Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

13. Sitzung

Freitag, 27. August 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Tagesordnung

 

1.)

Personelle Veränderung in der Zusammensetzung von Ausschüssen (Abstimmung über die vom Präsidium vorgeschlagene Vorsitzführung in den Ausschüssen 6 (Reform der Verwaltung) und 8 (Demokratische Kontrollen))

 

 2.)

Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht des Ausschusses 2 (Legistische Strukturfragen)

(48/PRVOR-K) (49/PRVOR-K) (50/PRVOR-K) (51/PRVOR-K)

 

 3.)

Beratung über den vom Präsidium vorgelegten Bericht des Ausschusses 10 (Finanzverfassung)

(52/PRVOR-K), (53/PRVOR-K), (54/PRVOR-K), (55/PRVOR-K), (56/PRVOR-K), (57/PRVOR-K), (58/PRVOR-K), (59/PRVOR-K), (60/PRVOR-K), (61/PRVOR-K), (62/PRVOR-K), (63/PRVOR-K), (64/PRVOR-K), (65/PRVOR-K), (66/PRVOR-K), (67/PRVOR-K), (68/PRVOR-K), (69/PRVOR-K), (70/PRVOR-K), (71/PRVOR-K), (72/PRVOR-K), (73/PRVOR-K), (74/PRVOR-K), (75/PRVOR-K), (76/PRVOR-K), (77/PRVOR-K), (78/PRVOR-K), (79/PRVOR-K), (80/PRVOR-K), (81/PRVOR-K), (82/PRVOR-K),   (83/PRVOR-K),   (84/PRVOR-K)

 

 

 

 


Inhalt

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3

Dr. Karl Korinek..................................................................................................... 4

Dr. Ewald Wiederin................................................................................................ 7

Mag. Anna-Maria Hochhauser.............................................................................. 8

Dr. Klaus Poier..................................................................................................... 10

Dr. Johannes Schnizer....................................................................................... 11

Dr. Andreas Khol................................................................................................. 12

Herbert Scheibner.............................................................................................. 13

Dr. Eva Glawischnig............................................................................................ 14

Bernd Vögerle...................................................................................................... 16

Dr. Alfred Finz...................................................................................................... 21

Mag. Sonja Wehsely............................................................................................ 23

Mag. Barbara Prammer....................................................................................... 24

Walter Prior.......................................................................................................... 26

Dipl.-Kfm. Erich Pramböck................................................................................. 27

Dr. Josef Pühringer............................................................................................. 29

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz)............................................................................................................................... 31

Dr. Josef Pühringer............................................................................................. 31

Dr. Manfred Matzka............................................................................................. 31

Dr. Peter Bußjäger.............................................................................................. 33

MMag. Dr. Madeleine Petrovic.......................................................................... 34

 

 

 


 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich darf ersuchen, die Plätze einzunehmen, bitte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Mitglieder des Konvents!

Ich begrüße Sie zur heutigen Sitzung, die aus drei Tagesordnungspunkten besteht. Der erste Tagesordnungspunkt hat die Änderung von Vorsitzenden in den Ausschüssen 6 und 8 zum Gegenstand, und der zweite und dritte Tagesordnungspunkt betreffen die Beratungen über die Berichte der Ausschüsse 2 und 10, die in üblicher Form abgehalten werden.

Ehe ich allerdings in die Tagesordnung eingehe, habe ich die traurige Pflicht, Ihnen zu vermelden, dass Herr Landtagspräsident Manfred Dörler, Mitglied des Konvents, am 15. Juli 2004 im 63. Lebensjahr verschieden ist. Manfred Dörler war in der Privatwirtschaft tätig und hat daneben eine politische Laufbahn beschritten. Er war ab 1975 Gemeindevertreter in Hard, ab 1989 Abgeordneter im Vorarlberger Landtag und wurde 1997 Klubobmann der Österreichischen Volkspartei im Vorarlberger Landtag. 1999 wurde er zum Präsidenten des Vorarlberger Landtages gewählt. Seit dem Jahre 2000 war er auch stellvertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen der Europäischen Union. Parallel dazu hat Manfred Dörler eine Vielzahl von Funktionen in der Österreichischen Volkspartei bekleidet. Manfred Dörler war nicht nur ein hervorragender Vertreter seines Bundeslandes, sondern darüber hinaus ein überzeugter Verfechter des Föderalismus, und hat die Anliegen des Föderalismus und neuerdings auch des Regionalismus immer wieder sehr vehement und mit Erfolg auch in Brüssel vertreten. Daneben war Manfred Dörler ein überzeugter Parlamentarier, überzeugt im wahrsten Sinne des Wortes, überzeugt von der Notwendigkeit der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative, ein prominenter Vertreter der Legislative insgesamt und der Anliegen eines Landtages im Besonderen. Überdies zeichnete Manfred Dörler ein hohes soziales Engagement aus, das er persönlich auch immer wieder zum Einsatz brachte, und das ihn darüber hinaus auch in die Geschäftsführung des Institutes für Sozialdienste in Bregenz, und in die Obmannschaft des Sozialsprengels Hard führte.

Manfred Dörler war uns in jeder Beziehung ein Vorbild, auch im Konvent. Ungeachtet der Tatsache, dass es im Konvent natürlich immer wieder zu harten Auseinandersetzungen gekommen ist - und zwar nicht nur im Plenum des Konvents, sondern auch in den Ausschüssen -, hat er stets seinen Optimismus bewahrt, dass dieser Konvent zu einem erfolgreichen Ende geführt werden kann.

Er hat in seiner letzten Rede im Konvent im März dieses Jahres ausdrücklich gesagt, dass wir im Konvent weiter arbeiten müssen. Dieser Appell sollte uns Vorbild sein und sollte uns Ansporn sein, die Tätigkeit des Konvents zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Wir werden seinem Andenken gerecht, wenn wir im Sinne von Manfred Dörler die Arbeit im Konvent fortsetzen.

Ich darf Sie ersuchen, zum Zeichen der Ehrerbietung und der Trauer eine Gedenkminute für Manfred Dörler abzuhalten. (Alle Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Zeit in stummer Trauer.) - Ich danke Ihnen. (Die Plätze werden wieder eingenommen.)

Wir gelangen nun zum Tagesordnungspunkt 1, der den Wechsel der Vorsitzführung in den Ausschüssen 6 und 8 zum Gegenstand hat.

Ich darf mich zuerst dem Wechsel im Ausschuss 6 zuwenden. Bekanntlich ist der Vorsitzende des Ausschusses 6, Herr Generalsekretär Mag. Wutscher, auf eigenen Wunsch aus dem Konvent ausgeschieden und damit notwendigerweise auch aus der Vorsitzführung des Ausschusses 6.

Als sein Nachfolger wurde vom Präsidium Sektionschef Dr. Johannes Abentung vorgeschlagen. Gemäß der Geschäftsordnung hat darüber eine Abstimmung im Konvent stattzufinden. Ich darf zuerst fragen, ob es Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt gibt? Da dies nicht der Fall ist, darf ich sogleich zur Abstimmung kommen, und ich darf Sie um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen, sofern Sie mit dem Vorschlag des Präsidiums, Dr. Johannes  Abentung Herrn Generalsekretär Wutscher in der Vorsitzführung des Ausschusses 6 nachfolgen zu lassen, einverstanden sind. (Einstimmige Zustimmung.) Gegenprobe: Wer ist dagegen? (Keine Gegenstimme.) Wer enthält sich der Stimme? (Keine Stimmenthaltung.) Dann darf ich Einstimmigkeit feststellen.

Ich darf bei dieser Gelegenheit auch zum Ausdruck bringen, dass ich Herrn Generalsekretär Wutscher bereits schriftlich für seine Vorsitzführung im Ausschuss 6 gedankt habe, und ich wünsche dem neuen Vorsitzenden viel Erfolg bei der Übernahme dieser verantwortungsvollen Tätigkeit.

Der zweite Wechsel in der Vorsitzführung von Ausschüssen betrifft den Ausschuss 8. Der bisherige Vorsitzende, Herr Volksanwalt Dr. Kostelka, ist in der Zwischenzeit in das Präsidium aufgerückt und hat aus diesem Anlass den Wunsch geäußert, seine Vorsitzführung im Ausschuss 8 zurückzulegen.

Das Präsidium ist diesem Wunsch nachgekommen und hat als seine Nachfolgerin die Zweite Präsidentin des Nationalrates Frau Mag. Barbara Prammer nominiert. Ich darf auch diesbezüglich vorerst fragen, ob es zu diesem Tagesordnungspunkt eine Wortmeldung Ihrerseits gibt. Wenn dies nicht der Fall ist, darf ich zur Abstimmung kommen und um ein Zeichen der Zustimmung bitten, ob die Zweite Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer als Nachfolgerin von Dr. Kostelka Vorsitzende des Ausschusses 8 wird. (Einstimmige Zustimmung.) Danke schön. Gegenprobe: Wer ist dagegen? (Keine Gegenstimme.) Wer enthält sich der Stimme? (Keine Stimmenthaltung.) Ich darf somit auch diesbezüglich Einstimmigkeit feststellen.

Wir gelangen nun zum nächsten Punkt der Tagesordnung. Zum Bericht des Ausschusses 2 über Legistische Strukturfragen. Wie üblich, wird uns der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Präsident des Verfassungsgerichtshofes Professor Dr. Korinek, eine Einführung im Ausmaß von nicht über 15 Minuten dazu geben. Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit, dass Sie sich zu Wort melden, wobei ich diesbezüglich an die bereits gewohnte fünfminütige Redezeitbeschränkung erinnern darf.

Ich darf nun Herrn Präsidenten Dr. Korinek ersuchen, uns den Bericht des Ausschusses 2 vorzuführen. - Bitte, Herr Präsident.

Dr. Karl Korinek: Danke, Herr Vorsitzender. Meine Damen und Herren!

Ich glaube, dass ich in mehrfacher Hinsicht einen erfreulichen Bericht abgeben darf. Insbesondere erfreulich im Hinblick auf die angenehme konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit, die in unserem Ausschuss geherrscht hat, auf das hohe juristische Niveau, das hier geherrscht hat und das dadurch zum Ausdruck gekommen ist, dass es so gut wie keine Diskussionen gegeben hat, wo man nicht den Eindruck gehabt hat, dass die Diskussionsteilnehmer sich vorher gründlich auf die Diskussion vorbereitet haben. Schließlich auch im Hinblick darauf, dass es eine große Übereinstimmung im Inhaltlichen gegeben hat. Mir persönlich gefallen auch die Ergebnisse des Ausschusses, aber das zu beurteilen steht mir nicht zu.

Wir haben in 15 Sitzungen die Probleme durchgearbeitet, die uns das Präsidium am Anfang gestellt hat, das Ergebnis ist drei Bände an Berichten. Ein verbaler Bericht mit Anlagen und die mindestens genauso wichtigen beiden Tabellenteile, in denen die etwa 1.300 Verfassungsbestimmungen und Verfassungsgesetze, Staatsverträge im Verfassungsrang und Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen und in Bund-Länder-Vereinbarungen einzeln aufgelistet worden sind und im Hinblick darauf beurteilt worden sind, was mit ihnen zu geschehen hätte nach unserer Vorstellung. Die Ausschussarbeit stützte sich dabei auf eine von der Frau Mag. Andrea Martin besorgte Zusammenstellung des Bestandes an formellem Bundesverfassungsrecht, die erstmals sämtliche geltende Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung im Verfassungsrang vollständig und systematisch erfasst hat. Ohne diese Zusammenstellung wäre die Arbeit des Ausschusses völlig unmöglich gewesen.

Auf Basis dieser Grundlage und auf Basis einer Reihe von Papieren, insbesondere von Professor Wiederin, von Professor Öhlinger, von Dr. Poier und von Dr. Schnizer und auf Basis eines ausführlichen Expertengespräches mit Ministerialrat Dossi haben wir unsere Ergebnisse erreichen können. Ganz kurz in den wesentlichen Punkten zusammengefasst, möchte ich Ihnen diese folgendermaßen schildern.

Der Ausschuss hat zunächst einmal ein Inhaltsverzeichnis erarbeitet, nicht im Sinne einer Gliederung oder eines Vorschlages, was alles in der Verfassung stehen soll, sondern im Sinne dessen, was üblicherweise oder nach der österreichischen Tradition in einer Verfassung steht. Das ist sozusagen ein Maximalprogramm, damit wird in keiner Weise auch nur eine Empfehlung ausgesprochen zu jedem einzelnen dieser Punkte, etwas in der Verfassung zu regeln. Nur: Das sind die Themen einer Verfassungsdiskussion.

Etwas ausführlicher möchte ich darauf eingehen, dass wir Übereinstimmung darüber gefunden haben, wie die formale Struktur einer neuen Verfassung aussehen soll. Wir sind der Auffassung, dass wir von dem Konzept eines relativen Inkorporationsgebotes ausgehen sollen. Das heißt, es soll die Verfassungsurkunde der Kern der Verfassung sein. Neben dieser Verfassungsurkunde kann es noch einige wenige besondere Verfassungsgesetze oder Staatsverträge geben, die wir als Trabanten bezeichnet haben, die etwa im Sinne des heutigen Artikel 149 der Bundesverfassung aufgezählt sein müssten, aber als eigene Gesetze bestehen bleiben könnten. Als Idee, die Probleme so zu bewältigen, haben wir insbesondere genannt das Adelsaufhebungsgesetz, das Habsburgergesetz, die unserer Meinung nach in unveränderter Form als Trabanten erhalten bleiben sollen, das Habsburgergesetz nicht zuletzt auch deshalb, um anhängige vermögensrechtliche Auseinandersetzungen nicht zu präjudizieren.

Hinsichtlich des Wiederbetätigungsverbots hat im Ausschuss Einigkeit bestanden, dass ein solches auch künftig Bestandteil des formellen Verfassungsrechts sein soll. Wir haben die beiden möglichen Wege aufgezeigt, und das ist sozusagen paradigmatisch für mehrere Bereiche. Es gibt den Weg, das Wiederbetätigungsverbot neu und aktuell zu formulieren und im übrigen das Verbotsgesetz als einfaches Gesetz aufrecht zu erhalten oder auch ein solches Gesetz als Trabanten, als ausdrückliches Verfassungsgesetz beizubehalten. Die Meinung, welcher Weg der bessere oder zweckmäßigere ist, war geteilt.

Unbestritten war schließlich, dass es neben der Urkunde und allfälligen Trabanten unbedingt ein Verfassungsbegleitgesetz geben soll. Es ist völlig undenkbar, dass man eine neue Verfassung ohne entsprechende Übergangsregeln einführt, mit denen man bisher als Verfassungsrecht bestehende Normen entsprechend behandeln, also etwa aufheben oder des Verfassungsrangs entkleiden muss. Dass dieses Übergangsgesetz nicht mit Dingen, die man auf die Weise aus der Verfassungsurkunde weg haben will, aber trotzdem im Verfassungsrang erhalten möchte, überfrachtet oder befrachtet werden soll, versteht sich von selbst.

Wir haben außerdem gemeint, es soll eine bestimmte Kategorie von Verfassungsausführungsgesetzen geben, Gesetze, die keine formellen Verfassungsgesetze sein sollen, die aber mit einer qualifizierten Mehrheit nur geändert werden dürfen und auch als Verfassungsausführungsgesetze kenntlich zu machen sind. Denkbar wären derartige Gesetze insbesondere dort, wo es um die Schaffung oder Aufrechterhaltung demokratischer Spielregeln geht: Also, die Beibehaltung etwa dieser qualifizierten Mehrheit für das Geschäftsordnungsgesetz oder das Unvereinbarkeitsgesetz, wohl auch für die Bezügeregelung öffentlicher Mandatare, überhaupt öffentlicher politischer Funktionäre, scheint uns sehr sinnvoll zu sein, nur das ist nicht verfassungswürdig, wohl aber soll es einer besonderen Mehrheit vorbehalten bleiben, hier etwas zu ändern.

Der Kern der Arbeit war - auch quantitativ war es die größte Arbeit -, diese unglaublich vielen Verfassungsbestimmungen und Verfassungsgesetze einzeln durchzugehen. Sie finden das im Detail in den beiden Tabellen auf über hundert Seiten zusammengefasst. Jede einzelne Regelung ist hier diskutiert worden und zu jeder ist ein bestimmter Vorschlag gemacht worden. Ich sage das jetzt sehr global, weil ich die Zeit zum Detail nicht habe und man es nachlesen kann. Ein Teil der Regelungen hat sich selbst erledigt; Verfassungsnormen, die nur andere derogiert haben, die kann man beseitigen. Verfassungsnormen, die nur andere eingeführt haben, kann man in dieser Einführungsdimension beseitigen. Ein Teil von Verfassungsnormen ist schlicht obsolet, etwa, indem man sich auf Dinge bezieht, die es nicht mehr gibt (um ein Beispiel zu nennen: Regelt ein Gesetz Konsequenzen dafür, dass ein Universitätsprofessor als öffentlicher Beamter aus dem Ausland berufen wird; weil es diese Art der Universitätsprofessoren nicht mehr gibt, braucht es auch diese Konsequenzen für die Staatsbürgerschaft nicht mehr zu geben) und manche schlicht durch Zeitablauf (wenn man noch so pessimistisch ist, es gibt keine anhängigen Verfahren beim Verfassungsgerichtshof mehr aus dem Jahr 1981, und daher ist eine verfassungsrechtliche Regelung, die deren Schicksal behandelt, nicht wichtig).

Bei anderen Verfassungsbestimmungen kann man sich noch so bemühen, den Sinn ihres Verfassungsrangs zu erfassen - es gelingt nicht. Da haben wir, wenn wir das Gefühl gehabt haben, etwas steckt vielleicht doch dahinter, aber es steht weder in Materialen, noch kommen wir darauf, da haben wir halt die vollziehenden Stellen gefragt: Ämter der Landesregierungen, Ministerien, Verbindungsstelle der Bundesländer. Und wenn uns die auch gesagt haben, man braucht das nicht mehr, haben wir auch die teilweise Aufhebung, teilweise Entkleidung aus dem Verfassungsrang vorgeschlagen.

Eine ganz große Belastung des Volumens des Verfassungsrechts besteht in verfassungsrangigen Staatsverträgen oder in Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen. Die haben im wesentlichen zwei Ursachen. Die eine Ursache ist die Ermächtigung der Tätigkeit von ausländischen oder internationalen Organen in unserem Hoheitsgebiet et vice versa von Österreichern im ausländischen Hoheitsgebiet. So eine Bestimmung gibt es auch derzeit schon. Das ist der Artikel 9 Absatz 2 der Bundesverfassung. Er hat nur zwei große Nachteile: Erstens bezieht er sich nicht umfassend auf internationale Organisationen und andere Staaten, sondern in jeder seiner beiden Dimensionen nur auf die eine der beiden. Und zweitens bezieht er sich nicht auf die Übertragung der Hoheitsrechte der Länder. Dass man mit einer Änderung des Artikels 9 Absatz 2 hier einen ganz großen Schnitt machen kann und viele Einzelverfassungsbestimmungen reduzieren kann, ohne dass man in Wahrheit materiell gesehen etwas ändert, liegt auf der Hand.

Das Zweite ist, dass es eine Reihe von Staatsverträgen gibt, bei denen einzelne Bestimmungen deshalb im Verfassungsrang stehen, weil in ihnen Organe dieser Staatsverträge ermächtigt werden, den Staatsvertrag selbst, etwa eine Anhangsliste im Staatsvertrag, zu verändern. Diese Veränderung selbst ist dann eine zulässige Übertragung von Hoheitsgewalt nach Artikel 9 Absatz 2, also jetzt schon zulässig, wenn sie mehrstimmig erfolgt. Wenn sie einstimmig erfolgt, ist sie nach der Staatspraxis aber nicht erlaubt, eine Skurilität, die wir nicht aufklären konnten, die jedenfalls nicht nachvollziehbar ist. Und wir haben vorgeschlagen - auf Grund eines Textvorschlags des Professors Öhlinger - hier eine klarstellende entsprechende Novelle zum Artikel 50 zu erlassen, einen Absatz 2a.

Eine Reihe von Verfassungsbestimmungen erklärt sich durch eine relativ mühsame Regelung der Bundesgrenzen und der Landesgrenzen, die viele Verfassungsregeln erforderlich macht. Wir haben über das Problem sehr lang diskutiert und haben uns zu einem auf Seite 29 des Berichts abgedruckten Vorschlag verstanden, der die verschiedenen Qualitäten von Grenzänderungen berücksichtigt und hinter dem jetzt ein breiter Konsens steht.

Es gibt auch noch Bestimmungen über die Sicherung der Überschaubarkeit der Verfassung, die wir in den letzten Seiten des Berichts dargestellt haben, die man nachlesen kann oder auf die ich auf Fragen noch antworten kann.

Der Ausschuss hat eine zweite Phase noch vor sich, er soll nämlich am Schluss auf Grund der Ergebnisse der anderen Ausschüsse noch einmal tätig werden. Außerdem muss er noch ein paar Nachträge liefern. Das werden wir gerne machen. Fürs Erste möchte ich mich schlicht sehr herzlich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit und für die Lektüre des Berichts bedanken, bei den Mitgliedern des Ausschusses für die unerhört angenehme Zusammenarbeit und bei den Betreuern des Ausschusses vom Büro für die große Hilfe. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Ihnen, Herr Präsident, für Ihre Ausführungen, mehr noch für die Vorsitzführung im Ausschuss 2 und die dabei erzielten Arbeitsergebnisse, die sich, glaube ich, wirklich sehen lassen können. Der Dank gilt in gleicher Weise den Mitgliedern des Ausschusses, die - wie wir gehört haben - sehr konstruktiv mitgearbeitet haben, und der Dank gilt auch den Mitarbeitern des Büros des Konvents, die die Ausschusstätigkeit administrativ und in fachlicher Hinsicht unterstützt haben.

Ich glaube sagen zu können, dass mit dem vorliegenden Ergebnis des Ausschusses 2 ein echter Durchbruch gelungen ist, und zwar ein Durchbruch, der vielleicht nicht ohne weiteres zu erwarten war, gab es doch gerade im Zusammenhang mit der Frage, wie würde es gelingen, die zahlreichen Verfassungsbestimmungen und Verfassungsgesetze in die eigentliche Verfassungsurkunde zu inkorporieren, von Anfang sehr, sehr starke Zweifel, und ich glaube daher, dass gerade dieses Ergebnis ein Ansporn für uns alle ist, da wir den schlagenden Beweis bekommen haben, dass sich Engagement lohnt und dass, wenn man das Ziel nicht aus den Augen verliert, wenn man es konsequent verfolgt, sich auch die diesbezüglichen erfolgreichen Ergebnisse einstellen können.

Vielen Dank Ihnen, Herr Präsident, und den übrigen Mitgliedern des Ausschusses.

Wir kommen nun zur Diskussion über den uns präsentierten Bericht des Ausschusses 2, und ich darf als ersten Redner Herrn Prof. Wiederin aufrufen.  -  Bitte sehr.

Dr. Ewald Wiederin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Dem Bericht sieht man an, dass es harte Arbeit war. Was man ihm nicht ansieht, was ich aber ebenfalls nur unterstreichen kann: Es war eine sehr angenehme Arbeit. Ich bin nie in einem hochkarätiger zusammengesetzten Seminar - um nicht zu sagen Privatissimum - gesessen, und ich habe selten in einem Seminar so viel gelernt. Vielleicht haben wir in diesem Ausschuss unsere Verfassung bis zum gewissen Grad erst richtig kennen gelernt.

Dass das Ganze nicht nur Arbeit, sondern ein Vergnügen war, ist in besonderer Weise ein Verdienst des Vorsitzenden. Er hat es verstanden, einerseits die Arbeit sehr straff und effizient zu organisieren und andererseits doch für jede Diskussion Raum zu lassen. Vielen herzlichen Dank - ich glaube, ich spreche im Namen aller Ausschussmitglieder - an den Vorsitz. Ich möchte keine inhaltliche Bewertung unserer Ausschussergebnisse vornehmen - insoweit fühle ich mich befangen -, sondern zwei Bemerkungen machen, die versuchen, die Arbeit des Ausschusses mit der Arbeit des Konvents insgesamt zu verbinden.

Die erste Bemerkung: Wir haben zu spüren bekommen, dass Problemanalyse weit einfacher ist als Problemlösung. Wir haben es zuwege gebracht, im Bereich des Völkerrechts generell-abstrakte Lösungen zu entwickeln, die uns in die Lage versetzen, mit gutem Gewissen den Vorschlag zu machen, künftig auf die Möglichkeit zu verzichten, Verfassungsrecht in Staatsverträgen zuzulassen. Für die Verfassungsbestimmungen außerhalb des B-VG stehen solche Lösungen noch weitgehend aus. Es geht dabei nicht um technische, sondern um inhaltliche Fragen, und ich glaube, dass in vielen Bereichen diese Arbeit noch nicht einmal begonnen hat.

Ob es ein Inkorporationsgebot geben wird, wird sich nicht im Ausschuss 2 entscheiden. Es wird sich in den übrigen Ausschüssen entscheiden, die mit den Sachproblemen beschäftigt sind. Diese Ausschüsse müssen Bestimmungen außerhalb des B-VG als Symptome für Schwächen des B-VG nehmen und generell-abstrakte Lösungen vorschlagen, die künftig die Notwendigkeit externen Verfassungsrechts beseitigen.

Die zweite Bemerkung: Ich habe den Eindruck, dass der Ausschuss 2 und der Konvent insgesamt zwischen dem Paradigma Verfassunggebung und dem Paradigma Verfassungsänderung schwanken. Das ist zurzeit in der Schwebe. Ich versuche, meinen Punkt durch ein Bild plastisch zu machen. Was tun Leute, die mit ihrem Haus nicht zufrieden sind und deshalb einen Neubau planen? Sie überlegen sich, was sie wollen. Sie reden mit Architekten. Sie machen Grundrisse. Und irgendwann ganz am Schluss, kurz vor Baubeginn, beauftragen sie eine Abbruchfirma.

Was haben wir im Ausschuss 2 gemacht? Wir haben zwar unter anderem auch Überlegungen zur Struktur des neuen Gebäudes angestellt. Das hat uns allerdings schon deshalb nicht viel Zeit gekostet, weil wir auf Grund unseres Mandats zu mehr als einem unverbindlichen, nur der Vollständigkeitskontrolle dienenden Inhaltsverzeichnis gar nicht in der Lage waren. Den Rest der Zeit haben wir penibelst ein Inventar über den Altbau angelegt. Wir haben die einzelnen Zimmer vermessen und sie sogar fein säuberlich ausgeputzt. Mit anderen Worten: Wir haben uns nicht wie Leute verhalten, die einen Neubau planen, sondern wie Bauherrn, die einen Umbau vor sich haben.

Ähnliche Beobachtungen könnte man in anderen Ausschüssen anstellen. Der Konvent ist als Neubauprojekt in Angriff genommen worden, aber er wird über weite Strecken als Umbauprojekt betrieben. Ich bin überzeugt, dass das kein Schaden ist, weil die Konventsarbeit auch als Umbauprojekt ihre Berechtigung hat. Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Professor, für die Ausführungen und darf als nächster Rednerin Frau Generalsekretärin Mag. Hochhauser das Wort erteilen. - Bitte sehr.

Mag. Anna-Maria Hochhauser: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Der Schwerpunkt der heutigen Stellungnahme seitens der Wirtschaftskammer-Organisation, seitens der Wirtschaft, ist auch zu gratulieren, Herrn Präsident Korinek zu gratulieren und den Mitgliedern des Ausschusses 2 zu den profunden Ergebnissen in diesem Arbeitsausschuss des Österreich-Konvents. Es ist beeindruckend, wie der verfassungsrechtliche Wildwuchs durchforstet werden konnte, und welche Möglichkeiten einer umfassenden Rechtsbereinigung auf Verfassungsebene bestehen.

Bei aller Begeisterung darf aber freilich eines nicht übersehen werden - ein wesentlicher Teil der Arbeit ist noch zu tun. Der Ausschuss 2 hat ja eine Vielzahl von Vorschriften und Bestimmungen anderen Arbeitsausschüssen noch zur Erledigung und Weiterbearbeitung zugewiesen, und damit liegt es eben jetzt dort in diesen Ausschüssen, aufbauend auf dieser großartigen Grundlage dieses Ausschusses 2 durch einige wenige Vorschriften die Existenz von vielen Sondervorschriften überflüssig zu machen und gelingen kann das natürlich nur, wenn man wirklich bereit ist, die Verfassung zu vereinfachen.

Und ich darf an dieser Stelle ein konkretes Beispiel anführen, das die Wirtschaftskammerorganisation, also den eigenen Organisationsbereich, betrifft: Dem Ausschuss 5 beispielsweise wurde der Art. 4 der 8. Handelskammergesetznovelle zugewiesen, und diese Bestimmung ist ja nur auf Grund der geltenden Kompetenzverteilung notwendig. Sie könnte entfallen, wenn es gelänge, die herrschende Kompetenzzersplitterung im Wirtschaftsrecht zu beseitigen und für diese Materie eine abgerundete Kompetenzlage zu schaffen. Um eben nun die Früchte dieses hervorragenden Ergebnisses des Ausschusses 2 auch ernten zu können, wäre im konkreten Fall erforderlich, zu akzeptieren, dass sich Wirtschaft nicht mehr in einzelnen Regionen oder Tälern abspielt, sondern im europäischen Binnenmarkt.

Zum Zwischenbericht des Ausschusses 10 ist seitens der Wirtschaftskammer Österreich zu begrüßen, dass grundsätzlich Einvernehmen darüber erzielt werden konnte, dass die Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung zusammengeführt werden sollen, die Globalbudgetierung implementiert werden soll und die Notwendigkeit erkannt wurde, die interkommunale Zusammenarbeit auch über Länder- und Bezirksgrenzen hinweg zu forcieren und allenfalls durch Anreize zu fördern. In vielen Bereichen, unter anderem auch in Punkten, die für die Wirtschaft und auch für Österreich insgesamt von Bedeutung sind, konnte leider bisher noch kein Ergebnis dort erzielt werden. Das mag zumindest zum Teil auch damit zusammenhängen, dass grundsätzliche Fragen der Neuordnung der Kompetenzen noch nicht geklärt sind, aber möglicherweise auch aus anderen Gründen.

Es ist also zu hoffen, dass die weiteren Beratungen zielstrebig geführt werden und Forderungen Rechnung getragen wird, die für Österreichs Stellung in Europa Bedeutung haben und zwar die Anpassung der Finanzverfassung an die europäische Ordnung und an die Vorgaben des Primärrechtes. Abschließend möchte ich sagen, dass die nun gestellten Aufgaben, einerseits durch den Ausschuss 2 an die einzelnen Arbeitsausschüsse, aber auch die noch verbleibenden Aufgaben im Ausschuss 10 sicher nicht einfach sind, eine sachliche Arbeitsbasis in den einzelnen Ausschüssen erfordern und wenn wir uns in den wenigen noch verbleibenden Monaten mit Einsatz und Energie, insbesondere aber mit Verantwortungsbewusstsein, für eine zukunftsorientierte Verfassung widmen, dann können wir sehr gute Ergebnisse erzielen und zur Sicherung des Wirtschafts- und insbesondere auch des Arbeitsstandortes Österreichs beitragen. Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Generalsekretärin! Ihr Appell an die Verantwortung wird, hoffe ich, nicht ungehört verhallen. Danke schön.

Nächster Redner ist Herr Dr. Poier. Ich darf ihm das Wort erteilen. - Bitte sehr.

Dr. Klaus Poier: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeit im Ausschuss 2 war nicht nur lehrreich, sie war nicht nur – angesichts der weit über tausend Verfassungsbestimmungen, die es zu durchforsten galt – eine harte Knochenarbeit, sie verlief nicht nur in einer angenehmen Atmosphären, sondern es war zwischendurch auch lustig. Ich möchte Ihnen ein kleines Beispiel bringen, ein Zitat:

„Die Grenze beginnt am Dreiländerpunkt Naafkopf und folgt der Wasserscheide entlang dem ausgeprägten Nordostgrad des Naafkopfes hinab zum Bettlerjoch (Pfälzer Hütte) und weiter in nordöstlicher Richtung ansteigend bis zirka 400 Meter vor dem Augstenberggipfel. Dann biegt die Grenze von der Wasserscheide scharf nach Osten über den Gorvionsattel auf dem markannten Block des Gorviongipfels. Über den Nordostgrad des Gorvion, steil gegen den Kellaboden abfallend, verläuft die Grenzlinie vom Fuß der Felswand in der geradlinigen Verbindung der Grenzzeichen von den sieben Brunnen zur Stafeldonalpe, wendet sich dann an der Füliwand scharf nach Norden und quert den Osthang der Sareiser Alpe bis zum Trübbachtobel.“

Ich könnte jetzt wahrscheinlich noch eine Stunde weiter lesen. Es handelt sich dabei um keine Beschreibung einer Wanderung, der Text stammt auch nicht aus einem Geographiebuch, sondern er ist Teil der österreichischen Verfassung, nämlich ein Teil des Grenzvertrages zwischen Österreich und Liechtenstein.

Dieses Beispiel kann auch insofern sehr nützlich sein, als man eine formale Verfassungsbereinigung, für die der Ausschuss 2 eine gute Grundlage geliefert hat, dem Nichtjuristen sehr schwer erklären kann. Aber ich habe schon in vielen Diskussionen erlaubt, dass, wenn man dieses Textbeispiel bringt, sehr schnell das Verständnis wächst.

Insgesamt glaube ich, dass der Ausschuss 2 eine sehr gute Arbeit geleistet hat. Ich bin nicht so zurückhaltend wie der Vorsitzende und sein Stellvertreter: Ich glaube, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann. Dies ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass der Ausschuss 2 wie kein anderer mehr von Wissenschaftlichkeit und wissenschaftlichem Diskurs geprägt war als von parteipolitischer Taktik, oder anderen Machtinteressen. Das liegt einfach in der Natur der Sache und in der Natur des Objektes dieses Ausschusses.

Freilich gibt es auch in diesem Konsens viele Kompromisse, wo jeder den einen oder anderen Punkt hat, mit dem er anfangs nicht ganz einverstanden war. Ich möchte für mich nur das Beispiel der historischen Verfassungstrabanten nennen.

Mir wäre es lieber, wenn auch das Adelsaufhebungsgesetz oder eben das schon genannte Verbotsgesetz aus der Verfassung hinaus in das einfache Recht verlagert würden. Dafür sollten im Gegenzug direkt in das B-VG kurze, aber sehr klare Bestimmungen, etwa ein sehr klares Wiederbetätigungsverbot, aufgenommen werden. Denn ich denke, dass diese historischen Trabanten suggerieren, dass diese Gesetze die wichtigsten rechtshistorischen Entwicklungen gewesen seien. Und ich bin mir nicht sicher, ob wirklich das Adelsaufhebungsgesetz so fundamental wichtiger war als etwa das Staatsgrundgesetz von 1867. Insgesamt gesehen halte ich jedoch das Ergebnis des Ausschusses 2 für sehr zielführend.

Wenn es gelingt, ein solches, relatives Inkorporationsgebot in die Verfassung aufzunehmen, ist es sehr wichtig, dass man auch Vorsorge trifft für die Zukunft. Hier gibt es meines Erachtens zwei große Gefahren. Die eine Gefahr ist das so genannte Verfassungsbegleitgesetz und die zweite sind zukünftige Trabanten.

Ich glaube, es muss gewährleistet sein, dass das Verfassungsbegleitgesetz nicht zu einem Müllkübel wird. Es darf in Zukunft nicht, wie wir es von der Vergangenheit kennen, jegliche Bestimmung, von der man Angst hat, dass sie verfassungswidrig ist, in dieses Begleitgesetz aufgenommen werden. Und andererseits darf es auch nicht sein, dass in Zukunft Hunderte von Verfassungstrabanten neu geschaffen werden, um jeweils quasi einen Absatz verfassungsrechtlich abzusichern.

Dafür, glaube ich, kann man juristisch und in der Verfassung Vorsorge treffen, aber es wird nicht ausreichen. Es wird sicherlich auch nötig sein, dass es eine neue politische Kultur des Gesetzgebers geben wird, der sich hier selbst zurücknimmt und nicht ständig versucht, neues Verfassungsrecht zu schaffen.

Auf der anderen Seite wird es aber auch – und das haben wir im Ausschuss auch sehr deutlich diskutiert – einer gewissen Änderung der Judikatur bedürfen. Von Seiten des Verfassungsgerichtshofes wird wohl in Zukunft dem einfachen Gesetzgeber ein breiterer, politischer Ermessensspielraum einzuräumen sein als bisher. Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke Herrn Dr. Poier für seine Ausführungen und darf als nächstem Redner Herrn Dr. Schnizer das Wort erteilen. - Bitte sehr.

Dr. Johannes Schnizer: Sehr geehrte Damen und Herren!

Es wurde bereits mehrfach betont, dass man dem Bericht des Ausschusses ansieht, dass er sehr viel Arbeit war. Es wurde auch betont, dass diese Arbeit Vergnügen gemacht hat, was für einen Außenstehenden nicht so selbstverständlich zu sein scheint. Für mich persönlich möchte ich sagen, es liegt vor allem daran, dass ich Jurist bin, wobei ich da wiederum hoffe, dass man mir das nicht unbedingt ansieht.

Die Arbeit, diese juristische Knochenarbeit, hat aber natürlich auch eine politische Dimension. Und in dem Zusammenhang eine kurze Bemerkung zu Kollegen Poier. Auch eine neue Verfassung soll nicht geschichtslos sein und ich glaube, es ist gut, wenn die Geschichte einer solchen Verfassung zum Ausdruck kommt. Gerade das Adelsaufhebungsgesetz steht hier symbolhaft für den Übergang von der Monarchie zur Republik, noch mehr gilt das natürlich für das Verbotsgesetz, das im Übergang von der Herrschaft des Nationalsozialismus und der Rückkehr zur republikanischen Verfassung steht. Ich trete deswegen vehement dafür ein, dass man diese als Verfassungstrabanten in ihrem historischen Wortlaut aufrechterhält. Aber auch in einer anderen Hinsicht hat die Arbeit des Ausschusses natürlich eine politische Dimension und die hängt damit zusammen, dass die Arbeit auch noch nicht fertig ist.

Es ist so, dass selbst dort, wo es völlig unbestritten ist, die Arbeit des Ausschusses, der Bürger unmittelbar von dieser Arbeit noch nichts hat. Es wird so sein, dass man hier ungefähr zwei Drittel aller Verfassungsbestimmungen eliminieren kann. Das waren aber Verfassungsbestimmungen, in die der Bürger bis jetzt schon lange nicht mehr hineingeschaut hat, wo auch Juristen im Regelfall nicht hineingeschaut haben und wo in Wahrheit nur eine Klärung oder eine Rechtsbereinigung vor sich geht.

Die zweite Gruppe sind Verfassungsbestimmungen, die nicht für Juristen interessant sind, die aber großteils, auch das wurde schon gesagt, anderen Ausschüssen zugewiesen worden sind. Und es liegt nun daran, mit Ausnahme des Völkerrechts, wo der Ausschuss schon eine Lösung hat, dass diese Ausschüsse ein allgemeines Prinzip finden, um die vielen Einzelbestimmungen hier aufheben zu können.

Es scheint inzwischen auch außer Streit zu stehen, dass für eine neue Verfassung drei Elemente wesentlich sind, nämlich ein Grundrechtskatalog, eine Kompetenzverteilung und eine Finanzverfassung. Und ich bin in allen drei Bereichen optimistisch, dass es zu Lösungen kommt, die eine neue Verfassung ermöglichen.

Auch wenn das nicht gelingt, ist mit dem Bericht des Ausschusses 2 die Grundlage für eine ganz gravierende Verfassungsbereinigung geschaffen worden. Ich glaube, dass man diese jedenfalls vornehmen sollte. Das würde bedeuten, dass rund zwei Drittel der beiden dicken Bände, die vor Präsident Korinek stehen, entfallen können. Das hat auch etwas Schales. Ich glaube, man sollte die zusammenfassen und als Buch herausgeben, als Warnung für den künftigen Verfassungsgesetzgeber und für künftige Juristen, was alles nicht in einer Verfassung stehen sollte.

Die Arbeit des Ausschusses 2 ist auch in einer anderen Hinsicht noch nicht abgeschlossen. Es muss nämlich diese Reinigung legistisch umgesetzt werden und ich glaube, hier wäre es wesentlich, dass man einerseits einen pragmatischen Weg einschlägt und andererseits einen detaillierten. Pragmatisch insofern, als man sich nicht auf irgendeine Geltungstheorie des Rechts festlegt, sondern Formulierungen findet, die unabhängig von Geltungstheorien sind und alle abdecken. Konkret geht es um Folgendes: Sehr viele dieser Bestimmungen sind entweder nicht mehr anzuwenden oder betreffen die Geltung anderer Bestimmungen. Wir haben sie intern Betriebvorschriften der Verfassung genannt und hier steht dann die Frage im Hintergrund, welche Geltungstheorie man zugrundelegt, ob eine solche Bestimmung weiter gilt oder ob sie mit der Veränderung der Geltung einer anderen Bestimmung ihre Geltung selbst verliert. Eine sehr esoterische Frage, die natürlich für die Jurisprudenz wichtig ist. Die Formulierung der Bereinigung sollte auf alle diese Probleme Rücksicht nehmen - nämlich, dass sie alle abdeckt.

Das Zweite ist, sie sollte unbedingt detailliert sein und keine Generalklauseln enthalten, sondern soll das, was wir im Tabellenteil aufgelistet haben, detailliert ebenfalls auflisten und zwar im Sinne der Rechtssicherheit. Wenn das gelingt, kann man ein herzeigbares Verfassungswerk vorlegen. Auch dann, wenn wir keine völlig neue Verfassung zustande bringen. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Dr. Schnitzer, für Ihre Ausführungen. Ich darf als nächstem Redner Herrn Nationalratspräsident Dr. Khol das Wort erteilen. - Bitte sehr, Herr Präsident!

Dr. Andreas Khol: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich möchte dem Ausschuss, vor allem dem Präsidenten, dem stellvertretenden Vorsitzenden, allen Mitarbeitern herzlich dafür danken. Dieser Bericht zeigt, dass alle Unkenrufe, die da kommen, dass wir so spät sind, dass wir nichts zustande bringen könnten et cetera verfrüht beziehungsweise verfehlt sind. Sie kommen auch oft von Uninformierten, denn dieser Bericht zeigt sehr deutlich, dass eine Hauptaufgabe, die wir dem Konvent gesetzt haben, erreichbar ist, nämlich die Herstellung von Übersichtlichkeit und die zukünftige Inkorporierung. Das war ja eine der großen Klagen. Nicht die vielen Beamten, um es auf den Industriellenvereinigungspunkt Günter Voiths zu bringen, die herumgehetzt werden, dass wir da 3 Milliarden irgendwo nur aufzuheben brauchten. Das ist ein Seitengesichtspunkt, der sicherlich auch zu berücksichtigen sein wird, und der auch ein Nebenprodukt erfolgreicher Arbeit sein wird, wenn wir die Justiz um eine Ebene kürzen, wenn wir eine Schulverwaltung ohne Parallelität, eine Sicherheitsverwaltung rational einrichten können, sind das Effekte, die zu erzielen sind. Aber das Wichtige, das Erste war immer: Österreich hat keine Verfassung als Urkunde. Österreich hat 1000 Verfassungsnebengesetze, es ist dem Bürger, der Bürgerin, nicht zumutbar, diese Gesetze zu kennen und zu finden, und daneben kam das Taxikonzessionsschimpfwort gegenüber dem Verfassungsgesetzgeber, dass jeder Kehricht zum Verfassungsgesetz gemacht wird. Auch das wird in Zukunft durch das relative Inkorporationsgebot, dem ich mich anschließe, wegfallen.

Das heißt also, die Übersichtlichkeit ist herstellbar. Die vielen Nebengesetze sind abschaffbar, sind überflüssig. Es werden die Ursachen dafür beseitigt, insbesondere im Bereich des gesamten internationalen Rechts. Allein der WTO-Vertrag hat meiner Erinnerung nach an die 98 Verfassungsbestimmungen. So etwas fällt in Zukunft weg. Ich glaube auch, dass das, was in bezug auf die Ermächtigung des Bundesverfassungsgesetzgebers, neues EU-Primärrecht in einer Generalermächtigung abzuschließen, sehr vieles an dieser Unübersichtlichkeit beseitigen wird und ich glaube, dass wir damit einen entscheidenden Fortschritt in unserer Arbeit erreichen können. Daher Dank dem Ausschuss, der das wirklich in sehr gekonnter Weise und auch leicht nachvollziehbar erarbeitet hat.

Es wurde also vom Präsident Jabloner, glaube ich, und vom Kollegen Schnitzer die Frage Umbau, Neubau immer wieder eingebracht (der Erste war, wer hat das als Erster gemeint, Professor Wiederin und dann auch Schnitzer). Dabei muss ich sagen als Bauherr in mehrfacher Weise: Herr Kollege Wiederin - Umbauten sind immer teurer als Neubauten. Das ist eine alte Regel. Besser abreißen und neu machen ist für jeden, der ein Grundstück mit einem Haus baut, billiger, als zu versuchen auf einen - gilt nicht unser Haus, Herr Kollege Verzetnitsch - das sicherlich nicht. (Gelächter) Aber ich glaube auch, dass wir einen Bauplan vom Ausschuss vorgelegt bekommen haben und das ist kein Umbauplan, sondern das zeigt ein Inhaltsverzeichnis, was in einer neuen Verfassung - beginnend mit der Präambel bis zu den Überleitungen - drinnen sein könnte und ich glaube, dass unsere nächste Aufgabe darin besteht, diese Inhalte zu beurteilen, ob wir sie wollen und wie wir sie auch ausfüllen können.

Was die Verfassungstrabanten betrifft, bin ich erstens dankbar dafür, dass diese Figur des Zwei-Drittel-Gesetzes zur erhöhten Bestandskraft ohne Verfassungsrang ausgebaut wurde. Zweitens bin ich ausnahmsweise einmal völlig der gleichen Ansicht wie Kollege Schnitzer, dass nämlich das Adelsgesetz und das Habsburggesetz ebenso wie das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung derart wichtige Marksteine sind, dass sie so, wie sie sind, dem Verfassungsbestand abgehören sollten. Beim Gesetz über die nationalsozialistische Wiederbetätigung bin ich der Meinung, dass ein Verbot der Wiederbetätigung in die Verfassungsurkunde hinein gehört als eine ganz tragende Bestimmung und dass das gesamte Verbotsgesetz als ein rechthistorisches Dokument als Trabant angegliedert werden sollte, damit nicht unterstellt wird irgendeine Änderung in diesem Grundzug unseres Verfassungsverständnisses. Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Präsident! Nächster Redner ist Herr Klubobmann Scheibner. - Bitte sehr.

Herbert Scheibner: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Wenn man Ergebnisse von Projekten präsentiert bekommt, dann denkt man sich oft, das klingt sehr interessant. Das muss spannend gewesen sein. Da wäre man gerne auch selbst dabei gewesen. Manchmal denkt man sich bei dem Arbeitsaufwand, man ist froh, dass man nicht dabei gewesen ist. Ich habe mich noch nicht für mich persönlich entschieden, welche der beiden Varianten hier zutreffend erscheint, aber wenn man sich alleine - und es ist dankenswert, dass auch ein Anhang mit dabei ist - wenn man sich alleine diese 1.300 Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen ansieht, die jede Einzelne anscheinend besprochen und intensiv diskutiert worden ist und dann auch eine Entscheidung getroffen wurde, wie denn mit diesen Verfassungsbestimmungen vorzugehen ist, dann ist dieser Arbeitsaufwand und auch das Ergebnis wirklich hoch zu schätzen und wird ein wichtiger Mosaikstein im Gesamtbild dieses Konvents darstellen.

Ich glaube, man könnte viele Beispiele bringen für unsinnige Verfassungsbestimmungen, wo es dann auch immer interessant ist, ja wie sind denn diese Verfassungsbestimmungen hineingekommen. Das Beispiel jetzt mit diesem Grenzverlauf war ja ein sehr interessantes. Es ist auch zu fragen, ob der Schlosspark von Kleinwetzdorf unbedingt im Verfassungsrang stehen muss oder das Ensemble der Villengärten der Dr.-Waibl-Straße 11, 12 und 14 in Dornbirn, ob das so wichtig ist für das Staatsganze, dass wir diese Regelungen im Verfassungsrang stehen haben müssen, und jeder von uns würde noch viele andere Beispiele finden.

Es ist nur das eine jetzt zu überlegen, wie geht man mit diesen Verfassungsbestimmungen um? Das andere ist es, wie verhindert man für die Zukunft, dass es wieder so einen Wildwuchs an derartigen Verfassungsbestimmungen gibt, und wir haben das im Präsidium des Verfassungskonvents - ich habe jetzt die Ehre und das Vergnügen, seit kurzem diesem Präsidium anzugehören - mit dem Vorsitzenden ja auch diskutiert.

Und wenn ich das jetzt auch hier als Politiker sagen darf, dann haben wir ja einen Teil dieser  Verfassungsbestimmungen durchaus der politischen Absicht zu verdanken, manche Materien, die einfachgesetzlich zu regeln wären, ganz einfach durch das Heben in den Verfassungsrang der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes zu entziehen. Und jetzt nicht nur nachvollziehend - die Taxikonzessionen sind ja heute schon angesprochen worden. Das heißt: Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ganz einfach die selbe Bestimmung noch einmal zu beschließen, aber im Verfassungsrang, sondern auch schon im Verlauf der Gesetzeswerdung, wenn es Zweifel gibt, ob eine Bestimmung verfassungswidrige Elemente enthalten könnte oder nicht, wenn man über die komfortable Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügt und ganz einfach schon einmal zur Vorsicht diese Zweidrittelmehrheit zu nützen, um mit dem kleinen Klammerausdruck „Verfassungsbestimmung“ alles klar zu machen. Nicht rechtlich, aber formal, weil damit die Kontrolle sehr erschwert wird.

Und wir haben diese Frage diskutiert, und es gibt ja einen Vorschlag, dass es eben keine Verfassungsbestimmungen in einfachgesetzlichen Materien mehr geben kann. Aber - und das sei jetzt hier schon einmal festgehalten, damit in Zukunft ein Verfassungsgesetzgeber schon jetzt einmal ertappt ist, wenn er das macht - dass natürlich niemand verhindern kann, wenn in der Verfassung selbst derartige Materien aufgenommen werden und etwa die Taxikonzessionen sich dann plötzlich  - ich sage es jetzt einmal überspitzt, Herr Professor Funk  - im Grundrechtskatalog irgendwo im Bereich des Rechts auf freie Erwerbsausübung wieder finden, und ähnliche Dinge. Also, das wissen wir, das wird man nicht verhindern können, aber es wird an uns allen liegen, das zumindest so zu positionieren und so entsprechend auch anzusprechen, dass man vielleicht schon aus guter Courage und aus Anstand derartige Dinge in Zukunft unterlässt und dass sich nicht irgendwann einmal, in zehn oder zwanzig Jahren, wieder ein Verfassungskonvent mit dieser Frage beschäftigen muss, dann nicht Einfachgesetze durchforsten muss nach unsinnigen Verfassungsbestimmungen, sondern dann die Bundesverfassung selbst durchforsten muss, ob sich nicht derartige Einfachgesetze direkt in die Verfassung hineingeschlichen haben.

Und ein Letztes vielleicht, um diesen Vergleich aus dem Baurecht und aus der Sanierung und des Neubaus weiterzuführen, meine Damen und Herren: Ein schön saniertes Althaus ist von der Wohnqualität meistens viel besser als ein verpfuschter Neubau - und das sollte auch für Verfassungen gelten.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Herr Klubobmann, für Ihre Ausführungen und darf als nächster Rednerin der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig das Wort erteilen. - Bitte, Frau Abgeordnete.

Dr. Eva Glawischnig: Danke. Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren!

Ich verstehe jetzt nicht, warum ein Neubau immer verpfuscht sein muss. Also: Ich, als jemand, der irgendwie moderner Architektur sehr viel abgewinnen kann, verstehe das Beispiel nicht ganz. Aber bitte, bleiben wir bei diesem Baurechtsbeispiel. Also, wenn man die Arbeit jetzt wirklich in diesem Beispiel, in diesem Bild sehen will: Es ist der Weg zum Durchbruch aufgezeigt worden, nicht der Durchbruch an sich. Die so genannten overrulenden Bestimmungen - also, wo mit Zweidrittelmehrheit die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes ausgehebelt wurde -  sind ja nur eine Ursache, und die ist offensichtlich gar nicht so überbordend, wie wir gehört haben bei der Präsentation von Herrn Präsidenten Korinek. Die anderen Ursachen sind schon sehr viel schwer wiegender: Weisungsgebundenheit der Verwaltung, das vorgegebene Zusammenwirken von Bundes- und Landesverwaltung, die Kompetenzverteilung, Amtshilferegelung, Vollzugsvorbehalt des Staates. Das sind echte fundamentale Strukturprobleme, und wenn man die nicht löst, dann wird man auch das Zerstreutheitsproblem der Verfassung nicht lösen können. Und das jetzt zu tun, ist die Aufgabe.

Ich sage nur ein Beispiel. Also, gäbe es einen Tatbestand, einen Kompetenztatbestand Energiewesen, dann würden ungefähr zehn Verfassungsbestimmungen im Ökostromgesetz und in den begleitenden energierelevanten Gesetzen wegfallen. Also, das heißt: Wir müssen uns darauf einigen, dass wir einen Kompetenztatbestand des Bundes für das Energiewesen machen. Sonst ist dieser vorgezeigte Bauplan nicht baubar, de facto. Und so gibt es viele Beispiele. Auch zum Beispiel die Vorschläge, Staatsziele jetzt auszuweiten und bestehende BVG’s dahin hineinzupacken, zum Beispiel das so genannte Atom-BVG. Das ist auch nur dann möglich, wenn wir uns darauf einigen, dass es einen Staatszielkatalog gibt und dann, in diesem Staatsziel, das Atom-BVG hineingepackt ist.

Also, die Probleme sind schon sehr viel gewichtiger, und ich würde einmal jedenfalls den Weg, das Aufzeigen, also diese wesentliche Strukturarbeit, die hier geleistet worden ist, mit allem Respekt würdigen. Aber was ich noch viel mehr würdigen würde, ist, wenn wir uns tatsächlich inhaltlich dann auf die neue Basis auch einigen könnten. Und da ist noch einiges zu tun.

Was eine interessante Frage ist, ist vor allem die Frage der Grenzziehung, weil wir heute schon eine Lesung für eine vielleicht zukünftige Wanderung des Konvents in den nächsten Sommerferien - vielleicht sind wir noch nicht fertig, werden wir sehen - bekommen haben, aber dass das eher eine unglaubliche Dimension haben kann, also dass der Vorschlag, den der Ausschuss hier gemacht hat, unter Umständen nach Meinung von einigen sogar zu einer Volksabstimmung führen müsste, was eine Gesamtänderung der Bundesverfassung ist, wenn man diesem Vorschlag folgt, ist das schon sehr, sehr – also, ich will nicht sagen - eigentümlich, aber das beschreibt tatsächlich die Strukturprobleme unseres Altbaus.

Aber ich möchte noch auf ein paar Detailprobleme aus Grüner Sicht eingehen. Das sind auch inhaltliche Probleme. Also, zum Beispiel das Abtreten, die Möglichkeit, Hoheitsrechte an zwischenstaatliche Organisationen abzutreten. Da gibt es einen Vorschlag; das ist eine der Ursachen für die Zersplitterung und für viele Verfassungsbestimmungen. Es ist natürlich auch immer eine inhaltliche Frage, und wir möchten das gern noch einmal durchdenken und auch durchdiskutieren, was das insbesondere jetzt vor dem ganzen kritischen Diskurs bedeutet: GAZ, WTO etc. Also, wir haben auch in anderen Ausschüssen - im Ausschuss 8 - einen gegenteiligen Vorschlag gemacht. Also, uns geht dieses Kompetenzabtreten teilweise schon zu weit, und wir wollten im Ausschuss 8 einen Ausschuss, der wie der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union auch die Mitsprache der österreichischen Parlamentarier de facto breiter eröffnet oder vergrößert. Und das ist natürlich jetzt auch eine inhaltliche Diskussion, die zu führen ist, aber der Strukturvorschlag und die Wege, die jetzt aufgezeigt worden sind, verdienen jedenfalls hohen Respekt. Einiges wird noch zu tun sein, und einiges wird auch noch zu diskutieren und politisch zu bewerten sein. Herzlichen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke schön, Frau Abgeordnete. Sie waren zugleich auch die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wenn ich kurz die Diskussionsbeiträge resümieren darf: Bemerkenswert war, dass sehr viel über den Bau gesprochen wurde, und das sollte uns eigentlich Anlass dazu geben, dass wir heute auch über das Baurecht nachdenken und uns vielleicht Gedanken machen, wie es vereinheitlicht werden könnte, um einen gemeinsamen Bau für Österreich errichten zu können.

Der zweite Gedanke - und der scheint mir allerdings wesentlicher -, der mir beim Anhören der Diskussionsbeiträge gekommen ist, ist ein durchaus positiver: Und zwar waren alle Redner der Meinung, dass hervorragende Arbeit im Ausschuss 2 geleistet wurde. Ich kann mich dem nur anschließen, und ich kann dem Ausschussvorsitzenden und dem Ausschuss für seine weitere Tätigkeit nur größtmöglichen Erfolg zur Bewältigung der noch anstehenden Arbeit wünschen. Danke schön.

Wir kommen nun zum nächsten Punkt der Tagesordnung: Bericht des Ausschusses 10. Ich darf dabei die Feststellung treffen, dass dieser Bericht nicht, wie üblicherweise, vom Vorsitzenden des Ausschusses präsentiert wird, sondern vom Stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Vizepräsident Vögerle. Und das ist darauf zurückzuführen, dass Herr Bundesminister Dr. Strasser als Ausschussvorsitzender heute bedauerlicherweise terminlich verhindert ist.

Ich darf daher Herrn Vizepräsidenten Vögerle bitten, uns den Bericht des Ausschusses 10 zu präsentieren. Ich darf den Herrn Vizepräsidenten auch daran erinnern, dass seine Redezeit mit 15 Minuten begrenzt ist, die Redezeit der Diskussionsteilnehmer im Anschluss daran wiederum mit fünf Minuten. - Bitte, Herr Vizepräsident.

Bernd Vögerle: Danke schön. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Österreich-Konvents!

Der Vorsitzende des Ausschusses 10, Herr Bundesminister Dr. Strasser, hat mich als seinen Stellvertreter ersucht, heute den Bericht des Ausschusses dem Konvent vorzustellen. Ich habe diese Aufgabe gerne übernommen und möchte am Beginn meiner Ausführungen vor allem den Mitgliedern des Ausschusses, deren Vertreterinnen und Vertretern ein besonderes Danke für die überaus konstruktive Arbeit in diesem Ausschuss sagen. Mein Dank gilt ebenso den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konventsbüros, vor allem aber den Experten Prof. DDr. Ruppe, Prof. Dr. Lehner, Prof. Dr. Schönbeck, Prof. Dr. Bauer, Prof. DDr. Frisch sowie der Expertin Frau Dr. Klatzer. Der vorliegende Bericht mit insgesamt 27 Anlagen ist das Ergebnis der Beratungen in acht Sitzungen des Ausschusses, der 16 Mitglieder hat. Die erste Sitzung fand über Wunsch des Präsidiums erst am 25.2., die bisher letzte zeitgerecht zur Abgabe des Berichts am 15.7. statt, in einer Sitzung eines Arbeitskreises am 23.4. zum Thema „Ziele“ und in vier Sitzungen eines Redaktionskomitees mit der Aufgabe „Erarbeitung des Berichts“.

Die Aufgabenstellung des Ausschusses ist die Reform der Finanzverfassung, insbesondere im Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten Finanzausgleichs. Der Ausschuss war bestrebt, das ehrgeizige Ziel des Österreich-Konvents - eine schlanke, moderne Verfassung mit klaren Strukturen zu formulieren - auch im Bereich der Finanzverfassung umzusetzen, wobei sich auch aufgrund der Mitgliedschaft bei der Europäischen Union neue Herausforderungen ergeben haben, denen mit einer Neufassung Rechnung getragen werden soll. Zu Beginn der Beratungen wurden ausdrücklich die Fragen des Finanzausgleichs im engeren Sinne, das heißt die konkrete Verteilung der Mittel auf die Gebietskörperschaften, ausgeklammert.

Der Bericht gliedert sich aufgrund des Mandats in 6 Kapitel, das sind: Allgemeines; Kostentragung; Abgabenwesen; Transfers; Haushaltsrecht; Transparenz und Finanzstatistik.

Bei der Abfassung des Berichts wurde in Abweichung von den anderen Ausschüssen die Position der Vertreterinnen und Vertreter der Finanzausgleichspartner - Bund, Länder, Gemeinden und Städte - und der Vertreterinnen und Vertreter der Parteien dargestellt, um für die weiteren Diskussionen diese Standpunkte auch entsprechend zuordnen zu können.

Ich darf ihnen nunmehr zusammenfassend die Ergebnisse der Ausschussberatungen berichten:

Es konnte bisher noch kein expliziter Konsens gefunden werden, es kann aber eine konsensfähige Sondierung der Stadtpunkte festgestellt werden.

Durch eine legistische Bereinigung und Vereinfachung des Finanzverfassungsgesetzes 1948 sollen unsystematische Detailbestimmungen durch allgemein gültige Regelungen ersetzt werden. Ein diesbezüglicher Vorschlag ist derzeit in Prüfung durch die Ausschlussmitglieder, inhaltliche Fragen zur Finanzverfassung werden hiervon nicht berührt sein. Eine Verkürzung des F-VG 1948 ist aber nicht zu erwarten.

Die Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Abgabenwesens und die Regelungen der finanziellen Grundlagen der Gebietskörperschaften werden als einer der elementaren Bestandteile der Bundesverfassung angesehen, die in einer systematisch einfachen Form in einem eigenen Abschnitt in  die Verfassungsurkunde aufgenommen werden, und nicht, wie bisher, als eigenes Gesetz neben der Bundesverfassung beziehungsweise im Abschnitt Finanzverfassung bestehen bleiben sollen. Dazu wurde im Ausschuss Übereinstimmung gefunden.

Ein besonderes Interesse widmete der Ausschuss der Frage, ob und welche Ziele für die finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften und die Verteilung der Mittel vorgegeben werden sollen. Keine Einigung konnte darüber erzielt werden, wie die Ausweisung erfolgen soll, beziehungsweise wo diese Ziele angeführt werden sollen. Insgesamt wurden 7 Vorschläge für Staatsziele eingebracht. Zu den Staatszielen „Prinzip des ausgeglichenen Haushalts“ und „Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“ wurden Textvorschläge, die zum Teil auch Inhalt der Diskussion im Ausschuss 1 waren, eingehend beraten, wobei jedoch kein Konsens erreicht werden konnte. Es wurden vor allem die Fragen der Budgethoheit der einzelnen Gebietskörperschaften, der innerstaatlichen Bindung an europarechtliche Vorgaben und der Sanktionen bei Verletzung der Verpflichtungen in Bezug auf die Haushaltsergebnisse und Informationspflichten diskutiert. Diskussionspunkte waren aber auch die Definition des Begriffes „Konjunkturzyklus“, Koordinierungsbestimmungen sowie die Festlegung der Neuverschuldung bis zum Ausmaß der öffentlichen Investitionen, der so genannten „golden rule“.  Die Vorschläge einer Schuldenbremse wurden nicht abschließend diskutiert, ebenso fehlt noch eine abschließende Diskussion zu den Vorschlägen des Bundes.

Zum Staatsziel „Parität der Gebietskörperschaften“ wird von Vertreterinnen und Vertretern der Länder, Städte und Gemeinden die Ansicht vertreten, dass die Regelungen in Ausführung der Finanzverfassung von den beteiligten Gebietskörperschaften auf der Basis gleichberechtigter Partnerschaft einvernehmlich festzulegen sind. Ebenso sollen Änderungen von Steuergesetzen, die zu Verschiebungen der Finanzmassen der Gebietskörperschaften führen, nur einvernehmlich von den Betroffenen der Gebietskörperschaften festgelegt werden können. Regelungen im Bereich des Stabilitätspaktes und Konsultationsmechanismus ohne Einvernehmenserzielung werden von diesen VertreterInnen entschieden abgelehnt. Der Vertreter des Bundes vertritt dazu im Gegensatz die Ansicht, dass die Kompetenz-Kompetenz des Bundes nicht eingeschränkt werden darf. Begründet wird diese Ansicht mit der Gesamtverantwortung, auch gegenüber der EU. Von den Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Städte und Gemeinden wird auch die volle Berücksichtung des Paritätsgrundsatzes im Verhältnis Länder-Gemeinden gefordert.

Bezüglich der „Zusammenführung von Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung“ besteht grundsätzlich Einigung, wobei die Vertreterinnen und Vertreter der Länder sich jedoch dann dagegen aussprechen, wenn damit eine Ausweitung der Steuerhoheit der Länder über das bestehende Ausmaß hinaus verstanden wird. Während sich die Vertreter des Bundes, der Grünen, der Städte und Gemeinden nachdrücklich für eine Zielbestimmung zur Zusammenführung von Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung aussprechen, bringen die Vertreter der Länder vor, dass unterschiedliche Steuersätze in den Ländern wider die Steuerharmonisierungsbestrebungen der EU sind, finanzschwache Regionen benachteiligt würden und ein Schritt in Richtung Entsolidarisierung gesetzt würde.

Der Vertreter des Bundes hält dem entgegen, dass bei Abgaben keinerlei Steuerharmonisierungsbestrebungen der EU zu sehen sind und mit dieser Maßnahme eine Erhöhung der Kompetenzlage der Landtage zur Gesetzgebung und damit eine Stärkung des Bundesstaates gegeben wäre. Weiters wurde auch ein Vorschlag der Vertreter der SPÖ diskutiert, einheitliche Zuschläge aller Länder zu Bundesabgaben in die Entscheidungskompetenz der Länder zu übertragen. Diese Meinungen werden von den Vertreterinnen und Vertreter der Länder nicht akzeptiert. Hingewiesen wurde von den Vertreterinnen und Vertreter der Länder auf die dynamisch wachsenden Aufgabenbereiche „Soziales, Krankenanstalten, Nahverkehr und Bildung“, die nur gemeinsam finanziert werden können. Unbestritten ist somit lediglich der Grundsatz der Zusammenführung der Ausgaben- und Aufgabenverantwortung. Aus der ökonomischen Forderung nach einer Einheit von Aufgabe/Kompetenz zur Aufgabenerledigung/Finanzierung der Aufgaben folgt daher, dass über die neue Kompetenzverteilung nicht isoliert entschieden werden kann und eine enge Kooperation zwischen den Ausschüssen 5 und 10 des Konvents urgiert wird.

Die Berücksichtigung der „Daseinsvorsorge“ als Staatsziel in der Finanzverfassung wird damit begründet, dass die Erbringung von Leistungen der Daseinvorsorge dem Allgemeinwohl dient und besonders kostenintensiv sei und deshalb eine ausreichende Finanzierung für diese Aufgabe zu gewährleisten wäre. Die Verankerung von speziellen Aufgaben einer Ebene als Staatszielbestimmung wird jedoch auch kritisch gesehen, wobei die Nennung weiterer Ziele für die Finanzverfassung insbesondere vom Vertreter des Bundes als wesentlich gesehen wird.

Bei der Diskussion über den „Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse“ bleibt offen, wie man gleichwertige Lebensverhältnisse abschließend definieren kann. Hierbei wird vor allem auch auf die Problematik der unterschiedlichen  Kosten hingewiesen, die sich je nach der Größe der Gemeinden ergeben.

Die Beratungen über die „tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern und Gender-Budgeting“ wurden noch nicht abgeschlossen. Ein Teil des Ausschusses hat darauf hingewiesen, dass es sich um ein allgemeines Staatsziel handelt, die Beratungen wären deshalb im Ausschuss 1 abzuhandeln. Ein anderer Teil des Ausschusses hat darauf verwiesen, dass Gender-Budgeting im Zusammenhang mit den Erläuterungen der finanziellen Auswirkungen von Gesetzen, die nach dem Bundeshaushaltsgesetz vorgeschrieben sind, realisiert werden könnte. Die Beratungen zu diesem Thema werden jedenfalls im Rahmen der Behandlung des Kapitels „öffentliches Haushaltsrecht“ fortzusetzen sein.

Zum Themenbereich „Verantwortung für die Mittelaufbringung“ wird vom Vertreter des Bundes gefordert, dass wie bisher der Nationalrat den Finanzausgleich regelt. Damit wird eine bundesweit einheitliche Regelung ermöglicht und allfällige Blockademöglichkeiten aus Einzelinteresse werden vermieden. Die Vertreterinnen und Vertreter der Länder, Städte und Gemeinden fordern, dass dieser bundesgesetzlichen Regelung ein Einvernehmen vorausgeht, Blockademöglichkeiten werden nicht angestrebt. Ausführlich diskutiert wurde ein Textvorschlag, der nicht nur die bestehenden Inhalte des § 4 des Finanzverfassungsgesetzes 1948 umfasst, sondern auch eine Integration der Inhalte des § 7 Finanzausgleichsgesetz 2001 in die Finanzverfassung vorsieht. Teile dieses Vorschlages werden als durchaus konsenswürdig angesehen, Teile jedoch vehement abgelehnt beziehungsweise entschieden befürwortet. Auch bezüglich des Verhandlungsgebotes beziehungsweise einer Verhandlungspflicht sind die Standpunkte der Finanzausgleichspartner wie vorher beschrieben.

Der Ausschuss hat sich mit den Fragen des Zustandekommens des Finanzausgleichs und der Nachfolgeregelungen befasst. Die Vertreterinnen und Vertreter der Länder, Städte und Gemeinden regen an, dass Entstehen, Änderungen und Beendigung des Finanzausgleichs - dem Grundsatz der Parität entsprechend - eingehend determiniert werden sollten, wobei die Verhandlungspflicht auch an Sanktionen gebunden sein soll, um den Grundsatz der Parität entsprechend durchsetzen zu können. Der Vertreter des Bundes hält dem entgegen, dass sich die Finanzverfassung auf die Vorgaben der Regeln für die Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften beschränken soll. Sechs Varianten für das Zustandekommen, für Nachfolgeregelungen und für den Fall der Nichteinigung beim Finanzausgleich wurden eingebracht, für keinen Vorschlag konnte ein Konsens erzielt werden. Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass Blockademöglichkeiten aus Partikularinteressen beim Zustandekommen des Finanzausgleichs verhindert werden müssen.

Grundsätzlich wird die Meinung vertreten, dass das Ergebnis zum Finanzausgleich in einem Paktum festgehalten werden soll. Uneinigkeit besteht jedoch, ob ein solches Paktum zwingend abzuschließen ist und welche Rechtswirkung es haben soll.

Der Finanzausgleich soll grundsätzlich auch in Zukunft dreigliedrig gestaltet werden. Das bedeutet, dass die betroffenen Gebietskörperschaften - Bund, Länder, Städte und Gemeinden - die Verhandlungen zum Finanzausgleich führen und entsprechend einzubinden sind.

Übereinstimmung besteht auch, dass über die bestehenden Möglichkeiten des Finanzausgleichsgesetzes ein horizontaler Finanzausgleich ermöglicht werden soll. Die Vertreterinnen und Vertreter der Länder, Städte und Gemeinden fordern dazu generell das Einvernehmen der Gebietskörperschaften. Der horizontale Finanzausgleich sollte jedenfalls die Finanzkraft der Gemeinden beziehungsweise Länder berücksichtigen. Von den Vertreterinnen und Vertreter der Städte wird überdies gefordert, die zentralörtlichen und ballungsraumspezifischen Aufgaben der Gemeinden bei der Verteilung der Mittel zu berücksichtigen.

Einvernehmen besteht, dass die Grundsätze des § 4 Finanzverfassungsgesetz 1948 weiterhin Geltung haben sollen. Die Forderung nach Berücksichtigung weiterer Parameter, wie die Leistungen der Daseinsvorsorge, öffentlichen Aufgaben im Bereich der sozialen Sicherung, öffentlichen Sicherheit, Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsvorsorge und aktiven Arbeitsmarktvermittlung, die Gleichheit der Lebensverhältnisse oder die Förderung von Investitionen bei der Verteilung der Lasten und Zuweisung der Finanzmittel wird nicht von allen Ausschussmitgliedern befürwortet.

Von den Vertreterinnen und Vertreter der Grünen und der Städte wird eine einseitige Ausrichtung auf das „Ausgleichsprinzip“ abgelehnt, die nachfolgende Diskussion zu den Fragen Ausgleichsprinzip, Aufkommensprinzip und Bedarfsprinzip konnte nicht konsensual abgeschlossen werden.

Einigkeit besteht dahingehend, dass sich Bund, Länder und Gemeinden zu einer koordinierten Finanzpolitik als Mittel zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verständigen. Der Vertreter des Bundes vertritt die Auffassung, dass in die Finanzverfassung nur die Grundsätze des bisherigen Stabilitätspaktes aufgenommen werden sollen. Ähnlich sind die Beratungsergebnisse zum Konsultationsmechanismus.

Einvernehmen besteht, am Prinzip der eigenen Kostentragung festzuhalten. Ausnahmen davon sollen weiterhin möglich sein.

Im Ausschuss besteht Einvernehmen dahingehend, dass die Verteilung der Mittel auf allen Ebenen ausreichend statistisch dargestellt werden sollte. Über die Art der Darstellung gibt es ebenso keinen Konsens wie über eine Verrechtlichung des VR-Komitees in der Finanzverfassung.

Die Beratungen zum Themenkreis „Abgaben“ haben folgendes Ergebnis gebracht: Einigkeit besteht dahingehend, dass der Begriff „Abgabe“ nicht näher als bisher in der Finanzverfassung zu definieren ist. Die Begriffe „Steuern“ und „Gebühr“ sind durch die Rechtssprechung ausreichend definiert und sollen nicht in die Finanzverfassung aufgenommen werden. Eine Verminderung der Abgabentypen wird angeregt, demnach soll zum Beispiel der Typus „gleichartige Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand“ entfallen.

Einvernehmen besteht darüber, dass verfassungsrechtliche Grundlagen für eine einheitliche Abgabenordnung für Bund, Länder und Gemeinden zu schaffen sind.

Hinsichtlich der Mitwirkungsrechte einer Gebietskörperschaft bei der Gesetzgebung einer anderen haben die Beratungen keinen Konsens gebracht, die Neugestaltung des „26-er Ausschusses“ wurde diskutiert, ein Einigungspotential scheint gegeben.

Der Ausschuss schlägt einvernehmlich die Zurückdrängung der Mittelaufteilung über Transfers vor, um die bestehende Vielzahl der Zahlungsströme überschaubarer zu gestalten.

Für eine Bedarfskompetenz des Bundesgesetzgebers im Bereich der Vermögens- und Schuldenverwaltung sehen die VertreterInnen der Länder und Gemeinden keine Notwendigkeit.

Eine Einheitlichkeit der Leistungs- und Kostenrechnung ist anzustreben.

Grundsätzlich wird die Einführung des Instruments des Globalbudgets auf einfachgesetzlicher Ebene vom Ausschuss positiv beurteilt. Dieses Thema wird aufgrund des Auftrages des Präsidiums ebenso wie das Thema des öffentlichen Haushaltswesens noch eingehend behandelt werden.

Konsens besteht, dass die interkommunale Zusammenarbeit grundsätzlich durch die Finanzverfassung ermöglicht und unterstützt werden soll. Diese Zusammenarbeit soll über Bezirks- und Ländergrenzen hinweg forciert und durch Anreize gefördert werden, die Finanzverfassung soll dafür die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen.

Die Rechtsstellung „Stadt mit eigenem Statut“ sowie deren Finanzierung sind im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Übereinstimmung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung zu sehen und deshalb nicht eigens im Abschnitt Finanzverfassung zu regeln.

Einvernehmen besteht, dass die Finanzierung der nicht-territorialen Selbstverwaltung, zum Beispiel Kammern, nicht in der Finanzverfassung geregelt werden soll.

Auf Grund dieses Berichtes, der nur als Zwischenbericht gesehen werden kann, sind die Schwerpunkte der weiteren Arbeit des Ausschusses, vorbehaltlich der Zustimmung des Präsidiums, wie folgt vorgesehen: Einigung über die Inhalte und die Textierung der Staatsziele „Prinzip des ausgeglichenen Haushalts“ und „gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“, Textierung des Grundsatzes der „Parität“ und des „Verhandlungsgebotes“, Gestaltung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleichs, Grundsätze für Transfers, Gestaltung der Rahmenbedingungen für den Stabilitätspakt und den Konsultationsmechanismus und Neugestaltung des Haushaltswesens.

Abschließend darf ich nochmals allen, die positiv an den Ausschussberatungen und an der Erstellung des Berichtes mitgewirkt haben, herzlich danken und sie zur weiteren zielorientierten Mitarbeit einladen. Ihnen, sehr geschätzte Damen und Herren, danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Vizepräsident, für die Ausführungen. Ich danke selbstverständlich auch für die geleistete Tätigkeit, Ihnen, den übrigen Mitgliedern des Ausschusses, und natürlich auch dem heute leider nicht anwesenden Vorsitzenden des Ausschusses! Ich darf Sie ersuchen, Herr Vizepräsident, ihm diesen Dank, der nicht nur von mir persönlich kommt, sondern, wie ich meine, auch von den anderen Mitgliedern des Konvents in gleicher Weise, weiterzuleiten.

Herr Vizepräsident, Sie haben in sehr klarer Weise zum Ausdruck gebracht, welche Punkte noch offen sind, welche Punkte es noch vom Ausschuss zu behandeln gilt, und Sie haben auch sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass das nicht wenige sind, dass ein Konsens bisher erst in wenigen Bereichen erzielt werden konnte, dass noch viel Arbeit für den Ausschuss vorhanden ist, dass auf der anderen Seite allerdings - und das möchte ich Ihnen hoch anrechnen - von Ihren doch Optimismus ausgegangen ist, auch diese Arbeit noch bewältigen zu können, und zwar im Sinne des Mandats des Gründungskomitees, das an den Konvent insgesamt ergangen ist und im Speziellen an den Ausschuss, den Sie heute hier im Konvent vertreten haben.

Recht herzlichen Dank nochmals für die geleistete Arbeit! Dieser Dank gilt - das möchte ich betonen - auch den übrigen Mitgliedern des Ausschusses und der Ausschussbetreuung von Seiten des Büros des Konvents.

Wir gelangen nunmehr zur Diskussion über den Bericht des Ausschusses 10, und ich darf als erstem Herrn Staatssekretär Dr. Finz das Wort erteilen. - Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Konvent! Sehr verehrte Damen und Herren!

Als Vertreter des Finanzministeriums bekenne ich mich auch im Bereich der Finanzverfassung zu einer schlanken Verfassung. Also, es sollte das Ziel sein, wirklich nur die wichtigsten, grundlegensten Dinge in der Verfassung zu regeln.

Als Vertreter des Finanzministeriums bekenne ich mich, dass wir ein Staatsziel aufnehmen sollten, das heißt: Prinzip des ausgeglichenen Haushalts. Es gibt diesbezüglich vom Prof. Mayer einen Vorschlag, den wir vom Finanzministerium her unterstützen. Warum? Wir haben in Europa mitzuvertreten einen europäischen Stabilitätspakt. Und, um diesen erreichen zu können, ist natürlich die Erzielung eines österreichischen Stabilitätspaktes notwendig. Den haben wir beim letzten Finanzausgleich in Form eines Paktums erreicht, aber es wäre natürlich wichtig, wenn wir hier in der Verfassung eine entsprechende Grundlage auch hätten. Inhaltlich gesehen ist ein ausgeglichener Haushalt überhaupt nichts Neues. Es wird der europäische Stabilitätspakt schon seit längerem totgesagt, dass er nicht mehr gelte. Sie können mir glauben, allen europäischen Finanzministern ist es klar, dass es auf Dauer einen ausgeglichenen Haushalt benötigt, dass auf Dauer Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen müssen. Und es wird der europäische Stabilitätspakt weiter bestehen. Er wird vielleicht relativ in einigen Detailregelungen andere Regelungsinstrumente haben, aber er wird weiter bestehen. Inhaltlich gesehen ist ein ausgeglichener Haushalt überhaupt nichts Neues.

Bereits der englische Nationalökonom hat immer betont, dass man die Haushaltslage der ökonomischen Situation anpassen soll. Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, wenn ein schlechter konjunktureller Verlauf ist, soll der Staat mit Mehrausgaben gegensteuern, aber dann umgekehrt, in guten wirtschaftlichen Lagen soll er wieder diese defizitären Ausgaben wieder durch Mehreinnahmen oder durch gekürzte Ausgaben ausgleichen. Dass wir jahrzehntelang nur die eine angenehme Seite der Mehrausgaben gemacht haben, das steht auf einem anderen Papier, aber grundsätzlich kann man bei Keynes nachlesen, dass auch er schon das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes verfolgt hat.

Einen zweiten Punkt, zu dem ich mich bekennen möchte, möchte ich ganz besonders hervorstreichen. Ich bekenne mich oder das Finanzministerium bekennt sich zum Konsensprinzip bei der Erstellung und Beteiligung aller öffentlichen Haushalte, also Bund, Länder, Gemeinden, dass wir - und jetzt ist das aktuell wieder angebracht, wir verhandeln wieder einen neuen Finanzausgleich - wir sollen diesen Finanzausgleich so wie früher im Einvernehmen erzielen. Das sollte auch hineingeschrieben werden in die Finanzverfassung.

Allerdings, und das ist sehr wichtig, müssen wir Regeln finden, wenn dieser Konsens nicht gelingt. Diese Regeln müssen so sein, dass es dem Bund ermöglicht wird bei der Außenvertretung, vor allem beim Europäischen Stabilitätspakt, dass er die entsprechenden Koordinierungsmittel hat, und dass er auch tatsächlich in die Lage versetzt wird, dass er die entsprechenden Anordnungen treffen kann, und dass er die entsprechenden Maßnahmen setzen kann. Hier gibt es schlechte Beispiele aus dem Ausland. Wir sehen ja die deutsche Misere bei der Erstellung eines ausgeglichenen Haushaltes, Deutschland liegt derzeit schon bei vier Prozent Defizit, und es wird beim nächsten ECOFIN ein wichtiges Thema sein. Es besteht die Gefahr, dass, wenn wir zu große Vetorechte machen oder wenn wir von dieser Kompetenz des Bundes abgehen, dann sehe ich dieses Ziel gefährdet und lehne es daher ab.

In der heutigen Bundesverfassung haben wir sehr detaillierte haushaltsrechtliche Bestimmungen. Einjährigkeitsprinzip, Einnahmen-, Ausgabenregelungen, nicht direkt in der Finanzverfassung geregelt, sondern im Artikel 51 und Spezifikationsprinzip, also dass ich den Haushalt nach finanzgesetzlichen Ansätzen regeln muss. Das sind keine modernen Finanzierungsinstrumente mehr, das ermöglicht keinen New Public Management-Haushalt, also einen outputorientierten, einen wirkungsorientierten Haushalt, diese Bestimmungen ermöglichen nicht einen Mehrjahreshaushalt, diese Bestimmungen ermöglichen nicht Globalbudgets. Hier sind wir dafür, dass einige Grundsätze in der Verfassung getroffen werden sollten und den einfachen Gesetzgeber dann überlassen werden sollte, dass er entsprechend flexible Haushaltsbestimmungen trifft. Wichtig erscheint uns auch vom Finanzministerium, dass in der Finanzverfassung grundsätzlich eine Schuldenbremse angeordnet wird, dass man auf einfachgesetzlicher Ebene bestimmte Schuldenbremsen für alle öffentlichen Haushalte treffen könnte. Danke schön. Danke auch für die gute Zusammenarbeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke,  Herr Staatssekretär. Nächste Rednerin ist Frau Stadträtin Mag. Wehsely. - Bitte, Frau Stadträtin.

Mag. Sonja Wehsely: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf heute das erste Mal hier sein. Ich bin seit 1. Juli 2004 Landesregierungsmitglied in Wien und freue mich sehr, dass ich auch die Stadt Wien und das Land Wien hier im Konvent vertreten darf.

Einleitend möchte ich mich sehr herzlich beim stellvertretenden Vorsitzenden - da der Vorsitzende des Ausschusses 10 nicht hier ist - für die geleistete Arbeit bedanken. Und man sieht beim Studium des Ausschussberichtes, wie schwierig es ist und wie weit hier auch noch die Positionen auseinander sind. Der Herr Vorsitzende hat schon gesagt, es liegt noch ein großer Teil der Arbeit vor uns, der etwa im Ausschuss 2 schon geleistet wurde. Ich möchte zunächst eingehen auf die Forderung oder die Position, die auch im Ausschussbericht dargelegt wurde, und die Herr Staatssekretär Finz jetzt eingebracht hat, nämlich den ausgeglichenen Haushalt zu einer Verfassungsbestimmung zu machen.

Meiner Ansicht nach sprechen sowohl ökonomische als auch juristische Gründe massiv dagegen. Ökonomisch spricht dagegen, dass weder Keynes noch sonst noch ein anderer Ökonom in der Lage war oder ist zu sagen, wann fängt eine Konjunkturzyklusphase an und wann hört sie auf. Allein daher ist es schon sehr schwierig zu sagen, über welchen Zeitraum  wir eigentlich sprechen. Darüber wird auch impliziert, dass es jedenfalls und in einem klaren Zyklus Konjunkturphasen gibt, was in dieser Sache wirtschaftlich und ökonomisch auch nicht gesichert ist. Juristisch halte ich diese Vorgangsweise deshalb für bedenklich, denn überlegen wir uns, was das praktisch bedeuteten würde: Praktisch würde es bedeuten, dass der Verfassungsgerichtshof dann ex post darüber erkennen muss, ob ein Gesetz, das mit finanziellen Auswirkungen bedacht ist, verfassungswidrig ist, weil es dann darauf kommt, ob die jeweilige Konjunkturzyklusphase schon zu Ende ist und daher das Budget schon ausgeglichen sein hätte müssen. Ich glaube, dass das Problem nicht zu Ende gedacht ist, und dass darüber hinaus die Fixierung nur auf die Frage des ausgeglichenen Haushaltes eine viel zu enge ist, und dass es auch noch viele andere zu berücksichtigende Dinge im Staatsgefüge gibt, die Beschäftigung und vieles andere mehr. Daher lehne ich diesen Vorschlag ab.

Der zweite Bereich, der mich ganz besonders betrifft als Vertreterin des Landes Wien ist das Mandat des Ausschusses, wo es um die Reform der Finanzverfassung geht und vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung. Es müsste klar sein, dass ein bedarfgerechter Finanzausgleich bedeuten muss, dass jede Gebietskörperschaft für ihre Aufgaben und für die Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen entsprechenden Mittel auch zur Verfügung gestellt bekommt. Hier muss man einfach auch sehen, dass die Länder, aber vor allem auch die Städte und Gemeinden, nicht nur Aufgaben der allgemeinen Verwaltung übernehmen, sondern dass dort vor Ort auch die Leistungen der Daseinsvorsorge stattfinden, insbesondere im gesamten Bereich der Gesundheit, des Sozialen, der Altenversorgung.

Genau die Erfüllung dieser Aufgaben ist aber auch besonders kostenintensiv und darüber darf man nicht hinweg sehen. Gerade in den Ballungszentren, hier natürlich ganz besonders in der Bundeshauptstadt Wien, werden nicht nur Leistungen für die Wienerinnen und Wiener erbracht, sondern auch viele Leistungen, die im gesamtstaatlichen Interesse sind. Die derzeitige Situation, vor allem die finanzielle Situation der Länder und vor allem der Städte und Kommunen ist aber davon geprägt, dass die Mittel immer geringere werden und dass aber zusätzlich Aufgaben dazu kommen, es aber nicht so ist, dass diese zusätzlichen Aufgaben zusätzlich finanziell abgedeckt sind.

Wenn ich mir jetzt das Mandat des Ausschusses 10 anschaue, dann müsste doch eigentlich klar sein, dass die neue Finanzverfassung unter dem Titel der Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung in Zukunft genau darauf reagieren sollte. Das passiert aber nicht, wenn man den Ausschussbericht liest. Es besteht kein Konsens darüber, was das bedeutet; es wird nur lapidar gesagt, es sollen die Länder Steuerhoheit bekommen. Wenn man sich das näher durchliest, ist immer nur von der Grundsteuer die Rede und ist dann auch noch davon die Rede, dass das angeblich ein Mehr an Kompetenz für die Länder bedeuten soll. Tatsache ist, dass das nicht der Fall ist und ich bin daher sehr dafür, dass es zukünftig, um die ausgleichende und richtige finanzielle Ausstattung der Körperschaften auch zu sichern, so sein soll, dass diese Leistungen der Daseinsvorsorge auch wirklich langfristig abgesichert sind und es nicht jedes Jahr wieder Diskussionen darüber gibt, ob ein fixer Ertragsanteil des Steueraufkommens auch den Ländern und Gemeinden zugewiesen wird.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die ausreichende finanzielle Ausstattung der Länder und Gemeinden eine Voraussetzung für das Funktionieren des Staates ist. Es geht uns um die Bürgerinnen und Bürger und nicht um die Verfassung als Selbstzweck. Die Auswirkung dessen, was wir hier beschließen, wird sich vor allem in den Ländern, Städten und Gemeinden zeigen. Und daher sind nur starke Städte und starke Gemeinden ein Garant dafür, dass Österreich auch insgesamt gut funktioniert. Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Stadträtin. Die nächste Rednerin ist Frau Präsidentin Mag. Prammer. - Bitte, Frau Präsidentin.

Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich stehe zum ersten Mal in meiner Funktion als Mitglied des Konvents hier am Rednerpult.

Ich möchte auch, wenn Sie gestatten, Herr Präsident, ganz kurz nicht zum Tagesordnungspunkt sprechen, sondern mich sehr herzlich bedanken für das Vertrauen, das Sie mir gegeben haben, den Vorsitz im Ausschuss 8 zu übernehmen, übernehmen zu dürfen. Ich habe mir erlaubt, auch schon im Vorfeld an das Konventssekretariat einige Termine bekannt zu geben, sodass der Ausschuss 8 sehr kontinuierlich und auch sehr rasch weiter arbeiten kann, nachdem ja auch das Mandat dieses Ausschusses noch ein relativ umfangreiches ist. Und ich werde auch in den nächsten Tagen, vielleicht Wochen, aber eher Tagen, mit den relevanten Mitgliedern, vor allen Dingen mit den Vertretern und Vertreterinnen der Parteien näheren Kontakt aufnehmen, um auch das weitere Prozedere näher zu besprechen.

Nun aber zur Tagesordnung beziehungsweise zum Ausschuss 10. Ich möchte mich mit einem Spezialthema beschäftigen, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Der Herr Vizepräsident hat in seinem Bericht auch darauf hingewiesen, weil es ja auch Thema war in den Ausschussberatungen, nämlich das so genannte Gender Budgeting. Ich möchte mich deswegen auch auf diesen Punkt beziehen, weil ich ja schon einmal eingeladen war in den Konvent, nämlich als es damals darum ging - im November, wenn ich mich richtig erinnere - Hearings abzuhalten, wo ich als Vertreterin einer Frauenorganisation, nämlich der SPÖ-Frauen, dort ein Statement abgegeben habe, wo ich auf der einen Seite darauf hingewiesen habe, wie wichtig es ist in jedem Ausschuss, in allen Kapiteln der Konventsdebatte, die Frage der Geschlechtergerechtigkeit zu hinterfragen und auch immer auf einen besonderen Prüfstand zu stellen und dass es ganz besonders wichtig ist, dass wir das auch im Zusammenhang mit der Finanzverfassung tun.

Denn wir wissen alle, Geld regiert die Welt. Und wir kennen alle auch die Gegebenheiten und die Realitäten, die gerade auch Frauen in Österreich bislang zur Kenntnis zu nehmen haben, wie ihre Zugänge, ihre gesellschaftliche Partizipation ausschaut. Es ist mir vollkommen klar, dass im Rahmen von Budgeterstellungen oder auch von Steuergesetzgebung es nicht möglich ist, die Einkommensungleichheit zu beseitigen und Einkommensgleichheit herzustellen. Aber es muss doch selbstverständlich - sage ich jetzt einmal dazu - der Ansatz der Verteilungsgerechtigkeit gesucht werden, und wo denn, als gerade zwischen den Geschlechtern, muss versucht werden, zumindest in Ansätzen diese Verteilungsgerechtigkeit zu ermöglichen.

Das Gender Budgeting ist ja nichts Neues. Es wird auch schon in einigen - nicht vielen, aber doch einigen - Gebietskörperschaften probiert. Es wird bereits Vorarbeit geleistet in den Ländern, in einzelnen Ländern, in einzelnen Kommunen. Es gibt eine Arbeitsgruppe im Finanzministerium, wie ich weiß. Das heißt, wir beschäftigen uns hier in Österreich bereits mit dem Thema und wir beschäftigen uns vor allen Dingen auf internationaler Ebene mit dem Thema. Und nicht per Zufall hat der Europarat den Begriff des Gender Budgetings näher definiert, sodass ich es mir hier auch jetzt ersparen kann, auszuführen, was darunter zu verstehen ist.

Mir scheint es besonders wichtig zu sein, dass wir im Rahmen des Ausgleichs zwischen den Gebietskörperschaften hier genau auch diese Frage der Geschlechtertauglichkeit ins Auge fassen, denn ich gehe davon aus, dass die wesentlichsten und wichtigsten Maßnahmen noch immer, wahrscheinlich auch in Zukunft, gerade auf der kommunalen Ebene gesetzt werden. Ich erinnere an die Kinderbetreuungseinrichtungen, an andere Maßnahmen. Das heißt, wenn man gerade den Kommunen die Spielräume verkleinert, heißt das letztendlich, wir handeln gegen das Prinzip einer geschlechtergerechten Gesellschaft.

Ich glaube schon, dass es wichtig wäre, wenn wir gerade auch im Rahmen der Finanzverfassung, also nicht nur in vielen anderen Ansatzpunkten der Bundesverfassung, einer neu zu konzipierenden Bundesverfassung oder zu verändernden Bundesverfassung, sondern gerade auch im Rahmen der Finanzverfassung, diese Geschlechtertauglichkeit, dieses Gender Budgeting, vielleicht fällt uns noch ein besserer Begriff ein, jedenfalls mit aufnehmen sollten. Und ich habe hier die Erwartung auch an die weitere Ausschussarbeit, dass hier sehr ausführlich diskutiert wird, und der Versuch jedenfalls unternommen wird, dem auch Rechnung zu tragen.

Ich denke, es ist auch ganz wichtig, dass gewährleistet ist, dass zwischen den Gebietskörperschaften der Ausgleich so geschaffen wird und so gestaltet wird, dass gerade auch die Aufgaben nicht nur dann auf dem Papier stehen, sondern auch wirklich realisiert werden können, um den Frauen in Zukunft bessere Chancen zu ermöglichen. - Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Präsidentin. Ich darf als nächstem Herrn Präsidenten Prior das Wort erteilen. - Bitte sehr.

Walter Prior: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist wohl unbestritten und kann auch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass die föderale Struktur Österreichs und die Aufgabenverteilung zwischen dem Bund, den Ländern und auch den Gemeinden einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung, zum Wohlstand und zum sozialen Frieden in Österreich seit dem Ende des zweiten Weltkrieges geleistet haben. Die Bedürfnisse der Bevölkerung und der in Österreich lebenden Menschen können - wie sich gezeigt hat - am besten dadurch befriedigt und erfüllt werden, dass örtliche und regionale Einheiten im Rahmen eines noch größeren Kompetenzbereiches Entscheidungen vor Ort zum Wohle der dort lebenden Menschen treffen.

Um diese vielfältigen Aufgaben auch wahrnehmen zu können, ist die dafür notwendige finanzielle Ausstattung der einzelnen Gebietskörperschaften eine unabdingbare Voraussetzung, weshalb einer zukunftsweisenden Finanzverfassung und damit den Arbeiten des Ausschusses 10 eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Neugestaltung der österreichischen Bundesverfassung zukommt. In der österreichischen Finanzverfassung wird einerseits den einzelnen Gebietskörperschaften das Recht zuerkannt, bestimmte Steuern einzuheben und andererseits wird der Grundsatz festgelegt, die Einnahmen aus den verschiedenen Steuern den einzelnen Finanzausgleichspartnern zuzuweisen. Bei der Verteilung des Besteuerungsrechtes wird vielfach  - wie das im Bericht des Ausschusses 10 zum Ausdruck kommt - die Forderung nach mehr Steuerhoheit für die Länder erhoben. Obwohl ich durchaus Verfechter von Kompetenzverlagerungen hin zu den Ländern bin, halte ich gerade den Bereich der Steuerhoheit am wenigsten beziehungsweise nicht geeignet für eine Übertragung an die Länder.

Lassen Sie mich auch begründen, warum ich gegen eine Verlagerung der Steuerhoheit bei wesentlichen Steuern hin zu den Ländern eintrete. Zunächst einmal sollte die Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes in Österreich gewahrt werden. Durch unterschiedliche Steuersätze in den einzelnen Ländern würde einer Zersplitterung Vorschub geleistet werden, wodurch auch die gemeinsamen Anliegen von Bund und Länder zur Vereinheitlichung der Abgabenordnungen und einer bürgerfreundlichen Verwaltung mit klaren Zuständigkeiten (one-stop-shop) unterlaufen würden. Eine Verländerung würde auch den Überlegungen und Diskussionen zur Steuerharmonisierung in der EU zuwider laufen.

Falls die Steuerhoheit bei wesentlichen Steuern - sei es auch nur in Form von Zuschlägen - den Ländern zukommt, werden die Steuereinnahmen dem jeweiligen Land naturgemäß entsprechend dem Aufkommen im eigenen Land zufließen. Dies bewirkt, dass Länder mit einem derzeit hohen Aufkommen an Steuern im eigenen Land mehr Steuereinnahmen erhalten als ärmere Länder, die derzeit über ein nicht so hohes Aufkommen verfügen. Zum anderen würde bei einer Verlagerung von wesentlichen Steuern auf die Länder über kurz oder lang, zwischen den Ländern - beginnend bei Betriebsansiedlungen bis hin zu Begründung von Wohnsitzen - ein ungesunder Steuerwettbewerb einsetzen.

Dabei könnten reiche Länder zum Beispiel bei der Ansiedlung von Gewerbebetrieben auf Grund ihrer guten finanziellen Ausstattung mehr steuerliche Anreize bieten als ärmere Bundesländer. All dies würde in weiterer Folge dazu führen, dass die reichen Länder reicher und die armen Länder noch ärmer würden, wobei die armen Bundesländer aus eigener Kraft auch nicht mehr aus dieser Abwärtsspirale ausbrechen könnten. Gleichzeitig würde aber auch die Finanzmasse, die für einen Ausgleich zur Verfügung steht, geringer, sodass auch ein wirksames Entgegensteuern gegen diese Abwärtsentwicklung durch den Bund nur mehr schwer möglich ist. Nicht zu vergessen sind auch die enormen Kosten, die bei einer notwendigen Doppelverwaltung entstehen.

Vorstellen kann ich mir jedoch, dass das Steuerfindungsrecht der Länder erleichtert wird und dabei die Rechte des Bundes zur Verhinderung neuer spezifischer Steuern wie zum Beispiel von Mastensteuern und Schotterabgaben wesentlich eingeschränkt werden müssten.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Arbeiten des Österreichkonvents nur dann von Erfolg gekrönt sein werden, wenn es gelingt, eine neue Form der Partnerschaft, der gegenseitiger Rücksichtnahme und des gegenseitigen Verständnisses zwischen den einzelnen Gebietkörperschaften zu schaffen. Gerade im Bereich der Finanzverfassung und speziell bei der Verteilung der Steuereinnahmen auf den Bund, die Länder und die Gemeinden ist man von einer derartigen Partnerschaft weit entfernt und herrscht hier eine klare Vormachtstellung des Bundes. Es ist daher unabdingbar notwendig, in diesem wichtigen Bereich ein Instrumentarium zu schaffen, das den Ländern und Gemeinden ein effektives Mitspracherecht eröffnet.

Um die Parität bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich und bei steuerpolitischen Maßnahmen zu sichern, sollte ein spezielles Verhandlungsgremium, bestehend aus Vertretern der Bundesregierung, des Nationalrates, des Bundesrates, der Länder und der Gemeinden eingerichtet werden, dem ein absolutes Einspruchsrecht gegen Beschlüsse des Nationalrates zum Finanzausgleichsgesetz und zu Steuergesetze, die zu Einnahmenausfällen bei Länder und Gemeinden führen, zukommt. Um dabei Blockademöglichkeiten aus partikulären Einzelinteressen zu vermeiden, könnte ein modifiziertes Beschlusserfordernis vorgesehen werden. Durch dieses Instrumentarium könnte bewirkt werden, dass eine neue Form der Partnerschaft zwischen den Gebietskörperschaften entsteht, die nicht geprägt ist, von der derzeitigen übermächtigen Vormachtstellung des Bundes.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Präsident. Ich darf als nächsten Redner Herrn Generalsekretär Pramböck aufrufen.  - Bitte schön.

Dipl.-Kfm. Erich Pramböck: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Mitglieder des Präsidiums!

Ich möchte ausdrücklich dem Vorsitzenden des Ausschusses 10 und auch der Ausschussbetreuung für die gute Zusammenarbeit während der Beratungen in den letzten Monaten danken. Es herrscht ein ganz besonders gutes Klima. Die Vielzahl an Vorschlägen, die Sie präsentiert bekommen haben, glaube ich, zeigt, dass alle Seiten die Beratungen sehr ernst genommen haben und sehr viel eingebracht haben, auch von Seiten des Städtebundes aus.

Es ist für uns eine Voraussetzung und ein Prinzip, dass wir sagen: Eine neue Finanzverfassung muss einen Rahmen schaffen, der sicherstellt, dass die Gebietskörperschaften in der Lage sind, auch in einem größeren Europa ‑ und das gilt natürlich hier jetzt in besonderem Maße für die Städte und Gemeinden ‑ einen Beitrag zur Lebensqualität der Bevölkerung und auch zur Entwicklung der örtlichen Wirtschaft zu leisten. Ich denke, über dieses Ziel bestand in den Ausschussberatungen noch breiter Konsens. Dann aber zeigten sich - und Sie haben das ja durch die Präsentationen bereits gesehen - doch deutliche Auffassungsunterschiede, die nicht nur zwischen Bund, Länder und Gemeinden, sondern häufig eigentlich zwischen jenen verlaufen sind, die sich eher einen zentralstaatlichen Ansatz wünschen und jenen, die glauben, dass die Zukunft Österreichs eher in einem neu strukturierten, weiter entwickelten föderalen Ansatz zu sehen ist, verlaufen.

Wir waren uns auch bewusst, dass nicht die Finanzausgleichsverhandlungen im Vordergrund stehen. Natürlich waren wir alle geprägt von den Erfahrungen mit Finanzausgleichen und mit der Entwicklung der Finanzen der Gebietskörperschaften, und hier müssen wir klar feststellen, dass die Städte und Gemeinden sehr viele Aufgaben übernommen haben, ohne dass die finanzielle Ausstattung auch mitgekommen ist. Das gilt auch für die Länder. Der wesentliche Grund dafür ist, dass beim Bund die Kompetenz liegt und er Regelungen treffen kann, selbst wenn er uns eingeladen hat, selbst wenn wir zu keinem Ergebnis kommen, Regelungen treffen kann, die die Städte und Gemeinden belasten und ohne dass eine entsprechende Finanzausstattung auch tatsächlich erfolgt.

Das Ergebnis ist eine mittlerweile auch von der Wissenschaft akzeptierte, anerkannte, dargestellte so genannte Fiskallücke der nachgeordneten Gebietskörperschaften. Und auch die vom Bund im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen vor kurzem zur Verfügung gestellten Daten über die Entwicklung der Ertragsanteile und des Anteils am Abgabenertrag der einzelnen Ebenen der Gebietskörperschaften zeigen deutlich auch, wie sehr sich hier eine Aufgabenverschiebung, eine Finanzverschiebung ergeben hat.

Es war deshalb für uns vollkommen klar, dass wir in den Ausschuss hineingehen mit Forderungen, die in Richtung einer Ankerung, einer echten oder doch zumindest wesentlich verbesserten Parität der Gebietskörperschaften notwendig sind. Es ist notwendig im Hinblick auf die stabilitätspolitischen Verpflichtungen, aber auch im Hinblick darauf, dass Städte und Gemeinde leistungsfähig sein müssen für ihre Bürger und auch für die örtliche Wirtschaft und dass auch von ihren Budgets erhebliche wachstumspolitische Zielsetzungen ausgehen.

Und das bedeutet in der Praxis ein zwingendes Finanzausgleichspaktum mit einer besonderen Rechtsqualität, nämlich auf der Stufe eines Verfassungsgesetzes: Änderungen des Finanzausgleichs nur auf Grund zwingender Verhandlungen, sprich Einführung einer echten Verhandlungspflicht und nicht Beharren auf einem erwiesenermaßen zu schwachen Verhandlungsgebot, die Verankerung des bisherigen § 7 in der Finanzverfassung, nämlich die dort geregelten Verhandlungen, und bei fehlender Einigung über ein neues Paktum oder sonstiger Abänderungen des Finanzausgleiches soll der Bund nicht mehr die Kompetenz zur uneingeschränkten Entscheidung haben, wobei allerdings Blockademöglichkeiten ausgeschlossen sein sollen. Für diesen Fall - auch das wurde schon dargestellt - sind eine stärkere Einbindung eines neu strukturierten Bundesrates oder eines abgeänderten 26-er Ausschusses beziehungsweise erhöhte Quoren für die Beschlussfassung geeignete Instrumente. Und es muss klar gesagt werden, dass wir auf einer solchen Parität, einer wesentlich verbesserten Parität bestehen und auch darauf hinwirken sollen, wenn es darum geht, diesen erfolgreichen österreichischen Weg weiter zu gehen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch noch ganz kurz auf den Stabilitätspakt eingehen. Ein Stabilitätspakt ist ein Pakt, der auf Grund der freiwilligen Übereinkunft von Bund, Ländern und Gemeinden geschlossen wurde. Es bedurfte keines Zwanges des Bundes, dass sich die einzelnen Partner an diese, zu bestimmten Leistungen im Rahmen von Maastricht verpflichtet haben. Und ich darf Ihnen die Zahlen für das Jahr 2003 zitieren: Die Gemeinden haben - die Gemeinden ohne Wien haben - Maastricht mit 0,05 Prozent übererfüllt, die Länder haben einen Überschuss - allerdings nicht den vollen Überschuss - von 0,75 Prozent erfüllt, und der Bund hat ein Maastricht-Defizit statt von 0,75 von 1,77 Prozent.

Es ist, glaube ich, der bisherige Weg der freiwilligen Selbstverpflichtung von Gebietskörperschaften ein viel sinnvollerer und offensichtlich ein wesentlich effizienterer zur Erzielung von gesamtstaatlichen Zielen bei gleichzeitig möglicher Verhinderung von Wachstumseinschränkungen und Wachstumsverlusten, als wenn es hier zu einseitigen Verschiebungen in der Kompetenz zu Gunsten einer zentralstaatlichen Einrichtung kommt. Ich möchte diese Zahlen nur mit zu bedenken geben, wenn wir in die nächsten Beratungen gehen. Nochmals vielen herzlichen Dank.  Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Generalsekretär. Ich darf als nächstem Redner Herrn Landeshauptmann Dr. Pühringer das Wort erteilen. - Bitte sehr, Herr Landeshauptmann.

Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Bericht des Ausschusses 10 ist sicherlich nur ein Zwischenbericht, und ich kann mich bei sehr vielen Aussagen meinen Vorrednern, die aus den Ländern und Gemeinden kommen, vollinhaltlich anschließen. Dennoch möchte ich zu einigen ganz wesentlichen Punkten eine kurze Stellungnahme abgeben, nicht zuletzt auch deswegen, weil einige Wiener Kommentatoren in den letzten Tagen das Thema Konventfortschritt im Generellen und die Frage der Finanzverfassung aus meiner Sicht sehr verkürzt kommentiert haben mit den Worten: Länder und Gemeinden, insbesondere die Länder, verhindern vernünftige Lösungen durch übertriebenen Föderalismus und durch überstrapazierte Subsidiarität. Ich möchte dem ganz entschieden entgegentreten und möchte eine Antwort geben, mit Professor Kramer vom Wirtschaftsforschungsinstitut, der einmal gemeint hat: Letztendlich sind immer die zentralistischen Lösungen auch die teuersten Lösungen. Damit, meine Damen und Herren, hat er, wie ich glaube, hundertprozentig Recht.

Im Einzelnen. Punkt eins, zu dem ich Stellung nehmen möchte, Prinzip der ausgeglichenen Haushalte über die Konjunkturperiode. Ich bekenne mich grundsätzlich zum Prinzip der ausgeglichenen Haushalte. Warum? Weil es eine Verantwortung gegenüber künftigen Generationen gibt. Und wenn man dieses Prinzip allgemein fasst und den Konjunkturzyklus auch zeitlich fasst, dann kann ich mir so etwas vorstellen. Ich glaube aber, dass das bisherige Prinzip, einen Stabilitätspakt für bestimmte Zeiträume abzuschließen, durchaus auch dieses Ziel erfüllt und in der Handhabung womöglich flexibler ist, als eine starre Verfassungsbestimmung. Und wenn wir antreten, die Verfassung zu verkleinern und zu vereinfachen, dann sollten wir sie nicht mit letztlich im Vollzug doch problematischen Bestimmungen zusätzlich belasten.

Bei den Sanktionen, das hat schon auch mein Vorredner Pramböck sehr deutlich zum Ausdruck geführt, sind wir Länder und Gemeinden etwas skeptisch. Etwas skeptisch deswegen, ich brauche es nicht wiederholen, weil Länder und Gemeinden in weitaus größerem Ausmaß die Stabilitätsziele freiwillig erfüllt haben, als sie der Bund erfüllt hat. Daher nehmen Sie das nicht als forsche, oder gar freche Bemerkung, hier sind wir gegen irgendwelche Oberlehrerbestimmungen des Bundes, von Seiten der Länder und Gemeinden, vorsichtig und sensibel.

Was die Budgethoheit der einzelnen Gebietskörperschaften anlangt, in die möglichst wenig eingegriffen werden soll, auch im Sinne des Gesagten, kann ich nur sagen, das ist eine Frage der Selbstachtung einer Gebietskörperschaften. Je mehr er an Budgethoheit abgibt, umso mehr gibt er ab an Selbständigkeit und an Tragfähigkeit. Ich möchte jetzt gar nicht das Verhältnis Länder und Bund noch einmal historisch hier aufzeigen, das habe ich schon getan, dass zweimal die Länder den Bund gegründet haben und dass es daher ein starkes Selbstverständnis der Länder gibt in Österreich. Ich glaube, das war in der Vergangenheit nicht zum Nachteil dieser Republik und vor allem nicht der Menschen.

Zweiter Punkt, den ich ansprechen wollte. FAG, Einvernehmlichkeitslösungen. Meine Damen und Herren! Die Finanzausgleichvereinbarungen sind immer einvernehmlich in Österreich zustande gekommen. Wieso sollten wir dann diese Einstimmigkeit nicht verankern? Das frage ich mich. Ich glaube, dass die Vorschläge, die hier gemacht wurden, durchaus vernünftig sind. Es geht aber um eine Grundsatzfrage. Wie verstehe ich die Zusammenarbeit der drei Gebietskörperschaften? Wir, und da sage ich durchaus Länder und Gemeinden, verstehen sie so, dass hier eine Finanzmasse ist, dass hier drei gleichberechtigte Partner an einem Tisch sitzen und vernünftig diese Finanzmasse, entsprechend der Aufgaben dieser Gebietskörperschaften, zu verteilen haben.

Hier kann es keine Subordination geben. Hier kann es keine Besser- und Schlechterstellung geben, hier sitzen drei Gleichberechtigte am Tisch, die sich um eine einvernehmliche Lösung zu bemühen haben. Das ist unsere Grundauffassung, daher können wir mit der Kompetenzkompetenz des Bundes in dieser Form und in dieser Frage, ehrlich gesagt, nichts anfangen. Meine Damen und Herren! Wieso sind wir hier so skeptisch? Die parallel laufenden Finanzausgleichsverhandlungen, und ich bin einer der Verhandler, haben eines deutlich gezeigt. Wir haben verlangt, es müssen die Finanzmassen vor und nach dem EU-Beitritt genau in der Veränderung festgehalten werden.

Was ist das Faktum? 3,5 Prozent sind Richtung EU gegangen und diese 3,5 Prozent teilen sich in etwa, da sind Bund und Länder nur um 0,1 Prozent im Verteilen verschiedener Meinung, also das ändert nichts. 0,5 Prozent hat der Bund eingebüßt und drei Prozent haben Länder und Gemeinden eingebüßt. Das ist einfach nicht gerecht. Da hat es einen grauen Finanzausgleich gegeben. Da hat es Verschiebungen zu Lasten der Gemeinden und der Länder gegeben. Die können wir doch nicht einfach zur Kenntnis nehmen, das muss man verstehen. Dass wir dann vorsichtig sind, wenn neue Regelungen geschaffen werden, das ist überhaupt keine Frage, und da wären wir als Länder- und Gemeindevertreter vollkommen falsch am Platz, wenn wir das einfach kopfnickend zur Kenntnis nehmen würden, das können wir nicht tun.

Manche haben in den letzten Tagen die Steuerhoheit für die Länder - beziehungsweise deren Ablehnung durch die Ländervertreter - sehr skeptisch kommentiert. Ich habe hier einen Artikel von der Frau Abgeordneten Glawischnig, die Gott sei Dank jetzt den Saal betritt. Und Sie sagt: Ja, das wäre den Ländern unangenehm. Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren des Konvents! Ich sage in aller Klarheit, das ist nicht die Frage. Die Frage ist die Sinnhaftigkeit. Man kann mit uns ohne weiteres reden, wie man die Länder in die Steuerfindung sinnvoll einbindet.

Ich habe Verständnis dafür, dass der Bund nicht immer das Bummerl haben will, dass er einzig und allein für die Einbringung der Steuern verantwortlich ist. Dafür habe ich großes Verständnis. Aber deswegen muss ich nicht eine sinnlose Lösung anstreben, indem ich irgendwelche Agenden an die Länder weitergebe. Denn mit Bagatellesteuern löst man das Problem nicht und große Steuern kann man nicht weitergeben, denn da gefährde ich die Einheitlichkeit des Wirtschaftsraumes. Und wenn ich das alles lese, was die EU derzeit sagt, über einheitliches Steuersystem, über Nationalstaaten hinaus, dann wäre das ein böser Kantönligeist, den wir hier neu verankern. Uns ist es nicht unangenehm. Wir wissen, dass wir hier Pflichten haben. Wir schicken uns gerade an, etwa eine neue Länderkammer zu formulieren. Geben Sie doch dem Bundesrat als echter Länderkammer die Kompetenzen, die er braucht, damit er an solchen wichtigen Fragen, wie der Steuerfindung, kompetent mitwirken kann. Das ist uns nicht unangenehm. Das ist uns nicht unangenehm. Wir wirken ohne weiteres mit. Die Länder haben sich in ihrer langen Geschichte von der Verantwortung noch nie gedrückt, das möchte ich einmal deutlich sagen. Wenn wir sinnvoll eingebunden werden, dann stehen wir zur gesamtstaatlichen Verantwortung, und die Gemeinden und Städte sicherlich auch.

Was aber nicht geht, ist, dass man sagt, für bodenbezogene Steuern geben wir den Ländern die Gesetzgebung. Was soll das? Das ist nicht einmal eine Milliarde von 63, schafft eine zusätzliche Bürokratie und für die Gemeinden ist es vollkommen egal, ob sie jetzt aufgrund eines Bundes- oder eines Landesgesetzes vollziehen. Das hat für den Bürger null Auswirkungen, bringt null Einsparung, bringt null Effizienzvermehrung in der Verwaltung.

Wir sind also nicht stur, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen nur, dass man sinnvolle Lösungen angeht und nicht einfach Lösungen, dass das Kind einen Namen hat.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner (übernimmt den Vorsitz): Entschuldigung! Aber durch den Vorsitzwechsel ist offensichtlich deine Zeitmaschine nicht eingeschaltet worden und ich sehe jetzt, dass du fast drei Minuten darüber bist. Um auch mich so quasi nicht des Vorwurfes auszusetzen, meinen Landeshauptmann würde ich besser behandeln als alle anderen, darf ich dich bitten, vielleicht den letzten Satz zu sprechen.

Dr. Josef Pühringer: Solange es nicht rot wird am Rednerpult, habe ich mir nichts gedacht dabei. Wie immer, auch im eigenen Landtag in Oberösterreich, gehorche ich dir natürlich und komme zum Schluss.

Ich stelle fest, die Länder wollen es sich nicht billig machen. Wir sind für sinnvolle Lösungen, auch bei der Steuerfindung. Aber wir glauben nicht, dass eine Aufgliederung hier Sinn macht. Ich bitte alle, der billigen Formel abzuschwören, Föderalismus heißt Kostensteigerung, meine Damen und Herren. Föderalismus heißt bürgernäher lösen und - in aller Regel - kostengünstigere Lösungen zu ermöglichen. Und Länder und Gemeinden sind keine Reformverweigerer, ganz im Gegenteil: Länder und Gemeinden sind an sinnvollen Reformen sehr interessiert.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bedanke mich. Ich bitte Herr Dr. Matzka um seine Ausführungen!

Dr. Manfred Matzka: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Konvents!

Zwei Bemerkungen zu den vorangegangenen Wortmeldungen.

Die Erste: Wir sollen - und ich unterstreiche das ganz deutlich - diesen föderalistischen Aspekt, den Aspekt der Verteilung von Finanzmassen zwischen den Gebietskörperschaften, nicht nur anhand der Relation zwischen Bund und Ländern betrachten, sondern auch anhand der Relation zwischen Ländern und Gemeinden. Wir sollen empirisch feststellen, wie sich Finanzmassen tatsächlich verschoben haben, wer Gewinner und Verlierer der letzten Jahre ist. Ich sage jetzt gar nicht, wer Gewinner und Verlierer der letzten Jahre ist, aber es gibt dazu bereits wissenschaftliche Untersuchungen. (Der Präsident des Gemeindebundes weiß genau, was in diesen steht.) Daraus sollte man erkennen, dass jener Gebietskörperschaftentypus, der „draufgezahlt“ hat, offensichtlich am dringendsten einer Stärkung seiner Position bedarf. Ich lasse Sie weiterhin raten, welcher Gebietskörperschaftentyp das ist - aber zwei der anwesenden Konventsmitglieder wissen das ganz genau. Der Aspekt, die Mittelverteilung nicht nur auf Bund und Länder zu reduzieren, wie das in den Medien sehr gerne gemacht wird, scheint mir ganz wichtig zu sein.

Zweite Bemerkung: Wir müssen natürlich Verständnis dafür haben, dass dann, wenn Aufgaben bei einer Gebietskörperschaft zuwachsen, auch die erforderlichen Mittel vorhanden sein müssen. Aber ganz so einfach ist es nicht, dass nur auf einer Ebene einer Gebietskörperschaft Aufgaben zuwüchsen. Die wachsen auf jeder Gebietskörperschaftenebene neu, weil sich die Welt weiter entwickelt und dann stellt sich eine komplizierte Verteilungsfrage, weil die Gesamtsumme dessen, was zu verteilen ist, ja hundert Prozent nicht übersteigen kann. Egal wie viele neue Aufgaben kommen, es sind immer nur 100 Prozent Mittel vorhanden. Was tun wir, wenn jede Gebietskörperschaftenebene zu Recht auf neue Aufgaben verweist? Dann ist man wieder in einer Pattstellung.

Ich wollte aber vor allem zu einem anderen Aspekt reden, der mir ganz wichtig erscheint und der sowohl im Ausschussbericht vorkommt als auch in der weiteren Ausschussarbeit noch zu behandeln sein wird. Wir sehen die Tendenz - und diese ist an sich richtig  - bei der Budgeterstellung und beim Budgetvollzug zu einer Mittelfristigkeit, zu einer mittelfristigen Planung, zu Zielvorgaben über mehrere Jahre hinweg, zu mehr Flexibilität, zu Globalbudgetierungen, zur Auflösung des Stellenplans und dergleichen zu gelangen. Das ist nun eine Tendenz, welche die Aussagekraft des Budgets schwächt, und eine Tendenz, die, wenn man ihr ungehindert Lauf lässt, auch dazu führen kann, dass Positionen des Parlaments im Bereich der Budgeterstellung und der Budgetkontrolle geschwächt werden. Sie stärkt tendenziell die Verwaltung, den Finanzminister, die Landesregierung oder den zuständigen Landesrat oder die Bürgermeister. Das sollen wir im Auge behalten. Da muss man aufpassen und Vorkehrungen treffen.

Parallel dazu sehe ich eine zweite Entwicklung. Wir haben es mit dem Phänomen der Ausgliederung, der Auslagerung, der Privatwirtschaftsverwaltung zu tun, wobei wahrscheinlich die Finanzvolumina, die in diesem ausgelagerten Bereich bewegt werden, schon größer sind als die, die im klassischen staatlichen Bereich bewegt werden. Auch hier gibt es eine Tendenz zur Flucht aus dem parlamentarisch beschlossenen und zu verantwortenden Budget und zur Stärkung der Verwaltung, Stärkung der Organe im ausgelagerten Bereich und damit zur Schwächung der Parlamente.

Diese Tendenzen sollen wir erkennen. Wir sollen daraus allerdings nicht die Konsequenz ziehen, diese Entwicklungen zu behindern, denn die sind an sich richtig. Die mittelfristige Finanzplanung genauso wie die Ausgliederung bestimmter staatlicher Aufgaben und Tätigkeiten. Wir müssen aber erkennen, dass wir uns angesichts dieser Tendenz Gedanken darüber machen müssen, welche neuen, welche zusätzlichen Möglichkeiten wir den Parlamenten in die Hand geben, um ausgegliederte Bereiche und längerfristige Planungen effektiv kontrollieren und steuern zu können.

Da bedarf es der Stärkung von Kontrollmöglichkeiten der Parlamente, da bedarf es neuer Möglichkeiten des Mitwirkens am Vollzug, da bedarf es neuer organisatorischer Formen und neuer Formen der Debatten; es geht auch um einen grundsätzlich neuen Ansatz bei der Frage der Behandlung von Rechnungsabschlüssen. Denn die Art und Weise, wie derzeit Rechnungsabschlüsse im Parlament behandelt werden, ist nicht mehr vergleichbar mit der Funktion, die ein Aufsichtsrat eines Riesenunternehmens gegenüber seinem Vorstand braucht - ich würde das aber gerne ähnlich gestaltet wissen. Ich breche jetzt und für die weitere Debatte eine Lanze für die Stärkung von Nationalrat, Landtagen und Gemeinderäten im Bereich des Budgetrechts, im Bereich der Budgetgestaltung, des Vollzuges und der Budgetkontrolle.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Ich bitte Herr Dozent Dr. Bußjäger um seine Ausführungen.

Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich möchte mich zu dieser Zauberformel „Zusammenführung von Einnahmen und Ausgaben und Aufgabenverantwortung“ äußern. Wenn man das Prinzip konsequent umsetzt, bedeutet das, wer für die Aufgabenbesorgung zuständig ist, soll auch für die Mittelaufbringung zuständig sein. Der Blick auf die Länder und Gemeinden ist damit sofort klar, wenn man das Prinzip konsequent umsetzen will, bedeutet dies, den Ländern und Gemeinden die Disposition über einen beträchtlichen Anteil an den Massensteuern zu geben - Einkommensteuer, Körperschaftssteuer. Das bedeutet konsequenten Steuerföderalismus, der führt in der ökonomischen Theorie des Föderalismus zu einem Steuerwettbewerb, der wiederum zu mehr Effizienz führen soll. Soweit die Theorie.

Im Ausschuss wird diese Form von Steuerföderalismus allerdings nicht angedacht. Vielmehr soll der Steuerföderalismus, wie er von seinen Proponenten im Ausschuss gebracht wird, nur für Abgaben in Betracht kommen, die für eine Regionalisierung, wie es heißt, in Betracht kommen - das klingt zwar nicht schlecht, wenn man den Begriff der Regionalisierung dann aber näher hinterfragt, dann stößt man, das wurde heute schon gesagt, nur auf die Grundsteuer. Natürlich kann man jetzt ungeachtet dessen darüber diskutieren, ob die Länder die Grundsteuer einheben sollen, das kann man im Bereich des Finanzausgleichs durchaus tun, fraglich ist, ob sich der Konvent damit befassen muss. Nur eines muss klar sein, mit „Zusammenführung von Einnahmen, Ausgaben und Aufgabenverantwortung“ hat es bei diesem Volumen, das die Grundsteuer hat, relativ wenig zu tun. Wie gesagt, das ist eine Nebenfrage.

Entschieden entgegentreten möchte ich der Aussage im Bericht, dass es dabei wesentlich um eine - zumindest von den Unterstützern dieser Variante wird das vorgebracht, um eine - Erhöhung der Kompetenzen der Landtage zur Gesetzgebung und damit um eine Stärkung des Bundesstaates handelt. Meine Damen und Herren! Es ist ja paradox. Auf der einen Seite werden Forderungen artikuliert, den Ländern Kompetenzen zu nehmen, die für sie wesentliche Gestaltungsfähigkeiten erlauben. Heute ist das Wort Baurecht gefallen. Und auf der anderen Seite soll nun die Einhebung der Grundsteuer eine wesentliche Stärkung des Föderalismus sein. Also, das kann man nun mit Ernsthaftigkeit nicht behaupten. Man kann, wie gesagt, diskutieren über die Grundsteuer, wer sie einhebt, aber dass das ein föderales, wesentliches föderales Element sein soll, bezweifle ich.

Ich meine daher, wenn man keinen konsequenten Steuerföderalismus will und es sprechen Argumente gegen einen Steuerföderalismus, Kramer hat sich zuletzt in seinem ökonomischen Aspekten der Bundesstaatsreform damit befasst, es gibt übrigens nach meinem Wissen nur drei Staaten, wo das einigermaßen funktioniert. Schweiz, Kanada und USA und alle anderen Beispiele waren teilweise von verheerenden Resultaten geprägt. Wenn man also diesen Weg nicht gehen will, den des Steuerföderalismus, dann würde ich doch meinen, gibt es noch eine andere Variante, nämlich das, was im Bericht anklingt, der Vorschlag, der gemacht wurde von Vertretern der Länder und Gemeinden, nämlich langfristige Absicherung des Anteils einer jeder Gebietskörperschaftsebene an der zur Verfügung stehenden Finanzmasse. Das würde es dem Bundesgesetzgeber, vielleicht auch dem Finanzminister, weniger reizvoll machen, ausgerechnet die Steuern zu erhöhen, an denen er einen möglichst hohen Ertrag hat und möglichst jene Steuern zu reduzieren, bei denen die Zeche andere zahlen müssen, wie es unlängst in einem Zeitungsbericht geheißen hat. Vielen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Die nächste Rednerin ist die Frau Klubobfrau Mag. Dr. Petrovic. Bitte.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte zunächst noch einmal einen kurzen Bogen schlagen zwischen dem Ergebnis oder Zwischenergebnis des Ausschusses 2 und dem des Ausschusses 10 und dann zu unserem Hauptanliegen im Ausschuss 10 zu kommen.

Die Verfassung ist ja nicht  - heute ist so oft das Bild vom Bauwerk in Anspruch genommen worden - in einem Wurf als ein Werk zu einer Zeit entstanden, sondern sie hat sich entwickelt. Da waren immer Zubauten, auch teilweise verantwortlich für die Probleme, die wir heute haben oder die die Arbeit dieses Konvents ausmachen. Und ich appelliere dringend - das betrifft den Ausschuss 2, das betrifft aber auch die finanziellen Auswirkungen von all dem, was wir hier besprechen -, dass man die neueren, die jüngeren Teile, auch die moderneren Teile der Rechtsordnung, die als Ziele staatlicher Tätigkeit erst später hinzugekommen sind, dass man die nicht stiefmütterlicher behandelt. Ganz einfach deswegen, weil sie komplexer sind in der Art, wie sie geregelt sind. Also, wenn ich denke hier an Materien wie etwa die Gleichstellung oder der ganze große Bereich des Umweltrechts: Ja selbstverständlich sind dort die Kompetenzen nicht so klar und straight wie in den Materien, die von Anfang an die Staatstätigkeiten ausgemacht haben; aber es kann nicht so sein, dass man dort heute, wenn es um die Rechte der Frauen geht, oder wenn es um Umweltmaterien geht, dann letztlich die Modernisierung des gesamten Rechtsgebildes aus dem Auge verliert. Das heißt: Wir müssen dort trachten, neue und taugliche und vollziehbare Grundlagen zu schaffen. Und wir müssen auch schauen, dass diese neuen Staatsagenden finanziell nicht ins Hintertreffen geraten.

Deswegen unsere beiden Hauptanliegen im Ausschuss 10: Wir sprechen uns aus gegen das, was hier schon von Staatssekretär Finz angesprochen worden ist als so genannter Mayer-Vorschlag, der ausgeglichene Haushalt, weil uns dieses Prinzip zu einseitig vorkommt und auch eine unnotwendige Selbstbindung  - fast möchte ich sagen Selbstfesselung  - der Gebietskörperschaften darstellt. Und wir plädieren  dafür - es ist auch heute schon angesprochen worden -, das Prinzip des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu verankern, wissend - wir Grünen haben hier einen Textvorschlag vorgelegt -, dass es hier viele Zielsetzungen gibt, die man allesamt versuchen muss zu beachten, nämlich das Wirtschaftswachstum, die Teilnahmemöglichkeiten am Erwerbsleben, die Stabilität des Preisniveaus, die Verteilungsgerechtigkeit, insbesondere zwischen den Geschlechtern, und der Schutz der Umwelt.

Und diese Ziele, die muss man versuchen, zusammenzupacken mit den finanziellen Zielen. Und selbstverständlich wollen wir, dass das im Einvernehmen  - das heißt: koordiniert Bund, Länder, Gemeinden - vollzogen wird. Denn wir glauben auch, dass es nicht so sein kann, dass der Bund unter Bedachtnahme auf internationale Verpflichtungen auf Kosten der Gemeinden sich gesund spart, sondern hier wird man sich einfach zusammenraufen müssen und muss insbesondere die Anliegen der Städte und Gemeinden adäquat berücksichtigen. Das heißt: Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung sollte dem Haushaltsrecht aller Gebietskörperschaften zu Grunde gelegt werden. Und dazu ist es aus unserer Sicht unerlässlich - und es wäre ein ganz wichtiges und modernes Prinzip -, dass man hier vor allem die Gleichstellung der Geschlechter auch im Bereich der Finanzverfassung berücksichtigt, das heißt, das Prinzip des Gender Budgetings soll und muss verankert werden. Wir haben ja eine entsprechende Expertin und Expertenmeinung in den Ausschuss eingebracht, und wir werden nicht müde werden, für dieses Prinzip einzutreten, von dem ich glaube, dass es auch für die Wirtschaft ein total wichtiges Prinzip ist. Denn in dem Maße, wie insbesondere Frauen nicht in die Lage gesetzt werden, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, fallen sie natürlich auch als Faktoren einer positiven Wirtschaftsentwicklung weitgehend aus.

Wir haben auch Vorschläge erstattet, wie man das machen kann, dieses Gender Budgeting in die Verfassung einzubauen, und ich verweise einmal mehr auf einen entsprechenden Ministerratsbeschluss  - der auch vom Ministerrat zustimmend zur Kenntnis genommen worden ist -, dass es eine Aufgabe des Ausschusses 10 sein soll, dieses Gender Budgeting zu verankern. Also bitte, dieses Ziel nicht immer wie eine heiße Kartoffel von einem Ausschuss in den anderen weiterzugeben, sondern das gehört in den Ausschuss 10, das muss hier umgesetzt werden, und ich darf auf das Beispiel des Landes Oberösterreich verweisen oder auch auf den Bereich der Bundesverwaltung, auf das AMS, wo entsprechende Grundlagenarbeit bereits geleistet worden ist. Also, es ist möglich, und hier sollte sich der Bund, und sollten wir uns im Konvent ein gutes Beispiel nehmen. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bedanke mich für alle Wortmeldungen. Ich mache kein Resümee und keine Zusammenfassung, weil es mir wirklich scheint, dass es dazu noch zu früh ist, aber es haben sich doch Übereinstimmungen und Bruchlinien gezeigt, wo es die Damen und Herren des Ausschusses vielleicht ein wenig einfacher haben, auf dieser Grundlage weiter zu arbeiten.

Ich danke dem Herrn Vizepräsident Vögerle sehr herzlich für seinen Vortrag und für die Leitung dieses Ausschusses gemeinsam mit dem Vorsitzenden, Herrn Bundesminister Dr. Strasser.

Die nächste Sitzung des Plenums ist für den 10. September anberaumt. Ich sage dazu, dass es noch nicht ganz sicher ist, ob sie stattfinden wird oder nicht stattfinden wird; in beiden Fällen - bei Absage oder Einberufung - werden wir Sie rechtzeitig davon verständigen.

Ich bedanke mich für Ihr heutiges Kommen und Ihre Teilnahme. Die Sitzung ist geschlossen.