskussion über Bedarfgesetzgebung und entsprechende Tatbestände berücksichtigen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schon, Herr Professor. Als Nächster hat sich Herr Generalsekretär Wutscher zu Wort gemeldet.

 Bitte schön, Herr Generalsekretär.

Mag. Werner Wutscher: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Konvent!

Ich möchte auch einleitend mich sehr herzlich bei der Arbeit des Ausschusses 5 bedanken. Ich glaube, dass es doch beeindruckend ist, in einem sehr politisch schwierigen und auch in der Vergangenheit verfassungsrechtlich umstrittensten Bereich, einige sehr gute Vorschläge vorzulegen, die noch weiterer Diskussion bedürfen. Ich möchte anschließen bei dem, was Christoph Grabenwarter begonnen hat, aber auch Frau Abgeordnete Lichtenberger aufgegriffen hat, nämlich die Frage der Kompetenzverteilung und den Konnex, beziehungsweise die Kriterien, hier näher herauszuarbeiten.

Ich bekenne mich grundsätzlich auch zu diesem Modell, diesem Drei-Säulen-Modell, glaube aber, dass die Erarbeitung eines Kompetenzverteilungskatalogs im engen Zusammenhang mit dem Bemühen um eine Verfassung für Europa zu sehen ist. Der Entwurf eines Vertrags für eine Verfassung für Europa sieht im Artikel 13 den Bereich der geteilten Zuständigkeiten zwischen Union und den Mitgliedsstaaten vor. Unter die geteilten Zuständigkeiten fallen unter anderem bedeutende Bereiche wie Binnenmarkt, Landwirtschaft, Verkehr, gerade auch der Umweltschutz und Verbraucherschutz, der von Frau Abgeordneten Lichtenberger angesprochen worden ist. Im Bereich der geteilten Zuständigkeiten wird die Union, gemäß dem Entwurf über diese Verfassung nach dem Subsidiaritätsprinzip tätig. Und hier glaube ich, ist es auch wichtig, dass ja gemäß der Vorgangsweise, dem Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, auch diesem vorgesehenem Subsidiaritätsmechanismus - dieser neue Mechanismus soll ja hier die Rückkoppelung mit den Parlamenten sicherstellen - ein zeitgerechtes und effektives Agieren der Republik notwendig sein wird. Dies bedingt auch auf nationaler Ebene eine weitgehende Zentralisierung der Gesetzgebungszuständigkeiten in den gesamten Bereichen geteilter Zuständigkeit.

Subsidiarität kann heute vor diesem Hintergrund nicht mehr isoliert als wesentliches Element zwischen Gebietskörperschaften gesehen werden, sondern muss wohl im Verhältnis Mitgliedsstaat zur Europäischen Union diskutiert und verstanden werden. Dieser Umstand bedingt eine Neubewertung der Kompetenzverteilung, die den Anforderungen einer schlagkräftigen Interessenswahrnehmung gegenüber der Europäischen Union gerecht werden muss. Die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten erfordert zum anderen nach der geltenden innerstaatlichen Kompetenzverteilung zersplitterte Materien in abgerundeten und praxistauglichen, sowie im Besondern auch durch die entsprechende Rechtslage der Europäschen Union zu berücksichtigende Kriterien. Damit wird es auch möglich werden, diese Verpflichtungen effektiv und rasch umzusetzen.

Im neuen Kompetenzkatalog soll daher eine maßvolle Fortentwicklung der geltenden Kompetenzbegriffe - ich bin hier durchaus bei Lengheimer - in breitere Kompetenzfelder angestrebt werden, nicht nur damit sich die Verwaltung besser zurecht findet, sondern vor allem der Bürger, denn für ihn gilt es ja hier auch, die entsprechenden Tatbestände zu übersetzen. Neue, größere Kompetenzbereiche, die nach Lebenssachverhalten gegliedert sind, sind zu schaffen. Dabei sollen diese größeren Bereiche, die bereits bestehen, in Kompetenzbegriffen in Deckung gebracht werden können, um eine Zuordnung auch klar und nachvollziehbar vorzunehmen. Wo dies nicht möglich ist, nämlich wo es nicht möglich ist, genau aufzuteilen zwischen Bund und Ländern, sollte dann die gemeinschaftliche Zuständigkeit, die berühmte dritte Säule greifen und hier auch verankert werden. Dabei ist es extrem wichtig, die Länder bei der Kompetenzausübung des Bundes in den gemeinschaftlichen Zuständigkeiten frühzeitig einzubinden - vor allem die Vollzugserfahrung wird hier wichtig sein. Dies würde ermöglichen, einen effektiven Gesetzgebungsprozess entsprechend vorzusehen und umzusetzen.

Zusammenfassend darf ich damit betonen, dass die neue Kompetenzverteilung zum einen den Anforderungen im Hinblick auf die Europäische Union gerecht werden sollte, zum anderen muss das Verhältnis zwischen Bund und Ländern im Verfahren der Gesetzgebung im Bereich der gemeinschaftlichen Zuständigkeiten von Transparenz und rechtzeitiger Möglichkeit der Geltendmachung von Interessen geprägt sein. Aber auch hier hat die Effektivität gesetzgeberischen Handelns oberste Priorität. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Generalsekretär.

Als Nächster hat sich Herr Landeshauptmann Pühringer zu Wort gemeldet. - Bitte schön.

Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Verhältnis Bund-Länder und die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ist ein Kernpunkt einer neuen modernen Verfassung. Ich glaube, da sind sich alle einig. Mehr aber noch eine sinnvolle Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Eine sinnvolle Aufgabenverteilung ist auch ein zentraler Bereich einer modernen Staatsgestaltung überhaupt. Ich bekenne mich daher zu einem sinnvollen - ich möchte sinnvoll besonders unterstreichen - zu einem sinnvollen Dreisäulenmodell. Die jetzige Typenvielfalt ist sicher ein Problem. Ich glaube, das steht außer jeder Diskussion.

Ich habe das Wort „sinnvolles Dreisäulenmodell“ deswegen gewählt, denn die Zuteilung zur dritten Säule muss nach dem Kriterium der Sinnhaftigkeit erfolgen und die dritte Säule darf nicht als ein Sammelsurium gesehen werden bei all dem, wo man sich bei der Zuteilung zur Säule eins und zwei nicht einigen kann. Das wird ganz entscheidend sein. Aber es gibt Materien, wo ein Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern sinnvoll ist, von Haus aus sinnvoll ist, und daher auch in der Kompetenzverteilung verankert werden soll.

Die Länder sind in der Lage und auch bereit, neue Aufgaben zu übernehmen, allerdings bei der Kompetenzverteilung gibt es zwei Einschränkungen. Erstens - ich schließe bei dem an, was Generalsekretär Wutscher gesagt hat - es machen nur abgegrenzte Kompetenzbereiche Sinn. Ein Fleckerlteppich-Modell ist nicht sinnvoll, so quasi, dass man sich gegenseitig befriedigt und sagt, das gibt man in die Kompetenz der Säule drei halt aus dem allgemeinen Kompetenzbereich heraus, damit man einen Konsens findet.

Und zweitens: Die Länder müssen darauf hinweisen, wenn sie neue Aufgaben übernehmen, brauchen sie auch die entsprechenden finanziellen Mittel. Die Übernahme neuer Aufgaben ohne finanzielle Dotation wäre aus der Sicht der Länder verantwortungslos.

Die Forderung nach einer Kompetenzstärkung der Landtage und der Länder ist auch im Sinne der Ausgeglichenheit gerechtfertigt, denn man darf eines nicht übersehen, der Bund hat eine zentrale Aufgabe, nämlich die Vertretung der Interessen der Republik Österreich in der Europäischen Gemeinschaft, dazu bekommen. Daher ist im Sinne der Ausgeglichenheit, glaube ich, eine Stärkung der Landeskompetenzen gerechtfertigt. Und wie wichtig diese Vertretung in der EU ist, wird uns ja täglich vor Augen geführt.

Ich glaube daher, dass die entscheidende Stunde in der Aufteilung Länderkompetenzen wahrscheinlich nicht heute schlägt - denn zu einem Modell wird man sich finden -, sondern wenn die Säulen zugeteilt werden und wenn die Frage im Fachausschuss 10 hinsichtlich der Finanzen zu lösen ist.

Es gibt in dem Zusammenhang noch eine zweite entscheidende Frage aus der Sicht der Länder, das ist eine wiederum sinnvolle Mitwirkung der Länder bei der Bundesgesetzgebung. Ich habe dazu im letzten Plenum schon einiges gesagt. Ich sage noch einmal, weil das immer wieder unrichtig dargestellt wird, die Länder wollen weder die Verhinderer sein, noch wollen sie sich zum Gschaftlhuber der Republik entwickeln. Auch nicht die Landeshauptleute, Frau Nationalratsabgeordnete Lichtenberger.

Die Länder wollen dort in die Bundesgesetzgebung sinnvoll eingebunden werden, und nur dort, ich betone das, nur dort, wo die Länder auch wirklich betroffen sind, insbesondere wo es finanzielle Auswirkungen für die Länder gibt. Vorschläge für diese Mitwirkung durch einen Bundesrat neu wurden von mir bereits letztes Mal entsprechend eingebracht. Ich wiederhole daher nur den einen Satz: Will der Bundesrat eine Existenzberechtigung wirklich in dieser Republik haben, und die hat er, dann muss er zu einer echten Länderkammer werden. Eine zweite Kammer in der Bundesgesetzgebung - dafür finde ich keine Gründe. Und will er eine richtige Länderkammer werden, dann muss es sicherlich wenige, aber wichtige Materien geben, wo dem Bundesrat nicht nur eine Verhinderungs- oder Verzögerungsaufgabe zukommt, sondern echte Zustimmungsrechte.

Meine Damen und Herren! Die Länder sind zur Neuordnung bereit unter obigen Bedingungen, die ich genannt habe. Ich schließe mit einer Aussage von Prof. Kramer von WIFO, der gemeint hat schon vor einiger Zeit in einem sehr interessanten Artikel zur Kompetenzverteilung: Letztendlich sind dezentrale Lösungen immer kostengünstiger, auch wenn oft trügerisch auf den ersten Blick zentrale Lösungen als kostengünstiger erscheinen. Letztlich sind die dezentralen für den Steuerzahler immer noch günstiger, haben sich immer noch als die günstigeren entwickelt.  Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Landeshauptmann! Mit Ihrer Wortmeldung ist die Rednerliste erschöpft. Ein weiterer Tagesordnungspunkt steht nicht auf dem Programm, daher ist auch die Tagesordnung erschöpft.

Ich darf bekannt geben, dass die nächste Sitzung, die für den 26. April vorgesehen war, über vielfachen Wunsch entfällt, denn es handelt sich um den Tag nach der Bundespräsidentenwahl, und es ist der Wunsch von vielen Seiten an mich herangetragen worden, dass dieser Tag nicht einer Sitzung des Konvents gewidmet sen sollte, denn vermutlich würde das Interesse der Mitgliedern des Konvents an einer Sitzung kein so hohes sein wie an einem anderen Tag. Ich habe mich diesem Wunsch gebeugt, und wir werden daher den 26. April als Konventstag entfallen lassen. Wir werden das auch noch schriftlich für jene bekannt geben, die heute nicht anwesend sind. Die nächste Sitzung des Konvents wird dann laut unserem Programm am 17. Mai stattfinden. Bis dahin werden weitere Berichte von Ausschüssen vorliegen, und wir werden diese Berichte - es werden vermutlich mindestens drei sein - am 17. Mai in Beratung nehmen.

Ich danke für die heutige Aufmerksamkeit, danke nochmals dem Vorsitzenden des Ausschusses 5 und auch den Mitgliedern des Ausschusses, danke aber auch den übrigen Konventsmitgliedern für die sehr rege Diskussion, für die sehr konstruktiven Vorschläge, die zum Bericht des Ausschusses 5 eingebracht wurden, und darf die Sitzung schließen. - Danke schön.