Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT





17. Sitzung

Freitag, 28. Jänner 2005










 

 


 

T A G E S O R D N U N G

 

 

Bericht des Österreich-Konvents

 


 

Inhalt

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3

Dr. Andreas Khol................................................................................................... 3

Dr. Peter Wittmann................................................................................................ 6

MMag. Dr. Madeleine Petrovic............................................................................ 7

Herbert Scheibner.............................................................................................. 10

Dr. Wolfgang Schüssel....................................................................................... 12

Mag. Barbara Prammer....................................................................................... 15

Angela Orthner.................................................................................................... 17

Mag. Sonja Wehsely............................................................................................ 19

Waltraud Klasnic.................................................................................................. 21

Mag. Gabi Burgstaller......................................................................................... 23

Dr. Christoph Leitl............................................................................................... 26

Hans Niessl.......................................................................................................... 28

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner.. 29

Dipl.-Ing. Jörg Freunschlag................................................................................ 30

Elisabeth Gehrer................................................................................................. 32

Friedrich Verzetnitsch........................................................................................ 34

Christine Gleixner............................................................................................... 36

Mag. Terezija Stoisits......................................................................................... 38

Dr. Johann Rzeszut............................................................................................. 41

Dr. Peter Kostelka............................................................................................... 44

Dr. Clemens Jabloner......................................................................................... 46

MMag. Dr. Willi Brauneder................................................................................. 47

Johann Hatzl........................................................................................................ 50

Dr. Günter Voith................................................................................................... 52

Albrecht Konecny................................................................................................ 54

Dr. Theodor Öhlinger......................................................................................... 55

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka    57

Dr. Bernhard Raschauer.................................................................................... 57

Dr. Gerhart Holzinger......................................................................................... 59

DDr. Christoph Grabenwarter........................................................................... 61

Dr. Ewald Wiederin.............................................................................................. 63

Dr. Claudia Kahr.................................................................................................. 65

Dipl.-Kfm. Erich Pramböck................................................................................. 66

Gebhard Halder................................................................................................... 68

DDr. Karl Lengheimer......................................................................................... 70

Bernd Vögerle...................................................................................................... 72

Dr. Peter Bußjäger.............................................................................................. 74

Dr. Herbert Haller................................................................................................ 75

MMag. Michael Neureiter................................................................................... 77

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 78

Helmut Mödlhammer........................................................................................... 80

Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 82

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler............................ 85

Herbert Scheibner.............................................................................................. 85

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 85

Dr. Klaus Poier..................................................................................................... 85

Dr. Michaela Pfeifenberger................................................................................ 87

Dr. Alfred Finz...................................................................................................... 90

 

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die heutige und zugleich letzte Sitzung des Österreich-Konvents eröffnen und alle Anwesenden sehr herzlich begrüßen. Ich begrüße auch die Fernsehzuschauer daheim, die unserer Übertragung folgen.

Gegenstand der heutigen Sitzung ist ein einziger Tagesordnungspunkt, allerdings ein bedeutsamer Tagesordnungspunkt, nämlich der Bericht des Österreich-Konvents. Er liegt Ihnen vor. Er besteht aus vier Teilen, die teilweise selbst wieder unterteilt sind. Die Diskussion, die heute darüber abzuführen ist, bezieht sich unterschiedslos auf alle Teile.

Die Redezeit für die erste Wortmeldung jedes Redners ist vom Präsidium einvernehmlich auf 10 Minuten festgesetzt worden, also abweichend von der bisherigen Übung, die eine Redezeit von 5 Minuten vorgesehen hat. Sollte jemand ein zweites Mal das Wort ergreifen wollen, ist allerdings die Redezeit wie üblich auf 5 Minuten begrenzt.

Ich darf angesichts der bereits sehr zahlreich vorliegenden Meldungen darum ersuchen, wenn möglich, die jedem Redner zur Verfügung stehende Redezeit von 10 Minuten nicht voll auszuschöpfen. Aber es steht Ihnen natürlich zu, dies dennoch zu tun.

Die Sitzung ist mit offenem Ende. Das heißt, wir sind nicht an ein Zeitlimit gebunden. Ich finde das auch richtig angesichts der Bedeutung, die diese Sitzung hat und der Bedeutung des Berichtes, der heute vorgelegt wurde.

Ich darf somit in die Tagesordnung eintreten und als erstem Redner dem Präsidenten des Nationalrates, Herrn Dr. Andreas Khol, das Wort erteilen. Bitte, Herr Präsident.

Dr. Andreas Khol: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Österreich hat seit 1920 eine republikanische und demokratische Verfassung. Auf dieser Verfassung beruht unser Gemeinwesen. Auf Grund dieser Verfassung ist Österreich zu einem blühenden, geordneten, demokratischen Staat geworden.

Trotzdem waren wir immer der Meinung, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nach den Gräueln des Nationalsozialismus, dass wir unsere Verfassungsentwicklung weiter treiben müssen. Wir konnten uns 1920 nicht über einen Grundrechtskatalog einigen. Unsere Verfassung ist unübersichtlich, für die Bürgerinnen und Bürger schwer erschließbar.

Daher ist Österreich auf die Ergebnisse des Europa-Konvents aufmerksam geworden, wo in einer ähnlichen Situation in der Europäischen Union ein Europa-Konvent einberufen wurde mit der Aufgabe, einen Textvorschlag für eine Europäische Verfassung zu erarbeiten – mit den gleichen Zielen: Moderne Grundrechte, Schutz für die Bürgerinnen und Bürger, Übersichtlichkeit, Erschließbarkeit, rational geordnete Verwaltung.

Dieser Europa-Konvent war ein Erfolg. Zwar ist die Europäische Verfassung heute, mehrere Jahre nach dem Abschluss des Konventes, noch nicht in Kraft, aber es gibt einen Text. Nachdem dieser Erfolg kundig wurde, haben Maria Schaumayer und Alfred Payerleitner, der heute unter uns ist, vorgeschlagen, wir sollten doch analog einen Österreich-Konvent machen.

Im Jahr 2002 wurde dieser Vorschlag von verschiedener Seite aufgegriffen. Alfred Gusenbauer hat einen solchen Österreich-Konvent angeregt und Franz Fiedler als Vorsitzenden vorgeschlagen. Der Bundesratspräsident Herwig Hösele und ich haben diesen Vorschlag aufgegriffen. Der Herr Bundeskanzler hat nach der Wahl im Jahr 2003 ein Gründungs-Komitee einberufen und dort haben jene Kräfte, die diese Republik tragen, die Parteivorsitzenden auf der Bundesebene, die Landeshauptleute, die Landtagspräsidenten, die Sozialpartner und der Gemeinde- und Städtebund die Entscheidung getroffen, einen Österreich-Konvent einzuberufen, denn es könnte auch bei uns eine solche Konsensbasis geben: Einen Textvorschlag für eine neue Verfassung.

Wir haben fleißig gearbeitet. Ich möchte allen Damen und Herren danken. Wir hatten an die 250 Sitzungen in diesem Konvent, 44 Präsidiumssitzungen, über 30 Plenarsitzungen, hunderte von Ausschuss-Sitzungen. Alles das, ohne einen einzigen Spesenschilling, einen einzigen Euro, hier in Anspruch zu nehmen. Die Leistung erfolgte ehrenamtlich von den Damen und Herren, die hier sitzen. Ich möchte mich bei Ihnen auch dafür bedanken.

Heute liegt der Entwurf eines Berichts des Österreich-Konvents vor. Er wird am 23. Februar den Spitzen des Staates in Bund und Ländern überreicht werden. Dieser Vorschlag, den wir heute diskutieren, ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen Verfassung. Der Textvorschlag ist noch nicht die neue Verfassung, aber zu keinem Zeitpunkt der Geschichte der demokratischen Republik Österreich hatten wir einen derart umfangreich ausgereiften und modernen Verfassungsentwurf vorliegen.

An die 50 Prozent dieses Entwurfes entsprechen der derzeitigen Rechtslage in neuer und verständlicher Sprache. Weitere 25 Prozent sind aus meiner Sicht Konsense, also Übereinstimmungen, die in den Ausschüssen dieses Konventes erarbeitet und im Präsidium des Konventes durchdiskutiert wurden und die, glaube ich, epochale Fortschritte bedeuten. Beispielsweise ein verständlicher, einheitlicher, Deutsch geschriebener Grundrechtskatalog, der bürgerliche, politische, kulturelle, aber vor allem auch soziale Grundrechte einklagbar verbürgt. Das ist etwas, das wir in dieser Republik seit 1920 diskutieren, jetzt im Konvent erreicht haben. Dass ein Kompromiss der Sozialpartner, die hier im Konvent vertreten waren, den Weg dazu bereitet hat, streicht einmal mehr die Rolle heraus, die die Sozialpartnerschaft in dieser Republik nach wie vor spielt und hoffentlich immer spielen wird.

Ist der Konvent ein Erfolg? Ich glaube, er ist ein Erfolg. Natürlich haben wir das Ziel nicht erreicht, da bin ich Realist, einen Textvorschlag herzulegen, zu dem alle Mitglieder dieser erlauchten Versammlung sagen: „das ist es“. Aber wir haben in weiten Teilbereichen Fortschritte erzielt. Der Menschenrechtsbereich – das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes am ehesten und am direktesten interessiert. Wir haben im Rechtsschutz Fortschritte erzielt, beispielsweise die Landesverwaltungsgerichte sind Konsens des Konvents und aller ihn tragenden politischen Kräfte. Ich darf diejenigen, die schon lange im Zug der Verfassungsreform tätig sind, daran erinnern, dass die so genannte Bundesstaatsreform des Jahres 1994 daran gescheitert ist, dass wir uns nicht einigen konnten, ob es solche Verwaltungsgerichte der Länder geben sollte.

Jetzt haben wir uns geeinigt, und so könnte ich vom Fiedler-Textvorschlag, der auf der Grundlage der Ausschussarbeit erstellt wurde, viele Beispiele sagen, wo es Konsens gibt, wo es Fortschritt gibt, die Ausgangspunkt für weiterführende Beratungen sind.

Wir haben die Atomfreiheit dieses Landes im Entwurf. Wir haben die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes im Entwurf. Wir haben die besondere Stellung von Wald, Forst und Wasser, Bundesforste, in diesem Entwurf, also ein Staatsprinzip. Wir haben Rechtsschutz verbessert. Das heißt also, sehr viel, was die Menschen dieses Landes zutiefst bewegt und auch interessiert.

Der Entwurf ist allerdings nicht perfekt, ich möchte das sehr bewusst sagen. Es ist nicht so, wie die Zeitungen schreiben, auf den Unwillen der Länder zurückzuführen, sondern, das ist auf den Konvent und das Präsidium des Konvents zurückzuführen, dass es keine Übereinstimmung über eine Neuordnung der Arbeitsverteilung zwischen Bund und Ländern gibt.

Die Länder haben mit den Landtagspräsidentinnen und Präsidenten, den Landeshauptleuten, im Konvent initiativ, positiv und konstruktiv mitgearbeitet. Die Vorschläge, die von dort kamen, sind wichtig und bilden Teil unseres Berichtes. Wir selbst haben einen Ausschuss gehabt, den Kompetenzausschuss – Peter Bußjäger hat ihn geleitet –, dem es gelungen ist, die 190 verstreuten Kompetenzbestimmungen in 50 zu konzentrieren. Das ist ein Erfolg.

Wir haben neue Zuständigkeiten, geordnet in 3 Säulen, das ist ein Erfolg. Was uns nicht gelungen ist, ist die Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern, zwischen Bund und Ländern zu vereinbaren. Daran waren wir vom Präsidium Schuld, weil wir diesbezüglich kein Einvernehmen gefunden haben. Der Vorschlag, den der verehrte Herr Präsident auf diesem Gebiet gemacht hat, ist aus der Sicht eines Föderalisten, der hier vor Ihnen als Tiroler Abgeordneter steht, absolut inakzeptabel. Ich sage das bei allem Lob für diesen Textvorschlag, aber die Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern geht von einem Landesverständnis aus, das nicht zeitgemäß ist. Die Länder sind mehr als Identität stiftende Verwaltungseinheiten. Die Länder haben diese Republik gebildet, die Länder sind konstituierende Teile dieser Republik, und daher müssen wir den Dialog mit den Ländern aufnehmen. Sie haben einen Vorschlag gemacht, der wesentlich weiterführender ist als das, was im Textvorschlag enthalten ist. Auf dieser Grundlage, glaube ich, müssen wir weitergehen.

Für mich ist es auch enttäuschend, dass dieser Entwurf zwar eine Präambel enthält, dass darin aber ein Rückbezug auf Gott nicht enthalten ist, und dass darin, in einer anderen Kategorie, auch die Schutzrolle für Südtirol nicht enthalten ist. Ich habe es mehrfach mit Kollegen Scheibner versucht im Präsidium diese Verantwortung Österreichs für die Südtiroler festzuhalten, es ist immer daran gescheitert, dass die Grünen explizit dagegen waren, die Sozialdemokraten gesagt haben, wir sind offen, aber diesen Vorschlag nehmen wir nicht an.

Ich hoffe, dass es in der Frage des Gottesbezuges in der Verfassung heute einen Vorschlag von Oberin Gleixner gibt, der auch diskutiert wird, und ich hoffe, dass alle Kräfte, die hier im Konvent tätig sind, sich heute zur Verantwortung unseres Landes für unsere Landsleute in Südtirol bekennen.

Wie soll der Reformprozess weitergehen, meine Damen und Herren? Ich bin überzeugt, dass wir heute den ersten Schritt der Verfassungsreform erfolgreich setzen. Ich bin überzeugt, dass alle diejenigen, die jetzt über eineinhalb Jahre gearbeitet haben, auch bereit sind, im Rahmen der Rechtsetzungsorgane der Republik weiter zu arbeiten und weiter zu beraten, das heißt also im Rahmen des Nationalrates und des Bundesrates. Und es wird an National- und Bundesrat liegen, diesen Rohdiamanten, den wir vor uns haben, so zu schleifen, dass der politische Konsens nicht nur zu 75 Prozent besteht, sondern zu 100 Prozent.

Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, wir sind es Österreich schuldig, eine Verfassung zu erarbeiten, zu der alle freudig Ja sagen können. – Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Präsident.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte sehr.

Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 Die österreichische Verfassung ist in die Jahre gekommen, das ist ein Konsens, der den ganzen Konvent getragen hat, und es wurde versucht, in akribischer Arbeit verschiedene Vorschläge zu erarbeiten, wie man eine Neugestaltung dieser Verfassung letztendlich auch zu einem Konsens führen könnte.

Ich teile nicht die positive Einschätzung meines Vorredners. Das Ergebnis dieses Konvents besteht nicht in einem akkordierten Verfassungsentwurf, das Ergebnis besteht aber darin, dass verschiedene Positionen in einem Bericht dargelegt werden, und letztendlich aus diesen sehr unterschiedlichen Positionen es Aufgabe der Politik sein wird, hier einen Konsens zu finden.

Ich lege auch Wert auf die Feststellung, dass dieser Verfassungsentwurf, der hier nun vorliegt, ein Entwurf eines Mitgliedes ist, und mir dieser Verfassungsentwurf niemals als Mitglied dieses Konvents zugestellt wurde, sondern lediglich mit der Einladung zur letzten Sitzung mitgeschickt wurde.

Ich lege auch Wert auf die Feststellung, dass dieser Verfassungsentwurf niemals Teil der Diskussion war und in keinem der Ausschüsse als Gesamtheit jemals diskutiert wurde und auch niemals mit uns abgestimmt war. Das heißt, wir haben einen Bericht, der die unterschiedlichen Positionen festlegt, wir haben einen Bericht, der die umfangreiche Arbeit aller Mitglieder – wofür ich mich herzlich bedanken will im Namen der Sozialdemokratischen Partei – dokumentiert, und aus diesem Bericht der unterschiedlichen Positionen wäre es jetzt notwendig, einen gemeinsamen Konsens zu finden.

Der Konsens wird aber nicht möglich sein, wenn man mit zweierlei Sprachumgangsformen an diese Konsensfindung herangeht. Die eine ist, dass man im Parlament als Regierungsfraktionen jene Grundsäulen nicht mehr akzeptiert, die eigentlich unsere gesellschaftlichen Positionen ausmachen. Wenn ich nämlich hergehe und mir passt ein Wahlergebnis nicht, so wie bei der Hochschülerschaftswahl, und ich dann mit einfachgesetzlicher Regelung zum selben Zeitpunkt, als man hier im Konvent Konsens eingefordert hat, ohne auch nur mit den Oppositionsparteien Kontakt aufzunehmen, das Wahlergebnis umdrehe, dann ist das alles andere als Konsens. Und das ist auch nicht eine Art und Weise, wie man mit einem politischen Partner umgehen sollte, wenn man zum selben Zeitpunkt in einem Saal dieses Hauses den Konsens beschwört und im anderen Saal die Konfrontation lebt. So wird ein Kompromiss, ein kompromissfähiger Entwurf niemals zustande kommen.

Zum Entwurf selbst einige Anmerkungen: Die Grundsäulen unserer Vorschläge im Konvent waren getragen von mehr Demokratie, mehr Rechte für die Bürger, mehr Transparenz und Kontrolle. Es gab zwar verbale Annäherung im Bereich der Grundrechte. Aber so lange Grundrechte nicht durchsetzbar sind, haben sie keinerlei Möglichkeit, auch wirksam zu werden. Daher ist die Grundforderung auf Durchsetzbarkeit nicht gegeben und sie sollte auch vor dem Verfassungsgerichtshof durchsetzbar gemacht werden. Bei den Grundrechten ist es auch noch dazu gekommen, dass man sämtliche Grundrechte unter wirtschaftliche Vorbehalte gestellt hat. Das heißt eine weitere Einschränkung eines echten Grundrechtskataloges. Auch das ist nicht akzeptabel.

In der Finanzverfassung ist es zu Verschlechterungen zu Lasten der Länder und Gemeinden gekommen, das ist nicht die sozialdemokratische Position. Wir wollten eine Stärkung der Gemeinden und wir wollten eine Stärkung der Länder. Im vorliegenden Entwurf ist ausschließlich die Position des Finanzministers wiedergegeben.

In der Selbstverwaltung gibt es keine Absicherung der Österreichischen Hochschülerschaft und gerade dieses Gesetz, glaube ich, hat gezeigt, dass man eher an Konfrontation interessiert ist, wie an Konsens. Man hätte hier sehr leicht eine Möglichkeit gehabt, wenigstens Goodwill zu zeigen. Im Wahlrecht keine generelle Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Es wird keinem Österreicher klar sein, warum man auf Gemeindeebene seine Vertretung mit 16 Jahren wählen kann, aber auf Landes- und Bundesebene nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo soll der Unterschied liegen? Es ist also nicht verständlich, warum es diese Position nicht gibt.

Zu den Untersuchungsausschüssen: Es ist nicht verankert, verfassungsrechtlich, in diesem Entwurf, das Minderheitenrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Was eine unabdingbare Forderung für einen Konsensbericht wäre. Bei der Regionalisierung keine Verbesserung für die Städte mit eigenem Statut, aber auch bei den Kampfeinsätzen im Ausland gibt es keine Einigung, und da ist eine unabdingbare Forderung der SPÖ, dass Kampfeinsätze im Ausland nur mit einem UN-Mandat stattzufinden haben.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es hat keine Einzige der Grundpositionen der Sozialdemokratie in diesem Entwurf Eingang gefunden, daher ist es sehr schwierig Konsens einzufordern. Es ist auch sehr schwierig, Konsens zu leben, wenn man mit Maßnahmen, die unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Fertigstellung dieses Berichtes stehen, auf Konfrontation mit den Oppositionsparteien geht. Es wäre ein Leichtes gewesen, hier eine Absprache zu treffen, um letztendlich auch zu einer Verfassung zu kommen. Wir waren bereit, über unseren Schatten zu springen, wir haben die punktuelle Aufhebung der Zweidrittelmehrheit in mehreren Materien angeboten. Wir haben mehrmals Angebote gemacht, aber in diesem Entwurf findet sich keine einzige Position der Sozialdemokratie.

Daher ist es zwar ein Entwurf eines Mitgliedes, aber kein verhandelter Entwurf, kein mit den politischen Parteien abgesprochener Entwurf, daher halten wir fest, dass das Ergebnis dieses Konvents ein Bericht ist, der lediglich die unterschiedlichen Positionen aufzählt und viele neue Vorschläge bietet, wie man einen politischen Konsens finden könnte, wenn man diese unterschiedlichen Positionen mit großer Kompromissbereitschaft unsererseits verhandelt und letztendlich zu einer gemeinsamen Vorgangsweise findet. Aber die Vorgangsweise, ÖVP-Positionen auf den Tisch zu legen, mit der Opposition nicht abzusprechen und dann von Konsens zu sprechen, ist nicht die richtige. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Abgeordneter.

Die nächste Wortmeldung steht bei der Frau Abgeordneten MMag. Madeleine Petrovic. – Bitte sehr.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Konventsmitglieder!

Herr Dr. Khol hat in seiner Schilderung der Ereignisse, die zur Begründung dieses Konvents geführt haben, und zur Arbeit das meiste sehr detailliert dargestellt. Im Ergebnis aber denke ich, wird man dem noch einiges hinzufügen müssen, damit wir, wenn überhaupt, zu einer Basis kommen können für die weitere Arbeit mit den Ergebnissen, die dieser Konvent geliefert hat. Es ist zutreffend, dass die Arbeiten an der Europäischen Verfassung Auslöser waren für die innerösterreichischen Bestrebungen, auch die Österreichische Verfassung einer kritischen und zeitgemäßen Überprüfung zu unterziehen. Nur, und das muss ich als österreichische, niederösterreichische Abgeordnete mit einer gewissen Traurigkeit sagen: Offenbar war es in dem riesigen und oftmals als schwerfällig beschriebenen Europa leichter möglich, zu einem Text des Konvents zu kommen als in Österreich. Warum das so war, da werden die Schilderungen auseinander gehen. Ich sehe auch persönlich eine sehr starke Verantwortung bei den Regierungsparteien, und zwar bei den unterschiedlichen Positionen, wie sie bei den Regierungsparteien, zum Beispiel bei der ÖVP, aus den Ländern einerseits und vom Wirtschaftsflügel andererseits kommen. Aber wie gesagt, wahrscheinlich werden hier die Meinungen auseinander gehen.

Jedenfalls aber, und das ist mir wichtig, es gibt keinen Textentwurf des Konvents. Es gibt Arbeitsergebnisse, und zwar eine Fülle von durchaus – wirklich im wahrsten Sinn des Wortes – gewichtigen Arbeitsergebnissen aus den Ausschüssen, aber es gibt keinen im Konvent konsensual erstellten Text. Der Entwurf, der von Präsident Fiedler eigentlich nach Beendigung der Ausschussarbeiten vorgelegt worden ist, ist in unseren Augen kein Entwurf des Konvents. Er kann unter anderen Vorschlägen natürlich auch in die Diskussion einfließen und tut dies ja auch, aber er hat auch eines bewirkt, was ich durchaus nicht unproblematisch sehe. Postwendend, nachdem dieser so genannte „Entwurf Fiedler“ vorgelegt worden ist, kam die Replik der Landeshauptleute und kam ein Papier der Landeshauptleute. Wir können das jetzt alle so machen, dass praktisch nach eineinhalb Jahren einer wirklich teilweise harten Knochenarbeit – und alle, die dort in den Ausschüssen waren, die können das bestätigen, wie viel Sitzungen wir dort absolviert haben und wie hart dort um Positionen gerungen worden ist –, dass jetzt, nach Abschluss dieser Arbeiten, in fast, möchte ich sagen, gewohnt österreichischer Manier, die verschiedenen Gruppen kommen und sagen: Aber jetzt reden wir über mein Papier. Das bringen wir alle zusammen, das bringen die Grünen auch zusammen, dass wir sagen, bitte das sind unsere Vorstellungen und von diesen bewegen wir uns jetzt einmal nicht einen Millimeter weg.

Das ist eigentlich ein Widerspruch, eine Konterkarierung des Konventsprozesses. Denn wir haben ja deswegen eigentlich die normalen Diskussionsgruppen der politischen Parteien, der Fraktionen in den verschiedenen Parlamenten, im Nationalrat, in den Landtagen verlassen, um so quasi aus diesen eingefahrenen Bahnen, die wir alle natürlich kennen, herauszukommen, und dadurch, auch durch die neue Art des Prozederes, eine Form zu finden, die uns vielleicht helfen könnte, diese traditionellen Positionen und die scheinbar unversöhnlichen Gegensätze zu überwinden.

Wenn wir jetzt zurückfallen in die Positionen, da machen die Länder ihr Papier, dann macht die Wirtschaftskammer ihr Papier, dann machen die Parteien ihr Papier. Meine Frage: Das ist sehr viel Arbeit, das wird uns noch einmal so viel Papier bescheren, aber wo ist der Weg, der Prozess, zu einem Konsens und einer neuen Verfassung? Daher mein Vorschlag, meine Bitte, dass wir noch einmal, vielleicht auf der Ebene des Präsidiums, des Konvents – ich darf für den heutigen Tag übrigens Eva Glawischnig krankheitshalber entschuldigen –, dass wir noch einmal versuchen, einen Prozess zu erstellen, wie wir doch aus den Ausschussergebnissen heraus zu einer Neutextierung zumindest wesentlicher Teile der Verfassung kommen. Und welche Teile so dringend reformbedürftig sind, das ist hier auch schon in den vorangegangenen Redebeiträgen im Kern dargestellt worden.

Natürlich geht es um die Frage der Grundrechte, eines modernen Grundrechtskatalogs, es geht um die Frage der Rechtsbereinigung. Das heißt, ich denke, wir teilen alle die Meinung, dass ein Wildwuchs des Verfassungsrechts in anderen Gesetzen den Verfassungsrechtsbestand unüberschaubar für die Bürgerinnen und Bürger macht, schwer kontrollierbar und durchschaubar, und dass wir das hier in der Verfassungsurkunde konzentrieren sollten. Allerdings, und das ist, wenn man so will, die Kehrseite dieses Prozesses, der von allen als notwendig erachtet wird, das bringt mit sich – und sprechen wir das doch einmal aus – eine Minderung der Möglichkeiten der Opposition, das heißt, eines Drittels der Abgeordneten, bei inhaltlichen Veränderungen mitzureden.

Daher ist es für mich in einer modernen und entwickelten Demokratie ja logisch und notwendig – wenn die Opposition eigentlich auf eine Minderung ihrer Mitspracherechte einsteigen soll –, dass im Gegenzug dazu die institutionellen Kontrollmöglichkeiten, die Rechtskontrolle, ausgebaut werden müssen. Und zwar durch eine Stärkung der Minderheitenrechte, beispielsweise im Bereich des Rechts der Untersuchungsausschüsse. Es kann nicht sein, dass Mehrheiten sich selber kontrollieren, das ist wirklich nicht mehr zeitgemäß, und das heißt natürlich auch, durch die bewährten und etablierten Kontrollorgane, insbesondere durch die Rechnungshöfe  auf Bundesebene und auf Landesebene. Eine Schwächung in dem Bereich, plus einer Schwächung der Mitsprachemöglichkeiten durch Konzentration des Verfassungsrechts, das kann nicht Kern einer neuen Verfassung sein, und selbstverständlich ist das keine taugliche Grundlage, um zu einem Konsens zu kommen.

Einen zweiten Punkt möchte ich deutlich hervorstreichen: Die ebenfalls schon angesprochene Malaise mit der Kompetenzbereinigung. Das ist ein zweiter Bereich, der wirklich dringend reformbedürftig ist. Die österreichische Verfassung, die Kompetenzartikel dieser Verfassung, die haben eine Zersplitterung erreicht, die ja wirklich schon einer Verfassung fast unwürdig ist. Hier müssen wir etwas tun. Und hier denke ich mir, wir kommen nur weiter, wenn in dem weiteren Prozess die De-facto- Entscheidungsträger, insbesondere auch aus den Ländern, in einer Art und Weise eingebunden sind, dass auch wirklich die Weitergabe von Informationen sichergestellt ist.

Ich habe den Eindruck, dass teilweise das, was bei den Landeshauptleuten angekommen ist, überhaupt nicht dem entspricht, was hier im Konvent gelaufen ist. Und das kann ich als Landtagsabgeordnete wirklich sagen. In den Ländern hat sich der Eindruck verdichtet, hier waren Zentralisten am Werk, die die Länder um ihre Rechte bringen wollen, die die Landesrechte beschneiden wollen. Da war kein Wort mehr vom epochalen Schritt der Landesgerichtsbarkeit, vom Vorschlag, ein Steuerfindungsrecht in die Länder zu bringen und sie damit auch zu einem Teil in die finanzielle Unabhängigkeit zu bringen, und die Fülle von Detailvorschlägen, die es auch gab, im Bereich des Kompetenzkataloges Schlagwort „dritte Säule.“

Das ist dort nicht angekommen. Und dort habe ich den Eindruck, dass man jetzt mittlerweile die Position vertritt, wir wehren alles ab, was von dort kommt. Bitte schön. Die Landeshauptleute waren teilweise, aber sehr selten, hier wirklich persönlich in diesem Konvent. Und ich glaube daher, so lange wir dieses Spiel, Bund gegen Länder,  auch insbesondere innerhalb der ÖVP, weiterspielen, wird ein Konsens nicht erreichbar sein. Das Modell „Stille Post“, wir sagen es irgendwie über Mittelsleute weiter, ist nicht dazu geeignet, letztlich zu einem Konsens zu kommen.

Abschließend ein Letztes. Wir haben uns auch die Mühe gemacht, die Liste der Punkte herauszustreichen, wo es durchaus Konsens gab. Und die ist gar nicht so kurz. Hier gibt es wesentliche Punkte. Ich sage nur einen, der mir ganz besonders am Herzen liegt, etwa die Rechte der Frauen, das Gender Budgeting,  auch in der Finanzverfassung zu verankern, das heißt hier genauer aufzupassen, wem kommen finanzielle Zuwendungen zu Gute und viele, viele andere Dinge, die ich jetzt natürlich nicht alle hier erwähnen kann.

Ich glaube daher, es wäre die Mühe wert, jetzt einmal nicht so sehr inhaltsorientiert, sondern vor allem ergebnis- und zielorientiert noch einmal die Debatte zu öffnen und zu versuchen, und zwar auf Basis der Ausschussergebnisse, tatsächlich zumindest den konsensual akkordierten Bereich auch tatsächlich in einen Text des Konvents umzusetzen. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Abgeordnete.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Scheibner. – Bitte sehr, Herr Klubobmann.

Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Mitglieder des Verfassungskonvents!

Brauchen wir eine neue Verfassung? Das war nicht nur der Titel einer Fernsehdiskussion zum Thema Verfassungskonvent, die hoffentlich alle wirklich in Begeisterungsstürme versetzt hat, ich fürchte aber, dass, und damit haben wir auch zu kämpfen gehabt, das Interesse für die neue Verfassung und den Konvent doch enden wollend geblieben ist, bis zum heutigen Tag.

Aber brauchen wir diese neue Verfassung? Man könnte sagen, nicht unbedingt. Denn wir haben eine Verfassung, die funktioniert und die sich bewährt hat, aber es wäre sinnvoll, wenn wir die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, vor allem auch die Entwicklung seit Österreich Mitglied der Europäischen Union ist, hier miteinbinden würden: Alle Erkenntnisse, alle Probleme – allein der Umstand, dass es Zweidrittelmehrheiten im österreichischen Parlament, bei vorigen Regierungen 1 300 Verfassungsbestimmungen in verschiedenen einfachen Gesetzen verstreut, gibt, wo man immer dann, wenn man gefürchtet hat, dass eine Regelung verfassungswidrig sein könnte und der Verfassungsgerichtshof diese Regelung aufheben würde, ganz einfach mit Zweidrittelmehrheit sehr bequem diese Regelung als Verfassungsbestimmung beschlossen hat und damit der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes hier entzogen hat; auch diese Materie ist hier aufzuarbeiten.

Dass man einen Grundrechtekatalog verabschiedet, der, einmal gesammelt, alle Rechte, auch der Bürger, der Menschen in Österreich, hier verankert, dass man die Kompetenzen neu regelt, und zwar nicht nach dem Prinzip, wer behält mehr, sondern wo wird eine Angelegenheit vernünftigerweise geregelt. Dass man die Instrumente der Demokratie nach ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragt und möglichst ausbaut, damit man der Bevölkerung zeigt, ihr seid nicht nur alle vier Jahre bei den Wahlen gefragt mitzubestimmen, sondern wir wollen die Meinung des Volkes immer wieder auch miteinbeziehen. Und diese Liste der Notwendigkeiten, der Sinnhaftigkeiten, könnte man noch lange fortführen.

Und vor diesem Hintergrund war es auch eine neue Art der politischen Diskussion in Österreich, diesen Konvent so einzurichten, wie er gestaltet worden ist, nach dem Konsensprinzip. Das heißt, jedes Mitglied war gleich wichtig in diesem Konvent. Wenn in einem Ausschuss nur ein Mitglied gesagt hat, mit dieser Regelung kann ich nicht mit, dann gab es keinen Konsens. Unabhängig von welcher Partei, von welcher Interessensvertretung, von welcher Gruppe er oder sie gekommen ist. Das war natürlich auch das Problem, dass deshalb auch in vielen Bereichen, wo es einen mehrheitlichen Konsens geben hätte können, dann in den Berichten nur der Dissens vermerkt werden konnte.

Aber trotzdem hatte ich auch den Eindruck, und ich war ja im Grundrechteausschuss, im Kompetenzausschuss und dann seit einem Dreivierteljahr im Präsidium, dass alle Vertreter versucht haben, bei zum Teil sehr unterschiedlichen Zugängen doch etwas weiterzubringen, möglichst den Konsens zu suchen. Und wir alle sind davon ausgegangen, dass am Ende ein Ergebnis auf dem Tisch liegen wird, wo wahrscheinlich niemand restlos zufrieden ist, aber wo man doch sagen kann: Diese 18 Monate der Arbeit – Präsident Khol hat ja die Stunden und Tage und die Zahl der Ausschüsse angeführt –, diese Arbeit hat sich gelohnt.

Und wenn wir uns jetzt so die Frage stellen: Hat sich diese Arbeit gelohnt?, dann werden wir natürlich nach außen in den Reden sagen: Na, selbstverständlich hat sich die Arbeit gelohnt! Wir sehen ja hier diese Konsens-Dissens-Liste, wo die Ausschüsse ja hervorragende Arbeit geleistet haben, wo es für viele Probleme, aktuelle, auch für Lücken in der Verfassung, für Missstände Lösungsvorschläge gibt, oft auch mehrere Wege, um zu einer Lösung, zu einem neuen Ansatz zu kommen und es im Prinzip jetzt nur die Frage wäre: Für welchen Weg entscheidet man sich? Und dafür wäre jetzt – und da ist ja jetzt auch die Politik gefordert – ein Konsens, ein Grundkonsens im politischen Feld notwendig.

Und die Frage ist: Haben wir diesen Grundkonsens, können wir ihn erreichen? Ich habe lange den Eindruck gehabt, dass auch alle politischen Gruppierungen, die im Konvent vertreten sind, dieses Ziel gehabt haben, und zumindest jene, die auch wirklich in den Gremien mitgearbeitet haben, glaube ich und hoffe ich, haben das bis zum Schluss des Konvents gehabt. Gleichzeitig musste ich den Eindruck bekommen, dass, je näher wir dem Ende des Konvents entgegengegangen sind, desto mehr Kräfte entstanden sind, die gesagt haben: Na, haben wir ein Interesse, dass dieser Konvent einen positiven Abschluss erhält?

Und da hat es dann geheißen: Na ja, keine gesamte neue Verfassung wird es sein, aber wenigstens eine Teilnovelle. Gut, die wäre ja jederzeit – und das haben ja auch alle meine Vorredner hier gesagt – jederzeit umsetzbar, denn es gibt in vielen wichtigen Bereichen Konsens. Aber dann hören wir – und Kollege Wittmann hat es ja heute auf den Punkt gebracht –, dass man aus verschiedenen Gründen doch nicht der Meinung ist, dass es irgendein Ergebnis hier geben kann, das wir dann auch umsetzen können, denn dieser Verfassungskonvent hat ja letztlich nur dann auch einen Abschluss, wenn wir im Parlament auch diese Verfassungsgesetze beschließen, die hier vorgeschlagen werden.

Und wenn man das dann junktimiert mit anderen politischen Vorhaben – ob man jetzt für das ÖH-Gesetz ist oder nicht, aber wenn das der Grund ist, dass dieses so wichtige Werk, diese wichtige Arbeit von uns allen nicht abgeschlossen werden darf –, dann frage ich mich wirklich, warum wir hier gesessen sind.

Und ich möchte schon Kollegen Kostelka auch in Schutz nehmen, weil, wenn hier gesagt worden ist, die SPÖ konnte sich nirgends durchsetzen in diesem Bereich, dann wäre das ja eine harsche und – ich meine – ungerechte Kritik an den Verhandlungsteilnehmern, vor allem im Präsidium. Denn ich glaube, es geht auch nicht darum: Wer hat sich jetzt mehr oder weniger durchgesetzt, sondern: Welche Regelungen haben wir beschlossen? Und da haben sich alle eingebracht, und gerade die Sozialdemokratische Partei in den Bereich der Grundrechte, vor allem bei den sozialen Grundrechten, hat hier auch sehr viel mit einbezogen und eingebracht. Soll das alles sinnlos gewesen sein, meine Damen und Herren?

Und man hat ja manchmal das Gefühl, dass man sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, das auch alles zu lesen, denn diese allgemeinen Wirtschaftsschranken bei den Grundrechten, die habe ich nicht gesehen – ich weiß nicht, wo die herkommen. Aber man kann natürlich, wenn man versucht, den Dissens in den Vordergrund zu stellen, alles als Argument hier mit einbringen. Und natürlich gibt es auch Kritik hier zu äußern: Bei den Grundrechten etwa, glaube ich, dass man zu wenig offensiv gewesen ist. Dass Baurecht und Dienstrecht nach wie vor Länderkompetenz sein müssen, verstehe ich nicht, obwohl wir alle auch hier immer wieder gesagt haben: Hier sind mutige Ansätze gefordert!

Nach der Sinnhaftigkeit, etwa im Baurecht, ist das nicht sinnhaft und nicht verständlich, dass es neun verschiedene Regelungen geben muss. Es ist nicht verständlich, dass es ein Bundes-Dienstrecht gibt und neun verschiedene Landes-Dienstrechte. Es ist für mich nicht verständlich, wenn man schon die Länderrechte ausbauen will – und dazu bekenne ich mich auch –, warum man dann etwa den Bundesrat nicht andiskutiert hat etwa von der Zusammensetzung, wenn es darum geht, diese Länderkammer auch bei der Beteiligung an der Bundes-Gesetzgebung schlagkräftiger zu machen.

Natürlich kann man darüber diskutieren, ob der Ausbau der direkten Demokratie entsprechend gestaltet worden ist. Wir hätten uns vorgestellt, etwa die Direktwahl der Landeshauptleute mitzuverankern, oder dass bei einem Volksbegehren, das eine qualifizierte Anzahl an Unterschriften bekommen hat, also zumindest eine Volksbefragung abgehalten werden soll.

Und da könnte man viele Punkte anführen: die Verantwortung Österreichs für die altösterreichischen Minderheiten, für Südtirol, ein klar definierter Auftrag des Staates, für die eigene Sicherheit zu sorgen. All das ist aus meiner Sicht noch nicht umfassend und ausreichend in den verschiedenen Vorschlägen geregelt.

Aber ich bin sehr dankbar, dass Präsident Fiedler einen Vorschlag für einen Gesamt-Entwurf vorgelegt hat – man sieht, es geht, wenn man will –, ohne jetzt inhaltlich zu sagen, das ist alles in Ordnung und da braucht man nichts mehr zu verändern, aber es geht, wenn man will!

Und ich habe gesagt, auch von unserer Seite ist vieles auch in den verschiedenen Papieren nicht so, wie wir uns das gewünscht hätten – ja, das wird jedem so gehen! –, aber wir sind bereit zu sagen: Ja, wir haben Maximalforderungen, die können wir nicht alle umsetzen, aber wir bringen uns ein, versuchen, einen möglichst breiten Konsens zu erwirken, und es soll sich jeder in dieser neuen Verfassung wieder finden, aber sie muss kommen, es muss ein Ergebnis geben nach diesen 18 Monaten Arbeit.

Und jetzt wird es an der politischen Ebene liegen. Ich habe vorgeschlagen, dass Präsident Fiedler und Präsident Khol mit den Spitzen der politischen Parteien einmal in Klausur gehen und sich überlegen: Wie kann es weitergehen mit dieser Verfassung? Denn was ich so höre: Na also, in dieser Legislaturperiode darf da überhaupt nichts mehr herauskommen, das kann wohl nicht im Sinne von einer verantwortungsbewussten Politik liegen. Denn dann waren diese Ergebnisse wirklich umsonst, denn in zwei, drei, vier Jahren wird das alles wieder anders gesehen.

Also, ich hoffe, dass alle die parteipolitischen, die ideologischen Scheuklappen ablegen und dass man versucht – so wie wir hier dieses Konsens-Prinzip gehabt haben –, jetzt auf der politischen Ebene sich zusammenzusetzen und alles daran zu setzen, dass die Verantwortung für Österreich, für den Staat, vor der Parteizugehörigkeit steht und wir diese wichtigen, notwendigen, sinnvollen Reformen doch noch im österreichischen Parlament umsetzen können.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Klubobmann.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. – Bitte sehr.

Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hoher Konvent! Liebe Österreicherinnen und Österreicher, die die Debatte – die Abschlussdebatte dieses Konvents – heute mitverfolgen! Zunächst ein Wort anschließend an Herbert Scheibner: Natürlich hat sich die österreichische Bundesverfassung bisher bewährt, sonst wären wir ja nicht dort, wo wir stehen, und sie war bisher ein durchaus taugliches Instrument – allerdings sehr kompliziert, mit über 1 000 Verfassungsbestimmungen, die außerhalb der österreichischen Bundesverfassung zu finden sind, mit politischen Versuchen, über Verfassungsbestimmungen die Rechtskontrolle durch den Verfassungsgerichtshof zu unterlaufen und vor allem noch nicht einbezogen den Effekt, den juristischen Effekt, den die Mitgliedschaft Österreichs zur Europäischen Union seit zehn Jahren bedeutet. Daher, glaube ich, gibt es genügend Gründe, zu sagen: Dieser Konvent war notwendig, war sinnvoll.

 

Und wir stehen heute an einer Weggabelung, wir haben ein Ergebnis zu beurteilen, das eigentlich beeindruckend ist in seiner Fülle, auch im Reichtum dessen, was hier angedacht wurde. Und es ist völlig klar, dass mit einem Konvent mit über 70 Teilnehmern es nicht einfach ist, einen Konsens zu finden, dem jeder zustimmen kann. Und jetzt wurde da von vorneherein schon gesagt: Also das ist nicht das Ergebnis, das vorgelegt wurde – Präsident Fiedler hat hier quasi einen Privat-Entwurf zustande gebracht.

 

Darf ich ganz offen sagen: Niemand von uns wird zu 100 Prozent das, was Franz Fiedler in eigener Verantwortung, aber auf Grund der Diskussion zustande gebracht hat und vorgelegt hat, bejahen können, aber es ist ein absolut sinnvolles, gutes Ergebnis, von dem weg wir arbeiten können, indem wir in die Verhandlungen im National- und im Bundesrat und mit den anderen Gebietskörperschaften eintreten.

 

Ich meine, man kann das ganz undramatisch sehen: Wie ist denn der europäische Konvent – der Verfassungs-Konvent – zustande gekommen? Das war ja genau das Gleiche! Da sind über 100 Experten, Abgeordnete, Europaparlamentarier, nationale Parlamentarier, persönliche Vertreter der Regierungschefs zusammengesessen und haben versucht, ihr Bestes zu geben, am Ende war das natürlich ein Auseinander-, ein Hin- und Her-Gezerre, was jetzt wirklich der gemeinsame Nenner sein wird.

 

Und am Ende hat der Präsident Giscard d’Estaing versucht, den Gordischen Knoten so wie Alexander zu durchschlagen, indem er einen eigenen Entwurf vorgelegt hat, der teilweise im Teil 3 ja nie im Konvent diskutiert werden konnte, was ja auch übrigens nachher sehr heftig diskutiert und kritisiert wurde. Trotzdem, nach einem Jahr weiterer Debatten in der Regierungskonferenz mit den Staats- und Regierungschefs unter Einbindung der nationalen Parlamente, siehe da, wir haben einen gemeinsamen Konsens zu Stande gebracht, den jetzt bereits drei Länder ratifiziert haben. Auch Österreich wird rund um das Staatsvertragsjubiläum mit der Ratifikation folgen.

 

Genau so könnte es sein, wenn der positive Wille da ist, den wir eigentlich alle am Anfang ausgesprochen haben, indem wir Franz Fiedler zu unserem Präsidenten gewählt haben und ihm damit natürlich auch die Verantwortung, ein bisschen auch wohl den Schwarzen Peter in die Hand gedrückt haben. Er muss diese verschiedensten Meinungen so bündeln, dass wir daran weiterarbeiten können, dass am Ende wirklich etwas Vernünftiges herauskommt.

 

Jetzt auch wieder ganz offen gestanden: Natürlich wird uns die Arbeit nicht abge­nommen und nicht leicht gemacht. Dass wir dann mit den Gebiets­körper­schaften, mit den Ländern, Gemeinden, Sozialpartnern noch einmal reden müssen – klar. Aber wir haben jetzt ein Ergebnis und vor allem einen Text, von dem weg wir arbeiten können. Und da sind schon einige Punkte, die mich als Jurist durchaus freuen und die ich eigentlich beeindruckend finde wie etwa die Vorschläge des Konvents zur Verfassungs­bereinigung oder die Vorschläge zu einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz. Das ist für den Bürger unerhört wichtig, weil er schneller zu seinem Recht kommt. Oder der moderne Grundrechts­katalog – und da bitte, Herr Abgeordneter Wittmann, das muss man schon hinzufügen, da ist ein kleines österreichisches Wunder geschehen, nämlich alle österreichischen Sozialpartner, Arbeitgeber genau so wie Arbeitnehmer und die Bauern haben die sozialen Grundrechte, die Sie als Nichts oder als nicht ausreichend bezeichnet haben, gemeinsam hier mitgetragen. Also wenn wir zur österreichischen Sozialpartnerschaft stehen, zu einer vernünftigen Konsenskultur, dann würde ich bitte dieses Ergebnis nehmen und nicht künstlich in Frage stellen.

 

Aber es ist richtig, dass man weiter arbeiten muss. Und da mache ich jetzt als Bundeskanzler und Vertreter quasi der bösen zentralistischen Institutionen der Republik, ganz offen ein Angebot, eine Einladung an die Bundesländer: Reden wir offen über eine optimale Verteilung der Kompetenzen – nicht in dem Sinn, wer behält seine Macht und wer kann jetzt möglichst viele Kompetenzen an sich raffen. Ich bin bereit, Aufgaben, Verantwortung abzugeben. Nur wer bereit ist, los zu lassen, hat letztlich auch die Hände frei. Und da können wir gemeinsam vieles bewegen: eine moderne Sicherheitsverwaltung für Österreich, ein modernes Wirtschaftsförderungsrecht. Die ganze Wirtschaftsverwaltung könnte modern, bürgernah und dezentral geordnet werden. Die Frage, die die Bildungsministerin immer angesprochen hat – brauchen wir wirklich diesen Wildwuchs von Schulbehörden auf jeder Ebene, können wir da nicht großzügiger sein? Auch effizienter im Interesse des Bürgers?

 

Wir haben ein gutes Beispiel in dieser Legislaturperiode zusammengebracht, nämlich den Bundesstraßenbau den Ländern zu geben. Und jetzt bitte kann jeder von Ihnen das Ergebnis in den Ländern sehen. Wir bauen rascher, wir bauen billiger, weil die Dinge nicht verzögert werden, man redet sich nicht auf einander aus, der böse Bund oder die bösen Länder, sondern es wird hier Synergiepotential im Interesse der Bürger nutzbar gemacht. Und, Freunde, das können wir genau so bei anderen Bereichen machen, eben in der Sicherheitsverwaltung, in der Schulverwaltung, im Bereich der Gerichtsorganisation. Seien wir doch ehrlich: Brauchen wir wirklich diese vier Ebenen einer Gerichtsorganisation in einem relativ kleinen europäischen Land wie Österreich?

 

Daher würde ich einladen: Reden wir jetzt nicht das Ergebnis des Konvents schlecht. Sehen wir das eher so, wie ich das versuche, optimistisch wie ich halt bin. Noch nie seit der Verfassungsdiskussion 1920 ist in so kurzer Zeit ein so bedeutsames Ergebnis vorgelegt worden. Und ich stehe nicht an, Präsident Fiedler und seinem Team hier ein ganz großes Dankeschön zu sagen und Respekt zu zeigen, wissend, dass manches von den Wünschen der Fraktionen, von den Wünschen der Gebietskörperschaften noch nachbearbeitet werden muss. Aber ich bin sehr zuversichtlich. Wenn der gute Wille, der am Anfang da gewesen ist, anhält, dann werden wir das sicherlich schaffen.

 

Ich werde nach der Behandlung des Berichts im Ministerrat – das müssen wir natürlich tun und wir werden den Bericht auch zur Kenntnis nehmen – diese Vorlagen, und zwar die gesamten Materialien dem Hohen Hause zuleiten, National- und Bundesrat. Ich werde auch die Bundesländer einladen und den Städte- und Gemeindebund, weiter zu arbeiten an diesem Ergebnis. Und dann liegt es natürlich am Parlament, an der Volksvertretung, letztlich einen tauglichen Verfassungsentwurf zu Stande zu bringen.

 

Ich bin daher froh und dankbar, dass wir eine gute Ausgangsposition haben. Danke an alle, die hier sehr viel Zeit und Kraft investiert haben, damit wir da sind, wo wir sind, ganz gleich, auf welcher Ebene der Gebietskörperschaften, auf welchem politischen Standpunkt, Sozialpartner oder wo immer, sich einer findet. Ein schönes österreichisches Ergebnis – aber es liegt noch genügend Arbeit vor uns.

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler, auch für den Optimismus, den Sie verbreitet haben.

Die nächste Wortmeldung steht bei Frau Präsidentin Mag. Prammer. – Bitte sehr.

Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Es ist schon mehrfach gesagt worden, eineinhalb Jahre intensivster Arbeit nehmen heute einen Endpunkt, und ich möchte an dieser Stelle es nicht verabsäumen und es gleich an die Spitze meiner Wortmeldung stellen, dass ich mich bei allen Expertinnen und Experten, die hier eineinhalb Jahre sehr, sehr intensiv gearbeitet haben, herzlich bedanke, und vor allen Dingen auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlaments, der Parlamentsdirektion, sehr herzlich bedanke, die hier Außerordentliches in diesen eineinhalb Jahren leisten mussten.

Die letzten Konventssitzungen waren bereits davon getragen, dass wir wussten, es wird einen Endbericht, einen Gesamtbericht geben, und dass dieser Endbericht genau die Qualität und das Positive dieses Konvents auch ausmacht und ausmachen wird, weil viele Bereiche, viele Positionen analysiert wurden, abgeklopft wurden auf die Zeitgemäßheit, auf die Realisierbarkeit, und jetzt endlich sind natürlich auch in den Ausschussarbeiten viele unterschiedliche Anschauungen, nämlich Weltanschauungen auch eingeflossen. Und diese Positionen wurden dann akribisch nebeneinander gestellt. Und es ist auch klar für mich immer gewesen, dass es nicht Aufgabe des Konvents ist, hier die politischen Verhandlungen zu führen, denn die politischen Verhandlungen kann eben nur der Gesetzgeber, können die politisch relevanten Parteien im Nationalrat letztendlich auch führen. Aber die Basis, um hier auch diskutieren zu können, die hat der Konvent, haben die Mitglieder des Konvents hier geleistet und hier die Vorarbeiten auch gemacht.

Ich habe im Vorfeld auch mehrfach darauf Bezug genommen, dass ich persönlich es nicht für glücklich gefunden habe, dass es einen Entwurf gibt, einen Entwurf einer Bundesverfassung, wo viele unter Ihnen, gerade wenn Sie aus der Wissenschaft kommen, natürlich sich auch hätten hinsetzen können und Entwürfe machen, denn ich glaube, und das zeigt ja bereits die jetzige Diskussion, dass die Breite der Analyse und der Ergebnisse, die im Konvent zu Stande gekommen ist, dadurch geschmälert wird, denn alle diskutieren um einen Entwurf, und wenige diskutieren darüber, was denn außerhalb des Entwurfes auch noch in diesem Bericht enthalten ist.

Ich möchte als durch und durch, und das wissen viele von Ihnen, Frauenpolitikerin, auch und ganz speziell auf die Frauen eingehen. Sie können sich wahrscheinlich auch noch alle sehr gut erinnern an den Beginn des Konvents und an die große Kritik vieler, vor allen Dingen Frauen, dass die Mitglieder des Konvents hauptsächlich Männer sind und waren, und wenige Frauen Mitglieder des Konvents wurden. Sie alle, die Mitglieder des Konvents, haben dadurch auch oder darauf auch reagiert, indem sie ein Hearing gemacht haben und die Frauenpolitikerinnen, die Frauenorganisationen auch gefragt haben, was denn hier auch an Bedürfnissen da ist. Und einiges von dem, was dort auch dokumentiert wurde und gesagt wurde, hat tatsächlich auch Eingang gefunden, zum Teil ja auch konsensual Eingang gefunden, aber – und das muss ich schon auch sagen – auch dort ist man in der Etappe stecken geblieben.

Ich möchte ein paar Punkte anführen. Gender Budgeting: Die Frau Abgeordnete Petrovic hat bereits darauf hingewiesen. Es ist sehr erfreulich, dass Konsens darüber besteht, das Gender Budgeting auch aufzunehmen in die Finanzverfassung. Allerdings, wenn gleichzeitig ebenfalls in den Verfassungsrang das ausgeglichene Budget aufgenommen wird, dann frage ich mich: Wie werden dann ‑ letztendlich würde das alles in Gesetzesmaterie gegossen – wie würden dann die Prioritäten gesetzt und wie würden dann, wenn hier Widersprüchlichkeiten entstehen, auch dann die Schwerpunkte wieder gesetzt? Da fehlen viele klare Erläuterungen.

Ein anderes Beispiel: Es ist sehr erfreulich, dass das Recht auf Gleichstellung von Männern und Frauen natürlich jetzt auch konsensual im Bericht festgehalten wird. Aber wenn es keine Maßnahmen gibt zur Rechtsdurchsetzung, zum Beispiel eine Verbandsklage, dann sind es wahrscheinlich wieder nur Worte, und auf die Gleichstellung im ganz Konkreten muss wieder gewartet werden.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass auf weiten Strecken – und ich gestehe dem Sekretariat, dem Konventssekretariat ein, dass es hier auch viel Arbeit gegeben hat –, aber auf weiten Strecken es nicht gelungen ist, eine geschlechtergerechte Sprache anzuwenden. Auf weiten Strecken wurde nur von Männern geredet. Das kann man natürlich schnell korrigieren und reparieren, aber ich mache nur darauf aufmerksam, dass da so manche Dinge halt schon auch ein bisserl oberflächlich behandelt wurden.

Ein besonders wichtiger Punkt für mich ist die Frage von Ehe und Familie in der Verfassung. Da liegt wirklich bei mir Herzblut drinnen. Ich habe meine alten Dokumente ausgegraben. Das älteste Dokument stammt aus dem Jahr 1987. Die SPÖ hat immer guten Grund gehabt, den Schutz der Ehe nicht in die Verfassung zu nehmen. Denn das, was jetzt hier auf der einen Seite von der ÖVP eingefordert wurde und letztendlich auch im Fiedler-Entwurf steht, würde nichts anderes bedeuten, als alle anderen Lebensformen zu diskriminieren und auch von vornherein unmöglich zu machen, die Perspektive zumindest, wenn auch nicht Konsens momentan besteht, die Perspektive zumindest, die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zumindest in Erwägung zu ziehen. Übrigens etwas, was ohnedies viele europäische Staaten bereits tun. Unabhängig davon – ich bin keine Juristin –, dass mir viele Experten und Expertinnen bestätigt haben, dass zum Beispiel diese Formulierung des Herrn Präsidenten Fiedler sogar eine Schmälerung dessen bedeuten würde, was die Menschenrechtskonvention vorschreibt und vorsieht.

Ich möchte auf zwei Punkte noch ganz kurz eingehen, weil sie mir auch sehr, sehr wichtig sind. Ich hatte die große Ehre, Ausschussvorsitzende des Ausschusses 8 die letzten sechs Monate zu sein, und mir ist es wirklich ein Anliegen darauf aufmerksam zu machen, wenn wir ein Stopp der Politikverdrossenheit wollen, dass wir die demokratischen Kontrollrechte auszuweiten haben. Daher ist es zum Beispiel ein Symbol, ob wir nun das Minderheitenrecht des Untersuchungsausschusses in die Verfassung schreiben oder nicht. Und ich erinnere daran: Es gab bereits Konsens 1999 vor der Nationalratswahl, wo keine Partei wusste, wer wird wieder in der Regierung sitzen. Ich verstehe bis heute nicht, warum dieser Konsens, der damals schon erzielt werden konnte, heute auch nicht Konsens im Konvent ist.

Und ein ganz Letztes, ganz Kurzes:  Wählen mit 16. Es ist schon gesagt worden. Ich bin seit einem guten halben Jahr Zweite Präsidentin des Nationalrates. Viele Jugendliche sind hier im Haus, und ich würde mir manches Mal wünschen, dass mit derselben Offenheit, mit derselben Information, wie diese Jugendlichen an die Politik herangehen, auch Erwachsene herangehen. Und aus diesem Grund bekenne ich mich dazu, dass das Wählen mit 16 wirklich ein Grundrecht für alle sein muss und vor allen Dingen nicht nur auf Landes- und Kommunalebene, sondern selbstverständlich auch auf der Bundesebene.

Ich bin zuversichtlich, dass die Konventsmitglieder nicht umsonst gearbeitet haben. Die Arbeit liegt vor uns, aber trotzdem vor uns, nämlich der Politik, und nicht hinter uns.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Präsidentin.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Präsidentin Orthner.  – Bitte sehr.

Angela Orthner: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Alles hat seine Zeit. Mit diesen Worten habe ich am 30. Juni des Jahres 2003 hier in diesem Sitzungssaal die erste Rede vor dem Plenum des Konvents gehalten. Alles hat seine Zeit. Ich habe damit gemeint, dass die Zeit günstig gewesen ist, den Konvent zu gründen, dass nach all den Jahren der Diskussion, nach all den Jahren des Aufgreifens und Verwerfens nach dem so genannten „Perchtoldsdorfer Abkommen“ es ein Zeitfenster gibt, in dem man gut darüber reden kann, eine neue Verfassung für das 21. Jahrhundert zu machen.

Vielleicht habe ich zu viel Optimismus gehabt, aber ich habe ihn eigentlich bis heute nicht verloren. Ich habe Optimismus gehabt, dass alle diese neue Verfassung wollen, dass wir dieses solide und sichere Haus Österreich, das auf festen Grundfesten steht, gründlich renovieren wollen, Fenster öffnen wollen, das Neue hereinlassen und das, was sich als gut und als richtig bewährt hat, in eine Neufassung zu bringen. Da ist manches davon gelungen.

Heute würde ich nicht sagen: Alles hat seine Zeit und man bringt es in 18 Monaten – so viel Zeit haben wir gehabt – zum Abschluss. Heute würde ich sagen: Der Weg ist das Ziel. Der Weg, den wir in den Arbeitsausschüssen, im Präsidium, in vielen, vielen Sitzungen, Besprechungen und sehr wertvollen Diskussionen gegangen sind, dieser Weg war das Ziel, Ziel für etwas Neues, nämlich dann im Parlament dafür zu sorgen, dass das, was erarbeitet wurde, letztendlich auch umgesetzt wird.

Über weite Bereiche, glaube ich, können wir sagen: Wir haben ein herzeigbares Ergebnis erarbeitet, alle miteinander über die Fraktionen hinweg, über die Gebietskörperschaften hinweg, auch über die Ländergrenzen hinweg. Ein herzeigbares Ergebnis, aus dem man etwas Positives machen kann, aber natürlich, da gibt’s auch vieles, was mich – ich möchte es in diesem Wortlaut sagen –, was mich eigentlich letztendlich sehr enttäuscht hat. Enttäuscht hat mich vor allen Dingen, dass insbesondere in den letzten Monaten zwischen dem Bund und den Ländern etwas aufgebaut wurde, was gar nicht notwendig gewesen wäre, hätte man mehr Zeit zur Diskussion und zum Gespräch aufgewendet. Es ist nicht notwendig, einen Gegensatz zwischen dem Bund und den Ländern aufzubauen.

Der Herr Bundeskanzler hat die Länder eingeladen, auch im Parlament mitzuarbeiten an der neuen Verfassung, an der neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern, mitzuarbeiten an einer neuen Finanzverfassung, wo alle gleichberechtigte Partner sind. Ich glaube, darauf kommt es an, dass man als gleichberechtigter Partner gesehen wird, nicht als Bittsteller kommt, auch nicht als Verteidiger auftreten muss, als gleichberechtigter Partner, und die Länder haben in vielen Bereichen bewiesen und tun es tagtäglich, dass sie gute Partner des Bundes sind.

Ich anerkenne sehr das, was uns gemeinsam gelungen ist, vieles wurde davon schon auch aufgelistet heute, dass wir einen Grundrechtekatalog geschaffen haben, dass es einklagbare soziale Grundrechte gibt. Ich glaube, das muss man immer wieder auch herausstreichen, denn das ist ein Erfolg des Konvents, des Präsidiums und der Arbeitsausschüsse. Es ist ein Vorteil und ein Gewinn, wenn wir heute über unabhängige Verwaltungsgerichte reden und uns einig sind, dass das auch realisiert wird. Es ist auch ein Gewinn, wenn wir zumindest den Fuß in der Tür haben bei der Briefwahl. Das war ein vehementes Anliegen der Länder, so wie viele andere Länder Europas, so wie viele Gebietskörperschaften in unserem Lande, die Wahlen durchführen und abhalten, die Möglichkeit zu geben, per Brief seine Stimme abzugeben. Da ist wie gesagt, ein Fuß in der Tür, aber da ist die Türe nicht weit offen. Vielleicht ist auch das ein Gegenstand, an dem wir gut miteinander weiter arbeiten können.

Der Rechnungshof: Ich möchte auch den Rechnungshof ansprechen, weil wir der Meinung gewesen sind, dass die Landesrechnungshöfe sehr, sehr wohl einen Teil der Verantwortung auch für die eigenen Institutionen und Körperschaften übernehmen können und sollen. Denn sie sind, so wie der Rechnungshof des Bundes, in den Ländern weisungsfrei, ungebunden verantwortlich, arbeiten nach denselben Prinzipien. Und ich glaube halt, dass es nicht notwendig ist, dass der Bundesrechnungshof eine kleine Gemeinde irgendwo in Österreich prüft, sondern dass das sehr wohl die Landesrechnungshöfe tun sollen. Aber, ich sage noch einmal, das Positive daran ist ja, dass es insgesamt Möglichkeiten gibt, dass der Rechnungshof eine Prüfungsbefugnis in weiten Bereichen behält.

Womit ich nicht einverstanden sein kann, und zwar sehr vehement nicht einverstanden sein kann, ist die momentan vorliegende Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern. Es geht wohl nicht an, dass man alle Unstimmigkeiten, die zwischen Bund und Ländern in den Kompetenzen auftreten würden, nur vor Gericht, nur vor dem Verfassungsgerichtshof, klären kann.

Auch das ist kein partnerschaftlicher Zugang zu einem Thema und es ist nicht einzusehen, dass hier – bei aller Wertschätzung für das Bedürfnis nach klar umgrenzten Kompetenzfeldern – sich auf Bundesebene ein Machtzuwachs und nicht eine Machtabgabe herauslesen lässt. Und auch da zitiere ich das, was der Herr Bundeskanzler gerade gesagt hat: Man muss loslassen können, dann hat man die Hände frei. Und in diesem Sinne, was Kompetenzen anlangt, hat er das ja auch gemeint. Ich glaube also, dass das Parlament eine Menge Arbeit bekommen wird, dass es aber eine ordentliche und eine gut fundierte Grundlage hat, die wir letztendlich gemeinsam erarbeitet haben.

Und so bedanke ich mich auch sehr herzlich. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Präsidium. Wir haben eine lange Zeit miteinander verbracht und sehr ernsthaft und sehr positiv über sehr weite Teile miteinander gearbeitet. Auch bei den Mitarbeiterinnen und  Mitarbeitern, die uns im Präsidium zur Seite gestanden sind und bei allen Damen und Herren, bei allen Persönlichkeiten der Republik Österreich, die sich zusammengefunden haben, um hier an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten: es hat sich gelohnt und es wird sich lohnen, daran weiter zu arbeiten.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr, Frau Präsidentin.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Stadträtin Mag. Wehsely. – Bitte sehr, Frau Stadträtin.

Mag. Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Konvent! Und liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich möchte mich bei Ihnen ganz besonders dafür bedanken, dass Sie sich für unsere, für Ihre Verfassung interessieren und uns heute zuschauen.

Ich möchte mich eingangs bedanken, bedanken bei all jenen, die in den letzten achtzehn Monaten meines Erachtens nach Hervorragendes geleistet haben, nämlich mit großem Engagement, mit großer Bedachtnahme und mit großem Fachwissen, sich mit der österreichischen Bundesverfassung auseinander gesetzt haben und uns liegt ja heute hier auch ein Bericht vor, der weit über tausend Seiten hat. Ich bin daher der festen Überzeugung, dass diese über tausend Seiten auch der Ausgangspunkt sein müssen für weitere Verhandlungen der Politik, ist gleich des Bundesverfassungsgesetzgebers, denn die spiegeln auch das Ergebnis der Beratungen der letzten achtzehn Monate wieder. Ein Teil ist ein Einzelvorschlag eines Mitglieds, nämlich des Vorsitzenden des Konvents, für eine Bundesverfassung, aber das ist eben nur ein Teil. Daher bin ich in dieser Frage nicht der Ansicht des Herrn Bundeskanzlers, nicht dieser Vorschlag für eine Bundesverfassung ist der Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen der Parteien, sondern das gesamte Ergebnis, und das nicht aus Prinzip, sondern aus guten inhaltlichen Überlegungen. Und diese Überlegungen sehe ich, wenn ich mich hier in diesem Raum umschaue, wo insbesondere die Spitzen der Wissenschaft im rechtlichen Bereich in den letzten 18 Monaten – es wurde schon gesagt, ohne dass sie dafür Geld bekommen haben – sehr viel Hirnschmalz verwendet haben. Und sie haben meines Erachtens nach auch ein Recht darauf, dass dieses, was hier von ihnen erarbeitet wurde, auch die Ausgangsbasis ist, worüber die Politik weiter spricht.

Ich bin der Meinung, dass der Konvent ein Erfolg war, und zwar deshalb ein Erfolg war, weil in diesem Ausmaß die Sichtung des Rechtsbestandes, wie es sie seit der Schaffung der Verfassung nicht gegeben hat, und daher auch sehr viel vorliegt, auf dem man jetzt aufbauen kann. Es gibt auch Bereiche, in denen es Konsens gibt, und das sage ich als Vertreterin des Landes Wien: Es freut mich sehr, dass es grundsätzlichen Konsens über die Landesverwaltungsgerichte gibt; das ist nicht selbstverständlich. Und es war nicht so, dass das vor 18 Monaten klar war, dass es diesen Konsens geben wird. Ich halte das für den Rechtsschutz in unserem Land für eine sehr, sehr wichtige Entscheidung. Die Entscheidung, wie das finanziert wird, steht noch aus, aber ich nehme an, daran wird es beim Rechtsschutz nicht scheitern, denn daran darf es auch nicht scheitern. Das erscheint mir überhaupt ein wichtiger Bereich zu sein, dass selbstverständlich ist, dass der Staat sparsam und effizient agieren muss, dass aber gerade bei der Frage des Rechtsschutzes nicht der Rechenstift in erster Linie angewendet werden darf, sondern Rechtsschutz ist etwas, was in einer demokratischen Republik eine der Grundfesten ist, und daher muss dafür auch Geld da sein.

Lassen Sie mich jetzt auf einige ausgewählte Punkte eingehen, die mir als Vertreterin des Landes Wiens ganz besonders wichtig sind, und auf die ich besonders hinweisen möchte. Das eine ist die Frage der Wahlaltersenkung. Wir haben in Wien bereits das Wahlalter gesenkt, auf der Gemeindeebene, und damit als einziges Bundesland auch auf Landesebene. Ich erachte das als wesentlich, aus mehreren Gründen, und bin der Meinung, dass das auch jedenfalls auf Bundesebene so sein sollte. Wir werden gesellschaftlich in den nächsten Jahrzehnten älter werden. Das heißt: Es ist allein aus demographischen Gründen meines Erachtens nach wichtig, jungen Menschen mehr Gehör zu geben. Ich weiß es auch, dass die Frage, ob jemand wahlberechtigt ist oder nicht, sehr relevant ist für Politikerinnen oder Politiker, ob Anliegen von solchen Menschen besonders gehört werden oder nicht. Darauf haben meines Erachtens nach die jungen Menschen in unserer Republik ein Recht , nämlich angehört zu werden und auch bedacht zu werden von der Politik. Und ich möchte all jene Argumente, die sagen, die jungen Leute wollen das gar nicht und es gibt wichtigere Dinge, insofern aus der Welt räumen, als wir über diese Frage bereits eine „Volksabstimmung“ hatten, nämlich die Gemeinderatswahl im Burgenland, wo die Wahlbeteiligung der jungen Erstwähler, nämlich der 16- bis 18-Jährigen deutlich höher war als die der Restbevölkerung. Das heißt, diese „Volksabstimmung“ gab es und sie ist positiv ausgegangen. Darüber hinaus sage ich das aber auch aus demokratiepolitischen Gründen, auch wenn das für mich diesbezüglich nur zweitrangig von Relevanz ist, denn es wird ja hier im Raum niemand sagen, dass jene Menschen, die nicht wählen gehen – und es gibt diese – dass denen das Wahlrecht entzogen werden soll. Es ist eine demokratiepolitisch grundsätzliche Frage, die wichtig ist für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und bei Demokratie kann es nie darauf ankommen, ob der oder die Einzelne von ihrem demokratischen Recht dann auch Gebrauch macht oder nicht.

Ein zweiter Punkt, wo es keinen Konsens gibt, der mir aber ganz besonders wichtig ist, ist die Frage, in einer Bundesverfassung Gemeinden – in Wien wären es die Bezirksvertretungen – die Möglichkeit zu geben, Zuwanderinnen und Zuwanderern, die hier ihre neue Heimat gefunden haben, die hier leben, die hier Steuer zahlen, deren Kinder unsere Schulen besuchen, die zukünftig auch hier sein werden, das Wahlrecht einzuräumen. Ich erachte das als einen ganz wichtigen Beitrag zur Integration, die politische Partizipation. Ich freue mich ganz besonders, Frau Landeshauptfrau Klasnic, dass jetzt auch die Steiermark nach Wien beschlossen hat, an den Bundesverfassungsgesetzgeber heranzutreten, um diese Möglichkeit einzuräumen.

Es geht mir hier nicht um eine Zwangsbeglückung, dass man sagt, in allen Gemeinden muss das möglich sein. Ich sehe aber überhaupt keinen Grund, warum das nicht in der Autonomie der einzelnen Landesverfassungsgesetzgeber (Anm.: es wurde an dieser Stelle sofort mündlich korrigiert auf: „Länder“ statt Landesverfassungsgesetzgeber) sein kann, zu entscheiden, ob sie das wollen oder nicht. Ich erachte es als notwendig. In den 11 Punkten der Europäischen Kommission, welche für Integration von Migrantinnen und Migranten wichtig sind, ist das im Übrigen auch ein ganz wichtiger Punkt.

Ein weiterer wichtiger Punkt, wo es keinen Konsens gibt, ist die Frage der Kontrollrechte. Ich komme, wie Sie wissen, aus einem Land, aus Wien, wo die SPÖ allein regiert, und wo wir aber trotzdem Minderheitenrechte haben, die es eben auf Bundesebene nicht gibt. In Wien kann ein Drittel der Mandatarinnen und Mandatare beschließen, dass es einen Untersuchungsausschuss gibt. Ich denke, das ist schlicht und ergreifend in einer modernen Demokratie eine Notwendigkeit. Ich verstehe überhaupt nicht, warum es hierüber keinen Konsens gibt.

Weitere wichtige Punkte für uns in Wien sind die sozialen Grundrechte. Selbstverständlich, der Kollege Scheibner ist wieder da, gibt es in dem einzigen Entwurf, der für eine Verfassung vorliegt, der ein Teil des Ergebnisses des Konvents ist, einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt. Wenn ich einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt vorsehe, sage ich jetzt mal auf wienerisch, kann man es sich gleich sparen. Ich sage auch, dass die Ausformung der sozialen Grundrechte so sein muss, dass man damit auch etwas tun kann. Zu formulieren, jeder hat ein Recht auf Wohnen, klingt nett, ist vielleicht auch populär, aber ich sage, wenn es auch paradox klingt, ist ein bisschen zu wenig kompliziert. So einfach ist die Welt nicht und so einfach kann auch die Bundesverfassung nicht sein.

Ein letzter Punkt: Zur Frage, wieso wird hier etwas junktimiert, wie Sie, Herr Kollege Scheibner, gesagt haben. Es geht hier nicht um junktimieren, aber es kann hier auch nicht sein, dass wir in zwei Parallelwelten leben. In der einen Welt, die hier im Konvent herrscht, wird gesagt, alle müssen gemeinsam an einem Strang zu einem Ergebnis finden, noch dazu wird so getan, als wäre das keine politische, sondern nur eine technische Frage. Natürlich geht es hier auch um politische Inhalte und um Ideologie. Ein paar Meter weiter wird über die Opposition drübergefahren, werden Dinge, ohne darüber zu sprechen, beschlossen und wird Demokratie abgebaut. Ich sage nur: Österreichische Hochschülerschaft, Hauptverband der Sozialversicherungsträger und so weiter und so fort.

Trotzdem war meines Erachtens der Österreich-Konvent insgesamt ein Erfolg. Eine neue Bundesverfassung macht nur dann Sinn, wenn sie mehr Demokratie, mehr Rechte, mehr Transparenz und mehr Kontrolle bringt für die Österreicherinnen und Österreicher. Denn es ist ihre Bundesverfassung. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke sehr, Frau Stadträtin.

Die nächste Wortmeldung steht bei Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic. – Bitte sehr, Frau Landeshauptmann.

Waltraud Klasnic: Herr Präsident! Hoher Konvent! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die sie zusehen, draußen in den Gemeinden, Städten und den Ländern, und die wir gemeinsam dieses Österreich sind.

In diesem Konvent geht es um dieses Österreich und um vieles, das für die Zukunft ganz besonders wichtig ist. Ich erinnere daran, dass ich damals als turnusmäßige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz im Juni 2003 hier das Wort ergriffen habe und festgestellt habe, stellvertretend für unseren einstimmigen Beschluss, der gefasst worden war, dass wir uns darum bemühen wollen, und dass unser wichtigstes Anliegen ist, Bürgernähe, Effizienz, Überschaubarkeit und Mitgestaltbarkeit, vor allem aber auch zu sehen, dass die Staatsreform Österreich beinhaltet Gemeinde, Städte, Länder und den Staat. Und ich sage bewusst „und den Staat“, weil wir zu einer gemeinsamen demokratischen Aufgabenerfüllung aufgerufen sind.

Es ist gut, dass der Herr Bundeskanzler heute gesagt hat, es sollen die Gespräche geführt werden und es kann zusätzliche Verantwortung, und die wollen wir auch übernehmen, wahrgenommen werden. Aber ich sage aus der Sicht der Länder sehr deutlich dazu, Verantwortung und auch die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten müssen gegeben sein. Wenn heute die Übertragung der Straßen auf die Bundesländer angesprochen wurde, dann sage ich, dass wir dort den 15a-Vertrag zum Beispiel brauchen ab dem Jahr 2008. Das sind die Dinge, mit denen wir uns beschäftigen.

Gleichzeitig, das war die Grundlage damals zu Beginn, am 30. Juni hier in diesem Raum, dem Bundesratssitzungssaal der Länderkammer, wo sich Österreicherinnen und Österreicher vertreten fühlen, dass wir zwei Punkte angesprochen haben. Die wirksame Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung und in europäischen Angelegenheiten und die Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder, weil wir es sind – und wir sagen es mit Überzeugung, und es ist auch nicht widersprochen worden von keiner Vorrednerin und keinem Vorredner –, dass zweimal der freiwillige Zusammenschluss Österreich, nämlich 1918 und 1945, durch die Bundesländer begründet wurde.

Es gibt eine zweite einstimmige Position der Landeshauptleute, ich werde dann später darauf zurückkommen, warum ich das so deutlich formuliere vom 14. Juni 2004, wo neuerlich eine Position der Länder zum Konvent eingebracht wurde. Damals war auch schon die neue Landeshauptfrau aus dem Bundesland Salzburg, Gabi Burgstaller, mit dabei.

Ich zitiere diese Position:

„Die Landeshauptleutekonferenz anerkennt die bisher geleisteten Arbeiten des Öster­reich-Konvents und seine Bedeutung für die Weiterentwicklung des österreichischen Bundesstaates. Sie bekräftigt ihre Bereitschaft, auf der Basis des Auftrags an den Kon­vent weiterhin engagiert mitzuwirken.“

Auch ich möchte mich bei jenen bedanken, die nicht nur viel Arbeit geleistet haben, sondern es verantwortlich wahrgenommen haben. Ich bin überzeugt, dass der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Heinz Nissl, das auch noch so sagen wird.

„Die Landeshauptleutekonferenz erachtet es als geboten, die österreichische Bundes­staatlichkeit zu einem modernen Föderalismus weiterzuentwickeln. Die neue Staatsor­ganisation muss der mittlerweile wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnis entspre­chen, dass bürgernah organisierte Einheiten effizienter arbeiten als zentralisierte Appa­rate. Aufgabenübertragungen müs­sen aber jedenfalls finanziell abgesichert werden.“ Zitatende.

Weil es heute hier angesprochen wurde und in Frage gestellt wurde, warum die Länder, warum aus Sicht der Landeshauptleute jetzt noch eine Stellungnahme beziehungsweise ein Papier abgegeben wird: Ich sage es sehr bewusst, Herr Dozent Dr. Bußjäger, Ausschuss 5, Aufgabenverteilung – in weiten Bereichen sind Sie sogar einen Schritt weiter gegangen als die Länder in der Verantwortlichkeit. Die Aussage der Landeshauptleute hat den gesamten Konvent begleitet. Es ist auch hier diese Stellungnahme immer wahrgenommen worden.

19 Monate intensiver Beratung, 10 Arbeitskreise – ich sage bewusst dazu: viel Arbeit. Angela Orthner hat es angesprochen, und Nationalratspräsident Khol hat zu Beginn schon gesagt, es ist nicht eine Frage der Schuld, sondern es ist auch eine Frage der Verantwortung, dass wir aus der Sicht der Länder unsere Stimme erheben und sagen, dort können wir mitgehen, dass wir uns darüber freuen können, wo es schon einen gemeinsamen Weg gibt, dass es aber noch vieles an Aufgaben zu bewältigen gibt, und wir das schaffen können.

Es ist eine Gliederung, wo man sagen muss, es muss einen Gesamtverfassungsentwurf geben, der viele Lücken schließt. Der Entwurf, der von Dr. Franz Fiedler und Präsidenten gekommen ist, ist ein wichtiger und ein richtiger Weg. Aber aus der Sicht der Bundesländer und damit auch der bürgernahen Aufgabenerfüllung besteht die Notwendigkeit, vor allem im Bereich der Kompetenzverteilung und der Behördenstruktur, auch dem Entwurf von Präsident Fiedler weitere Beratungen weiterhin zuzufügen; sie sind anzureichern.

Wenn es ein Papier der Landeshauptleute vom 19. Jänner gibt, auch wieder parteienübergreifend und einstimmig, dann sagt man, dass man gerade zur Kompetenzverteilung vertiefend Stellung nimmt. Das von Präsident Fiedler und auch dem zuständigen Konventsausschuss entwickelte Drei-Säulen-Modell entspricht ganz sicherlich den Gesetzgebungs- und Vollziehungsanforderungen des 21. Jahrhunderts besser als die bisherige Kompetenzlage. Aber die Zuordnung zu den drei Säulen lässt eine echte Ungleichverteilung der Gewichte erkennen. Aus unserer Sicht ist es so nicht geeignet, dass dies die Basis ist für einen Bundesstaat im 21. Jahrhundert. Hier sind wesentliche Veränderungen notwendig, und ich sage es, und die Landtagspräsidentin, die uns dort vertreten hat, hat es auch schon formuliert, so, wie die Länder gerne bereit sind mehr Verantwortung zu übernehmen, zum Beispiel das Modell der doppelten Zustimmung durch den Bundesrat und sechs Bundesländer, wie es im Positionspapier der Landeshauptleute vorgeschlagen wird, ist es ein Weg in die richtige Richtung.

Die mittelbare Bundesverwaltung hat sich als wesentliches Strukturmerkmal der österreichischen Verwaltungsorganisation im Grundsatz bewährt. Sie soll erhalten bleiben, aber um weitere, bisher in der unmittelbaren Bundesvollziehung verankerte Angelegenheiten ergänzt werden.

Und auf einige Wortmeldungen zurückkommend: Unversöhnliche Gegensätze zwischen Ländern und Bund, das ist nicht der Weg. Wir sind nicht unversöhnlich, wir wollen miteinander in Verantwortung in eine gemeinsame Aufgabenstellung und in eine gemeinsame Bearbeitung und Vorbereitung für diese Verfassung gehen. Die Länder machen sich selbstverständlich bereit, nämlich dort mitzutun, wo sie es können, ihre Verantwortung wahrzunehmen und vor allem auch zu zeigen, dass die Nähe der Menschen in den Gemeinden, in den Städten und in den Ländern jene ist, wo man die Antworten erfährt, wo man das eine oder andere dann auch spürt. Und Verantwortung wahrnehmen heißt eben, im richtigen Augenblick zu sagen, es bedarf noch einer weiteren Verhandlung und ich bin überzeugt, dass auch gerade auf Grundlage dieses Papiers Doppelgleisigkeiten abgebaut werden können. Manches ist heute schon angesprochen, Schulbehörde, Sicherheitsbereich; wesentliche Schritte aus der Sicht des Ministeriums wurden gesetzt.

Ich nehme noch etwas dazu, die Bedeutung der Bezirkshauptmannschaften bei uns. Ich sage es aus der Erfahrung heraus, bürgernah und effizient sind diese Einrichtungen, man muss auch wissen, und ich sage das als Landeshauptmann eines Bundeslandes im Süden Österreichs, aber es geht allen Ländern gleich, man könnte und sollte sich auch überlegen, ob alle neuen Behörden, die geschaffen werden, wo immer und welchen Auftrag sie haben, wirklich ihren Sitz in der Bundeshauptstadt haben müssen.

Es wäre schade und es wäre eine vergebene Chance, wenn diese solide Grundlagenarbeit, die geschehen ist, die von Ihnen allen geschaffen wurde, von Präsident Fiedler zusammengefasst wurde, nicht die Früchte einer echten Verfassungs- und Staatsreform erreichen würden. Es ist lange zu diskutieren gewesen, es ist auch zu handeln und das Gedenkjahr und das Gedankenjahr 2005 kann eine zukunftsorientierte Grundlage für unser Gemeinwesen sein. Für die Menschen in unserem Land, in den Gemeinden, in den Städten, in den Ländern, in unserem Österreich.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Landeshauptmann. Ich möchte es mir auch nicht verkneifen zu sagen, ich glaube, das entspricht auch der historischen Wahrheit, dass die Steiermark an der Wiege des Österreich-Konvents gestanden ist und es sehr viele Steirer waren, die sich für die Einsetzung des Österreich-Konvents ausgesprochen haben. Auch dafür besten Dank.

Die nächste Rednerin ist die Frau Landeshauptfrau Mag. Burgstaller. – Bitte sehr.

Mag. Gabi Burgstaller: Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Zu allererst möchte ich mich bedanken, weil ich doch meine, dass die vorliegenden Unterlagen, der Gesamtbericht, eine sehr detailreiche Analyse des Ist-Standes ist und eine gute Abbildung der Auseinandersetzungen im politischen Diskurs.

Es ist eine Tatsache, dass man sich in Verfassungsfragen, sprich Machtfragen, nicht immer sofort eins ist, weder bei den Parteien, noch bei den Gebietskörperschaften, und, so meine ich, kann dieser Bericht auch nichts anderes sein, als dieses Abbild und der Versuch, da oder dort den Konsens zu erkennen und auch zu vermitteln. Es ist auch aus meiner Sicht eine Grundlage für die weitere politische Arbeit an einer neuen, an einer modernen, anspruchsvollen Verfassung.

Wurde der Auftrag erfüllt? Das werden sich heute bei der letzten Sitzung des Konvents wahrscheinlich viele fragen, und wenn wir uns zurückerinnern an den Auftrag, dann ist er ja sehr eindeutig formuliert worden, nämlich, dass es Aufgabe des Österreich-Konvents sei, Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten. Die künftige Verfassung soll eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen. Es ist dann noch die Rede von einer Kompetenzverteilung, mit dem Ziel, einen klaren, nach Aufgabenbereichen gegliederten Kompetenzkatalog zu schaffen, die Struktur der staatlichen Institutionen unter dem Gesichtspunkt des effizienten Mitteleinsatzes, der Bürgernähe und so weiter zu prüfen.

Ich meine, von diesem Auftrag ist einiges erfüllt worden. Es gibt die Vorschläge dafür, teilweise sind sie unterschiedlich gestaltet, es gibt aber einen Bereich, wo ich der Meinung bin, wir sollten mehr Wert darauf legen, wie effizient ist unser Handeln wirklich? Und wenn dieser Maßstab auch noch eingeführt wird bei den weiteren Beratungen, dann hört sich vielleicht so manches Bund-Länder-Ping-Pong auf, weil ich meine, wir müssen mit den Steuergelder insgesamt sparsam umgehen, damit wir das Geld haben für die notwendige Versorgung der Menschen, zum Beispiel im Gesundheits- und Sozialbereich, denn es wäre naiv anzunehmen, dass wir diese Gelder nicht brauchen werden, dass diese Ausgaben nicht steigen werden. Allein schon deshalb, weil wir alle älter werden und hoffentlich auch eine entsprechende Sozial- und Gesundheitsversorgung vorfinden können.

Wenn es um die Zukunftsorientierung geht, so meine ich durchaus, dass ein wesentliches Element erfüllt wurde, nämlich ein Sozialrechtskatalog, der ein durchaus erfreulicher ist in seinen inhaltlichen Ansagen. Was die Durchsetzung betrifft, so meine ich, sollte darüber noch einmal grundsätzlich beraten werden, denn die Enttäuschung bei den Bürgern wäre groß, wenn das einen Charakter von Zielvorstellungen hat und wenn dann der Bürger sich doch nicht helfen kann, wenn er die sozialen Verfassungsrechte dann auch für sich realisiert haben möchte.

Was die Bürgernähe betrifft, so glaube ich, sollten wir weniger Angst vor den Bürgern haben. Wir sollten ihre Tätigkeit nicht nur auf Wahlen beschränken, die alle paar Jahre stattfinden, wir sollten auch darüber diskutieren, ob es klug ist, dass wir so unterschiedliche Perioden haben, Legislaturperioden mit vier Jahren, mit fünf Jahren, mit sechs Jahren. Es gibt hier eine gewisse Autonomie in den Ländern, ich meine trotzdem, zum Beispiel vier Jahre sind nicht unbedingt genug, um etwas zu verändern. Aber das ist meine persönliche Meinung, die ich mit vielen diskutiert habe, die sich diesen langen Atem durchaus wünschen, in den Bundesländern, wie gesagt, unterschiedlich geregelt.

Was die Bürgernähe beim Wahlrecht betrifft und die Vorschläge, war ich einigermaßen konsterniert, dass man vorgeschlagen hat, wählen mit 16 auf Gemeindeebene einzuführen, denn das können die Länder, und tun die Länder auch so, da hätten sie keinen Konvent gebraucht. Wenn, dann wäre es nur logisch, dass man beim Konvent sagt, wir wollen die Sechzehnjährigen generell wählen lassen, das wäre der geradlinige Weg.

Ich bin auch der Meinung, dass man bei den Minderheitenrechte im 21. Jahrhundert einen frischeren Weg beschreiten soll. Keine Angst vor Minderheiten, Transparenz, Offenheit, warum denn nicht? Einen Untersuchungsausschuss einberufen von einer Minderheitenfraktion, wir haben das in Salzburg, und ich würde meinen, es tut keinem weh, wie überhaupt Transparenz in der Politik niemandem wehtut, wenn man sie richtig lebt.

Was die klare Aufgabenteilung betrifft, da meine ich, da gibt es noch viel zu tun. Es gibt hier einen sozusagen privaten Vorschlag im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag, Herr Präsident, aber trotzdem einen Vorschlag für eine Kompetenzverteilung, der sich sehr stark an den Vorschlägen der Wirtschaftskammer orientiert nach meiner Betrachtungsweise, der auch vieles enthält, das richtig ist, weil sachlich es zusammen gehört, der aber in Teilbereichen sich ein bisschen verschweigt, und da ist eine provokante Frage, die ich als Aufgabe für die Zukunft mitgeben möchte die, überlegen wir uns auch immer die Qualität dieser Aufgabenzuteilungen?

Für mich ist so ein bisschen ein abschreckendes Beispiel die Debatte rund um das Tierschutzgesetz gewesen. Wir haben vorher ja Länderrecht gehabt, Länderkompetenz, jetzt gibt es ein Bundestierschutzgesetz. Es gibt sehr viel Kritik daran, täglich in den Medien. Nicht immer ist etwas automatisch deshalb besser, weil es der Bund macht. Obwohl ich der Meinung bin, dass es viele wirtschaftsnahe Bereiche gibt, die besser einheitlich in Österreich geregelt werden sollen, aber den Automatismus gibt es nicht. Und trotzdem würde ich mich freuen, wenn wir in vielen Bereichen, und da bin ich sicher nicht einer Meinung mit dem Herrn Präsidenten Khol, nämlich gerade dort, wo es wirtschaftsnahe Kompetenzen betrifft, endlich auf eine Vereinheitlichung kommen. Aber auch in gesellschaftspolitischen Bereichen – ich kann es keinem Jugendlichen erklären, warum er in Salzburg länger weggehen darf als in Oberösterreich, wenn er dort im Zentralraum, im Grenzraum, lebt und einmal in Bad Ischl ausgeht und das nächste Mal vielleicht in St. Gilgen. Das versteht kein Mensch und daher sollten wir uns mit dem auch auseinander setzen, was die Menschen nicht mehr verstehen.

Ein Bereich ist aus meiner Sicht gar nicht gelungen. Aber ich will das jetzt nicht bewerten, ich war ja nicht dabei. Es geht um die Finanzen. Weil ja auch der Präsident des Gemeindeverbandes und Gemeindebundes hier ist. Ich glaube, dass wir bei einer künftigen Finanzverfassung und bei einem neuen Finanzausgleich, der darauf wachsen soll und gedeihen, berücksichtigen müssen, wo sind die Wachstumsbranchen der Politik? Und wenn wir ganz ehrlich sind, die Wachstumsbranchen der Politik, die werden schwerpunktmäßig selbstverständlich im Sozial- und Gesundheitsbereich sein, und wenn ich mir da die Belastung der Gemeinden anschaue, dann glaube ich schon, dass eine logische Antwort auch eine gewisse Neuverteilung der Gelder wäre.

Ist der Konvent gescheitert, wie heute in den „Salzburger Nachrichten“ steht? Also, ich meine nein, weil er viele seiner Aufgaben erledigt hat, eine wichtige Vorarbeit ist, für die weiteren Beratungen, auch ein Abbild der widerstrebenden Interessen, auch wenn ich nicht meine, es sind angeborene Unterschiede, aber es gibt halt einen Unterschied zwischen den Parteien und auch zwischen den Gebietskörperschaften. Gescheitert ist er, indem er keinen einheitlichen Verfassungstext vorgelegt hat, aber vielleicht war auch diese ihm zugeteilte Aufgabe im Rahmen der Gründung eine zu ambitionierte, denn wie hätte das geschehen sollen?

Was wichtig ist, und was bleibt, ist, dass die Politik jetzt am Wort ist. Was wir uns aus den Ländern wünschen, ist, dass wir eingebunden werden in den Prozess. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir versuchen werden, nicht die Brille der Macht aufzusetzen, sondern wirklich die Brille einer neuen sachlichen Arbeitsteilung, wo jeder das regelt, was für die Bürger auf der jeweiligen Ebene am Wichtigsten ist. Dabei wird es eine Rolle spielen, ob der Bund weiter den Weg geht, Gerichte zu schließen, Behörden zu reduzieren. Denn bürgernahe Verwaltung heißt halt auch ein Stück weit, dass sie in der Nähe des Bürgers ist und nicht, dass man einfach nur Strukturen bereinigt und reduziert, weit weg vom Bürger.

Es gibt noch einen Elchtest für die weiteren politischen Beratungen, und zwar den Bundesrat. Hier gibt es ja sehr unterschiedliche Vorschläge. Den Vorschlag aus den Ländern für ein Vetorecht im Bereich von Steuerreformen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der politisch dann durchsetzen lässt. Und es gibt einen Vorschlag aus dem Konvent, und ich meine, es täte auch gut, bei den politischen Beratungen das ernst zu nehmen, das man einmal angekündigt hat. Entweder aufwerten oder abschaffen. Die einzige Form der Aufwertung, die ich mir vorstellen könnte ist, dass wir überlegen, ob der Konsultationsmechanismus über eine 15a-Vereinbarung, die wir einmal eingeführt haben, nicht abgeschafft werden soll zugunsten einer Beauftragung des Bundesrates. Da gäbe es aber vieles umzustellen. Wer einmal einen Konsultationsmechanismus persönlich erlebt hat, kann sich vorstellen, wie effizient das ist und wie kostenintensiv. Ich meine, da könnten wir es beim Bundesrat auch belassen und ihm diese Aufgabe übertragen. Das wäre dann natürlich eher ein Länderparlament oder in anderen Formen auch eine Vertretung der Länder und Gemeinden. Das wäre ein Weg. Wenn wir die Aufwertung nicht schaffen, dann wünsche ich mir einfach die Ehrlichkeit, ihn abzuschaffen. Ich glaube, es hat sehr, sehr viel Symbol für die Beratungen um die Verfassung, dass hier eine ehrliche Bewertung erfolgen soll.

Noch einmal Dank, noch einmal die Klarheit. Der nächste Schritt liegt bei der Politik im Verfassungsausschuss, so würde ich es für logisch erachten. Man soll sich die Zeit nehmen, die man braucht für eine moderne Verfassung, denn es ist keine moderne Verfassung, wenn man nur die Verfassungstexte, die außerhalb liegen, inkludiert, aber eine moderne Verfassung entsprechend der Aufgaben des Konventes jetzt zu den Aufgaben des Verfassungsausschusses zu machen, das könnte durchaus gelingen.

Ich wünsche allen im Parlament vertretenen politischen Parteien dabei viel Erfolg. Ich weiß, es wird mühsam sein, es gibt sehr viel Dissens noch und wir wünschen uns von den Ländern und ich schließe die Gemeinden etwas mit ein, dass wir dabei sind bei diesem Prozess, uns nicht erst relativ spät einklinken, und dass wir wirklich einen ehrlichen Weg gehen und uns immer fragen: Was wollen die Bürger in diesem Land und was brauchen sie? – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Frau Landeshauptfrau.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Dr. Leitl. – Bitte, Herr Präsident.

Dr. Christoph Leitl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat angesprochen, dass eine Verfassung auch die Aufgabe hat, neben klaren Spielregeln, die unser gemeinsames Zusammenwirken regeln, auch die Kostengünstigkeit zu bewerkstelligen. Und ich bin Ihnen allen dankbar, die Sie diesen Aspekt unterstützt haben. Eine Verwaltung baut auf der Verfassung auf. Es gibt eine kostengünstige Verwaltung, die kann unserem Land, unseren Budgets, viel Geld sparen. Geld, das wir für dringend notwendige Zukunftsinvestitionen verwenden können. Bildung, Forschung, Infrastruktur, einfach das, was wir brauchen, wenn wir den Standort Österreich verbessern und im weltweiten Wettbewerb erfolgreich bestehen wollen. Da bin ich Ihnen wirklich dankbar, dass Sie diesen Zusammenhang zwischen unserem staatlichen Aufbau und einem effektiven Ablauf gesehen und in Ihren Beratungen berücksichtigt haben.

Ich bin dankbar meinen Sozialpartnerkollegen, insbesondere Fritz Verzetnitsch. Wir haben einen am Anfang sehr gegensätzlichen Standpunkt in der Frage der sozialen Grundsätze in der Arbeitswelt vernünftig angegangen und sehr konsensual einem Konvent zugeleitet, der diesen Beschluss als Grundlage verwenden kann. Wir haben damit als Sozialpartner bewiesen, dass man auch dort, wo unterschiedliche Ausgangspunkte am Beginn einer Diskussion bestehen, dass man dann zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Augenmaß sehr wohl etwas machen kann, was dem Land und den Menschen nützt.

Die Präsidentin Angela Orthner hat gesagt: Alles hat seine Zeit. Es gibt eine Zeit des Diskutierens und es gibt eine Zeit des Lösens. Es gibt eine Zeit des Beratens, es gibt eine Zeit des Beschließens. Ich glaube, wir haben jetzt die Zeit der Lösungen, des Beschließens. Wir müssen jetzt das, was in die Beratungen eingeflossen ist, konsequent umsetzen. Daher, meine Damen und Herren, sollte sich die Frage gar nicht stellen: Kann dieses große Werk scheitern?, sondern es kann nur die Frage sein: Wie bringen wir es zu dem von uns allen gewollten „guten Ende“?

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Präsident Fiedler. Sie haben den Mut gehabt, einen Entwurf vorzulegen. Sie haben diesen Entwurf aus Ihrer besonderen Rolle des Konventspräsidenten gemacht, der beobachtet hat, der die Meinungen gehört hat und der versucht hat, diese unterschiedlichen Meinungen im Sinne eines Lösungfindens zusammen zu bringen in einen Entwurf. Sie haben damit Großes geleistet. Bundeskanzler Schüssel hat zuerst schon mit dem Präsidenten der Europäischen Versammlung Giscard d’Estaing verglichen, der sich selbst auch am Schluss hingestellt und gesagt hat: „Ich weiß, da gibt es noch viele unterschiedliche Positionen, Wiederholung bringt uns nicht weiter, jetzt müssen wir zusammenführen. Ich als Präsident Giscard d’Estaing lege euch einen Entwurf vor. Er wird niemanden gänzlich befriedigen, aber er könnte die Basis für einen Konsens sein.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist dieser Konsens verwirklicht. Das Europäische Parlament hat vor wenigen Tagen mit überwältigender Mehrheit diesen Giscard-Vorschlag angenommen. Sie wissen, worauf ich hinaus will. Ich sehe die Parallelität durchaus. Wir werden sicherlich nicht alle einverstanden sein können mit dem, was unser Konventspräsident uns vorgelegt hat. Auch die österreichische Wirtschaft hat einiges vorzubringen, was sie anders sieht und was sie auch anders haben wollte. Aber wenn jeder nur bei dem bleibt, was er haben will, kommen wir nicht weiter. Daher sage ich ganz offen: Auch wenn wir uns manches ganz anders gewünscht hätten, stehen wir nicht an zu sagen, wir werden uns natürlich am weiteren Diskussionsprozess beteiligen. Aber wir werden selbstverständlich das Grundgerüst des Entwurfs des Präsidenten Fiedler unterstützen und unsere anders gehenden Vorschläge im Zweifelsfall zurücknehmen, um einen Erfolg des Ganzen zu gewährleisten. Und wenn wir das alle machen, die wir hier sitzen, dann ist diesem Erfolg eigentlich kein Scheitern mehr, sondern ein befriedigendes Umsetzen beschieden, und das wäre gut für unser Land.

Meine Damen und Herren, es darf kein Scheitern geben. Wir haben eine übergeordnete Verantwortung, auch was die Zeit betrifft. Bitte verfallen Sie nicht in den Fehler zu sagen, ja, wir haben viel Zeit, zwei, drei Jahre habe ich gehört. Nein! Nützen wir den Schwung, nützen wir die Begeisterung, nützen wir die Kompetenz, die wir hier jetzt haben, dass wir auch zum Ergebnis kommen, zum Erfolg kommen.

Experten sagen, dass, wenn wir eine schlanke Verfassung haben, wenn wir darauf aufbauend die beste Verwaltung Europas haben, dass wir damit eine wichtige Voraussetzung haben, dass wir unendlich viel Geld sparen können, 3,5 Millionen € –denken Sie daran, was man damit machen könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren und jetzt diskutiere ich mit Ihnen gar nicht, ob das dreieinhalb, zweieinhalb oder was immer für Summen sind. Das sagen Experten, das sage nicht ich. Aber ich sage, es ist unendlich viel Geld, das soll nicht in der Bürokratie bleiben, sondern das sollen unsere Zukunftsinvestitionen sein. Und das ist eine riesige Herausforderung. Und da möchte ich Sie auch motivieren. Das ist nicht etwas, was nur die Wirtschaft verlangt. Das spüren instinktiv viele Menschen, die sagen, wo haben wir unsere Zukunft, und was tun unsere Verantwortlichen, um diese Zukunft abzusichern. Die Aufgabe ist gestellt, meine Damen und Herren. Gehen wir es an und führen wir es zu einem glücklichen Ende.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Vielen Dank, Herr Präsident.

Als Nächster hat sich Herr Landeshauptmann Niessl zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Herr Landeshauptmann.

Hans Niessl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nach eineinhalb Jahren geht mit dem heutigen Tag die Arbeit des Konvents zu Ende. Die Arbeit des Konvents wurde in den vergangenen Wochen, in den vergangenen Monaten unterschiedlich beurteilt. Die Arbeit des Konvents wurde auch von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern unterschiedlich beurteilt. Positiv kann hervorgehoben werden, dass in den Ausschüssen sehr viele Themen abgearbeitet wurden, und dass sehr professionelle Arbeit geleistet wurde. Es gab in den Ausschüssen sicher das gemeinsame Bemühen, die Grundlage für eine moderne, zukunftsorientierte Verfassung zu schaffen. Daher war es auch gut und richtig, den Konvent zu gründen.

Es gibt, und auch das ist verständlich, viele unterschiedliche Positionen. Die Länder haben sich hier in vielen Bereichen eingebracht, und es hat sich auch, Frau Landeshauptfrau Klasnic hat darauf hingewiesen, die Landeshauptleutekonferenz einige Male sehr intensiv mit den Themen des Konvents beschäftigt. Eine Position wurde erarbeitet, die vom Prinzip der Subsidiarität, der Effizienz und der Bürgernähe getragen wurde. Und ich denke, wenn wir von Einsparungen sprechen, so ist das sicher richtig und notwendig, aber es ist auch wichtig und notwendig, dass wir von Bürgernähe sprechen. Die Position beinhaltet aber auch eine Aufwertung des Föderalismus, die Weiterentwicklung des bundesstaatlichen Prinzips. Bereits im Juni 2004 haben die Länder ihre Position zu sehr wichtigen Punkten eingebracht.

Zum Beispiel im Bereich der Bildung. Die Länder wollen ihre Zuständigkeit im Pflichtschulbereich weiterhin behalten. Durch die Abschaffung von Mehrfachkompetenzen soll mehr Effizienz erreicht werden. Die Länder stehen zu einer Bildungsdirektion für jedes Bundesland, die für alle Bildungsfragen zuständig ist. Hier besteht mit Sicherheit die Möglichkeit, im Bereich der Verwaltung einzusparen. Das bedeutet weniger Geld für die Schulverwaltung, mehr Geld für den Unterricht. Aus meiner Sicht wäre es auch günstig, die Zweidrittelmehrheiten in der Schulgesetzgebung abzuschaffen. Ich denke, dass es hier zu rascheren Reformen bei Bildungsfragen kommen kann, dass man auf aktuelle Entwicklungen rascher reagieren kann. Die PISA-Studie hat uns auch gezeigt, dass Reformen im Bildungswesen dringend notwendig sind, und ich finde es positiv, dass darüber auch diskutiert wurde.

Ein Thema, das den Ländern auch sehr wichtig ist, das noch nicht andiskutiert wurde, ist der gesamte Bereich der Sicherheit. Im Burgenland hat es im Jahre 2004 mit einem Plus von 8,7 Prozent den stärksten Anstieg bei den strafbaren Handlungen gegeben. Und die Antwort darauf kann nicht mehr Zentralismus sein. Ganz im Gegenteil. Wir brauchen starke, leistungsfähige, dezentrale Sicherheitsstrukturen. Die Sicherheitseinrichtungen vor Ort in den Ländern und in den Gemeinden müssen gestärkt werden. Wir wollen, dass die Bezirkshauptmannschaften weiterhin als Sicherheitsbehörden bestehen bleiben.

Die Bezirkshauptmannschaften haben vor allem im ländlichen Bereich einen sehr hohen Stellenwert. Sie sind oft die erste Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen, dass den Bezirkshauptmannschaften weiterhin das Bezirkskommando der Exekutive beigegeben ist. Auch die Sicherheitsdirektion muss als Sicherheitsbehörde weiterhin mit allen Kompetenzen ausgestattet sein. Nicht nur mit den entsprechenden Kompetenzen, sondern natürlich auch mit den entsprechenden personellen Ressourcen.

Diese dezentralen Strukturen benötigen wir aber nicht nur im Bereich der Exekutive, sondern auch beim Bundesheer. Gerade für das Burgenland ist es wichtig, dass der Assistenzeinsatz aufrecht bleibt, dass es zu keiner Abwertung der Militärkommanden kommt; und es wäre meiner Meinung nach auch falsch, zu viele Kasernenstandorte zu schließen. Denn gerade bei Katastrophenfällen ist es besonders wichtig, dass sich die Einsatzkräfte vor Ort befinden, dass sie rasch helfen können. Und wer rasch hilft, hilft bekanntlich doppelt.

Ein weiterer Punkt, der für die Länder von ganz großer Bedeutung ist, ist die elementare Daseinsvorsorge. Die elementare Daseinsvorsorge soll als Staatsaufgabe in der Verfassung verankert werden. In der Daseinsvorsorge darf kein Profitdenken zu Lasten der Qualität, Sicherheit und Leistbarkeit Platz greifen. Es soll gewährleistet sein, dass die Daseinsvorsorge mehrheitlich in öffentlicher Hand bleibt. Die Wasserversorgung, das Gesundheitswesen sind dabei besonders hervorzuheben.

Die Länder sprechen sich für eine Verfassung aus, die in erster Linie an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientiert ist. In diesem Sinne haben die Länder auch eine gemeinsame Position für die Kompetenzverteilung eingebracht. Und diese Position beinhaltet das Drei-Säulen-Modell bei der Aufteilung der Kompetenzen. In der ersten Säule sind die Kompetenzen des Bundes klar definiert, in der zweiten Säule die der Länder. Die dritte Säule beinhaltet im Sinne der Subsidiarität ebenfalls Länderkompetenzen, bei denen aber im Sinne der Homogenität bundeseinheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden können. Die Länder treten in diesem Punkt dafür ein, dass der Bundesrat aufgewertet wird. Wir treten dafür ein, dass den Ländern bei Materien, die sie direkt betreffen, ein verstärktes Mitspracherecht eingeräumt wird. Ich sehe darin eine klare Aufgabenteilung, die dem Subsidiaritätsprinzip, den Grundsätzen der Effizienz und der Bürgernähe, Rechnung trägt. Die Bürgernähe und Stärkung des ländlichen Raumes sollte auch bei der Gerichtsorganisation berücksichtigt werden. Das heißt insbesondere, dass in jenem Land ein Rechtsmittelgericht gegeben sein muss.

Die Republik Österreich feiert heuer ein Jubiläumsjahr. Dies wird auch zum Anlass genommen, um auf die Erfolgsstory der vergangen sechs Jahrzehnte hinzuweisen. Dabei sollte aber auch nicht vergessen werden, dass die Länder, dass der gelebte Föderalismus sehr viel zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen hat – und ich sehe in einem gelebten Föderalismus nicht nur ein Konzept für die Vergangenheit, ich sehe darin auch ein Konzept für die Zukunft.

Das neue Europa muss ein Europa der Vielfalt, ein Europa starker Regionen sein. Wir brauchen eine Demokratie der Nähe, wir brauchen ein bürgernahes Europa – und diesen Zielsetzungen sollte auch in der neuen österreichischen Bundesverfassung Rechnung getragen werden.

Ich möchte seitens der Länder allen danken, die sich aktiv in den Konvent eingebracht haben, ich danke dem Herr Präsidenten für die Vorsitzführung sowie allen Experten, die ausgezeichnet gearbeitet haben.

Jetzt ist das Parlament, jetzt sind die zuständigen Ausschüsse am Zug. – Die Demokratie lebt vom Kompromiss, daher sollte es beim nötigen gemeinsamen Willen möglich sein, diesen Konsens zu finden und Österreich eine moderne Verfassung zu geben, eine Verfassung, die sich an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientiert, eine Verfassung, welche auch die richtige Balance zwischen Subsidiarität und Homogenität findet. – Danke für die Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner  (übernimmt den Vorsitz):   Danke, Herr Landeshauptmann.

Der nächste Redner ist Herr Landtagspräsident Dipl.-Ing. Jörg Freunschlag.

Dipl.-Ing. Jörg Freunschlag: Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 Der Österreich-Konvent und seine zehn Ausschüsse haben sich in den letzen eineinhalb Jahren sehr intensiv mit fast allen Fragen für eine Reform der österreichischen Bundesverfassung befasst. In Summe – und das haben ja heute die einzelnen Wortmeldungen bereits sehr eindrücklich ergeben – ist das Ergebnis des Konvents eindeutig positiv zu beurteilen, wenn es auch kein endgültiges Ergebnis gibt. Noch nie seit 1920 lagen so viele profunde und konkrete Vorschläge und zum Teil auch ausformulierte Vorschläge für die Weiterentwicklung der österreichischen Bundesverfassung auf dem Tisch – Vorschläge, die uns eine solide Grundlage für künftige notwendigen Reformen geben.

Und es ist schon eine sehr interessante Situation, wenn eine Vorrednerin heute die Frage gestellt hat: Wurde der Auftrag erfüllt? – Ich meine, diese Frage mit „Ja“ und mit  „Nein“ beantworten zu müssen: Ja, dahingehend, dass sehr, sehr viele – hunderte! – Vorschläge, Ideen auf dem Tisch liegen, die man aufgreifen muss und müsste, um weiterzukommen, und das Nein bezieht sich auf die Entscheidungsschwäche: Es ist keine Entscheidung – keine gemeinsame Entscheidung – gefunden worden, wohl daher, dass im Laufe der Beratungen insbesondere im letzten Vierteljahr das Ich, das Ego, die eigene Position, immer mehr in den Vordergrund gekommen ist und nicht das notwendige Wir, das Gemeinsame, die Arbeit für unsere gemeinsame Heimat, für unsere Republik. Dieses Gemeinsame ist nicht im Vordergrund gestanden, sondern eher in den Hintergrund gedrängt worden.

Und ich möchte auch nicht anstehen, allen zu danken für ihre Ideen, für den Einsatz und die hunderten Stunden, die hier aufgewendet wurden, und insbesondere auch Präsidenten Dr. Fiedler für den Mut zu einer Zusammenfassung, dass etwas Handgreifliches überhaupt vorhanden ist, auf das man nun aufbauen kann und weiter verhandeln kann, um doch noch zu einem Ergebnis zu kommen.

Leider, und das ist etwas, was ich beobachten musste aus der Ferne, aus Kärnten, dass nach 18-monatiger engagierter Knochenarbeit ein anfänglicher gemeinsamer Wille und die Bereitschaft zu einer längst notwendigen Umsetzung einer Verfassungsreform dem parteipolitischen Kalkül immer mehr weichen musste. Und das, glaube ich, ist bedauerlich – bedauerlich, meine Damen und Herren! –, dass wir nicht die Kraft aufbringen konnten, dieses Ziel, so wie wir es uns selbst vorgegeben haben, zu erreichen. Und ich finde es schon hier auch als eine Zumutung gegenüber all jenen, die heute schon erwähnt wurden, die in ehrenamtlichem Engagement mit großem Wissen viele, viele Stunden gearbeitet haben mit den politischen Vertretern, und dass wir heute feststellen müssen, wir können uns nicht oder wir konnten uns noch nicht einigen.

Und es ist auch eine Zumutung gegenüber der Bevölkerung, wo wir Erwartungen geweckt und Erwartungen seitens der Bevölkerung auch da sind, die wir nicht erfüllen können zum heutigen Tag. – Auch das sollten wir uns selbst einmal fragen und wir sollten uns auch dessen bewusst sein, welchen Schaden wir auch anrichten, wenn wir nicht in der Lage sind,  unsere Ziele gemeinsam zu erreichen – ein Schaden, der entsteht gegenüber der Reputation unserer Republik und ein Schaden gegenüber der Glaubwürdigkeit der Parteien, aber auch ein Schaden, den wir für die Zukunft unseres Landes entstehen lassen.

Das alles sind Dinge, die wir heute schon diskutiert haben, aus unterschiedlichen Mündern bereits geäußert wurden, und trotzdem haben wir nicht die Kraft, hier etwas weiterzubringen. Und ich frage mich: Was hält uns denn ab, uns ernsthaft um ein gemeinsames Ergebnis zu bemühen – zumindest in jenen vielen Bereichen, die unbestritten bereits konsensual auf dem Tisch liegen, wo wir schon wissen, dass wir es können, und wo wir schon wissen, dass wir ein Ergebnis erzielen können? Was ist denn der Grund, dass das plötzlich nicht mehr möglich ist, fragt sich der einfache Bürger auf der Straße. Ist der Grund vielleicht der Termin der nächsten Nationalratswahl? – Das wäre schrecklich, wenn das so wäre!

Ich meine, dass wir alle sehr, sehr gefordert sind und einzelne Punkte doch noch einmal genau unter die Lupe nehmen sollten, warum wir gemeinsame Positionen nicht in einen gemeinsamen Entwurf bringen können, wie zum Beispiel die Beseitigung einer Vielzahl von Verfassungsbestimmungen und einzelnen Verfassungsgesetzen. Ich sehe hier keinen Dissens, ich sehe hier eigentlich einen Konsens für einen so wichtigen ersten Schritt! Oder die Erarbeitung eines Grundrechtskataloges mit der Verankerung von sozialen Grundrechten. Hier wurde vieles erreicht – wir müssen uns natürlich schon klar sein, dass es nicht immer 100 und 110 Prozent sein können, wenn wir gemeinsam hier etwas beschließen wollen und müssen.

Ich verstehe nicht, dass es nicht möglich ist, die Legislaturperioden des Nationalrates und der Landtage zu vereinheitlichen, gleich lang zu machen – was ist denn da dahinter? Es versteht doch kein Mensch auf der Straße, dass wir uns hier nicht einig werden! Oder die klare Kompetenzenaufteilung zwischen Ländern und Gemeinden, auch hier wurde gerungen. Ich glaube, es wurde zu spät Wichtiges auf den Tisch gelegt, und es ist ja jetzt in den letzten Wochen und Tagen einiges dazugekommen.

Die Länder haben eine wichtige und unverzichtbare Rolle nicht nur in Österreich, sondern die Regionen haben für die zukünftige Entwicklung Europas eine ganz, ganz wichtige und entscheidende Rolle übertragen bekommen, nur haben sie kaum Möglichkeiten, diese Rolle auch so zu spielen, wie sie es tun müssten! Eine klare Kompetenzaufteilung ist notwendig, eine klare Zuständigkeit zwischen den Aufgaben der Länder und des Bundes, aber natürlich dazu auch eine klare Regelung der Finanzen. Und da sehe ich einen Schwachpunkt – vielleicht bin ich in meiner Beurteilung nicht ganz richtig –, dass der Ausschuss 10, betreffend eine neue Finanzverfassung, doch nicht diese Breite diskutiert hat und diese Ergebnisse erzielt hat, die es den Ländern und Gemeinden möglich machen, auch in anderen Bereichen ja zu sagen oder zu Ergebnissen zu kommen.

Im gleichen Atemzug ist schon eine Reform des Bundesrates erwähnt worden, der Mitwirkung der Länder, es läge ja alles am Tisch hier in einem Konsens gerade für eine bessere und verstärkte Mitwirkung der Länder, auch dem Bundesrat eine neue Rolle zu geben, denn ansonsten kann man ihn ja in Wirklichkeit gar nicht mehr verteidigen, wenn das in der Zukunft so weitergehen sollte wie bisher.

Nun, es gibt auch die Frage der Kontrollrechte des Rechnungshofes, der schon bei Bundesbeteiligungen ab 25 Prozent prüfen können sollte, aber auch die Kontrolle der Gemeinden unter 20 000 Einwohner scheint mir eine ganz wichtige Frage, wobei die Frage zu klären ist, wer prüft. Aber geprüft werden muss, denn dort werden unglaublich große Geldmengen verwaltet, und oft – wie man hört – ja nicht zum Besten.

Auch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch die Minderheit halte ich für die heutige Zeit für notwendig und wichtig. Sperren wir uns doch nicht. Ermöglichen wir hier einen Fortschritt. Warum können nicht die Einrichtungen der Verwaltungsgerichte mit beschlossen werden? Ist alles eigentlich geregelt, ausgeredet, und wir können es nicht zusammenbringen. Ich meine, dass wir uns selbst fragen müssen, was hält uns denn wirklich ab, hier das Ergebnis auf den Tisch zu bringen?

Deshalb möchte ich den dringenden Appell richten, das Bisherige, das wir erarbeitet haben, nicht zu schubladisieren, wie auch viele, auch mein Vorredner Präsident Leitl und viele andere gesagt haben, zu schubladisieren, sondern dieses kostbare Gut in Händen zu tragen und miteinander zu sprechen und aufeinander zuzugehen und dieses Projekt fertig zu stellen zum raschesten Zeitpunkt.

Meine Damen und Herren! Österreich gehört nicht den Parteien, der einen oder anderen Partei. Wir alle sind ein Teil dieser Republik und wir tragen Verantwortung und wir sollten uns dieser Verantwortung bewusst  werden und der Bevölkerung zeigen, gerade wir Politiker, das wir das Geld wert sind, das wir bekommen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächste Rednerin ist die Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Konvents!

Der Bildungsbereich war ein sehr wesentlicher Bestandteil der Diskussion im Konvent in den verschiedenen Ausschüssen, im Verwaltungsausschuss, im Grundrechteausschuss, im Kompetenzverteilungsausschuss. Der Bildungsbereich ist auch ein ganz wichtiger Bereich der politischen Arbeit der Länder, der Gemeinden, des Bundes.

Ich möchte mich zuerst herzlich für die konstruktive und engagierte Diskussion bedanken für alle, die etwas beigetragen, etwas eingebracht haben, alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Konvents und auch alle, die zu Hearings geladen wurden. Das Papier oder die Papiere, die jetzt vorliegen, die tausend Seiten, der Bericht aus den Ergebnissen des Konvents, ist ein Bericht über verschiedene Meinungen, die vorgetragen wurden.

Ich möchte es von meiner Warte aus als sehr mutig bewerten, dass der Herr Präsident Fiedler einen Gesamtentwurf gemacht hat, der nun Basis einer Diskussion sein kann unter Einbeziehung der verschiedenen Standpunkte, die als Ergebnisse aus den einzelnen Diskussionen festgehalten sind. Ich glaube, es ist das Allerwichtigste, dass man einmal eine Grundlage hat, mit der diskutiert werden kann. Es gibt meiner Meinung nach bei vielen Arbeitsgruppen viel zu oft wenig mutige Vorsitzende, die nicht sich getrauen, eine Vorlage vorzulegen, mit der nun endlich gearbeitet werden kann. Natürlich muss diese Vorlage mit sehr kritischen Augen angeschaut werden und gerade ich als Vorarlbergerin und als gelernte Föderalistin lege natürlich großen Wert auf die Zusammenarbeit mit den Bundesländern und auf die Berücksichtigung der Bundesländer.

Was ich im Bildungsbereich auf keinen Fall möchte, ist ein neuer Zentralismus, der über Länder und Gemeinden hinweg geht. Deswegen ist es mir ein ganz großes Anliegen, aufzuzeigen, wie Bildungsverwaltung funktionieren kann mit einer einfacheren Verwaltung, mit einem One-Stop-Shop, mit einer Landesbildungsdirektion, und mein Motto ist es dabei: Bei der Verwaltung einsparen, wie es der Präsident Leitl sehr oft sagt, und bei der Bildung ausbauen. Und das ist, glaube ich, der richtige Weg, den wir gehen müssen.

Wir haben da schon einen ersten Schritt getan. Bei den Vereinbarungen zum Finanzausgleich haben wir 12 Millionen mehr zu allen Zahlungen dazu vereinbart, damit die Länder spezielle Bedürfnisse an den Schulen mit etwa 400 Dienstposten auch speziell erfüllen können. Das heißt, die Förderung von Kindern, die sich schwerer tun, die Förderung von Migrantenkindern, kann mit diesen 400 Dienstposten über ganz Österreich hinweg vorgenommen werden. Und es ist jetzt die Verantwortung der Länder, diese zusätzlichen Dienstposten zielorientiert einzusetzen.

Im gesamten Schulbereich, glaube ich, sollten wir festhalten, wir wollen so viel Freiheit und Autonomie wie möglich geben und wollen aber so viel Gemeinsamkeit wie nötig als Bundeskompetenz erhalten. In intensiven Diskussionen wurden ja schon sehr viele Gemeinsamkeiten in den einzelnen Ausschüssen festgestellt, die Einführung des Grundrechtes auf Bildung, eine Verankerung der Schulgeldfreiheit in der Verfassung, die Abkehr von der Zweidrittelgesetzgebung für Alles und Jedes im Bildungsbereich, die Bundeszuständigkeiten für die Universitäten und die Hochschulen.

Einige Diskussionen stehen noch aus, haben noch kein Ergebnis gebracht, zum Beispiel die Verankerung einer Grundstruktur der Bildung in der Verfassung, denn ich glaube, Schule braucht eine gewisse Beständigkeit, eine gewisse Vorausschaumöglichkeit, eine gewisse Berechenbarkeit. Deswegen sollte eine Änderung der gesamten Grundstruktur im Schulbereich weiterhin eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Aber viele andere Dinge können wir aus der Zweidrittelmehrheit herausnehmen.

Meine Damen und Herren! Das Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern und Gemeinden wird immer von einer guten Partnerschaft getragen sein müssen. Ich glaube nicht, dass Kompetenzen so verteilt werden können, dass der Eine mit dem Anderen nichts mehr zu tun hat. Das funktioniert nicht, meine Damen und Herren. Man muss, glaube ich, gemeinsame Zielsetzungen finden und diese gemeinsamen Zielsetzungen dann auf allen Ebenen umsetzen mit dem Willen, das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Ich möchte das gerne an einem ganz aktuellen Beispiel demonstrieren, an dem Beispiel der Diskussion über die gesamte Tagesbetreuung. Ein lang gehegter Wunsch, dass man gesagt hat, Schule soll sich der modernen Lebenswelt, der modernen Arbeitswelt, den modernen Familienstrukturen anpassen und dort, wo es notwendig ist, diese Betreuung für die Kinder anbieten. Was wollen die Eltern? Die Eltern wollen, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind und dass sie die Hausaufgaben gemacht haben und gelernt haben, wenn sie am Abend nach Hause kommen.

Nun, wie soll so etwas umgesetzt werden? Der Bedarf muss natürlich vor Ort erhoben werden. Ich kann in Wien wirklich nicht wissen, in welcher Gemeinde ein derartiges Angebot notwendig ist. Da brauchen wir die Gemeinden, die Kommunen, da brauchen wir die Schulen, die diesen Bedarf feststellen. Die Freiwilligkeit muss erhalten bleiben. Das heißt, Eltern müssen sich entscheiden können. Die Schulpartner sollen gemeinsam Entscheidungen treffen.

Dann wird jetzt eine wilde Diskussion darüber geführt, welche Zusatzkosten bei den räumlichen Gegebenheiten notwendig sind. Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Schulen anschauen und mit etwas Hausverstand vorgehen, dann sehen wir, dass wir Schulen haben mit Gruppenräumen, mit Klassenräumen, mit einer Aula, Hauptschulen mit einer Küche, mit einem Essraum, Sportplätze, Turnsäle. Und oft genug ist mir schon gesagt worden, dass es doch eigentlich fast unverantwortlich sei, diese Räumlichkeiten nicht außerhalb der Unterrichtszeit auch zu nutzen. Das heißt, mit einem ganz normalen Hausverstand kann eine Tagesbetreuung in den Gegebenheiten, die wir an unseren guten Schulen haben, umgesetzt werden.

Dann brauchen wir den Bund, der sagt, ich zahle etwas von der Betreuung. Wir zahlen zehn Betreuungsstunden. Zehn Betreuungsstunden, wenn ich zehntausend Plätze schaffe, kostet das 8 Millionen € für den Bundeshaushalt. Das wird den Ländern zur Verfügung gestellt. Aber es müssen die Schulerhalter dann diese Betreuung organisieren. Die Eltern zahlen natürlich fürs Mittagessen. Das ist ja klar, und für die Betreuung einen gestaffelten Betrag, eine soziale Staffel, die auch bis auf null gehen kann. Derzeit ist es im Bundesbereich so, dass wir 80 € für die monatliche Betreuung einheben, dass wir es aber auch bis auf null herunterstaffeln können, wenn sozial Bedürftige da sind.

Ich meine also, dass gerade in diesen Bereichen, nämlich bei der Bildung, bei der Betreuung für unsere Kinder, die Zusammenarbeit von allen oberste Notwendigkeit ist. Und dass wir da nicht so einfach feststellen können, wer ist für was verantwortlich. Wir brauchen das Zusammenwirken.

Wir müssen auf der anderen Seite aber auch mehr Autonomie, mehr Zuständigkeit den Schulen geben, mehr Autonomie den Ländern geben. Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Autonomieschritte gemacht. Autonomie heißt aber auch Verantwortung, und da danke ich allen, die dieses Prinzip auch in der Verfassung verankert haben wollen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch mein Erstaunen zum Ausdruck bringen über die Wortmeldung des Kollegen Wittmann, der gemeint hat: Man kann doch nicht eine Verfassung beschließen, wenn man auf der anderen Seite, zum Beispiel beim Hochschülerschaftsgesetz, nicht einer Meinung ist. Also, ich halte das für eine unzulässige Verknüpfung. Ich meine, wir sollten in Zukunft dazu schauen, dass wir aus den vielen guten Ideen, aus den vielen Grundlagen, die da sind, wirklich zu einer gemeinsamen Verfassung kommen. Die Politik ist jetzt gefragt, und ich möchte ein Wort des Philosophen Ernst Bloch allen mit auf den Weg geben, der hat gesagt: Man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern. Und das wäre ein guter Grundsatz für eine gute neue Verfassung!

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Frau Bundesministerin. Nächster Redner ist der Herr Präsident Verzetnitsch.

Friedrich Verzetnitsch: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Als wir vor mehr als eineinhalb Jahren hier in diesem Raum die Debatte um die Neuordnung des Österreichischen Bundesverfassung begonnen haben, gab es viele skeptische Stimmen, ob das überhaupt einen Sinn macht, einen solchen Konvent abzuhalten, weil man ja vielleicht doch aneinander vorbei redet, oder welcher Veränderungswille ist tatsächlich da.

Ich glaube, dass, wenn man diese Zeit Revue passieren lässt, sehr viel Positives passiert ist, dass man miteinander über Grundsätze, über Grundlagen diskutiert hat und der Wille vorhanden war, doch ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Wir haben dieses Ziel leider nicht erreicht, aber ich glaube, das sollte nicht zum Stehenbleiben, sondern zum Weiterentwickeln auffordern, und ich möchte mit besonderer Freude Sie auch darüber informieren – vielleicht haben Sie es auch gesehen –, dass ja auch im schulischen Bereich der Österreich-Konvent vorkommt.

Es gibt eine Unterlage für die politische Bildung, herausgegeben vom Bildungsministerium und von der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, wo sehr wohl und sehr deutlich Schülerinnen und Schüler auf diesen Verfassungskonvent und  „Was ist überhaupt die Verfassung?“  hingewiesen worden sind. Ich glaube, eine absolut positive Sache, die ich besonders hier erfreut auch erwähnen möchte, auch wenn ich sage, dass es natürlich amüsant ist, wenn man zum Beispiel nachlesen kann, dass Schülerinnen und Schüler auf Links zur politischen Bildung verwiesen werden – Webseite für Kinder und Jugendliche zum Thema Politik, die ausschließlich auf deutsche Links verweisen. Es gibt keinen einzigen österreichischen Link dazu. Und vielleicht ganz besonders witzig ist es, wenn in einem Cartoon der Alltag des deutschen Bundeskanzlers angeboten wird und die Rechtsfragen alle österreichischen Links beinhalten. Also, politische Bildung, glaube ich, könnte man auf der Internetseite auch aus österreichischer Sicht vielleicht produzieren. Dennoch ist diese Grundlage hier absolut zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gleichwertige Verankerung von sozialen Grundrechten in einer solidarischen Gesellschaft neben den Bürger- und Wirtschaftsrechten war und ist unser Anliegen, und Präsident Leitl hat schon darauf hingewiesen. Es ist uns, so glaube ich, hier in einem guten Verständnis der gemeinsamen Zielsetzung gelungen, die sozialen Grundrechte so zu definieren, dass sie die Basis – fast wortwörtlich die Basis – für den Eingang in einen möglichen Verfassungstext gebildet haben, ja sogar im Zusammenhang mit den Beratungen im Ausschuss in der einen oder anderen Richtung auch noch ergänzt worden sind.

Ich stehe ganz offen ein, dass in meiner Organisation hier sehr viel Skepsis bestand, ob das überhaupt möglich ist, und ich habe daher mit Freude hier auch zur Kenntnis genommen, dass das gelungen ist. Es ist vieles erreicht, wenn man die soziale Basis annimmt, weil ich davon ausgehe, dass eine Verfassung ähnlich wie in einem Unternehmen ein Leitbild darstellt, was denn die Gesellschaft eigentlich will.

Und ich glaube daher, dass es richtig und wichtig ist, wenn in einer zukünftigen Verfassung, zum Beispiel zum Thema Arbeit, die angemessene Beschränkung der Arbeitszeit steht, auch wenn man tagespolitisch sagen kann, das wäre jetzt eine Frage der normalen Gesetzgebung, ist es meiner Meinung nach wichtig, wenn die Gesellschaft sich grundsätzlich dazu äußert: Wie sieht sie eigentlich die Arbeitszeit und – im Besonderen – auch zum Beispiel die Frage der angemessenen Arbeitsruhe, insbesondere an Sonn- und Feiertagen.

Oder wenn ich daran denke: Die berufliche Aus- und Weiterbildung. Auch hier könnte man sagen, eine Aufgabe des Gesetzgebers, eine Aufgabe der Verwaltung, eine Aufgabe der Administration. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass es hier wichtig ist, dass wir in der Verfassung Grundsätze definieren, wie wir denn dazu stehen, denn daraus leiten sich auch dementsprechende Verpflichtungen für uns alle ab.

Ich möchte im Besonderen auch dem Vorsitzenden des Ausschusses, der sich mit den Grundrechten beschäftigt hat, und allen Mitgliedern den Dank aussprechen, Prof. Funk und den Mitgliedern dieses Ausschusses, weil es hier in einer sehr fruchtvollen Auseinandersetzung die eine oder andere Sicht gegeben hat, man voneinander lernen konnte und hier gemeinsame Ziele definiert hat. Und wenn ich in wenigen Worten zuerst gemeint habe: Wir stehen leider nicht am Ende, sondern im Hinblick darauf in der Umsetzung erst am Beginn, dann ist es ja ganz spannend, zum Beispiel auch den Bericht des Konvents und sowohl der Ausschüsse als auch des Präsidiums Revue passieren zu lassen.

Ja, es ist wichtig, dass wir zum Beispiel das Recht auf Bildung definieren. Wichtig ist, es nicht nur bei den drei Wörtern bestehen zu lassen, sondern die Frage sich zu stellen: Was versteht eine Gesellschaft unter dem Recht auf Bildung? Leider ist es hier nicht zu einem hundertprozentigen Konsens gekommen. Es gibt einen Dissens. Das Recht auf kulturelle Teilhabe, ein ebenfalls wichtiger Ansatz. Hier ist es ja erfreulicherweise gelungen – zumindest im Präsidium –, auf den Ausschussbericht zu verweisen, oder der Schutz der Gesundheit.

Alle Dinge, die das tägliche Leben unserer Gesellschaft mit beeinflussen, sind hier angesprochen, und ich glaube daher, dass die Basis, die durch den Verfassungskonvent gelegt worden ist, eine sehr fruchtbare ist, auf der wir auch weiter aufbauen können. Das Recht auf soziale Sicherheit, das Recht – zum Beispiel –  auch auf Leistungen von allgemeinem Interesse, in der Fachsprache Daseinsvorsorge genannt.

All das sind wichtige Ansätze, und hier setzt auch die Kritik an. Wenn das gleichzeitig verbunden wird, wie es zum Beispiel auf der Seite 47 des Konventsberichts zu lesen ist, dass das nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu betrachten ist, ist es schon wieder eine neue politische Herausforderung. Denn die Frage ist: Sparen, Sparen, Sparen? Oder die Frage sich zu stellen: Wie finanzieren wir Dinge, die wir gemeinsam auch umsetzen wollen? Und ich glaube, dass es genauso wichtig ist, wie das ja auch in den Ausschussberatungen vielfach der Fall war, über die Aufgabenstellung und die Aufgabenverteilung zu reden, wie das ja Vorrednerinnen und Vorredner mehrfach getan haben.

Es geht meiner Meinung nach darum, dass wir nicht stehen bleiben in dem bisherigen Verhandlungsergebnis, sondern uns die Frage stellen: Wollen wir – und ich glaube, dass das niemand verneinen kann – wollen wir einen Verfassungsentwurf zur Grundlage nehmen, der dann im Verfassungsausschuss und, nachfolgend dann auch im Parlament, dementsprechend als eine gemeinsame neue Verfassung entstehen kann? Dann werden wir uns mit dieser Frage „Finanzierbarkeit“ und der Frage „Sparen“ sehr intensiv auseinander setzen müssen.

Ich orte das ja nicht nur in unserem Lande, auch auf der europäischen Ebene haben wir immer wieder die Diskussion: Sparen, Sparen, Sparen, Stabilitätspakt, statt dass wir uns die Frage stellen: Wie finanzieren wir dieses Europa? Denn in einigen Fragen gibt es sehr wohl die Bereitschaft, Geld dafür auszugeben. Ob das in das Gesamtkonzept hineinpasst, ist immer in Frage zu stellen.

Damit mir hier nicht der Vorwurf gemacht werden kann, dass mir die Budgets völlig egal sind, mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Budgets sind gerade für die arbeitende Bevölkerung, für die Menschen unseres Landes, ein sehr entscheidender Ausdruck dessen, was leistbar ist in einer Gesellschaft, und natürlich muss man sich immer wieder die Frage stellen: Welche Effizienz kann da oder dort eingesetzt werden?

Ich glaube aber, wenn man die Verfassungsdokumente ernst nimmt, die bisherigen Diskussionen ernst nimmt, dass wir die guten Grundlagen haben, dass wir es aber nicht beim Benennen bestehen lassen dürften, sondern konkret werden müssen. Denn wenn Rechtsdurchsetzung auch bedeutet, dass der Einzelne nicht darauf verwiesen wird – ich nenne ein Beispiel: Das Recht auf Wohnen –, ohne dass gesagt wird, wie wird das letztendlich dann auch umgesetzt, das kann ja auch bedeuten – erlauben Sie mir, das etwas provokant zu sagen –, auch unter einer Brücke lässt es sich wohnen. Die Frage ist nur: Wollen wir das, oder wollen wir in dieser Aufzählung der sozialen Grundrechte nicht nur die Benennung der Aufgaben, sondern auch die Umsetzung garantieren? Und ich glaube, dass darin auch eine der Hauptaufgaben der zukünftigen Aufgaben zu sehen ist.

Schlussendlich Dank an alle Beteiligten, an den Präsidenten, an das Präsidium, an die Mitglieder des Ausschusses, vor allem aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier im Parlament diese Arbeit geleistet haben, neben vielen anderen Aufgaben auch. Ich glaube, dass das wichtig ist, und ich danke auch ganz bewusst allen Sozialpartnern, dass wir gemeinsam hier etwas zustande gebracht haben, wo wir mit Stolz sagen können – man könnte jetzt überheblich sein – es ist das Einzige, was wirklich übernommen worden ist, in vollem Text, aber es ist meiner Meinung nach nur der Ausfluss dessen, dass wir eine gute Grundlage in langen Diskussionen erarbeitet haben. – Herzlichen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächste Rednerin ist Frau Oberin Gleixner.

Christine Gleixner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

In dieser letzten Konventssitzung gebe ich Ihnen den nachfolgenden Bericht der Ökumenischen Expertengruppe:

Durch die verdienstvolle Arbeit des Österreich-Konvents ist schon jetzt mehr Konsens als Dissens über verschiedene Teile einer neuen Bundesverfassung sichtbar. Obwohl viele Punkte unerledigt sind, eröffnet die parlamentarische Behandlung der Konventser­gebnisse die Möglichkeit, sie aufzugreifen und zu klären.

Dem Präsidium des Konvents ist ein Schreiben der Verantwortlichen der gesetzlich anerkannten Kirchen vom 14.12.2004 zugegangen, in dem die Kirchen weiterhin an die Verantwortung der Politikerinnen und der Politiker appellieren. Dieses Schreiben liegt allen Konventsmitgliedern vor.

Wenn die Rechte der Menschen, der Bürger und Bürgerinnen neu gefasst, ausgebaut und gesichert werden sollen, ist parteipolitisches Taktieren nicht am Platz. So wie schon bisher im Konvent zwischen den Standpunkten vermittelt werden konnte, auch durch die Anregungen der Kirchen, wird es wohl auch im Nationalrat gelingen, zukunftsweisende Lösungen zu finden.

Die Kirchen sprechen zwar auch ihre eigenen Belange an, versuchen aber vor allem für jene zu sprechen, die keine Stimme haben oder deren Stimme in der Politik nicht ausreichend gehört wird. Die Kirchen sind in das regionale und parteipolitische Kräftespiel nicht involviert. In ihrer Verantwortung für das Wohl und das Heil der Menschen fördern sie die Reform der Bundesverfassung und arbeiten dabei mit allen zusammen, die ein Gelingen wünschen. An dieser Stelle danke ich für die faire Aufnahme der Vorschläge und Anregungen der „ökumenischen Expertengruppe“ in den Beratungen des Konvents, insbesondere im Ausschuss 4 „Grundrechte“.

Im Auftrag der Kirchen wird deren Expertengruppe auch den parlamentarischen Prozess zur Reform der Bundesverfassung begleiten und gemäß dem Auftrag an die Kirchen, den Glauben zu bezeugen und daher an der Gestaltung der Gesellschaft in Österreich und in Europa mitzuwirken, das Wort ergreifen – ob „gelegen oder ungelegen“.

Die Beiträge der Kirchen betreffen die Grundwerte einer Verfassung, die Staatsziele und -aufgaben, die Grundrechte, insbesondere die sozialen Grundrechte, einschließlich der individuellen und korporativen Religionsrechte, des Asylrechts  und des Rechts der Volksgruppen, sowie die Grundrechte in Schule und Bildung.

Der Entwurf einer Bundesverfassung aus der Feder des Konventspräsidenten stellt eine geeignete Grundlage für weitere Beratungen dar. Ihm kann aber in wichtigen Passagen inhaltlich nicht zugestimmt werden. Hiezu im Einzelnen:

1.) Wenn der Entwurf  versucht, den möglichen Konsens für die kommende parlamentarische Behandlung abzustecken, dann erstaunt es, dass er im Bereich der Grundrechte in einzelnen Punkten hinter dem erzielten Konsens im Ausschuss 4 zurückbleibt; er nimmt insbesondere die allgemein unterstützte Einigung der Sozialpartner zu wesentlichen sozialen Grundrechten nicht auf. Der Entwurf  formuliert manche soziale Grundrechte ohne Berücksichtigung des erzielten Diskussionsstandards in den Ausschussberatungen. Diese Standards wurden erzielt, auch wenn keine Einigung oder keine mehrheitliche Meinung über die Gestaltung einzelner sozialer Grundrechte als individuelle, einklagbare Rechte oder als Gewährleistungen des  Gesetzgebers im Bericht des Ausschusses verzeichnet werden konnten.

2.) Bei den Volksgruppenrechten bestand Einhelligkeit über Grundsätze. Sie fehlen im Entwurf: Dieser Abschnitt scheint eher die soziale, kulturelle und politische Entwicklung in den letzten Jahren zu verdrängen als die europäische und österreichische Wirklichkeit zukunftweisend zu gestalten.

3.) Das Verhältnis zwischen international verbindlichen Grundrechtsnormen und der neuen Verfassung ist formal nicht geklärt, obwohl eine solche Klärung einhellig erbeten wurde. Der Anhang weist Verdopplungen (z.B. die Beibehaltung einiger österreichischer Grundrechtsdokumente) und Lücken auf (z.B. die Verfassungsbestimmungen in Anerkennungsgesetzen christlicher Kirchen, die erst dann aufgegeben werden könnten, wenn ein neuer österreichischer Grundrechtskatalog entsprechende Regelungen enthält).

4.) Auch dort, wo kein Konsens erzielt werden konnte, müsste der Entwurf  dennoch in sich geschlossen und systematisch vollständig sein. Mit Alternativformulierungen oder Ergänzungen in Klammern wäre dies zu erreichen gewesen. So fehlt insbesondere die Aufnahme folgender staatskirchenrechtlich verbürgter Rechte der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften: 

ihr Status als Körperschaft öffentlichen Rechts,

die Rechte des konfessionellen Privatschulwesens und dessen Förderung,

der Religionsunterricht und die damit zusammenhängenden Bildungs- und Schulfragen.

5.) Die Kirchen erklären ihre Bereitschaft, die begonnenen, transparenten Beratungsvorgänge mit der Politik fortzusetzen – so wie bisher durch ihre Mitwirkung im Konvent.  Ihr Angebot, dies in einer dem Art 52 Abs.3 der Europäischen Verfassung nachgebildeten Bestimmung zu verankern, fand bislang keine Mehrheit, sollte aber in den parlamentarischen Beratungen wieder erwogen werden – was in Anbetracht des Umstandes, dass die Kirchen rund 80% der österreichischen Bürgerinnen und Bürger repräsentieren, wohl erwartet werden darf. Die Kirchen können und wollen zur Urteilsbildung über die Verfassung in der Zivilgesellschaft beitragen.

6.) Gemäß der am 21. November 2003 im Hearing des Konvents abgegebenen Stellungnahme der gesetzlich anerkannten Kirchen wird der von der „Ökumenischen Expertengruppe“ erarbeitete und von den Kirchenleitungen gebilligte Entwurf einer Präambel vorgelegt. Dieser lautet:

„Wir, die Bürgerinnen und Bürger Österreichs in den Ländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien geben uns in den kulturellen, religiösen und humanistischen Traditionen Österreichs, in Erkenntnis der Grenzen menschlicher Macht und der Freiheit des Gewissens, in Verantwortung vor Gott, vor den Menschen und vor der Schöpfung, in freier Selbstbestimmung und kraft unserer verfassungsgebenden Gewalt als Fundament für die demokratische Regierungsform, für die Rechtsstaatlichkeit und die Bundesstaatlichkeit unserer Republik diese Bundesverfassung: ...“.

Mit der Festschreibung der unveräußerlichen und unbeschränkbaren Freiheitsräume jenseits des Regelbaren wird niemand ausgegrenzt und die Sehnsucht jener Menschen ernst genommen, die gleich uns davon ausgehen, dass an Gottes Segen alles gelegen ist.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Frau Oberin Gleixner. Nächste Rednerin ist die Frau Abgeordnete Mag. Stoisits.

Mag. Terezija Stoisits: Dobar dan, poštovane dame i gospode!  Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Da die Frau Dr. Petrovic vor einiger Zeit ja bereits dezidiert und sehr eindeutig hier gesagt hat, dass die Grünen sich mit dem Verfassungsentwurf von Präsident Fiedler heute nicht beschäftigen, weil wir ihn als einen Vorschlag innerhalb vieler Textvorschläge, die im Konvent eingebracht wurden, sehen, muss ich das hier jetzt noch einmal betonen, weil die Frau Oberin Gleixner hier sich ganz besonders konzentriert hat auf den Vorschlag, den der Herr Präsident Fiedler eingebracht hat und das in gewisser Weise ein schiefes Licht auf die Arbeit des Konvents wirft,  oder ein Licht, das die Ausgewogenheit der Beurteilung der Ergebnisse nicht ganz korrekt erscheinen ließe. Deshalb ist es mir wichtig, das hier noch einmal zu betonen. Das, womit wir als Grüne uns beschäftigen, sind jene Ergebnisse, die in den 10 Ausschüssen des Konventes erarbeitet wurden. Das sind die Berichte des Präsidiums des Konvents, das sich mit den Ausschussergebnissen wiederum beschäftigt hat. Das ist Gegenstand der heutigen Verhandlung und der heutigen Diskussion, nicht mehr und nicht weniger.

Vor eineinhalb Jahren, als wir hier gestanden sind, habe ich jetzt natürlich aus Anlass der letzten Sitzung des Konvents nachgelesen, was habe ich eigentlich damals gesagt, vor 19 Monaten? Damals habe ich quasi als den Hauptslogan, wenn ich das so formulieren darf, meiner Erwartungen so formuliert, ich erwarte mir von einem Konvent und von dem Ergebnis, das er dann vorlegt, mehr Demokratie und mehr Teilhabe für die Menschen in Österreich am politischen – und damit natürlich auf verfassungsrechtlicher Basis gestellten – System insgesamt. Die Stärkung der Instrumente, vor allem die Stärkung der Instrumente, wo Bürgerinnen und Bürger unmittelbar teilhaben können, also über die heute schon vielfach zitierten vier Jahresgänge oder die Gänge zu Wahlurnen alle vier Jahre und manchmal in einigen Bundesländern ja über sechs Jahre hinaus, nämlich das, was man gemeinhin direkte Demokratie nennt.

Meine Enttäuschung über die mageren Ergebnisse im Bezug auf diese Fragen, die ist gewaltig. Ich möchte hier nicht nur die Frage der Stärkung der direkten Demokratie ansprechen, sondern vor allem auch, das ist heute schon einige Male, aber in differenzierter Form geschehen, diese kleinlichen Ergebnisse in Bezug auf das, was eigentlich heute – und da ich ja fast unmittelbar nach der Frau Ministerin Gehrer als zuständige Bildungs- und Wissenschaftsministerin spreche – jene Frage der Einbeziehung von mehr österreichischer Bevölkerung in demokratische Prozesse. Das ist auf der einen Seite die Senkung des Wahlalters, wir reden nämlich hier auch von Bundesebene. Das ist auf der anderen Seite mehr Partizipation für Menschen, die noch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben, aber hier den Mittelpunkt ihres Lebens und damit auch ihres politischen Lebens sehen und hier völlig ausgeschlossen sind. Weder das eine noch das andere hat ein Ergebnis gebracht. Unter Ergebnis verstehe ich immer das, was Konsens ist, das auch nur erwähnenswert wäre.

Das zu meinen Erwartungen vor eineinhalb Jahren. Die Mitarbeit, die ich die Ehre hatte, wenn Sie so wollen, hier leisten zu dürfen in zwei Ausschüssen, nämlich im Grundrechtsausschuss und im Ausschuss Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit, ist ein bisschen positiver zu sehen, denn – und, Frau Ministerin, Ihr von Ernst Bloch so zu sagen entlehnter Schlusssatz an uns alle, man muss ins Gelingen verliebt sein und nicht ins Scheitern. Ja, Frau Bundesministerin! Ich spreche jetzt für mich, und ich glaube, ich spreche jetzt im Namen all jener, die im Konvent tatsächlich gearbeitet haben und nicht nur vielleicht zwei oder drei Mal zum Plenum gekommen sind, sondern wirklich Energie, Ausdauer, Arbeitszeit hineingesteckt haben, ja, wären wir nicht ins Gelingen verliebt gewesen, dann gäbe es nicht so dicke Berichte, dann gäbe es nicht diese Basis für die zukünftige Arbeit, die alle heute so gepriesen haben, Frau Ministerin. Woran bestimmte Prozesse gescheitert sind, kann man am allerbesten am Grundrechtsausschuss dokumentieren: Es ist daran gescheitert, dass, wenn es um die konkrete Rechtsdurchsetzung eben für den so oft zitierten einzelnen Bürger und die einzelne Bürgerin geht, da war der Konsens, nämlich auf der politischen Ebene, allzu schnell zu Ende.

Wenn es, jetzt möchte ich das nur an einem Beispiel zeigen, weil es nämlich auf viele Bereiche zutrifft, wenn es um die Frage der Ausweitung der Rechtsdurchsetzung geht, nämlich durch kollektive Instrumente wie beispielsweise eine Verbandsklage – und das ist wesentlich jetzt vor allem im Bereich des Volksgruppenschutzes, aber, und so wurde es im Ausschuss auch diskutiert, auch bei der Frage des Diskriminierungsschutzes und der Gleichbehandlungsgebote. Ja, da hat es keine Ergebnisse gegeben.

Darum ist das, bei aller Freude über die Intensität der Beratungen und über all das, was es jetzt als Ergebnis gibt, jetzt im Bezug auf die Aufgabe des Ausschusses 4, die Erstellung eines Grundrechtskataloges, als sehr dürftig anzusehen. Jetzt bin ich nicht so optimistisch wie der Herr Bundeskanzler ganz zu Beginn dieser Sitzung. Er ist immer optimistisch. Ich bin schon ein bisschen, wenn Sie so wollen, zu lange Abgeordnete, um hier irgendwo Optimismus vorgaukeln zu können. Denn das, was nicht gelungen ist, in einem geschützten Bereich von Ausschüssen zu akkordieren, um Konsens zu finden, jetzt frage ich mich, wenn es dann um das beinhart Eingemachte im politischen Prozess geht, wo bleiben dann die Bürgerinnen und Bürger? Ich habe den ganz evidenten Verdacht, sie werden auf der Strecke bleiben, wenn es um die Frage der Rechtsdurchsetzung geht, wenn es um die Frage des Rechts, echte individuelle, durchsetzbare Rechte auch zu bekommen, gehen wird. Das ist meine Sorge und gleichzeitig auch der Auftrag an das Prozedere, das es noch zu vereinbaren gilt, wie mit diesen Ergebnissen der zehn Ausschüsse und des Präsidiums weiter vorzugehen ist.

Zuletzt noch zwei Bemerkungen, zu denen mich natürlich – natürlich sage ich, jetzt ist er nicht da – der Herr Präsident Khol herausgefordert hat. Er hat nämlich in seiner ersten Rede die Südtiroler und die Südtirol-Frage erwähnt. Ich möchte ihn in keiner Weise schmälern, möchte ihn aber daran erinnern, dass in diesen ganzen eineinhalb Jahren, immer wenn es darum gegangen ist, von Grundrechten und Grundrechtsschutz zu sprechen, allen österreichischen Intervenienten, die sich für Volksgruppenrechte einsetze, immer wieder versichert wurde, wie wichtig dieses Anliegen ist und wie wesentlich die Ergebnisse des Konventes sich auch auswirken werden.

Jetzt kann ich Ihnen sagen, gerade an einem Tag, wo ich anschließend an diese Sitzung nach Oberwarth fahre, um dort dem Attentat, das in Oberwarth vor 10 Jahren stattgefunden hat, zu gedenken, nämlich auch ein Gedenken auch im Sinne des Gedenkjahres 2005, gerade an einem Tag ist meine Enttäuschung über das, was den Konsens in Volksgruppen-Fragen angeht, riesengroß, denn da sind wir nicht darüber hinaus gekommen, die unveränderte Festschreibung dessen, was schon Verfassungsrecht ist, sozusagen hier feststellen zu können. Und keinen Deut mehr. Ich gebe Ihnen das, meine Damen und Herren, auf den Weg mit. An einem Tag, wo wir der Roma-Attentate einerseits gedenken und auf der anderen Seite uns nicht dazu entschließen können, Volksgruppenrechte und das österreichische Volksgruppenrecht hinsichtlich Volksgruppenbegriff, hinsichtlich Rechtsschutz, auch nur einen Spalt weit aufzumachen, glaube ich, ist das ein, um jetzt politisch neumodisch zu sprechen, sehr schlechter Start ins Gedankengedenkjahr 2005 und ein aus meiner Sicht ja fast desaströses Ergebnis in dieser Frage des Österreich-Konvents.

Aber, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, nicht für Pessimismus, sondern für Optimismus werden wir letztendlich bezahlt. Daraus schöpfen wir auch Kraft und Energie. Darum glaube ich immer noch, die Arbeit hat sich gelohnt, und die Politik wird ein Ergebnis zustande bringen. Die Grünen werden sich so daran beteiligen, wie wir es in den letzten 19 Monaten getan haben – intensiv, zielorientiert und immer im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und der Bewohnerinnen und Bewohner dieses Landes. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Frau Abgeordnete. Nächster Redner ist Herr Präsident Dr. Rzeszut.

Dr. Johann Rzeszut: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren!

Als Ausschussmitglied, das nicht im aktiven politischen Leben steht, liegen mir folgende grundsätzliche Bemerkungen am Herzen. Einer jener Begriffe, die in den letzten eineinhalb Jahren während der Dauer des Konvents und auch heute am häufigsten gefallen sind, ist der Begriff „Konsens“.

„Konsens“ ist ein sehr weitläufiger Begriff und in dem Zusammenhang, in dem wir damit konfrontiert sind, kann man ihm zwei Bedeutungen unterlegen. Die eine Bedeutung ist gedanklicher Uniformismus bzw. Unitarismus. „Konsens“ im Konvent kann in diesem Sinn sicher nicht gemeint sein, weil gedankliche Einheit mit dem Wesen der Demokratie begriffsessentiell nicht einmal wünschenswert, geschweige denn im Rahmen einer Demokratie überhaupt erzielbar ist.

Was näher liegt, ist die Bedeutung, „Konsens“ als Bereitschaft zu verstehen, gemeinsam etwas zu tragen. Die Bereitschaft, etwas gemeinsam zu tragen, hängt sehr stark mit den Rahmenbedingungen zusammen, in denen sich die betreffenden Partner – und ich verwende bewusst die Worte „gemeinsam“ und „Partner“ und wende mich dabei (des bewährten Leitbildes der österreichischen Sozialpartnerschaft bewusst) auch sehr gerne Herrn Präsidenten Leitl zu; Präsident Verzetnitsch ist leider im Moment nicht anwesend – bzw. in welcher Verfassung sich die Partner dabei befinden.

Die Bereitschaft, etwas gemeinsam zu tragen, ist sicherlich umso eher gegeben, wenn man sich in einer entspannten Atmosphäre bewegt. Herr Landeshauptmann Niessl hat heute eine 60-jährige Erfolgsstory angesprochen, gemeint war die Zweite Republik, die Erfolgsstory der Republik Österreich, ein Bild, das zutreffend ist. Ein Bild, das vor allem auch vor dem Hintergrund zutrifft – und das sollte man sich nachhaltig vergegenwärtigen –, dass in dieser Periode, in den 60 Jahren nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, die Erfolgsstory unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Regierung fortgesetzt wurde. Es war – entschuldigen Sie den Vergleich aus dem Sportbereich – egal, welche „Dressen“ die Republik jeweils getragen hat: die Erfolgsstory setzte sich im Wesentlichen kontinuierlich fort:

Wenn wir uns für längere Zeit im Ausland aufgehalten haben und vom Ausland nach Österreich zurückkehren, sind wir alle zurecht Stolz auf den Lebensraum, auf jenen Bereich, in dem wir leben dürfen. Wenn Sie durch Österreich fahren, egal, ob das eine ländliche Gemeinde oder ob es eine Landeshauptstadt oder ob es die ausgezeichnete Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien ist, in der ich seit meiner Geburt leben darf, überall treffen Sie auf Rahmenbedingungen, die uns zufrieden stellen. Ich will damit sagen, was hier in Österreich geleistet wird, verdient es durchaus, in den Vordergrund gestellt und als entsprechender gemeinsamer Erfolg betont zu werden.

Es ist völlig undenkbar, dass solche Rahmenbedingungen, konstant entspannte Rahmenbedingungen zum Tragen kommen, wenn die führende Verantwortung, welcher „Farbzusammenstellung“ auch immer, nicht in Ordnung wäre, nicht tüchtig wäre. Das soll man – so glaube ich –, auch einmal hervorheben, ich weiß nicht, ob das jetzt noch im Fernsehen übertragen wird, aber es ist sicherlich gut, wenn das einmal ein Konventsmitglied äußert, das (wie erwähnt) politisch nicht gebunden ist. Wir alle sollten uns bewusst machen, dass in der Republik Österreich in der Summenwirkung im Ergebnis „die Dinge so laufen“, dass wir uns wohl fühlen können und dass es beruhigt, auf eine derartige Entwicklung vertrauen zu können.

Jetzt zur eigentlichen Thematik: Wir haben mit dem Um- bzw. Neubau einer Verfassung ein gemeinsames Problem. Dass dies ein grundsätzliches Problem von größter Tragweite ist, muss man nicht betonen. Dabei sollten wir uns im Sinne des Vorgesagten bewusst sein, dass wir eigentlich allen Grund haben, mit unterschiedlichen Interessen (welcher Beschaffenheit auch immer) „entspannt“ aufeinander zuzugehen und einander auch „entspannt“ zuzuhören.

Was ist die Verfassung schon? Sie ist die rechtliche Grundordnung, sie sollte – Prof. Öhlinger hat es, glaube ich, in seinem Lehrbuch so beschrieben – sie sollte nichts anderes sein, als die Gewährleistung der Rahmenbedingungen dafür, dass im Ringen um die Meinungs- und Willensmehrheit im Staat, also bei der staatlichen Willensbildung, eine faire Konkurrenz stattfindet, und dabei eine vernünftige Selbstbegrenzung, eine maßvolle Selbstbeschränkung des Staates unter Rücksichtnahme auf die individuellen Interessen zum Tragen kommt. Es geht dabei um so grundsätzliche Belange wie Staatsform, Staatsgliederung, Staatsorganisation, Staatsfunktionen und so weiter. Durchwegs prinzipielle Angelegenheiten, die es eigentlich wert sein müssten, auch im Rahmen politischer Sondierung – diese Aufgabe liegt ja noch vor Ihnen (nicht mehr vor mir persönlich) – einer Lösung zugeführt zu werden. Es müsste doch gelingen, hier – in diesen fundamentalen Fragen – aus der „Vereinsfarbe zu schlüpfen“ und das Grundsätzliche in den Vordergrund zu stellen.

Das ist der Wunsch, den jemand, der funktionsbedingt hier im Konvent mitberaten durfte, bei seinem Ausscheiden aus diesem Willensbildungsprozess gerne äußern will. Dies als Konventsmitglied, das als Träger einer Funktion in den Kreis der hier Arbeitsbefassten gekommen ist, die für die ordentliche Gerichtsbarkeit stehen.

Daran anknüpfend darf ich, wenn Sie mir erlauben, noch ein paar kurze spezielle Gedanken zu dem Verantwortungsbereich, den ich zu vertreten habe, vorbringen. Die Gerichtsbarkeit ist ein Bereich, der in Bezug auf die generellen Ordnungsmöglichkeiten im Staat im Vergleich zu den anderen Staatsfunktionen, Gesetzgebung und Verwaltung, sicher im Hintertreffen ist, weil die Rechtsprechung keine allgemein verbindlichen Rechtssetzungsakte vollbringt. Die ordentlichen Gerichte haben aber eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen, sie haben im Einzelfall  jenen Vorgaben zum Durchbruch zu verhelfen, die auf Gesetzgebungsebene (in erster Linie im Parlament) beschlossen werden. Das ist eine sehr wesentliche Aufgabe. Sie schafft im Einzelfall den Menschen die Beruhigung, zu ihrem Recht gekommen zu sein. Fallbezogen nicht betroffene Bürger, die ein sachgerechtes Gerichtsurteil erfahren, werden regelmäßig motiviert, sich rechtmäßig zu verhalten, und letztlich wächst im Bewusstsein aller die Gewissheit, dass man sich darauf verlassen kann, in einer allenfalls vergleichbaren kontroversiellen Situation gerichtliche Abhilfe zu erlangen und zu wissen, dass jemand da ist, der dann entsprechend richtig gerechte Problemlösungen findet.

In diesem Zusammenhang liegt mir schon noch eines am Herzen und diesen Punkt möchte ich daher auch noch ansprechen. Ich bin dem Herrn Präsidenten Fiedler sehr dankbar, dass er in dem von ihm verfassten Gesamtentwurf, der den Versuch einer summarischen Abbildung dessen darstellt, was in den Ausschuss- und Präsidialberatungen vorgefallen bzw. erarbeitet worden ist, die Institution eines selbständigen, eines unabhängigen Justizrates mitaufgenommen hat. Dieses Institut darf nicht dahin verstanden werden, dass die Gerichtsbarkeit hier in einem eigenen Verantwortungsbereich ein „eigenes Süppchen kochen“ will, getragen von Misstrauen gegenüber der federführenden Ressortverantwortung. Das ist beileibe nicht der Fall.

Die Dinge liegen vielmehr so, dass das Wirken der Gerichtsbarkeit unter sich permanent fortentwickelnden Anforderungen Platz greift und gewissen Anpassungen unterliegt oder unterliegen sollte, die von nicht unmittelbar damit befassten Verantwortungsträgern nicht immer in voller Tragweite sofort erkannt werden bzw. mangels einschlägiger unmittelbarer Befassung nicht erkannt werden können. Und daher wäre es für uns ganz, ganz wichtig und bedeutsam, dass wir in der Sorge um rechtliche Einzelschicksale auch jene Vorraussetzungen gewährleistet erhalten, die wir jeweils zur adäquaten Aufgabenerfüllung benötigen, und darauf dringen, uns entsprechend artikulieren zu können – nur darum geht es, denn entschieden wird insoweit immer von der führenden Staatsverantwortung. Im Rahmen dieses Willensbildungsprozesses unsere spartenspezifischen Bedürfnisse einbringen zu können, ist ein ganz wesentlicher sachlicher Aspekt. Dies betrifft vor allem Belange des Budgetsektors.

Ich darf nur ein Beispiel und dieses stellvertretend für den ganzen Justizbereich vorbringen: Das Justizressort hat eine breitflächige Verantwortung zu tragen, die Rechtssprechung ist nur ein Teil davon. Aber wenn man davon ausgeht, dass die nach dem bestehenden System zwangsläufige Ausklammerung der „Stimme der ordentlichen Gerichtsbarkeit“  von den Budgetverhandlungen in diesem Bereich zu extremen Schieflagen führt, so spricht das Bände. So hat beispielsweise der Deutsche Bundesgerichtshof als eines von mehreren Höchstgerichten in der Bundesrepublik Deutschland bei 127 Richtern ein begleitendes Administrativpersonal von 240 Personen und verfügt dazu über 47 wissenschaftliche Mitarbeiter, während der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich im Vergleich dazu 57 Richter und ein diese unterstützendes Administrativpersonal von bloß 35 Personen (zuzüglich 6 „zugeteilten“ Arbeitskapazitäten anderer Gerichte zur Entscheidungsdokumentation) ohne jedweden wissenschaftlichen Mitarbeiter aufweist. Das ist ein im internationalen Vergleich völlig inakzeptables Missverhältnis und der Grund dafür, dass wir uns mit dem Anliegen um eine effiziente Mitwirkung bei der Budgeterstellung, wie auch bei weiteren Punkten, die nicht ganz so vordringlich sind, zu Wort gemeldet haben. Als Träger eines wesentlichen Teils gesellschaftlicher Verantwortung ist es uns ein fundamentales Anliegen, die aktuelle Situation selbst einbringen und darstellen zu können, wo die internationale Entwicklung hinführt und wo der entsprechende internationale Standard höchstgerichtlicher Ausstattung steht. Dies bei dem weiteren Willensbildungsprozess mitzubeachten und bedeutungsadäquat zu bewerten, darf ich die im weiteren Verlauf der Verfassungsgebung befassten Verantwortlichen ersuchen.

Um zum „Konsens“ zurückzukehren: Ich habe mich an der Präambel zur Europäischen Verfassung orientiert und habe versucht (zumal dort qualifizierteste Vertreter internationalen Zuschnittes mit ähnlichen Abwägungs- und Abstimmungsproblemen konfrontiert waren, wie wir in Österreichkonvent), mir ein Bild davon zu machen, was dort an Wertvorgaben für einen Verfassungsgesetzgeber nach europäischen Maßstäben bestimmend waren.

Wenn man den dort erarbeiteten Präambeltext auf Österreich überträgt, dann hätte ein österreichischer Verfassungsgesetzgeber dann Aussicht auf Erfolg, wenn er sich bewusst wäre, dass in unserem Bereich, in unserem Lebensraum die Bürger im Lauf der Jahrhunderte jene Werte mitentwickelt haben, die den Humanismus begründen, nämlich Gleichheit der Menschen, Freiheit und Geltung der Vernunft. Der Verfassungsgesetzgeber sollte demnach aus den kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen schöpfen, deren Werte weiter lebendig sind und die zentrale Stellung des Menschen und die Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit seiner Rechte sowie den Vorrang des Rechts in der Gesellschaft verankert haben. Er soll getragen sein von der Überzeugung – jetzt auf uns zugeschnitten –, dass die Republik Österreich auf diesem Weg der Zivilisation des Fortschrittes zum Wohl aller seiner Bewohner, auch der Schwächsten und Ärmsten, weiter voranschreiten will. Er soll offen sein für Kultur, Wissen, sozialen Frieden und Fortschritt, und soll bedacht sein auf die Stärkung von Demokratie und Transparenz als Wesenszüge des öffentlichen Lebens, auch Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt. Und er sollte letztlich von der Gewissheit getragen sein, dass die einzelnen Bundesländer der Republik Österreich, wiewohl stolz auf ihre regionale Identität und Geschichte, entschlossen sind, Separatismus als Selbstzweck zu überwinden, immer enger, in Vielfalt geeint, ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten und sich so unter Wahrung der Rechte des Einzelnen und im Bewusstsein der Verantwortung gegenüber anderen und der Gemeinschaft, gegenüber künftigen Generationen und gegenüber der Umwelt weiterzuentwickeln. Das sind die Vorgaben, die auf europäischer Ebene als Leitlinien zu Recht formuliert wurden und ich glaube, dass das ein guter Auftrag bzw. ein gutes Vorhaben wäre, sie auch im Willensbildungsprozess einer Verfassung für die Republik Österreich mit zu berücksichtigen. Dankeschön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. –Nächster Redner ist Herr Volksanwalt Dr. Kostelka.

Dr. Peter Kostelka: Danke, Frau Vorsitzende, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Konvent!

Die bisherige Diskussion ist in großen Teilen davon getragen worden, zu definieren, ob das Glas, das der Konvent versucht hat, zu füllen, zu Teilen leer oder zu Teilen voll ist. Ich glaube, die Antwort fällt relativ leicht, wenn man sich derartige Versuche in Österreich in der Vergangenheit ansieht. Der Konvent ist keine erstmalige Erfindung, sondern viele in diesem Raum sind bereits leidgeprüft in derartigen Prozessen, der BVG-Reformkommission, dem Bundesstaatsreformprozess und der Grundrechtskommission. Ihr Mitglied bin ich im Übrigen noch immer, weil sie zwar seit 1991 nicht mehr einberufen wurde, aber sie wurde nie aufgelöst, daher betrachte ich mich nach wie vor als Mitglied. Was alles in diesem Zusammenhang realisiert wurde, fokussiert sich letztendlich in der Verankerung des "rotbezungten Adlers" in der Bundesverfassung, zu mehr hat es nicht gereicht.

Und daher bin ich davon überzeugt, dass die ungefähr 1 200 Seiten Bericht, die der Konvent dem Nationalrat, der Bundesregierung, dem Bundespräsidenten und den Ländern, aber auch dem Bundesrat zur Verfügung stellte, nicht nur agieren nach dem Grundsatz, wer vieles bringt, wird manchen etwas bringen. Sondern für mich ist klar, dass es letztendlich ein irreversibler Prozess ist. Vieles von dem, was hier auf den Tisch des Hauses gelegt wurde, war in Teilen vor 18 Monaten noch nicht einmal angedacht und vieles, was angedacht war, ist sehr intensiv ausgearbeitet worden.

Meine Damen und Herren! Der Konvent hatte letztendlich drei Aufgaben. Zu definieren, wo Reformbedarf besteht, des weiteren Lösungsvorschläge zu erstatten und, wenn möglich, wie es in dem Gründungsbeschluss heißt, dann auch einen Text zu formulieren. Dass Reformbedarf besteht, das war relativ bald und mit breitem Konsens festgestellt. Bei einer Bundesverfassung, die sicherlich in ihrer Zeit, aber auch noch heute, zu den guten, ja zu den besten Verfassungen Europas gehört, die aber mehr als 80 Jahre alt ist, liegt auf der Hand, dass die in der Zwischenzeit eingetretene wirtschaftliche, technische, politische, ökonomische Entwicklung über viele Regelungen hinweggegangen ist.  Am deutlichsten wird dies an der Kompetenzverteilung klar, die genaue Regelung enthält für das Trift- und Flößereiwesen, ein Faktum, das es bestenfalls noch im Tourismus gibt, wo aber die Atomkraft genauso wenig Erwähnung findet wie der Umweltschutz. Die Analyse ist daher in umfassender Form geschafft worden, auch die Formulierungsvorschläge und die Alternativen, mit denen man diesem Reformbedarf begegnen könnte, wurde letztendlich auf den Tisch dieses Hauses gelegt.

Vielleicht haben da manche von uns ein bisschen zu viel gemacht, letztendlich gibt es mehr Varianten, als Lösungsmöglichkeiten tatsächlich gegeben sind. Und daher ist der dritte Schritt, nämlich einen durchlaufenden Text zu formulieren, nicht geschafft worden. Er konnte auch nicht geschafft werden, denn, meine Damen und Herren, das ist ein politischer Prozess. Dieser Konvent hat von vornherein jenseits des parlamentarischen Selbstverständnisses nicht auf dem Boden der Zweidrittelmehrheit agiert, sondern nach den Prinzipien des Konsenses. Es konnte letztendlich nur außer Streit gestellt werden, wo wirklich alle einer Meinung waren und das ist, würde ich meinen, durchaus genug, auch wenn in dieser Arbeitsweise ein durchgehender neuer Text nicht erstellt werden konnte. Es besteht daher überhaupt kein Grund zu einer Depression, aber auch nicht zum Triumph, sondern der Konvent hat das geleistet, was er leisten kann, aber auch den letzten Schritt für die Politik offen gelassen.

Weil, meine Damen und Herren, der jetzt kommende Prozess ist im Mechanismus ein anderer. Da hat, böse Zungen verwenden in diesem Zusammenhang das Wort des "Kuhhandels", ein Abtausch von Interessen stattzufinden. Es ist nicht Aufgabe der 70 führenden Juristen dieses Landes, beispielsweise die Briefwahl abzutauschen gegen ein Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Aber ein Verfassungsgesetz kommt nur zustande, wenn solche Kompromisse jenseits der Rationalität im jeweiligen Einzelfall zustande kommen. Und da ist die Politik aufgefordert, das ihre zu bringen. Lösungsvorschläge, meine Damen und Herren, liegen in ausreichendem Maße vor, in diesem Zusammenhang kann es keine entsprechende Klage geben. Und ich glaube daher, dass diese neue Verfassung auf dieser Grundlage Punkt für Punkt im Nationalrat aber auch im Bundesrat abzuarbeiten sein wird. Die Entrümpelung der österreichischen Bundesverfassung ist nur ein Schritt.

Seien wir uns ehrlich, meine Damen und Herren, die Mechanismen dafür, nicht aber die einzelnen Entscheidungen, sind konzertiert. Es wird also von einem System, in dem sich keiner ausgekannt hat, in dem sich Gebietskörperschaften übereinstimmend an den Verfassungsgerichtshof in einem gewissen alliatorischen Prozess gewandt haben, damit irgendjemand entscheidet, in ein System umgewandelt werden, das letztendlich zumeist von Experten verstanden wird.

Aber auch der weite Bereich der Grundrechte, ein wirklicher Schandfleck in der österreichischen Verfassungslandschaft, kann bereinigt werden. Es ist nämlich derzeit ein Grundrechtskatalog in Geltung, der 150 Jahre in der Zeitstrecke, in der er entstanden ist, alt ist. Es ist ein Grundrechtskatalog, der weiße Flecken aufweist, wie er sonst in ganz Europa unbekannt ist, nämlich bei den sozialen Grundrechten. Hier ist eine Entscheidung zu treffen und das ist auch weitgehend möglich, obwohl wir uns bewusst sein müssen, dass die ganze Strecke noch nicht zurückgelegt ist. Bei dem Diskriminierungsverbot, aber auch im Asylbereich und den Volksgruppen, ist ein Konsens noch herzustellen. Andere Bereiche und das sag’ ich ganz offen, die Streitpunkt in den letzten 80 Jahren waren, konnten konsensorientiert abgeschlossen werden. Ich glaube aber auch, dass eine neue Verfassung, die diesen Begriff verdient, auch eine Verfassung mit mehr Demokratie und mehr Bürgerrechten und vor allem mehr Kontrolle sein muss.

Meine Damen und Herren, auch Herr Präsident, Sie haben Recht, dass die Justiz ein wichtiger Punkt, ein wichtiger Teil unserer Staatsgewalten darstellt. Aber ich glaube, dass gerade auch die Justiz etwas ist, das nicht nur der eigenen Kontrolle, sondern auch der Fremdkontrolle unterstehen soll. Seit der amerikanischen Verfassung sind Checks and Balances eine absolute Selbstverständlichkeit. Die österreichische Justiz zählt zu den hervorragendsten, die es weltweit gibt. Aber auch in unseren Bezirksgerichten passiert mitunter ein  Fehler. Und dann sollten die Gerichte damit nicht allein gelassen werden, sondern es sollte sowohl eine interne wie auch eine externe Kontrolle geben.

Die Verwaltungsorganisation, das ist überhaupt keine Frage, ist in den letzten 80 Jahren hervorragend in der Lage gewesen, die Aufgaben zu erfüllen. Sie bedarf halt nur auch einer Reorganisation. Und, Herr Präsident Leitl, ich habe viel Verständnis dafür, dass Sie in diesem Zusammenhang das Kostenargument ansprechen. Mich hat nur als Kontrollorgan dieses Hauses nachdenklich gemacht, dass die Ziffer schon genannt wurde, bevor die entsprechenden Vorschläge auf den Tisch gelegt werden. Und ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass solch eine Verwaltungsorganisation auch mit dem permanenten Blick auf die Kosten zu gestalten ist, aber bitte um Verständnis dafür, dass eine Reform des Staates, eine Verwirklichung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechtsorientierung unseres Staates, nicht nur danach, was es kostet, sondern auch danach, was der Bürger zu Recht erwartet, durchgesetzt werden muss.

Denn, meine Damen und Herren, das ist auch ein Problem, dass ich mit dem schon mehrfach zitierten Entwurf habe. Grundrechte tun Not, aber eine Wirtschaftlichkeitsorientierung in diesem Grundrechtstext zu verankern, ist für mich ein großes Problem. Es ist überhaupt keine Frage, dass die ganzen Leistungsrechte, die in dem Katalog angesprochen werden, anders aussehen, wenn wir, so wie jetzt, einer der reichsten Staaten der Welt sind, oder so, wie 1945, einer der ärmsten Staaten. Aber wenn dieser Punkt erreicht wird, und damit möchte ich schon schließen, dann bin ich persönlich davon überzeugt, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, einen solchen Konsens zu finden, wie die Bedürfnisse der Bevölkerung mit den wenigen verbliebenen Mitteln abgedeckt werden.

Es ist aber nicht Aufgabe der Verwaltung, jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob so ein Leistungsanspruch noch besteht. Daher würde ich dafür plädieren, dass die Grundrechte in einer durchaus konzertierten Weise auch entsprechend in der Verfassung verankert werden, ohne eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeitsklausel. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. –Nächster Redner ist der Herr Präsident Dr. Jabloner.

Dr. Clemens Jabloner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ob man den Österreich-Konvent als Erfolg oder Misserfolg ansieht, hängt von der Erwartungen ab, die man in ihn setzte. Ich habe das Ziel, den Österreicherinnen und Österreichern 2005 eine neue Verfassung vorzulegen, stets skeptisch beurteilt und auch für unrealistisch gehalten. Skeptisch, weil Österreich eine zwar in manchen Punkte verbesserungswürdige, aber doch im Großen und Ganzen brauchbare, bewährte und ausjudizierte Verfassung hat. Unrealistisch deshalb, weil der Versuch einer Totalrevision, der nicht in einer zwingenden historischen Situation stattfindet, dem Öffnen der Büchse der Pandora gleichkommt: Das positive Recht hat es an sich, dass alles auch ganz anders geregelt werden könnte. Und wenn man über alles spricht, dann kehren alle Teilnehmer an diesem Diskurs zu ihren Maximalpositionen zurück.

Das Scheitern eines so ambitionierten Unternehmens ist daher mit der Gefahr einer Regression verbunden. Die Gräben können tiefer werden und die geltende Verfassung droht an Akzeptanz zu verlieren. So glauben nun manche Menschen, mangels Einigung über einen neuen Grundrechtskatalog seien in Österreich die Grundrechte derzeit nicht geschützt, wovon überhaupt keine Rede sein kann. In diesem Punkt teile ich die Skepsis meines Vorredners nicht. Auch das Problem der Zersplitterung der Verfassung ist ein zwar bedeutendes, aber auch nicht wieder so wichtiges, wie man vielfach annimmt. Und schließlich habe ich nie verstanden, wie man im Zusammenhang mit der Verfassungsreform auf diese weit gespannten Sparziele gekommen ist. Diese 3,5 Milliarden €, von wo sollten die herkommen. Was an der Verfassung kann geändert werden, um zu so viel Geld zu kommen? Das Legalitätsprinzip, die Weisungsgebundenheit? Das, was herausgekommen ist, war ein sehr scharfer antiföderalistischer Affekt, der deutlich wird, wenn man heute die "Presse" liest, wo vom "Krebsgeschwür des Föderalismus" die Rede ist, eigentlich eine Ungeheuerlichkeit – und ich steh’ nicht im Ruf, ein übertriebener Föderalist zu sein. Hier hat das Ganze eine falsche Stoßrichtung bekommen.

Eigenartigerweise haben die wirtschaftlichen Argumente im zuständigen Ausschuss 6 wenig Rolle gespielt. Dort hat sich die ganze Diskussion eher an der symbolischen Oberfläche abgespielt, aber konkrete Vorschläge, wo man nun sparen sollte, sind eigentlich nicht vorgelegt worden. Es war eine Rhetorik, die sich schon selbst vor dem Konvent erschöpft hat.

Ich möchte hier aber nicht in der Pose des Besserwissers verharren, sondern die Sache realistisch sehen, und so bin ich der Meinung, dass der Konvent dennoch ein Erfolg ist, ein relativer Erfolg, da es zum einen ein breites und tiefes Kompendium verfassungspolitischer Ansichten und Probleme gibt und zum anderen einen ganz beachtlichen Fundus von Gemeinsamkeiten.

Hier möchte ich zwei Themen nennen: die formale Neukonzeption des Bundesverfassungsrechts, eine sehr große Leistung des Ausschusses unter Leitung von Korinek und Wiederin, und das Modell der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Naturgemäß ist das gerade aus meiner Sicht eine ganz bedeutende Reformmaßnahme, die auch mit einer Verwaltungsreform zusammengehen könnte – Abschaffung der Berufungsinstanz im Administrativbereich, Neuorientierung des unabhängigen Bundesasylsenats als ein Verwaltungsgericht des Bundes.

Nach meiner Meinung sollte man also von der Vorstellung einer neuen Verfassung Abschied nehmen, vielmehr sich beherzt einer großen Verfassungsnovelle zuwenden, dort das hineinschreiben, was man gewonnen hat – und das ist überraschend viel und so hätte man einen Erfolg. Und wenn das alles gut gelingt, dann könnte man später in weiteren Schritten noch mehr reformieren. Ich glaube, dass Herr Kollege Bußjäger einen ähnlichen Vorschlag gemacht hat.

Ich möchte noch mit einigen persönlicheren Sätzen schließen: Trotz meiner gewissen Grundskepsis habe ich mich bemüht, loyal und mit Eifer mitzuarbeiten. Die vielfältigen Diskussionen und menschlichen Begegnungen während des Konvents waren für mich sehr wertvoll und ich möchte diese Zeit nicht missen. Ich schätze den Idealismus und die Lauterkeit des Herrn Präsidenten Dr. Fiedler und auch seine wackere Unverdrossenheit, trotz allem diesen Entwurf vorgelegt zu haben. Die Mitarbeiter des Konventspräsidiums waren fachkundig, fleißig und liebenswürdig. Methodische Differenzen, auch über das juristische Weltbild, haben eine große Rolle gespielt und lagen manchmal quer zur Zuordnung zu Gebietskörperschaften politischen Parteien oder anderen Stellen. Viele Kolleginnen und Kollegen habe ich sehr schätzen gelernt. Für mich war das insgesamt eine erfreuliche Zeit und ich darf mich mit diesen Worten vom Konvent verabschieden!

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist der Herr Univ.-Prof. Dr. Brauneder.

MMag. Dr. Willi Brauneder: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Das oft vorgebrachte Altersargument ist, glaube ich, nicht unbedingt überzeugend – wäre es nämlich so, dann bräuchten wir schon seit langem einen Zivilkodifikations-Konvent, denn unser ABGB ist an 200 Jahre alt, und über die Verfassung der USA könnte man dann auch noch nachdenken.

Aber ich glaube, das Europa-, das EU-Konvents-Argument ist auch nicht unbedingt überzeugend, denn die EU hat eben eine andere Struktur, die zu einer anderen Lösung des Angehens einer Verfassungsfrage geführt hat als bei uns. Und dort, wo es auch Konvente gibt, um Verfassungen zu ändern, wie in den USA, in den Teilstaaten, ist eben die Situation eine andere.

Ganz sicherlich aber ist ein Hauptargument doch die Unübersichtlichkeit unserer Verfassung gewesen, und ich will hier nur ein Moment aus einem bestimmten Grund hervorheben: Sozusagen die Unübersichtlichkeit durch Unsitte – nämlich besonders im Bereich der Kompetenzbestimmungen. Das hat man natürlich schon lange erkannt, und ich darf daran erinnern: Es gab zu Beginn der 1990er -Jahre im Auftrag der Bundesregierung ein Auftragswerk von Prof. Robert Walther, der in zwei Bänden – erschienen im Bundesverlag  – es unternommen hat, die Bundesverfassungsbestimmungen in das B-VG einzuarbeiten. „Schubladisiert“ ist das Schicksal dieses Buches gewesen.

Ich darf noch erinnern an die Enquete hier im Hause zur Bundesstaats-Reform im Jahre 1994: „Im Sande verlaufen“ war das Schicksal dieser Enquete. Und ich betone dies deswegen, weil ein derartiges Schicksal den Ergebnissen dieses Konvents unbedingt erspart bleiben muss.

Herr Volksanwalt Kostelka hat noch die Grundrechts-Reformkommission erwähnt, an die sich ja kaum noch jemand erinnert – dass die formal eigentlich sogar noch fortbesteht; sie ist jedenfalls nie aufgelöst worden, und, ich glaube, Kollege Öllinger, du bist ja auch Mitglied, da war schon lange nichts mehr los: zuletzt 1991, haben wir gerade aus kompetentem Mund gehört. – Also, dieses Schicksal soll wirklich diesem Konvent beziehungsweise dessen Ergebnis erspart bleiben.

Es sind – um an diese Enquete 1994 anzuknüpfen – natürlich zahlreiche neue Rahmenbedingungen aufgetreten – unter anderem unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Und da frage ich mich schon ein bisschen: Haben neue Rahmenbedingungen, wie beispielsweise diese, wirklich einen profunden Niederschlag gefunden, nämlich in der Frage des Föderalismus? – Privat darf ich folgende Frage äußern – eine rhetorische Frage –: Braucht ein Staat von der Fläche des heutigen Österreich wirklich zehn Regierungen und zehn Parlamente? – Eine rein akademische Frage, aber eine Antwort darauf zu geben, haben ja die Grundbedingungen des Konvents verwehrt.

Ich bin durchaus ein Anhänger des Föderalismus, aber, meine Damen und Herren, unsere Länder haben keine staatliche Tradition – haben keine staatliche Tradition! Im Verfassungsstaat vor 1918 hatten sie den Stellenwert „Kommunalverbände höchster Ordnung“ – „Kommunalverbände höchster Ordnung!“ An diese Kommunalverbände – ich will jetzt fast sagen: Großgemeinden – hat man 1920 Rechte angehängt, um sie zu Bundesstaaten aufzuwerten. – Das nur als eine Art von Denkanstoß.

Zweitens, vom europäischen Aspekt her: Europa ist – verzeihen Sie diese Banalität, ich erinnere mich an meine Geographie-Matura offenkundig – größer als Österreich, und da hätte man sich schon vorstellen können, dass man für jene, denen im Ausland an Österreich etwas liegt – man muss nach einer Formulierung suchen, aber ich sage jetzt einmal: So etwas wie die Südtiroler, die es aber durchaus auch anderswo gibt, die auch unsere Sprache sprechen, die von hier aus in diese Länder wie Batschka und Banat vor vielen Generationen gesiedelt sind und denen tatsächlich heute noch etwas an Österreich liegt –, ob man denen nicht in einer europäisch angehauchten österreichischen Verfassung einen Platz hätte einräumen können. – Ich weiß: Sicher legistisch ein heikles Problem, weil es sich ja um andere Staatsbürger handelt, aber ein Nachdenken darüber hätte zu einem Erfolg führen können.

Es gibt eine Fülle von alten Forderungen, die doch jetzt noch zu keiner Lösung gefunden haben – ich verwende bewusst das Wort „noch“ –: Der Bundesrat steht uns im Entwurf von Herrn Präsidenten Fiedler in völlig unveränderter Form ins Haus.

Warum brauchen wir eigentlich noch die Bundesversammlung? – Das ist doch nur mehr eine Hülse für den Umstand, dass Nationalrat und Bundesrat sich in einem traditionellen Saal gemeinsam versammeln!

Oder – um zwei andere Details zu erwähnen –: Müssen wirklich die Bundesforste in einer Verfassung stehen? – Also, durchforsten Sie die amerikanische Verfassung, ob dort etwas über den „Yellowstone National Park“ vorkommt, nicht? – Gut. Der darf nicht so genutzt werden, wie unsere Bundesforste.

Aber muss wirklich eine Strafrechtsbestimmung wie: „Der Titel Bundespräsident ist zu schützen“ in einer Verfassung stehen? – Da ist eben vieles noch eingeflossen, was traditionell ist, aber wo ich sage: Hier hätte es einer Innovation bedurft. Hier hätte es einer Innovation bedurft, die erstens die Verfassung schlanker macht und eben als modern ausweist.

Es ist sehr oft von dem Dissens über den Stellenwert der Ergebnisse dieses Konvents gesprochen worden. – Ich sehe das ein bisschen vor dem Hintergrund: Repräsentative Demokratie versus, ja, ein Gremium, das man vielleicht so ein bisschen als – ich sage das durchaus nicht pejorativ im Hinblick auf die österreichische Geschichte – ständestaatlich bezeichnen könnte, nicht? – Eine Ansammlung der Interessenvertretungsverbände und anderes mehr.

Und ich kann sehr gut verstehen, dass jene, die auf dem Boden der repräsentativen Demokratie stehen, Unbehagen haben dahin gehend, dass dieser Konvent ein Endergebnis vorlegt, welches das Parlament, den Souverän, präjudiziert. Ich kann aber auch in einer gewissen Weise verstehen, dass jene ein Unbehagen haben, die auf dem letzteren Standpunkt stehen, weil eben doch kein Ergebnis zustande gekommen ist.

Und es klingt jetzt etwas merkwürdig, wenn ich Folgendes sage – damit bin ich bei meiner Einschätzung des Entwurfs Fiedler, wenn ich so sagen darf –: Ich bin sehr glücklich, dass es diesen Entwurf gibt – den Privat-Entwurf Fiedler, sozusagen als Parallele zum Privatentwurf des Staatssekretärs für Verfassungsfragen Mayr im Zuge der Verfassungsgebung 1920 –, denn er ist eben schon ein Ergebnis, aufbauend auf dem Konvent, aber doch kein Entwurf des Konventspräsidiums, welches damit ja wohl den Nationalrat in erheblicher Weise präjudiziert hätte.

Dass es diesen Entwurf Fiedler gibt – ich sage das nicht aus Schmeichelei, sondern weil das ja wohl auf der Hand liegt –, ist auch deswegen ein positives Ergebnis, weil der Entwurf zeigt, dass auf Grund der jetzigen Konventsarbeiten es möglich ist, einen Verfassungstext zu erstellen: einen Verfassungstext, der gut gegliedert ist, der lesbar ist, der eine Systematik besitzt, die in sich schlüssig ist, ohne ganz mit der Tradition des Bundes-Verfassungsgesetzes zu brechen.

Ich habe das Jahr 1920 erwähnt, ich darf noch einmal darauf zurück kommen – es ist ja auch von anderen Rednern erwähnt worden. In einer gewissen Weise sind die Arbeiten des Konvents ein umgestülpter Vorgang von 1920: Damals, 1920, gab es Regierungsentwürfe in großer Zahl, es gab Entwürfe des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung, es gab – ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Experten wie Herrn Bußjäger natürlich langweile –, es gab Entwürfe mancher Länder – Tirol –, es gab dann eben Entwürfe auf Grund der Länderkonferenzen und anderes mehr, wie diesen Privatentwurf Mayr. – Und dann wurde auf Grund dieser Entwürfe diskutiert.

Wir haben irgendwie die Entwicklung umgedreht, nicht? – Wir haben zuerst alle die Kräfte eingebunden, die an einem Entwurf in der Regel Kritik üben, haben versucht, diese Kräfte auf einen Konsens zu vergattern – was eben nicht gelungen ist – und nachher liegt jetzt ein Entwurf vor. – Das mag eben Unbehagen hervorrufen.

Ich würde mir wünschen, auf Grund dessen, was erarbeitet worden ist, dass vielleicht das Präsidium des Konvents doch auch einen Entwurf vorlegt. Jedenfalls, wenn aus diesen Arbeiten so etwas wie ein offiziöser Entwurf hervorgehen sollte, dann sollte er doch dort, wo es eben keinen Konsens gibt, die verschiedenen Varianten aufzeigen. – Das wäre eine Vorgabe für den Souverän, für den Verfassungsgesetzgeber.

Und ich komme noch einmal auf 1920 – als Schlusssatz – zurück: Man kann eine Lehre aus den Verfassungsarbeiten von 1920 ziehen, so meine ich. Wenn es damals nicht unter anderem auch den Druck des Endes der Funktionsperiode der Nationalversammlung gegeben hätte und die politischen Zeiten ruhiger gewesen wären, dann gibt es genug Indizien, dass man sich auf einen Verfassungstext einigen hätte können – zumindest wesentlich weiter hätte einigen können, als dies 1920 tatsächlich der Fall war.

Irgendwo gibt es diesen schönen Satz, der auch von österreichischen Politikern benützt wird: Speed kills! – Ich bin der Überzeugung, dass dieser Satz nicht immer richtig ist. – Danke schön.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist Herr Landtagspräsident Hatzl.

Johann Hatzl: Hoher Konvent! Meine Damen und Herren!

Sie müssen mir jetzt nicht Recht geben, aber ich bin trotzdem der Überzeugung, dass auch vor 18 Monaten kaum jemand hier geglaubt hat, dass 18 Monate später eine komplett neue Verfassung heraus kommt und auch beschlussreif ist und tatsächlich auch so im Parlament beschlossen wird. Und daher ist es für mich überhaupt keine Enttäuschung, sondern die Aufgabenstellung habe ich so gesehen und die ist hervorragend gelungen, dass zum Beispiel jener Teil, der nicht politischer Parteienvertreter ist, in ungemein großartiger Weise Entscheidungsgrundlagen vorbereitet hat für jene, die zu entscheiden haben im Parlament. Wie kann man eine Verfassung neu organisieren, umschreiben, verändern, was kann man weg nehmen, und welche Möglichkeiten gibt es für die Zukunft?

Und auch der politischere Teil der Parteienvertreter, die hier im Konvent sitzen, haben eigentlich auch sehr genau gewusst, dass eigentlich, wenn man, und es wurde heute schon gesagt, das Ziel setzt auf eine Einstimmigkeit, es nur sehr schwierig sein wird, hier etwas als Endergebnis zu bekommen, und dass man daher der Mithilfe bedarf. Und damit wird es dort wieder verhandelt werden, wo es hin gehört, mit der Gesamtberichterstattung im Parlament, und daher halte ich den Konvent, um das gleich einmal von Haus aus zu sagen, für erfolgreich, weil er hier auch tatsächlich sehr viel zusammengebracht hat.

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten haben daher ein dickes Paket für die Zukunft mit sehr vielen klugen Äußerungen, Möglichkeiten, und einer differenzierten Dokumentation zur Auswahl. Sie haben und sie sind auch vom Volk dazu berufen, zu entscheiden, wie, wann und ob es weiter geht. Und ich bin überzeugt, dass diese Arbeit der 18 Monate helfend ist.

Ich gestehe auch zu, dass gerade für auch jene, die nicht Juristen sind und der politischen Arbeit sehr verbunden sind, auch vieles, extrem vieles dabei war, was von der Verschiedenartigkeit der Möglichkeiten und Überlegungen aufgezeigt wurde, um hier auch eine bessere Entscheidungsgrundlage für das Politische zu finden und ich halte es gar nicht für ein Unglück, dass Präsident Fiedler hier eine Fleißaufgabe, würde ich sagen, vorgenommen hat. Ich kann es leider nicht so, sonst hätte ich es vielleicht auch getan. Aber es ist besser, aus der Verpflichtung eines Präsidenten des Konvents das zu dokumentieren. Aber das sage ich jetzt dazu, und Sie sind mir nicht böse, es soll dabei nicht überbewertet werden. Ich sehe es als eine Pflichterfüllung. Aber es ist ein Vorschlag von siebzig und ist in dieser Richtung auch hier in der Dokumentation wie die Berichte, die Diskussionen, die Wortmeldungen in dem Plenum mit einzubringen. Wichtig, aber nicht das Ergebnis!

Das Zweite, das sage ich aber auch dazu gleich heute. Der Konvent kann auch mit dem Ergebnis und mit den Entscheidungen auf der politischen Ebene nicht gemessen werden, wie rasch kommt man jetzt zur neuen Verfassung. Sie werden mir zugestehen, dass es jemanden auch im Konvent gibt, wo ich vieles seiner Meinung nicht teile, aber gelegentlich sehr wohl. Und ich halte mich an den Parlamentspräsidenten Khol, wo ich in der „Wiener Zeitung“ vor 14 Tagen gesehen habe: Schnell geht in Fragen der Verfassung gar nichts. Und das ist ganz einfach auch eine Meinung, die ich auch teile, weil man hier jetzt sehr genau in der Verschiedenartigkeit der Darstellungen manches abzuwägen und zu überlegen hat und weil natürlich die politischen Verhandlungen – und ich wehre mich gegen den Begriff des Kuhhandels, der auch von Politikern bereits, auch vom Parlamentspräsidenten, sehr ähnlich einmal in einer anderen Aussage getroffen wurde, das zu sagen, denn dann wäre ja jede politische Verhandlung und jede politische Kompromisssuche der typische Kuhhandel, dann wäre aber in Wirklichkeit jedes politische Leben in einer Republik, in einer Gemeinschaft, bereits unmöglich geworden.

Und es gibt auch sehr vieles, was unterschiedlich ist. Ich will gar nicht jetzt als Ländervertreter jetzt sozusagen in die Föderalismusdebatte oder die Machtverteilungsfragen zwischen der Republik und den Ländern und den Gemeinden eingreifen. Das wird eine Frage sein, die man sehr genau abwägen soll und die man beurteilen soll.

Trotzdem gebe ich zu, bin ich von manchen Bereichen der Ergebnisse enttäuscht. Nicht so sehr enttäuscht dort, wo es ganz besonders um Fragen gegangen ist, wo der eher nicht parteivertretende Teil tätig war, sondern ich sage enttäuscht deswegen, weil ich mir ursprünglich erwartet habe, es wird kein Ergebnis geben, aber man wird in einigen Punkten, die weltweit oder europaweit ausdiskutiert sind, in der Frage der politischen Demokratie und der Rechte weiter kommen.

Ich sage einige Beispiele, vor allem dort, wo auch ich war, und wo ich heute den Eindruck habe, hier hat man sich sehr – ich sage es jetzt einmal so vornehm – zurückgehalten, um auf der parlamentarischen Ebene dann für den so genannten Kuhhandel noch etwas zu haben. Ich verstehe es nicht, warum wir beim Wahlrecht, es wurde schon genannt, in der Altersfrage das durchgehend haben und nicht nur verweisen auf einen kleinen Bereich. Ich verstehe nicht, warum man Mandatszuteilungen nicht nach der Bevölkerungszahl und nur nach der Staatsbürgerzahl vornehmen kann, egal wie in den österreichischen Regionen die Zahl der Bevölkerung liegt. Ich verstehe nicht, dass man jenen, die jahrelang in diesem Land leben, wohnhaft sind und mitwirken, und an unserem Gut teilhaben, dass wir etwas besitzen, sie vom Wahlrecht weiter ausschließen möchte, generell. Ich verstehe nicht, dass zum Beispiel es nicht möglich war, einen Weg zu finden, wo Gesetze, die von einer Regierung, egal von welcher, vorbereitet werden, in ein strengeres verbindlicheres und besser funktionierendes Begutachtungsrecht für die Beteiligten vorher eingebunden werden können. Ich verstehe nicht, warum es noch immer Gnade für eine Stadt sein muss, wenn sie über 20 000 Einwohner hat, darüber zu betteln und andere entscheiden zu lassen, ob sie hier gewisse andere Formen in ihrer Struktur besitzen möchte. Ich verstehe nicht, warum wir nicht den Schritt gehen können, dass mehrere Länder und eine Mindestanzahl von Gemeinden zum Beispiel auch im Stande sind, Gesetzesinitiativen einzubringen, die dann im Parlament zu verhandeln sind. Ich verstehe nicht, warum es keine rechtliche Verpflichtung in einer Verfassung für eine Regierung geben soll, entsprechende Informationen an Nationalrat und Bundesrat bei internationalen Organen vorzunehmen. Ich verstehe nicht, dass wir nicht möglich waren, die Mindeststandards für die Republik, aber auch für die Länder so festzulegen in der Verfassung, was demokratische Kontrolle bei Untersuchungsausschüssen oder Ähnlichem bedeuten kann und wir das weiterhin im leeren Raum lassen und kein Minderheitenrecht in diesem Zusammenhang haben. Ich verstehe nicht, dass es nicht einmal möglich war, sicherzustellen, dass jene, die in einem Rechnungshofunterausschuss sind, das Recht auf Aktenvorlage bekommen, damit sie auch hier dieses haben. Ich verstehe nicht, dass es nicht möglich ist, bei der Volksanwaltschaft, wenn Sie zum Beispiel im Parlament durch Personennominierungen nach der Stärke der Parteien die entsprechenden Vertreter als Volksanwälte bekommen, dann nicht die Möglichkeit ist, das raschest zu ändern, wenn zum Beispiel eine Partei gar nicht mehr befugt ist, hier einen Vorschlag zu machen. Und beim Volksbegehren und bei anderen Bereichen ist die gleiche Situation, was die Altersfrage betrifft.

Da hätte ich doch gedacht, dass es möglich ist, hier schon ein Stück weiter zu kommen. Ich sage bewusst, im politischen Teil der politischen Vertreter des Konvents. Und daher war das von Haus aus ein Zeichen: Warten wir ab, was wir dann auf parlamentarischer Ebene verhandeln können. Bleiben wir daher dabei.

Es hat ungemein wichtige Debatten gegeben, großartige Vorarbeiten für das Parlament, und jetzt sind die wirklichen politischen Verhandlungen gefordert. Eine kleine persönliche Bemerkung: ich bitte um Entschuldigung. Es ist nicht Missachtung, wenn ich nicht bis zum Ende bleibe. Wir haben Landtagssitzung in Wien und ich habe mich bemüht, bei der Zeiteinteilung auch in meinem Haus drüben sozusagen, wann ich wieder komme, um dort zur Verfügung zu stehen. Ich hoffe, Sie verstehen das. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist der Herr Dr. Voith.

Dr. Günter Voith: Frau Vorsitzende! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Fernsehen ist offenbar weg und die Reihen haben sich auch gelichtet. Aber offen spreche  ich so und so.

In den letzten eineinhalb Jahren habe ich recht viel Diskussion miterlebt. Die Zahlen 1867, 1918, 1920, 1929, 1955, sogar das Tiroler Landlibell von 1511 ist gekommen. Was ich leider sehr wenig gehört habe, ist eigentlich die Grundfrage, wie soll die Struktur eines kleinen – eines kleinen! – Mitgliedsstaates der EU im 21. Jahrhundert aufgebaut sein. Gerade heute haben, um gerecht zu sein, die Damen Klasnic und Burgstaller es ein bisschen erwähnt.

Es ist, meine Damen und Herren, im Konvent ungeheuer viel an Ideen vorgebracht und überlegt worden, entweder aufgenommen oder verworfen. Alles, was jetzt an Wünschen kommt, wird nicht neu sein; was jetzt noch kommt, ist natürlich schon mit dem Odium behaftet, dass es Taktieren ist. Was nachverhandelt wird, verliert immer Glaubwürdigkeit.

Ich bin der Meinung, wenn wir nicht weiterkommen in den kommenden politischen Weiterverhandlungen, dass es richtiger ist, wie Herr Präsident Jabloner gemeint hat, dass wir eine Verfassungsnovelle kriegen, die das, was bis jetzt da liegt, umfasst, anstatt dass die Sache weiß Gott wie lang hinausgezögert wird. Nach den nächsten Wahlen – wurde heute auch schon gesagt – schaut’s wieder ganz anders aus.

Wir sind nicht begeistert, wenn sehr viele Punkte jetzt zurückdelegiert werden ans Parlament. Das bereitet Unbehagen: Das Parlament hätte ja 50 Jahre lang schon eine neue Verfassung beschließen können, wenn diese harten Brocken Einstimmigkeit oder Mehrheit, qualifizierte Mehrheit erhalten hätten. Der Konvent wäre eigentlich sinnlos gewesen, wenn man jetzt sagt: Wir warten darauf, bis das alles im Parlament zustande kommt.

Herr Präsident Fiedler hat unserer Meinung nach nicht nur von den konsentierten Themen eine großartige Zusammenfassung gemacht. Die klare Systematik liegt da, auch sprachlich ist es eine gelungene Übersicht. Er hat darüber hinaus, wie auch schon gesagt wurde, sehr mutig auch bei Themen, die konsentiert wurden, nicht unbedingt das übernommen, und er hat vor allem bei nicht konsentierten Themen – und das ist ja natürlich doch eine große Menge – schlüssige Wege gewiesen, wie man auf Basis von vernünftigen Kompromissen weiterkommen kann.

Er hat dabei auch – und das halte ich für sehr zu betonen – nicht auf die zu Beginn des Konvents gestandenen Ziele vergessen. Frau Landeshauptmann Burgstaller hat zitiert. Sie hat allerdings den ersten Satz nicht zitiert: an der Spitze dieser Ziele steht – ich erinnere Sie –: Eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform, die auch Voraussetzungen für eine effizientere Verwaltung schaffen soll. Es ist ein gutes Zeichen, dass jetzt eigentlich niemand zufrieden ist, weil jeder seine Wünsche nicht wirklich im Entwurf Fiedler verwirklicht sieht.

Auch wir Industrie könnten eine Negativliste erstellen. Es fehlt uns schon vieles: Die laufende Staatsaufgabenkritik, die Gesetzesfolgenabschätzung, die Verlängerung und Vereinheitlichung der Legislaturperioden, die stärkere Überwindung der Kameralistik, und es erscheinen uns die Mehrgleisigkeiten und Doppelkompetenzen immer noch zu latent, zu viel. Ich sage ruhig auch:  Die dritte Säule. Und die rasche Umsetzung von EU-Vorgaben erscheint uns gar nicht gesichert.

Wir hielten es aber für staatspolitisch verantwortungslos, wenn man jetzt auf dieses gut gefügte Gebäude – und ich sage ausdrücklich, wie es Herr Präsident Fiedler in seinem Entwurf zusammengefasst hat, und nicht die 1200 oder 1300 Seiten Bericht, die die ganzen Probleme auseinander klaffen lassen – jetzt kräftig dreinhaut, dreindrischt, vielleicht sogar mit der Keule, es kommt sonst gar nichts. Wir halten es für mehr als fraglich, dass irgendjemand im Stande ist, einen besseren Gesamtvorschlag zu machen, und gesamt heißt nämlich: für alle akzeptabel. Natürlich lassen sich in einzelnen Punkten die und die Verbesserungen anbringen.

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu den immer wieder gekommenen Argumenten Subsidiarität und Regionalisierung sagen: Ich bin der Meinung, dass hier ein gewaltiges Missverständnis vorliegt. Wir müssen uns damit endlich anfreunden: Die EU hat nun einmal als oberstes Ziel die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Europas, letztlich ja zum materiellen Wohl aller Europäer. Und dazu braucht es nicht nur den freien Warenverkehr – Sie wissen, die wichtigen Ziele – , es braucht immer mehr Vereinheitlichung zur ständigen Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Wir sollten uns auch darauf konzentrieren, in Brüssel zu kämpfen um das, was kommt, und nicht immer hier gegen einander. Wie schaut es denn aus? Hat vielleicht die EU den Tiroler Gulden aus dem  15. Jahrhundert wieder eingeführt oder den Wiener Pfennig? Nein: den einheitlichen Euro. Ich habe selber noch erlebt die Untergliederung der Staatsbürgerschaft mit den Heimatscheinen. Jetzt kommt der europaweit einheitliche Führerschein. Wir haben längst einheitliche Standards für Lebensmittel, für Versicherungen, für Umweltstandards, für dutzende andere Rechtsbereiche, und natürlich arbeitet Brüssel an einheitlichen Schulstandards und nicht an unterschiedlichen für Bruck und Bruckneudorf oder – für die Damen und Herren aus dem Westen – für Leogang und Fieberbrunn.

Die EU arbeitet natürlich an einem einheitlichen Vergaberecht – das wissen Sie ja alle – , an einem einheitlichen Anlagerecht, Gewerberecht und, und, und. Sie arbeitet auch bitte an europäischen Baustoffnormen und nicht dafür, dass 9 Teilgebiete von Österreich, das insgesamt keine 2 Prozent der europäischen Bevölkerung stellt, in Konsultationen  Bundesländernormen einander angleichen.

Die Wettbewerbsfähigkeit ist nicht nur nötig, weil Betriebe von Wien ins Burgenland und nach Ungarn übersiedeln, sondern weil die Produktion und Arbeitsplätze, aus der höheren Warte gesehen, nach Asien wandern, auch schon im Dienstleistungsbereich: Englische, deutsche, französische Großbetriebe lassen wesentliche Teile ihres Rechnungswesens in Indien arbeiten, und wir freuen uns offenbar über Grenzen und wissen nicht oder machen uns nicht klar, dass durch Grenzen die Stadt Wien vor 100 Jahren noch unter den zehn größten Städten der Welt war, heute nicht unter den größten 1000. Abgesehen davon, ist aus Brüsseler Sicht ja „la région“ Österreich und nicht vielleicht ein kleiner Teil davon.

Aber die Subsidiarität und Regionalisierung hat sehr wohl eine sehr wichtige Bedeutung. Man sollte nur die Gesetzgebung und die Verwaltung nicht vermantschen. Möglichst nah zum Bürger die Verwaltung! Dort müsste sie auch effektiver und, wenn gut organisiert, auch billiger sein. Das Bürgerservice ist Aufgabe der Verwaltung und die muss dezentralisiert sein.

Ich will zum Schluss abkürzen: Sehen Sie doch bitte alle strittigen Fragen zum Verfassungsentwurf, zum Fiedler’schen – sage ich – Verfassungsentwurf, aus der Sicht des Bürgers und nicht des Verwaltungsapparats oder des Politikers. Das ist eine andere Sicht. Wenn nicht jetzt in den nächsten Monaten eine erneuerte Verfassung auf dem Tisch liegt, so wird das ein Musterbild bieten von Ineffektivität und Unfähigkeit, und die Bürger werden nicht sagen: Die ÖVP oder die SPÖ, die Grünen, die FPÖ oder die Interessenvertreter oder der Städtebund und Gemeindebund oder die Landeshauptleute haben das erreicht oder haben das nicht erreicht. Sie werden sagen: Die Politiker sind unfähig, und die ohnedies jetzt schon viel zu große Politik- oder Politikerverdrossenheit, die wird mit einem Sprung noch mehr ansteigen. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist der Herr Prof. Konecny.

Albrecht Konecny: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

Ich will zu den Überlegungen, ob denn dieser Konvent nun ein Erfolg war oder nicht, keine weitere Analyse beisteuern. Er ist quantitativ, wenn wir den hier physisch noch nicht aufliegenden Berichtsumfang nehmen, zweifellos ein Erfolg, aber er hat nicht – und dieses Ziel war wohl überambitiös – den konsentierten neuen Verfassungstext erbracht.

Ich glaube nicht, dass es richtig ist, das Wortbild, das Präsident Khol am Morgen gewählt hat, „den Rohdiamanten zu schleifen“, dass es ein glückliches Wortbild ist. Ich würde es anders sehen, und ich sage ausdrücklich, dass ich damit nicht den Entwurf Fiedler meine, sondern jede Fülle an Anregungen, ob sie in diesem Text aufgegriffen wurden oder nicht, wo die Konsensvarianten durchaus mehr sein können, als wir heute meinen. Denn natürlich gehört es zur politischen Willensbildung, dass der Kompromiss nicht immer in einem, in einer Sache gefunden wird, sondern, dass es natürlich auch einen Abtausch von Interessen gibt. Ich halte das weder für illegitim, noch für einen Kuhhandel, so weit es ein sachgerechtes Resultat erbringt.

Und ich würde mich eher an einem Bild orientieren, das die Arbeitsergebnisse der zehn Arbeitsausschüsse als eine Art Baumaterialsammlung betrachtet, aus dem ein Gebäude zusammenzufügen durchaus möglich ist, auch wenn vielleicht manche Fassadenteile nicht ganz so prunkvoll ausfallen werden. Denn eines ist schon klar: Es gibt eine Fülle – und Präsident Hatzl hat vor einigen Minuten hier einen ganz besonders wichtigen Bereich herausgegriffen – eine Fülle von Anregungen, die in dieser Phase ganz offensichtlich keinen Konsens gefunden haben, aber wo es mit Fug und Recht möglich ist, davon zu sprechen, dass eine neue Verfassung am Beginn des 21. Jahrhunderts ja nur auch dann eine Berechtigung hat, wenn sie nicht Verwaltungsvereinfachungen und Einsparungen berücksichtigt, sondern jedes Mehr an Demokratie, jedes Mehr an Bürgermitbestimmung, jedes Mehr an Kontrolle in einem komplexer gewordenen Prozess, das der Bürger mit Recht erwartet und diese Wünsche vom Wahlrecht bis zur Kontrolle haben auch eine beträchtliche Akzeptanz in der Öffentlichkeit gefunden.

Natürlich sind Grundrechte ein zentrales Element und auch darauf ist hingewiesen worden, nämlich Grundrechte, die natürlich auf der Ebene der gesellschaftlichen, der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklung umgesetzt werden, umsetzbar sind. Aber sie so, unter Bedingungen, die sozialen Grundrechte notabene zu setzen, wie es vorgeschlagen wurde, erscheint mir in höchstem Maße problematisch und wertet sie auch gegenüber anderen Grundrechten ab.

Und noch ein Wort zu den ganz konkreten Anliegen, die sich aus der politischen Debatte ergeben. Und ich kann diese Trennung, die hier einmal angesprochen wurde in der heutigen Diskussion, nicht mitmachen. Was denn sonst soll eine Verfassung tun, als bestimmte Rechte und Normen statuieren, die von allen einzuhalten sind? Und wenn wir in Österreich ein System haben, wo wir in demokratischer Weise unsere Vertreter in vielfältigsten Bereichen wählen, und es sicherlich keine Diskussion darüber gibt, ob die Gemeindevertretungen demokratisch gewählt werden sollen, dann gehört es eben in eine solche Verfassung auch hinein, dass die Interessensvertretungen in gleicher Weise demokratisch konstituiert werden müssen, auf Grund einer Urwahl und einer Direktwahl der jeweiligen Interessensgruppe, und dass hier, auch dort, wo es um ein abgeleitetes System geht, etwa um den Hauptverband, um es deutlich auszusprechen, der Zahl der Stimmen, der Gewichtung eine Bedeutung zukommen muss.

Nochmals, das ist eine beträchtliche Baumaterialsammlung, die hier angelegt wurde, und wie alle anderen kann auch ich sagen, diese 18 Monate waren auch persönlich, menschlich und wissensmäßig eine gewaltige Bereicherung für mich, und von daher eine höchst angenehme, wenn auch anstrengende Periode. Das gelieferte Rohmaterial zusammenzufügen ist Aufgabe der Politik. Ich teile auch die Einschätzung, dass es in einer großen Novelle, vielleicht auch in einer Abfolge von Novellen möglich sein wird, die konsensualen Teile in die Verfassung aufzunehmen.

Und wenn ich mir die Debatte heute anhöre, wenn die Frau Bundesminister Gehrer den ausgewiesenen Marxisten Ernst Bloch zustimmend zitiert, so sollte man doch meinen, dass der Konsensbereich größer sein könnte, als wir heute in der Früh angenommen haben.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Nächster Redner ist Herr Universitätsprofessor Dr. Öhlinger.

Dr. Theodor Öhlinger: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich hätte gerne dem Herrn Präsident Fiedler gesagt – ich konnte es aber ohnehin schon über die Medien tun –, dass ich seinen Entwurf für eine durchaus sehr gute Diskussionsgrundlage halte. Ich sehe die Leistung dieses Entwurfs darin, dass die auf zehn Ausschüsse verteilte und zum Teil zersplitterte Diskussion im Konvent in ein System zusammengefasst wird und damit eine Grundlage liefert, die offenen Probleme – und es gibt natürlich eine Fülle offener und diskussionswerter Probleme – gewissermaßen systematisch und im Kontext einer Gesamtverfassung zu diskutieren.

 Wo ich allerdings glaube, dass dieser Entwurf verfehlt ist, wenn ich das so scharf sagen darf, das ist die Frage der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern. Ich halte den Entwurf nicht etwa für verfehlt, weil er zu zentralistisch ist, oder vielleicht meint jemand, weil er zu föderalistisch ist. Ich halte ihn für verfehlt, weil er ein Element des bisherigen Systems fortschreibt, nämlich das Bemühen um eine säuberliche, scharfe Trennung der Kompetenzen von Bund und Ländern. Und das ist ein System, das schon bisher gescheitert ist, das sieht man an den vielen Verfassungsbestimmungen, die man gebraucht hat, um dieses System zu korrigieren.

Im Text unserer Verfassung, oder jetzt im Text des Fiedler-Entwurfes ist Schule, ist Gesundheit eine Kompetenz. Und es geht um die Frage, ob dafür nur der Bund oder nur die Länder zuständig sein sollen. Das geht an der Realität des österreichischen Bundesstaates vorbei. Der österreichische Bundesstaat ist von jeher ein kooperativer Bundesstaat gewesen. Die Mängel seiner Verfassung liegen im Bereich der Kompetenzverteilung darin, dass sie gerade für diese Kooperation nicht den Rahmen setzt, sondern diesem kooperativen Gefüge eine strenge Kompetenztrennung vorgibt. Und der Entwurf Fiedler treibt das insofern noch auf die Spitze, als er diese Trennung nicht nur in der Gesetzgebung festschreibt, sondern sie in die Vollziehung hinein nimmt. So heißt es in diesem Entwurf: „Die Zuständigkeit zur Vollziehung folgt der zur Gesetzgebung.“

In einem kooperativen Bundesstaat – verzeihen Sie – geht es nicht darum, Sachbereiche, Materien zwischen Bund und Ländern fein säuberlich zu trennen, es geht darum, Aufgaben in einem qualitativen Sinne zu verteilen. Schule muss nicht rein Bundessache sein. Man muss sich einfach die Frage stellen: Welche Aufgaben soll in diesem Bereich der Bund erledigen, welche Aufgaben können in diesem Bereich die Länder erfüllen? Wenn die Frau Ministerin Gehrer noch da wäre, dann würde ich ihr sagen, ihr Konzept einer Kooperation zur Realisierung der Ganztagsschule hat weder im Fiedler-Entwurf noch im Länder-Entwurf eine Grundlage; ebenso wenig im ÖVP-Entwurf, den wir diskutiert haben, aber natürlich sollte Aufgabenverteilung in Österreich so funktionieren, wie das an diesem einen Beispiel gezeigt wurde. Darüber ist allerdings im Konvent nie diskutiert worden und konnte nicht diskutiert werden, weil die verschiedenen Aspekte des Föderalismus auf verschiedene Ausschüsse verteilt waren. Ein Ausschuss durfte nur Gesetzgebungskompetenzen diskutieren und in keiner Weise den Zusammenhang zwischen Gesetzgebung und Vollziehung. Und dass natürlich ein eminenter Zusammenhang auch noch mit den Finanzen besteht, ist genauso klar, aber auch das wurde wieder getrennt davon diskutiert.

Es gab im Konvent nicht die Möglichkeit, ein integrales, ein umfassendes Föderalismus-Konzept zu diskutieren. Es gab nicht die Möglichkeit, sich zu fragen und miteinander zu diskutieren, was Föderalismus in Österreich am Beginn des 21. Jahrhunderts bedeuten kann. Nur wenn man eine solche Diskussion führt und in einer solchen Diskussion einigermaßen einen Konsens findet, ist, so glaube ich, das Thema Bundesstaat neu lösbar.

Ich würde es schade finden, wenn an diesem Thema eine künftige Verfassung scheitern sollte. Denn was der Fiedler-Entwurf zeigt, das ist in meinen Augen ein Quantensprung in der österreichischen Verfassungsdiskussion, ist, dass es möglich ist, eine einheitliche Verfassungsurkunde zu realisieren. Das haben wir in der Lehre immer wieder gefordert, aber hier ist es sozusagen schwarz auf weiß dokumentiert, es ist an sich möglich.

Warum brauchen wir eine solche Verfassung, die in sich geschlossen ist? Es ist das die Voraussetzung dafür einmal, dass der Bürger sicher sein kann, überhaupt über einen vollständigen Verfassungstext zu verfügen. Natürlich wird nicht jeder Bürger aus dem Text heraus alle Probleme lösen können. Aber er kann ja heute nicht einmal sicher sein, ob überhaupt der Text, den er hat, ein vollständiger ist. Manches Mal geht es nicht nur dem Bürger, dem heute schon angesprochenen Bürger auf der Straße so, sondern auch Fachleuten.

Es ist aber eine Verfassungsurkunde, die Verfassungsänderungen nur innerhalb ihres Textes ermöglicht, auch die einzig wirksame Schranke dafür, dass man sich nicht, wenn die Mehrheit im Nationalrat dafür besteht, beliebig über die Verfassung hinwegsetzen kann. Diese Unzahl von Verfassungsbestimmungen sind natürlich ein bequemes Mittel der Politik. Das zu beseitigen ist eine Selbstbeschränkung der Politik. Aber das ist ja eigentlich die Funktion der Verfassung, der Politik Grenzen und Schranken zu setzen. Die geltende Verfassung leistet das nicht, wenn im Nationalrat die entsprechende Mehrheit da ist. Wissenschaftler haben, meines Erachtens zu Recht, ich habe natürlich auch dazu gehört, die Frage gestellt: Hat Österreich überhaupt eine Verfassung? Erfüllt diese Verfassung noch ihre Funktion?

Es gibt auch noch einen dritten Punkt, der vielleicht ein bisschen theoretisch klingt, aber, so glaube ich, auch wichtig ist: Man wirft dem Verfassungsgerichtshof oft vor, dass er keine klare und einheitliche Methodik der Interpretation hat. Er schwankt tatsächlich zwischen manchmal sehr formalistischen Interpretationen und manchmal sehr kühnen rechtsschöpferischen Entscheidungen. Nur: Diese Unsystematik der Verfassungsinterpretationsmethodik ist das inhärente Pendant zur mangelnden Systematik der Verfassung. Es ist das die richtige Antwort auf die bestehende Verfassungslage. Wenn wir also auch hier mehr Einheitlichkeit, mehr Systematik wollen, dann, so glaube ich, brauchen wir eine solche Verfassung. Das ist das Kernproblem. Natürlich ist es realistischer, ich stimme hier meinem Freund Jabloner zu, das, was im Konvent konsensual erarbeitet wurde, einmal in eine große Verfassungsnovelle zu verpacken und sich damit zufrieden zu geben.

Nur: Das Ziel eines Inkorporierungsgebotes kann man auf diese Weise nicht realisieren. Wir bleiben damit bei unserer Verfassung, die dann in den nächsten Jahrzehnten wieder auf bis zu 1 300 Verfassungsbestimmungen außerhalb des Stammtextes anwachsen wird. Ich glaube, dieses Ziel sollte man im Auge behalten. Noch einmal zur Bundesstaatsproblematik: Wenn diese Frage keine Lösung findet, dann, so meine ich, hat der Konvent in der Tat eines seiner Hauptziele verfehlt. –Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka (übernimmt den Vorsitz):   Danke vielmals. Prof. Öhlinger hat eine Rede von insgesamt fünf Professoren eröffnet. Ich darf als Nächstem Herrn Prof. Dr. Raschauer das Wort erteilen.

Dr. Bernhard Raschauer: Herr Vorsitzender! Hoher Konvent!

1994/96 hatten wir einen ausformulierten Verfassungstext als Ergebnis von Beratungen. Es war ein Verfassungstext, der Vereinfachungen in der Kompetenzverteilung, die Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung und die Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit gebracht hätte. Bedauerlicherweise konnte damals in letzter Sekunde Einigung nicht erzielt werden.

Der damalige Entwurf zur Verfassungsreform bildet aber zwangsläufig eine Messlatte für diesen Konvent. Dieser Österreich-Konvent müsste für gescheitert erklärt werden, wenn er uns alle nur tausende Personenstunden an Beratungen und begleitenden Besprechungen und Veranstaltungen gekostet hätte, und wenn er nur tausende Seiten Papier produziert hätte. In fünf, in zehn Jahren würde sich niemand mehr an Papier erinnern.

Es ist mir daher ein persönliches Anliegen, auch an dieser Stelle Präsident Fiedler Dank zu sagen, Dank dafür, dass er mit gewaltigem Einsatz diesen Konvent - für mich - gerettet hat, indem er aus den umfangreichen und inhomogenen Dokumenten der Ausschüsse einen Arbeitsentwurf für eine Verfassungsreform zuwege gebracht hat. Denn nach meiner Einschätzung ist sein Entwurf wahrscheinlich das Beste, was man in dieser Situation überhaupt irgendwie resümehaft zusammenstellen konnte. Für mich rechtfertigen aus heutiger Sicht, rückblickend betrachtet, nicht die tausend Seiten Papier, sondern erst dieser Entwurf die stundenlangen Sitzungen.

Fiedler war fairerweise bemüht, sich im Rahmen der durch die Ausschussdokumente gezogenen Grenzen zu halten. Sein Entwurf spiegelt daher die Inbalance, die Schieflage, unter der die ganzen Konventsberatungen gelitten haben, wieder. Auf der einen Seite das Anspruchsdenken. Vielfältig waren die Vorschläge – die Ausschüsse 1 und 4 wissen ein Lied davon zu singen –, die von mehreren Seiten gekommen sind, darüber, was der Staat alles leisten, sichern, gewährleisten soll – und das am Besten, wir haben es heute wieder gehört, einklagbar und ohne Rücksicht auf Finanzierbarkeit.

Ich bekenne mich zu sozialen Grundrechten. Aber man muss immer offen legen, dass sie etwas kosten. Wäre alles das, was an Vorschlägen eingebracht wurde, heute schon Inhalt des geltenden Rechts, dann bräuchte man sie ja nicht neu in der Verfassung verankern. Es geht also in dem ganzen Abschnitt um zusätzliche Staatsaufgaben und damit um zusätzliche Staatsausgaben. Nebenbei nur angemerkt: Auch die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit wird zusätzliche Kosten verursachen.

Dann müssen wir aber die Schieflage feststellen, dass der Entwurf, gebunden durch den Rahmen der Ausschussberichte, keine Vorschläge auf der anderen Seite, die dem korrespondieren würden, vorsieht. Wo sind die Initiativen zur systematischen Revision von Staatsaufgaben, zum Abbau von entbehrlich gewordenen Staatsaufgaben? Immerhin, es geht um die Finanzierbarkeit. Wo sind Initiativen zur Verwaltungsreform? Schon 1994/96 war die Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung – noch immer das prominenteste Beispiel von Doppelgleisigkeit der Verwaltung – vorgesehen gewesen. Der heute vorliegende Entwurf baut entsprechend dem Nullergebnis des Verwaltungsreformausschusses unverändert auf dem bürokratischen Modell der Verwaltung auf: Oberste Organe, nachgeordnete Ämter – die wird es auch in Zukunft geben. Aber man darf sie doch nicht als das Modell der Verwaltung der Zukunft in der Verfassung fixieren!

Keine Perspektive zum Aufgabenabbau! Das zu einer Zeit, in der der Verfassungsgerichtshof immer neue Kernaufgaben des Staates erfindet. Aus der Perspektive der Finanzierbarkeit unseres staatlichen Gemeinwesens ist eine solche Asymmetrie – auf der einen Seite neue Staatsaufgaben sehenden Auges in Kauf genommen, auf der anderen Seite nichts zum Rückbau der bisherigen – in meinen Augen nicht zu verantworten.

Eine Form der Entlastung des Staates kann in der verstärkten Betrauung von Selbstverwaltungskörpern liegen, wie uns das das Verwaltungsreformgesetz 2001 gezeigt hat. Die Bedeutung der Kammern im Staat und für den Staat ist tendenziell gestiegen. Bedauerlicherweise hat aber der Entwurf einen Ausschussvorschlag aufgegriffen, den man mit George Orwell’s Animal Farm in Verbindung bringen muss: „Alle Kammern sind gleich, aber einige Kammern sind gleicher“.

Kammern sollen zulässig sein, aber einige Kammern sollen verfassungsrechtlich gewährleistet sein. Man muss das gewissermaßen, meine Damen und Herren, als Startschuss für eine neue Diskussionsrunde um die Pflichtmitgliedschaft sehen. Über die Pflichtmitgliedschaft kann man durchaus offen diskutieren, aber dann, Sie werden verstehen, bitte in Bezug auf alle Kammern. Sie werden verstehen, dass für die Kammer der freien Berufe eine solche Zweiklassengesellschaft von Kammern völlig unvorstellbar ist, Kammern erster Wahl und Kammern zweiter Wahl.

Es ist mir aber ein Anliegen festzuhalten, dass der kritische Blick auf das Detail nicht den Blick auf das Ganze verstellen soll. Der Entwurf, der uns vor wenigen Tagen übermittelt wurde, ist ein Arbeitsentwurf, er kann die Grundlage für weitere Beratungen in parlamentarischen Gremien sein und er ist es wert, als solche Grundlage herangezogen zu werden. Wer je mit Politikberatung und mit der Erarbeitung von Gesetzentwürfen befasst war, kann abschätzen, welche Leistung auf dem Boden uneinheitlicher Vorgaben hier legistisch erbracht wurde.

Daher schließe ich nochmals mit meinem Dank, meiner Anerkennung an Präsident Fiedler und verabschiede mich auch von diesem hohen Gremium des Konvents. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals. –

Als Nächster Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes.

Dr. Gerhart Holzinger: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich habe in den letzten 19 Monaten sehr gerne in diesem Konvent mitgearbeitet, auch wenn oder vielleicht, weil es mitunter mühsam und arbeitsintensiv war. Ich möchte in dieser letzten Sitzung ein paar Bemerkungen zum Ergebnis des Konvents beziehungsweise zur Frage machen, wie es denn weitergehen könnte. Diese Bemerkungen sind vor allem von meinen Erfahrungen geprägt, die ich in der Vergangenheit mit Verfassungsreform-Projekten gemacht habe.

Es ist, das ist heute bereits mehrfach angesprochen worden, vor allem in der Medienberichterstattung der vergangenen Wochen und Monate vielfach davon die Rede gewesen, dass dieser Konvent zu scheitern drohe beziehungsweise bereits gescheitert sei. Ich gehöre zu denen, die diese Einschätzung nicht für richtig halten, und im Übrigen auch nicht für fair. Meiner Auffassung nach hat der Konvent die ihm übertragene Aufgabe sehr wohl erfüllt. Das Ergebnis, und damit meine ich schon diese 1 000 Seiten insgesamt, ist respektabel und es entspricht vor allem dem, was man fairerweise von diesem Konvent erwarten konnte.

Dazu ist es notwendig sich in Erinnerung zu rufen, dass es nicht Aufgabe des Österreich-Konvents sein konnte, eine neue österreichische Verfassung zu schaffen. Diese Aufgabe muss den dafür von verfassungswegen zuständigen Organen vorbehalten bleiben, dem Nationalrat und dem Bundesrat im Besonderen, und damit den in diesen Organen vertretenen Fraktionen.

Dem gegenüber konnte es dem Österreich-Konvent nur obliegen, Vorschläge für eine geänderte, nämlich in den als reformbedürftig erachteten Punkten verbesserte Verfassung zu erstatten. Und diese Aufgabe hat er, wenn man sich das nunmehr vorliegende Ergebnis vor Augen hält, sehr wohl erfüllt. In der mittlerweile sehr langen Reihe von Verfassungsreform-Projekten in Österreich ist das des Österreich-Konvents sicher das umfassendste und das ambitionierteste. Noch nie ist mit so viel Aufwand analysiert worden, in welchen Punkten die österreichische Bundesverfassung reformbedürftig ist, und welche – allenfalls auch alternativen – Lösungsvorschläge es dafür gibt.

Richtig ist freilich auch, dass die Mitglieder des Österreich-Konvents in einer ganzen Reihe von Punkten keinen Konsens erzielen konnten. Das ändert aber aus meiner Sicht nichts daran, dass mit dem vorliegenden Beratungsergebnis der Verfassungsgesetzgeber in die Lage versetzt wird, die von ihm für erforderlich gehaltenen Reformen nach seinen verfassungspolitischen Vorstellungen – auf Basis Lösungsvorschläge des Österreich-Konvents – zu realisieren. Dass es dazu eines breiten politischen Konsenses bedarf, ist ebenso evident wie der Umstand, dass der Österreich-Konvent diesen Konsens der maßgeblichen politischen Kräfte aus vielerlei Gründen nicht substituieren kann und könnte.

Den politischen Willen zur Reform der österreichischen Verfassung vorausgesetzt, würde das nunmehr vorliegende Beratungsergebnis des Österreich-Konvents eine brauchbare Basis dafür bieten, in den essentiellen Fragen der Verfassungsreform Fortschritte zu erzielen. Ich möchte das an drei Beispielen, die aus meiner Sicht zu den Angelpunkten jeder Verfassungsreform in Österreich zählen, deutlich machen. Und zwar an den Punkten formale Bereinigung des Verfassungsrechts, Grundrechtsreform und Reform der Staatsorganisation.

Zum Ersten: Gerade die Beratungsergebnisse im Österreich-Konvent zum Thema "Bereinigung und formale Vereinfachung des Bundesverfassungsrechts" sind in hohem Maße konsensual und daher, was die Chance für ihre verfassungspolitische Umsetzung betrifft, auch besonders Erfolg versprechend. Nun weiß ich schon, dass dazu verschiedentlich kritisch bemerkt wird, eine formale Bereinigung der Verfassung, die Reduzierung dieser 1 300 Verfassungsbestimmungen auf ein vernünftiges Maß, das allein sei noch keine Verfassungsreform, das bringe dem Bürger nichts. Das ist einerseits insoweit richtig, als die formalen Mängel der Verfassung nicht die einzigen sind, die ihr anhaften. Auf der anderen Seite ist aber anzuerkennen, dass mit einer formalen Bereinigung der Verfassung ein wesentliches Anliegen der Verfassungsreform verwirklicht wäre. Mit einigem guten Willen wäre es möglich, auf Basis der dazu erstatteten Vorschläge des Österreich-Konvents zu einer Reform der Verfassung in diesem Punkt zu gelangen. Man sollte meines Erachtens diesen möglichen Reformerfolg weder gering schätzen, noch klein reden, sondern ihn schlicht und einfach realisieren, und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit die Reform auch in anderen Punkten gelingt.

Zum Zweiten, zur Grundrechtsreform: Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte zum Teil im Grundsätzlichen, zum Teil in Einzelfragen, sind doch die Beratungen im Österreich-Konvent zur Grundrechtsreform und insbesondere zur Schaffung eines genuin österreichischen Grundrechtskataloges wesentlich weiter fortgeschritten als die diesbezüglichen Bemühungen in der Vergangenheit, wenn ich etwa an die rund 30 Jahre währende Grundrechtsreform denke. Auch in dieser Hinsicht böte also das vorliegende Ergebnis der Arbeiten des Konvents eine gute Basis für die notwendige politische Konsensfindung.

Und zum Dritten: In der Frage der Neugestaltung der Staatsorganisation, im Besonderen, was das Bund-Länder-Verhältnis betrifft, haben die Beratungen im Österreich-Konvent – so wie die diesbezüglichen Bemühungen in der Vergangenheit –gezeigt, dass eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte offenbar sehr schwierig ist. Ungeachtet dessen gibt es aber auch in diesem Bereich durchaus realisierbare Reformperspektiven. So etwa die Schaffung einer dezentralisierten Verwaltungsgerichtsbarkeit, über die weitgehender Konsens besteht, verbunden mit einer geradezu radikalen Vereinfachung der Verwaltungsstruktur, wenn man, dem Beratungsergebnis des Österreich-Konvents folgend, künftig nur mehr eine Verwaltungsinstanz vorsieht, deren Entscheidungen eben durch die dezentralisierte Verwaltungsgerichtsbarkeit überprüft werden. Wenn man dabei in Betracht zieht, dass auf diese Weise zahlreiche Sonderverwaltungsbehörden obsolet würden, so würde allein die Verwirklichung dieses Reformvorschlages eine deutliche Vereinfachung der Behördenstruktur bedeuten und einen nicht hoch genug einzuschätzenden Fortschritt gegenüber dem Status quo bedeuten. Ich weiß schon, dass damit allein die bestehenden Probleme der Staatsorganisation in Österreich noch nicht gelöst wären und insbesondere im Bereich der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung auf dem Gebiet der Gesetzgebung auch im Österreich-Konvent eine wirkliche Annäherung der Standpunkte nicht zu erreichen war. Das sollte aber den Verfassungsgesetzgeber meines Erachtens nicht hindern, dort, wo konsensfähige Reformvorschläge vorliegen, den möglichen Reformerfolg auch zu lukrieren.

Mir geht es vor allem darum, an diejenigen zu appellieren, die es in weiterer Folge in der Hand haben, dieses Beratungsergebnis im Österreich-Konvent in verfassungsrechtliche Regelungen umzusetzen: Auch wenn – was meines Erachtens von vornherein unrealistisch war – ein umfassender Konsens zu allen nur denkbaren Reformüberlegungen nicht erzielt werden kann, sollte das so weit gediehene Reformprojekt jedenfalls zu Ende geführt werden – und zwar nicht im Sinne des "Alles und nichts", sondern nach dem Motto "So viel wie möglich". Danke sehr, meine Damen und Herren.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals, Herr Professor.

Als Nächster zu Wort gemeldet DDr. Grabenwarter, ich erteile ihm dieses.

DDr. Christoph Grabenwarter: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Ich möchte zum Abschluss der Konventsarbeit zu drei Fragen Stellung nehmen, die heute auch im Zentrum der Diskussion stehen. Erstens: War es gut, dass der Konventspräsident einen Gesamtentwurf vorgelegt hat? Zweitens: Wie ist er zu bewerten? Und drittens: wie könnte es weitergehen?

Der Konventsentwurf von Präsident Fiedler, und in diesem Punkt teile ich die Einschätzung von Öhlinger und Raschauer weitgehend, scheint mir ein logischer Schritt gewesen zu sein. Ich sage es aus der Perspektive des Grundrechtsausschusses, in dem uns der Blick auf das bis zum Schluss gefehlt hat: Es kommt irgendwann in der Beratung über ein Gesetzeswerk der Punkt, wo man einmal sehen muss, ob es neben den vielen Bäumen auch einen Wald gibt. Also glaube ich, dass es gut ist, dass es jetzt einen solchen Entwurf gibt, und man mag ihn getrost als Arbeitsentwurf bezeichnen, um darin nicht ein politisches Manöver zu erblicken. Ich glaube auch, dass ein Entwurf dieser Art durchaus früher hätte kommen können, damit eine längere Zeit der Diskussion noch auf der Ebene des Konvents geschehen kann, aber das ist ja möglicherweise noch auf anderer Ebene nachzuholen.

Die zweite Frage der Bewertung: Mit seinen 298 Artikeln und einem eigenen Verfassungsübergangsgesetz bildet dieser Entwurf eine beachtliche kodifikatorische Leistung, die über weite Strecken auch gelungen ist. Wenn ich auf Einzelheiten ohne Anspruch auf Ausgewogenheit eingehe, so fällt am Beginn auf, dass der vor gut einem Jahr eingebrachte Präambelentwurf, ich darf es in der Abwesenheit des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten etwas scherzhaft formulieren, durch die Mühlen der Rechnungshofkontrolle gegangen ist, und viele im Saal werden mir zustimmen, dass dieser Vorschlag nun die Kriterien der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit erfüllt. Auch das erste Hauptstück enthält die nötigen Grundsatzbestimmungen, auf die natürlichen Lebensgrundlagen etwa wurde hingewiesen. Möglicherweise würde dieser Entwurf, würde er dereinst Verfassungsgesetz werden, die erste Verfassung weltweit sein, die bereits in ihrem elften Artikel eine Verfassungsgarantie der staatlichen Forstbetriebe enthält.

Das zweite Hauptstück, das hat mein Vorredner ausführlich beleuchtet, bildet wohl eines der Herzstücke des Entwurfs mit 55 Grundrechtsartikeln – übrigens ähnlich lang wie die Europäische Grundrechtecharta, nun ebenfalls Teil II der Europäischen Verfassung. Auch hier würde ich meinen, dass eine positive Einschätzung dem gerecht wird, wobei man eben dazu sagen muss, der Entwurf basiert weitgehend auf Sozialpartnereinigungen, auf Ausschusseinigungen und vor allem, das ist der Öffentlichkeit immer etwas unterbelichtet geblieben, auf einer sehr tief gehenden Diskussion und weitgehenden Einigung im Präsidium.

Herr Volksanwalt Kostelka hat darauf hingewiesen, es wurde in den zentralen Bereichen der sozialen Grundrechte Konsens erzielt, ein Konsens, der vor nicht allzu langer Zeit nicht vorstellbar war. Dort, wo kein Konsens da ist, und das erschließt sich bei genauerer Lektüre des Grundrechtskatalogs, hat man ein wenig den Eindruck, dass der Autor des Entwurfs nach dem goetheschen Theaterdirektor vieles bringen wollte, um manchem etwas zu bringen. Ich glaube, dass hier noch erheblicher Feinschliff erforderlich ist – jetzt ist nicht der Zeitpunkt, die Details auszubreiten. In einer Gesamtbilanz dieses Teils des Entwurfs möchte ich festhalten, dass er im Aufbau besser und im Inhalt weitergehend ist, als die jüngst in die Europäische Verfassung integrierte Grundrechtecharta. Er bedeutet einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem Status quo, insbesondere im Bereich der sozialen Rechte, und er übersteigt in seiner Qualität wohl alle Ergebnisse, die die Grundrechtsreformkommission der letzten 40 Jahre erzielt hat.

Auch die Ergebnisse des Ausschusses 2 sind zu nennen, sie haben den Fiedler-Entwurf überhaupt erst denkbar gemacht. Seine Bereinigungsarbeit hat das vielfach ausgesprochene Lob mehr als verdient. Auch das 7. Hauptstück des Entwurfs zur Gerichtsbarkeit präsentiert sich in modernerem Gewande, auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde bereits eingegangen. Die offene Flanke des Entwurfs bildet zweifelsohne die Kompetenzverteilung. Hier werden wohl die Vertreter der Gebietskörperschaften am Zug sein, der Konvent hat hier mit Sicherheit seine Kraft erschöpft.

Meine Damen und Herren! Wie soll es weitergehen? Im oberen Murtal befindet sich zurzeit die Baustelle einer Rennstrecke, die meine Landsleute sehr bewegt. Man kann diese mit der Konventsbaustelle vergleichen und anhand dieses Vergleichs die Perspektiven der Verfassungsreform skizzieren. Es gibt zwei Möglichkeiten, nämlich erstens, die Möglichkeit, geistigen Rückbau zu betreiben und alles so zu belassen und wiederherzustellen, wie es war und ist. Das wäre, auf die Verfassungsreform bezogen, anlagenrechtlich die Nullvariante. Zweitens gibt es die Möglichkeit, den Fiedler-Entwurf insbesondere im Kompetenzverteilungsabschnitt umweltverträglich zu machen und in die ideologischen Grenzwerte zu bringen. Es wäre schön, könnten sich jene, die an den Hebeln sitzen, zur zweiten Projektvariante oder einer Variante davon durchringen, egal ob sie nun im Regierungsbagger kräftig umgraben oder im Oppositionskran den Überblick bewahren. Verleihen Sie, meine Damen und Herren, dem Projekt Verfassungsreform getrost Flügel. Nicht wenige erwarten es von Ihnen. Vielen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Wortmeldung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Dr. Wiederin, ebenfalls Professor. Ich darf ihm selbiges erteilen.

Dr. Ewald Wiederin: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!

Ich möchte zunächst zu zwei Themenbereichen des umfangreichen Berichts Stellung beziehen, die mit meiner Mitgliedschaft in zwei Ausschüssen in Verbindung stehen, und sodann zum Schluss eine Art Bilanz versuchen, und ich hoffe, Sie sehen es mir nach, dass diese Bilanz etwas persönlicher und weniger staatstragend ausfallen wird.

Der erste Punkt, den ich ansprechen will, betrifft den Bundesstaat. Er hat sich einmal mehr als unreformierbar erwiesen. Wir haben im Ausschuss 5 zunächst ein halbes Jahr lang mit großem Elan an einem Modell gebaut, das in weiterer Folge als Drei-Säulen-Modell grundsätzlich von allen Seiten akzeptiert worden ist. Ab März 2004 haben sich allerdings die Beratungen im Kreis gedreht. Dass wir in der Sache nicht weitergekommen sind, sieht man dem Bericht auch an: Varianten über Varianten. Ich habe deshalb jede Hoffnung verloren, dass in der Bundesstaatsreform irgendetwas weitergehen könnte, aber angesichts des Entwurfs des Vorsitzenden doch wieder Hoffnung geschöpft. Ich muss diesen Entwurf gerade in seinen Kompetenzverteilungsartikeln verteidigen, in denen er ansonsten von den meisten Seiten vehement kritisiert worden ist.

Der Entwurf führt erstens Gesetzgebungsverantwortung und Vollzugsverantwortung in einer Hand zusammen. Das ist nicht zuletzt deshalb vernünftig, weil Artikel 11 B-VG eine Fülle von Sonderverfassungsrecht nach sich gezogen hat, das wir bereinigen müssen.

Zweitens hält dieser Entwurf auch in der dritten Säule am Grundsatz fest, dass die Verantwortungen getrennt bleiben. Bis auf den Vermittlungsausschuss gibt es keine Blockademöglichkeiten. Das halte ich vor dem Hintergrund der Entflechtungsdiskussion, die die Bundesrepublik Deutschland im Zuge ihrer Föderalismusreform gerade führt, für einen Vorteil. Demgegenüber nehmen sich die Kompetenzverteilungsentwürfe der beiden Großparteien und der Länder wie ein Versuch aus – ich pointiere es ein wenig –, die Unverantwortlichkeit zu organisieren.

Drittens wahrt der Entwurf Flexibilität, sowohl in der Gesetzgebung, indem er die dritte Säule als Bedarfskompetenz ausgestaltet und indem er in ihr die Generalklausel ansiedelt, als auch in der Vollziehung.

Viertens macht der Entwurf mit dem Anliegen Ernst, möglichst abgerundete neue Aufgabenfelder zu schaffen, die ihre eigene Teleologie entfalten sollen. Wenn wir uns zu diesem Ziel bekennen, dann bedeutet das, dass wir auch bereit sein müssen, Unsicherheiten in Kauf zu nehmen. Wenn wir die Inhaltsbestimmung der neuen Aufgabenfelder allein im Wege der Zuordnung der bisherigen Kompetenztatbestände vornehmen, dann kumulieren wir die Nachteile beider Welten, weil wir die Fehler des alten Systems in das neue mitschleppen.

Wo Schatten ist, da ist meist auch Licht. Wenn der Ausschuss 5 in der zweiten Phase der Beratungen Nacht war, dann war der Ausschuss 2 Tag. Dort sind in der Strukturreform und bei der Verfassungsbereinigung Fortschritte erzielt worden, die ohne weiteres umsetzbar sind und die wir auch umsetzen sollten, wenngleich manche Punkte ohne Zweifel deshalb gefährdet sind, weil sie mit der ungelösten Föderalismusproblematik zusammenhängen. Aber im Bereich der Staatsverträge und im Bereich der europäischen Integration, so glaube ich, hat der Ausschuss Vorschläge erstattet, die es Wert sind, verwirklicht zu werden.

Nachdenklich geworden bin ich hingegen beim Inkorporationsgebot. Der Fiedler-Entwurf zeigt, dass es nur sehr relativ konzipiert sein kann: Es wimmelt von Trabanten. Ich habe den Eindruck, dass wir Gefahr laufen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wenn ich mir ausmale, dass all das, was das Parlament während der Arbeit des Konvents an Verfassungsrecht produziert hat, in den Fiedler-Entwurf integriert werden muss, und wenn ich mir vorzustellen versuche, wie eine neue Verfassung in 50 Jahren aussehen wird – sie wird nicht wieder zu erkennen sein –, dann kommen mir Zweifel, ob wir für ein Inkorporationsgebot schon reif sind. Ich glaube, wir sollten uns einen Zwischenschritt als Alternative überlegen. Es könnte genügen, zwar Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen zu verbieten, Bundesverfassungsgesetze – und damit beispielsweise einen neuen Grundrechtskatalog – hingegen weiterhin zuzulassen.

Ich komme zu einem persönlichen Resümee. Ich habe die Mitgliedschaft im Konvent aus der Überzeugung heraus angenommen, dass unser B-VG 1920 eine gute Verfassung darstellt, und ich habe meine Aufgabe primär darin gesehen, ihre Substanz zu erhalten. Ich bin mit anderen Worten als Systemverteidiger gestartet. Zu meiner großen Überraschung habe ich mich aber im Lager der Revoluzzer unter jenen Leuten wieder gefunden, die bereit waren, am weitesten zu gehen und am meisten in Frage zu stellen.

Der Bericht erlaubt uns heute eine Bilanz, indem er uns einen Spiegel vorhält. Die geleistete Arbeit ist beachtlich. Und doch: Es ist Reformarbeit, es ist Systemoptimierung, es ist Bereinigung. Es ist alles Mögliche, nur eines ist es nicht: Es ist keine Verfassunggebung. Es gibt keine grundlegend neuen Entwürfe, und es gibt schon gar keine großen Würfe. Wir haben, wie schon gesagt worden ist, Material für die Renovierung unserer Verfassung – eines schönen Altbaus – gesammelt, wir haben mit dem Endbericht einen wirklich wertvollen Steinbruch für B-VG-Novellen vor uns. Aber es ist ein Umbauprojekt geblieben, weil im Grunde allen Beteuerungen zum Trotz, die wir auch heute wieder gehört haben, niemand eine neue Verfassung will.

Wenn man Politiker nicht nach ihren Worten beurteilt, sondern nach ihren Taten, dann ist erstaunlich, dass 18 Monate nach Beginn des Konvents noch kein Gesamtentwurf vorlag. In der Phase 1919/1920 gab es in kürzester Zeit zwanzig Entwürfe. Dass wir heute einen einzigen vor uns haben, ist der Beharrlichkeit des Vorsitzenden zu verdanken, der ihn, wie heute schon gesagt worden ist, in einer Art Geschäftsführung ohne Auftrag veranstaltet hat. Ich möchte meinen Vorrednern in der Einschätzung beipflichten, dass der Entwurf der Konventsarbeit insgesamt schmeichelt, weil er aus den Konventsergebnissen das Beste gemacht hat. Das gilt vor allem in handwerklicher Hinsicht: Der Entwurf fällt dort legistisch ab, wo er die Vorschläge der Ausschüsse eins zu eins übernimmt.

Aber selbst wenn wir uns in diesem schmeichelhaften Spiegel betrachten und selbst wenn wir ohne Vorbehalte anerkennen, dass es sich um eine gute Kodifikationsleistung, um einen sehr respektablen Wiederverlautbarungsentwurf handelt, müssen wir uns eines eingestehen. Es ist keine Verfassung für das 21. Jahrhundert. Es fehlt an sachlicher Innovation, es fehlt am Willen zur Reduktion, und es fehlt vor allem an Bürgernähe im sprachlichen Bereich: Spätestens nach Lektüre des Artikels 16 Abs. 13 ist die letzte Bürgerin eingeschlafen. Dass es strukturell und institutionell weitgehend beim Alten geblieben ist, kann man selbstverständlich so oder so bewerten. Ich will das hier auch gar nicht weiter kommentieren, sondern nur eines festhalten: Inhaltliche Quantensprünge, die den Übergang zu einer neuen Verfassung sachlich rechtfertigen würden, sehe ich keine. Im Jahre 1934 gab es sie, heute gibt es sie nicht.

Jedes Land hat bekanntlich die Verfassung, die es verdient. Österreich hat eine Verfassung, die an ihren Rändern schlecht ist. Dieses Problem können wir lösen, indem wir die Ergebnisse des Ausschusses 2 umsetzen. Wir haben aber auch eine Verfassung, die im Kern gut ist. Diesen Kern, d.h. das B-VG 1920, sollten wir stärken, statt ihn zu ruinieren.

Im erklärten Versuch, es abzuschaffen, haben wir das B-VG 1920 besser kennen gelernt und es teilweise auch besser verstehen gelernt. Totgesagte leben bekanntlich länger. Das B-VG 1920 ist die älteste republikanische Verfassung Europas, und es hat sich in unserem Kreis als ganz erstaunlich vital erwiesen. Ad multos annos!

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Wortmeldung.

Als nächste Dr. Claudia Kahr, Mitglied des Verfassungsgerichthofes und Mitglied des Konvent-Präsidiums.

Dr. Claudia Kahr: Ich glaube mein Einstieg ist: 18 Monate sind tatsächlich genug. Es war die Diskussion von Peter Kostelka im Raum: Depression oder Euphorie. Ich persönlich stehe dazu: Ich bin euphorisch, wenn ich heute hinausgehe und sagen kann, das Projekt Konvent ist für mich heute vorerst einmal erledigt.

Ich habe mich im Präsidium des Österreich-Konvents immer dafür eingesetzt, dass die Arbeiten, die in allererster Linie in den einzelnen Ausschüssen geleistet wurden, sozusagen "ins Ziel gebracht werden". In diesem Sinn schätze ich den Fiedler-Entwurf ganz anders ein als meine Vorredner. Ich war größter Sorge, aber ich hoffe, es wird sich nicht bewahrheiten, dass dieser Fiedler-Entwurf, also der Entwurf des Vorsitzenden, letztlich dazu führt, dass die Arbeiten des Konvents abgewertet werden. Weil in der Welt, in der wir leben, ist es klar, dass jeder primär auf diesen neuen, wunderbaren Fiedler-Text starrt, aber nicht mehr darauf schaut, was eigentlich in den Ausschüssen passiert ist.

Und der Fiedler-Entwurf basiert auf einer komfortablen Situation. Ich habe öffentlich gesagt, ich halte es für eine respektable Leistung, insbesondere auch der Mitarbeiter des Büros, aber es ist eben komfortabel, wenn man im Alleingang bei Ungelöstem etwas autistisch niederschreibt und selbst den Konsens nicht suchen muss, aber dort, wo der Konsens 18 Monate lang gesucht und gefunden wurde, das einfach übernimmt. Das Niederschreiben ist einfacher als der politische Prozess, der dazu führt, dass man eine Position erarbeitet, eine gemeinsame Position findet und sie dann erst niederschreibt.

In diesem Sinn halte ich den Fiedler-Entwurf zwar für ehrgeizig, mutig – es ist vieles gesagt worden, er ist da und wird weiterhin da sein; aber für mich als Mitglied des Präsidiums lege ich Wert darauf festzuhalten, dass in den Ausschüssen viel verfassungspolitischer Änderungsbedarf geortet wurde, diskutiert wurde, wo muss die Verfassung modernisiert werden, aber dann auch unterschiedliche Wege, wie man die Modernisierung erreicht, aufgezeigt wurden, und dass im Bericht diese Positionen dokumentiert sind. Das ist das Konventsergebnis, nicht der Fiedler-Entwurf.

Persönlich freue ich mich auf die Diskussion im Nationalrat, weil die Verfassung ist kein Selbstzweck, die Verfassung schreibt gesellschaftspolitische Konsense nieder. Und hinter jeder Position verbirgt sich eine politische Haltung, da kann man sich, auch wenn man Experte ist, nicht darüber hinwegtäuschen: Gerade wenn es darum geht, Neues zu schaffen, verbergen sich dahinter Haltungen.

Raschauer-Beispiel Staatsaufgaben: Welche Rechte ich dem Bürger in dieser Republik Österreich gegenüber dem Staat einräume und welche Rechte ich dem Staat gegenüber dem Bürger einräume, das sind durchaus politisch, welt-, gesellschaftspolitisch ganz unterschiedliche Sichtweisen, die sich dahinter verbergen. Und ich glaube, man kann und man soll sich auch nicht über diese unterschiedliche Darstellung der unterschiedlichen Positionen hinwegschummeln. Der Staatsbürger hat ein Recht darauf, zu wissen, mit wem er es zu tun hat.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine lebhafte, transparente und inhaltlich wertvolle Diskussion im Rahmen des Verfassungsausschusses. Und ich persönlich war immer optimistisch, und bin es auch nach wie vor: Es sind so viele Ansätze, und es ist so viel Material da, dass ich glaube, dass wir irgendwann,  in absehbarer Zeit eine neue und kodifizierte Verfassung haben werden.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Herzlichen Dank für diese Wortmeldung.

Als Nächster: Generalsekretär des Städtebundes, Dipl.-Kfm. Erich Pramböck.

Dipl.-Kfm. Erich Pramböck: Geschätzter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Auch ich möchte mich zum Beginn meiner Ausführungen für die geleistete Arbeit in den Ausschüssen, im Plenum, im Präsidium und auch im Bereich des Österreich-Konvent-Büros bedanken, ich möchte mich aber auch bedanken bei den Städten und Gemeinden, den Magistratsdirektoren, die in zwei Arbeitsgruppen im Rahmen des Städtebundes sehr viel Input geleistet haben für die Vorschläge, die wir als Städtebund eingebracht haben, und mein Dank geht auch an die Mitarbeiter im Städtebund-Sekretariat selbst. Wir haben versucht – und ich glaube, das ist gelungen –, eine aktive Rolle hier mit einzunehmen.

Das, was schon gesagt wurde, ist auch der Eindruck von uns – die umfassendste Verfassungsanalyse –, und wir haben eine gute Chance, dass wir damit Verfassung weiterentwickeln, nämlich auch im Sinne einer stärkeren Effizienz aus der Sicht der Gemeinden heraus, einer stärkeren demokratischen Struktur und damit auch die Gemeinden und Städte in diesem Jahrhundert zu einer Basis machen für die Bürger, in der sie sich wohl fühlen und die Gemeinde entsprechende Leistungen effizient, bürgernah erbringen kann – das ist das Ziel. Es war das Ziel all unserer Vorschläge und es wird es auch sein, wenn es zu weiteren parlamentarischen Beratungen kommt, dass wir in diesem Sinne unser Wissen und unsere Erfahrung und unsere Expertise mit einbringen.

Ich möchte aber doch dazusagen, dass dem Gemeindebereich im Verhältnis zu anderen Fragen in diesem Konvent doch relativ wenig Umfang und Bedeutung beigemessen wurde. Vielleicht liegt es daran, dass wir eine relativ moderne Gemeindeverfassung haben – aus 1962 –, das wäre das Eine, aber auch vielleicht, weil der Gemeindebereich als unterste, wenngleich bürgernächste Ebene, doch etwas geringer eingeschätzt wird in der Bedeutung – ich kann es nicht genau sagen, ich stelle es fest. Ich hoffe, dass wir in den künftigen Beratungen noch die Möglichkeit haben, das etwas aufzuholen.

Einige Punkte in den Beratungen sind schon sehr interessant, glaube ich, für die Entwicklung unseres Staatsganzen, etwa die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit. Hier wurde auch konsensual festgestellt, dass Änderungsbedarf besteht, um effizienter, kostengünstiger bei gleichzeitiger Bürgernähe agieren zu können. Allerdings müssen wir auch sagen, dass eine stärker darüber hinaus gehende Diskussion über eine Neuordnung der kommunalen Strukturen nicht stattgefunden hat. Manche werden hier auch sagen, es wäre mehr drinnen gewesen, wenn man von einem grundsätzlich neuen Verfassungsentwurf sprechen würde.

Und es hat sicherlich der Mut gefehlt, die tatsächlichen Änderungen in der kommunalen Landschaft manchmal auch durch die Abbildung in der Verfassung zur Kenntnis zu nehmen. Wir hören doch immer wieder, dass Städte und Gemeinden – vor allem die größeren – die Motoren der Wirtschaft sind, dass ihre Investitionen die Voraussetzung sind auch für private Investitionen und dass sie gleichzeitig bei der Bürgernähe einfach ein großes Maß an Effizienz haben.

Um diese ökonomische und demokratiepolitische Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, hätten wir uns allerdings schon vorgestellt, dass einige Rahmenbedingungen noch geändert werden und adaptiert werden. Mir geht es darum, dass die Städte über 10 000 Einwohner doch etwas mehr Rechte bekommen, ganz einfach, weil sie leistungsfähig genug sind für die Bürger und auch für die Wirtschaft und auch Funktionen der Bezirksverwaltungsbehörden an sich ziehen können im Sinne einer möglichst raschen und flexiblen Leistung im Rahmen ihres Gemeindegebietes.  Leider fand diese Forderung keine Zustimmung, wir würden sie aber nach wie vor einbringen in die Diskussion, weil wir sie aus Effizienzgründen und Flexibilitätsgründen für eine ganz notwendige und wichtige halten.

Dagegen finden wir auf der anderen Seite in diesem – wenn ich nur kurz zum Fiedler-Entwurf sprechen kann – weitere Kontrollen, die nicht so sehr in Richtung Effizienz gehen, wie wir das aus Gemeindesicht sehen, sondern, wenn Städte und Gemeinden unter 20 000 Einwohner nicht nur von den Ländern – von den Gemeindeabteilungen der Länder –, sondern auch noch vom Rechnungshof geprüft werden sollen, dann ist das nicht unbedingt von vornherein eine effizienzstärkende Maßnahme.

Und ein ganz wichtiger Punkt sind die finanziellen Rahmenbedingungen für die Städte und Gemeinden. Im Konvent gab es zwar das grundsätzliche Bekenntnis zur Gemeindeautonomie – das haben wir auch sonst immer wieder –, wenn es aber um die Sicherung der nötigen Mittel geht und einer Betrachtungsweise der Finanzierung von der Basis her, dann stellt sich sehr rasch eine sehr geringe Diskussionsbasis ein. Die Forderung – wir fanden uns hier auch im Einvernehmen mit den Ländern – nach einer echten und durchsetzbaren Parität zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, wenn es um die Finanzmittel-Ausstattung geht, da sind wir auf eine Gruppe der Zentralisten gestoßen und wir sind hier sowohl im Österreich-Konvent im Ausschuss 10 als auch im Fiedler-Vorschlag mit Null konfrontiert, nämlich mit einem Null-Ergebnis konfrontiert.

Ich glaube, wir müssen das deutlich sagen: Wollen wir die finanzielle Basis der nachgeordneten Gebietskörperschaften – man könnte sie auch vorgeordnete Gebietskörperschaften nennen, weil sie ja näher beim Bürger sind – stärken und sichern, dann sollten wir hier ehrlich auch über die Finanzfrage sprechen.

Es ist ja sogar so im Fiedler-Vorschlag, dass der Stabilitätspakt, den wir bisher ausgehandelt haben auf freiwilliger Basis, plötzlich in eine Form gekleidet würde, die dem Bund die Möglichkeit einräumt, einseitig Sanktionen aufzuerlegen – und das, bitte, obwohl keine Notwendigkeit dazu besteht: Die Gemeinden haben ihre Stabilitätsverpflichtungen in den letzten Jahren immer erfüllt.  Hier kann man doch nur von einem überschießenden Zentralismus sprechen! Für einen kooperativen Bundesstaat ist solch ein Vorschlag nicht wirklich akzeptabel und würdig. Nicht einmal für eine Verhandlungspflicht in der Finanzverfassung hat es gereicht!

Meine Damen und Herren! Ich möchte sagen: Manchmal hat doch der Mut sehr stark gefehlt, eine neue Struktur, die demokratiedurchflutet ist und die auch effizienzdurchflutet ist, vorzunehmen und vorzuschlagen. Vielleicht wird es uns eine weitere Runde in den parlamentarischen Beratungen sehr wohl ermöglichen, dass wir eine solche Verfassung schaffen. Es gibt natürlich sehr viele positive Ansätze – ich möchte die ausdrücklich erwähnen: Die Frage der Daseinsvorsorge ist für die Gemeinden eine ganz wichtige.

Wir sehen auch in zwei Vorschlägen auch im Fiedler-Entwurf, die natürlich auch im Konvent beraten wurden, aber hier noch einmal jetzt gewissermaßen akzentuiert sind, einen enormen Fortschritt, nämlich bei der Flexibilisierung der Gemeindeverbände über Bezirksgrenzen hinaus, über Landesgrenzen hinaus – ich halte das für sehr, sehr gut – und vor allem bei den so genannten Verwaltungsvereinbarungen, wo Gemeinden, zwischen Gemeinden, zwischen Ländern und Gemeinden, Städte mit dem Umland auch über behördliche Angelegenheiten Vereinbarungen schließen können – das ist sicherlich etwas, das effizient und effizient ist bei gleichzeitiger Bürgernähe.

Ich möchte noch einmal kurz sagen: Die Zeit der letzten 18 Monate war zweifellos keine vertanene Zeit, ich möchte aber an alle appellieren, die in Zukunft Beratungen durchführen, dass wir etwas noch Zusätzliches an Mut einbringen. Ich glaube, es wird uns gelingen, auch die Gemeinden als bürgernächste Ebene noch effizienter zu machen bei gleichzeitiger Erhaltung der Bürgernähe. Und der Städtebund ist außerordentlich gerne bereit, nein, er sieht es geradezu als eine Aufgabe an, daran mitzuwirken an einer solchen neuen Regelung und Struktur, mit der wir ins neue Jahrzehnt oder in das neue Jahrhundert auch hineingehen können. – Vielen herzlichen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Wortmeldung, Herr Generalsekretär.

Als Nächster der Präsident des Vorarlberger Landtages, Präsident Gebhard Halder; ich darf ihn um seine Wortmeldung ersuchen.

Gebhard Halder: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Wenn man so eine Reihe von Wortmeldungen hört, nicht die letzte, und eindringlich gesagt wird, wie hinderlich dezentrale Lösungen sind, dann frage ich mich, warum wir nicht das Armenhaus Europas sind. Wir gehören zu den reichsten Ländern in Europa und der Welt, und wir werden auch in Zukunft dazu gehören. Auch wenn – oder vielleicht gerade – dezentrale Lösungen Bestandteil einer österreichischen Verfassung sind.

Im Bericht – natürlich findet man viele Hinweise, dass eine intensive Auseinandersetzung war und auch manches in manchen Bereichen Konsens gefunden werden konnte, also im Bericht des Präsidiums. Ich glaube, man soll diese Bemühungen auch nicht hinwegreden, das Gemeinsame stand doch in den Beratungen sehr im Vordergrund. Wenn ich an den Konsens bei der Briefwahl denke, bei einer Straffung des Verfassungstextes, Entschlackung des Verfassungstextes bis zu der schon oft zitierten Landesverwaltungsgerichtsbarkeit, oder auch einen guten Anstoß für eine künftige Konsensfindung bei den Grundrechten.

Weniger glücklich bin ich und sind wir in Vorarlberg mit dem Entwurf des Konventsvorsitzenden Dr. Fiedler. So weit natürlich im Entwurf auf konsensuale Ergebnisse Bezug genommen wird, so waren das die Ergebnisse der Beratungen, und das ist auch gut so, daran ist nichts auszusetzen. Massive Einwände haben wir natürlich bei den Knackpunkten, wenn es um die Kompetenzverteilung geht. Und hier bildet der Fiedler-Entwurf keine für uns taugliche Diskussionsgrundlage. Sowohl die Zuordnung der Kompetenzen bei der Mitwirkung der Länder in der Bundesgesetzgebung, aber auch in vielen anderen Bereichen.

Der Entwurf spricht zwar davon im Artikel 3, dass es selbständige Länder gibt im Bundesstaat und in der Bundesstaatsbildung, er nimmt aber dann in den folgenden Artikeln dieses Versprechen nicht ernst. Zwei Beispiele: In der Kompetenzverteilung werden so wichtige Angelegenheiten wie das Gesundheitswesen, das Schulwesen, aber auch andere Synergiewesen, andere wichtige Bereiche einfach dem Bund zugeordnet und es kann einfach nicht sein, wenn man Politik mit dem Bürger und für die Bürger machen will, dass man nur glaubt, zentrale Lösungen wären bessere Lösungen oder wären billigere Lösungen oder wären näher beim Bürger.

Es kann für uns nicht sein, dass der Bund in den Ländern vorgibt, welche Volksschule aufgemacht wird oder wahrscheinlich welche geschlossen wird. Es kann auch nicht sein, dass der Bund allein sagt, welche Spitäler aufgelassen werden und welche nicht. Also, hier wird es doch am deutlichsten, dass solche Dinge zumindest gemeinsam gelöst werden müssen. Ein Land, das seine Eigenständigkeit ernst nimmt, und die Verantwortung gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern auch ernst meint, hat einfach dafür Sorge zu tragen, dass eine ordnungsgemäße Infrastruktur an öffentlichen Leistungen vor Ort für die Bürger erreichbar ist und diese Verantwortung wollen wir uns vom Bund nicht zur Gänze abnehmen lassen.

Wir haben zum Beispiel vor wenigen Tagen im zuständigen Ausschuss unseres Landtages eine neue Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens beraten und angenommen und werden die natürlich auch im Landtag kommende Woche beschließen. Diese Vereinbarung ist eben Ausdruck, wie es partnerschaftlich möglich ist, Lösungen zu finden, und wie es für Bund und Länder in einem Bundesstaat, der selbständige Länder in der Verfassung hat – und auch Länderverfassungen –, möglich ist, diese Anliegen ernst zu nehmen. Ich kann daher nicht von einem partnerschaftlichen Verfassungsentwurf sprechen. Es ist jedenfalls davon wenig zu lesen. Dasselbe gilt für den Stabilitätspakt, den man bisher eben in der Partnerschaft ausgehandelt hat. Und wenn es heute nicht ging, dann eben morgen. Aber man war sich bewusst, dass es notwendig ist, und wenn ein tiefes Bewusstsein im Bund und in den Ländern vorhanden ist, dann findet man auch Lösungen, und zwar miteinander und nicht gegeneinander.

Im Entwurf gibt es noch andere Kritikpunkte, die schwache Stellung des Bundesrates wurde schon angesprochen, die Zentralisierung der Gesetzgebung beim Bund, die Zentralisierung der Verwaltung, weil das zieht die Zentralisierung der Verwaltung nach sich, wenn noch mehr Angelegenheiten direkt in den Ministerien angesiedelt sind, sei es die Straßenpolizei, die Umweltverträglichkeitsprüfung, eben die Schulverwaltung, die Gesundheitsverwaltung, und eine Reihe von anderen Dingen, die aus dem Fiedler-Entwurf herauszulesen sind. Es kann weder föderalistisch noch sparsam sein – es ist eine Fehlmeinung, dass man sagt, es ist nicht alles neunmal notwendig, wenn man es einmal regelt, dann ist es geregelt und daher billiger. Der Vollzug muss trotzdem in den Ländern gemacht werden. Warum soll nicht eine entsprechende Mitsprache in den Ländern vor Ort, wo man eben näher beim Bürger ist, gewährleistet werden? Wir sagen nicht, warum nicht, sondern wir sagen, es muss eine entsprechende Mitsprache gewährleistet werden.

Was jetzt noch in diesem Entwurf dann für Bundesländer übrig geblieben ist, ist ein reiner Feigenblattföderalismus, hinter dem sich nackter Zentralismus verbirgt, und das kann es nicht sein. Jedenfalls nicht mit uns. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass man auch in diesem Entwurf von einer verfehlten Annahme ausgegangen ist. Der Bund wird schließlich von den selbständigen Ländern gebildet und aufgebaut und nicht umgekehrt. Die Länder sind die Existenzgrundlage des Bundes. Der Bund wurde durch die Länder begründet und man sollte die Existenz der Bundesländer auch in den Anfängen der Bundesländer nicht lächerlich machen, sondern sie waren es ganz einfach, die sich um einen gemeinsamen Bundesstaat bemüht haben.

Noch ein Punkt, wo ich glaube, wo ich widerlegen kann, dass zentrale Lösungen nicht billiger sind: Der Vorschlag, der Bundesrechnungshof möge alle Gemeinden prüfen, es wurde gerade vorher in der Wortmeldung angesprochen. Ja, glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren, wenn der Bundesrechnungshof eine 150- oder 200-Seelen-Gemeinde in irgendeiner Talschaft kontrolliert, dass das billiger sein kann, als wenn ich den Landesrechnungshof hin schicke, wenn ich es für notwendig erachte? Oder glauben Sie wirklich, die Vertreter der Bundesländer oder des Nationalrates oder die Experten, die da sitzen, man will die Landesrechnungshöfe abschaffen, weil es zentral besser ist und billiger ist? Trotz des Bundesrechnungshofes wurden die Landesrechnungshöfe eingerichtet. Und dort kann der Bundesrechnungshof gar nie so viel finden wie die Kontrolle allein kostet. Also, das allein ist schon der Beweis, dass zentrale Lösungen nicht billiger sind. Und wir glauben, dezentrale sind besser, billiger, und für die Bürger auch verständlicher.

Gerade im Jubiläumsjahr 2005 möchte ich an die historischen Vorgänge erinnern, das Werden der Republik war auf die Bundesländer angewiesen. Und ich glaube, gerade im Jubiläumsjahr kann Selbständigkeit und Eigenständigkeit der Bundesländer nicht aufs Spiel gesetzt werden. Im Jubiläumsjahr und darüber hinaus kann und darf es nicht das Länderopfer auf dem Zentralismustisch geben. – Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Wortmeldung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist der DDr. Lengheimer. Ich darf ihn um seine Wortmeldung ersuchen.

DDr. Karl Lengheimer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bin mir meiner schwierigen Rolle bewusst, zu fortgeschrittener Stunde und bei einem etwas schon weniger gewordenen Auditorium Dinge zu wiederholen, die vielleicht auch schon in der einen oder anderen Facette gesagt wurden. Ich halte es aber dennoch für notwendig als Mitglied dieses Konvents, auch im Plenum zur Abschlussdiskussion Stellung zu nehmen und mir, dem Konventsplenum und natürlich auch der Körperschaft, die mich entsendet hat, Rechenschaft zu geben.

Ich möchte diese Rechenschaft in zweifacher Hinsicht geben: Einerseits in der Hinsicht, inwieweit das Ergebnis des Konvents mit den Erwartungen überein stimmt, die ich gesetzt habe oder mir setzen durfte, und zweitens: Was erwarte ich mir persönlich, was mit diesen Ergebnissen weiter geschieht oder geschehen soll?

Zum Ersten: Ich möchte einmal klar stellen, dass mich manche in der Öffentlichkeit oder auch vielleicht hier gemachten Äußerungen überrascht haben, die da finden, der Konvent hätte eigentlich nicht genug erreicht oder mehr erreichen sollen.

Ich frage mich schon: Hat jemand erwartet, dass die sehr unterschiedlichen politischen Standpunkte in Verfassungsfragen eineinhalb Jahre nach Eröffnung des Konvents und 300 Sitzungen der Ausschüsse später reduziert oder auf null oder zu einer Vereinbarung gebracht werden könnten? Hat das wirklich jemand erwartet? Ich denke, nicht einmal, wenn man mit Engelszungen hier gesprochen hätte, wäre das möglich gewesen.

War nicht auch bei der Gründung des Konvents klar, dass die derzeitige Bundesregierung sich nicht auf eine Verfassung gebende Mehrheit im Nationalrat stützen kann? Wenn man das als Problem ansieht und sagt, so könne eine Verfassung nicht zustande kommen, dann hätte man eigentlich diesen Konvent nie einberufen dürfen.

War bei der Gründung des Konvents nicht klar, dass Österreich ein Bundesstaat ist? Ich meine, auch in den Gründungsunterlagen wird klar gesagt, dass vom Bundesstaat auszugehen sein wird, und daher müsste wohl auch klar sein, dass die Verfassung und auch die neue Verfassung letztlich nur auf einem Konsens zwischen dem Bund und den Ländern bestehen kann.

War schließlich und endlich nicht auch bewusst, dass ein neues Verfassungsrecht oder die Fortschreibung des bestehenden, also die Weiterentwicklung, letztlich nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommen kann und dass jede Formulierung einer Conditio sine qua non Bedingung, also jede Festlegung, vom eigenen Standpunkt unter keinen Umständen abgehen zu wollen, eigentlich das Ende des Konvents bedeutet, bevor er überhaupt noch begonnen hat?

Meine Damen und Herren! Unter dieser Voraussetzung kann ich vom Ergebnis des Konvents eigentlich nicht enttäuscht sein, sondern höchstens von der einen oder anderen Betrachtungsweise.

Freilich, ich sage auch ganz ehrlich, ich hätte mir mehr erwartet beim Weg, den dieser Konvent gegangen ist. Ich hätte mir erwartet und erhofft, dass die politischen Gespräche im Präsidium, die Konsensfindung auf Grund der Ergebnisse der Arbeitsausschüsse, – und der Herr Volksanwalt Kostelka hat heute in seiner Wortmeldung ja darauf hingewiesen, dass es letztlich auch eines politischen Konsensfindens, eines politischen Abtausches bedarf –,  dass das während der Konventstage schon effizienter und mit mehr Druck passiert wäre.

Warum war das nicht möglich? Diese Frage, glaube ich, sollten wir uns heute auch stellen. Die kurze Zeit von eineinhalb Jahren hätte vielleicht auch erfordert, dass man schon früher, ein halbes Jahr vor Ende des Konvents auf Grund der Arbeitsergebnisse von einem Entwurf ausgeht und diesen Entwurf dann in den Arbeitsausschüssen eben noch einmal diskutieren kann, um sich damit zu befassen, wie er noch verbessert werden kann.

Anstatt dessen haben wir – und das muss ich kritisch vermerken – das letzte halbe Jahr eigentlich dafür verwendet, in den meisten Ausschüssen mit Ausnahme des Grundrechtsausschusses, der noch viel zu tun hatte, eigentlich nur legistische Formulierungen nachzutragen, die auch jeder legistische Dienst hätte machen können.

Ich glaube, dass wir, wenn wir die Zeit gehabt hätten, uns auch mit einem Entwurf zu befassen, die heute auch sehr umstrittene Frage hätten lösen können, ob nun der Entwurf des Herrn Präsidenten Fiedler wirklich nur eine Einzelmeinung ist oder ob er doch ein guter, wenn auch nicht ganz gelungener Versuch ist, die Konventsergebnisse der Arbeitsausschüsse zusammenzufassen und diese Ergebnisse widerzuspiegeln.

Und damit bin ich bei der zweiten Frage meiner zweiten Überlegung: Was erwarten wir oder wie soll es weiter gehen? Ich denke, wir sollten keine völlig neue Verfassung erwarten, denn ich glaube, der Vorteil oder das Dankenswerte am Entwurf des Präsidenten Fiedler ist, dass er einerseits die Ergebnisse des Konvents versucht widerzuspiegeln, auf der anderen Seite aber auch auf der bestehenden Verfassungssituation aufbaut.

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden nicht alles neu machen können, und es ist auch nicht sinnvoll, alles neu zu machen. Hingegen sollten wir in einer neuen Verfassung auch die Möglichkeit geben, auf neue gesellschaftliche, wirtschaftliche, auch politische, außenpolitische Anforderungen reagieren zu können.

Und ich möchte das nur an zwei Beispielen kundtun. Ich denke doch, dass wir bei der Kompetenzverteilung in einer Reihe von Dingen dankenswerterweise im Ausschuss 5 Konsens gefunden haben: Was ist Sache des Bundes? Was ist Sache der Länder? Aber es gibt eine Reihe von Dingen, die müssen eben nach den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen immer wieder angepasst werden, und eigentlich ist die Aufgabe des Konvents, nicht alles endgültig für die nächsten 100 Jahre zuzuweisen, sondern einen Prozess zu finden, eine prozessuale Vorgangsweise, um im Zusammenwirken von Bund und Ländern diese Kompetenzverschiebungen, die notwendig sind – das ist keine Frage – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung durchzusetzen.

Ein zweites Beispiel, wo mir diese Dynamik, dieses bewegliche System abgehen, das ist die viel zitierte und schwierige Frage des Wahlrechtes. Ich vermag keine Lösung darin zu erkennen, das Wahlrecht mit 18 Jahren im Nationalrat festzuschreiben, bei den Ländern die Entscheidung den Ländern zu geben und bei der Gemeinde das Wahlrecht mit 16 festzuschreiben. Wie man das einem Jugendlichen erklärt, wenn Landtags- und Gemeinderatswahlen zusammenfallen, das frage ich mich. Warum kann man nicht den Weg gehen, um zu sagen:

Die Frage der Wahlrechtsherabsetzung ist letztlich eine Frage vielleicht der gesellschaftlichen Entwicklung, vielleicht der politischen Bildung, auch eine Frage aus der Sicht der Jugendlichen. Wir wissen, wie oft wir in den letzten Jahren auch die bürgerlichrechtliche Grenze der Großjährigkeit verschoben haben. Und warum kann die Verfassung nicht ein Modell anbieten, dass es Bund, Ländern und Gemeinden möglich macht, diese Grenze ihren Erfordernissen anzupassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letztlich und zum Schluss erlauben Sie mir eine klare Feststellung: Ich begehre, nicht Schuld dran zu sein, als einfaches Konventsmitglied, wenn aus diesem Konvent nichts herauskommt. Wenn nach all diesen Ergebnissen, die wir erzielt haben, moderne, sozial bestimmte Grundrechte, ein neues Rechtsstaatsgebot, das auch im Fiedler-Entwurf drinnen ist, ein verbesserter Rechtsschutz der Bürger durch Landesgerichte – übrigens ein wichtiger föderaler Schritt –, wenn wir alles das und vieles andere nicht mehr erreichen können, weil letztlich die mangelnde Bereitschaft zum politischen Kompromiss in den Verhandlungen im Parlament das verhindern sollte.

Ich meine, der Konvent und die Mitglieder des Konvents dürfen begehren, daran nicht Schuld zu sein.  – Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Herzlichen Dank für diese Wortmeldung, Herr Dr. Lengheimer.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Bürgermeister Bernd Vögerle. Ich darf ihn um seine Ausführungen ersuchen.

Bernd Vögerle: Herr Vorsitzender! Meine sehr geschätzten Damen und Herren!

Ein herzliches Dankeschön möchte ich an den Beginn stellen. Ein herzliches Dankeschön an alle jene, die in diesen Monaten die Arbeit in den Ausschüssen ermöglicht haben, und ich möchte hier vor allem und stellvertretend für alle als stellvertretender Ausschussvorsitzender im Ausschuss 10 den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Ausschuss meinen Dank aussprechen. Ich danke auch dafür, dass ich in diesem Konvent mitarbeiten durfte.

Ich wurde zwischenzeitlich des Öfteren gefragt: Wie wird es denn ausgehen? Was gibt es denn für Chancen? Und ich habe immer als Antwort gegeben, ich gehe grundsätzlich nur zu Verhandlungen, von denen ich überzeugt bin, dass etwas herauskommt. Ich bin nicht einer, der Verhandlungen sucht, dazu habe ich zu viele Aufgaben, ich gehe dorthin, wo ich mich einbringen kann, und wo etwas herauskommt. Und ich durfte zweimal hier im Konvent den Bericht des Ausschusses 10 bringen in Vertretung des seinerzeitigen Bundesministers Dr. Strasser, und ich habe mich sehr gefreut, dass im Bericht des Konventes große Teile dieses Berichtes auch übernommen wurden, weil ich auch dort versucht habe, wertfrei, vor allem parteipolitikfrei, das darzustellen, was in diesem Ausschuss passiert ist. Wobei ich mir schon bewusst bin, dass eine völlige parteifreie Bewertung fast nie möglich ist. Was ich bei der Durchsicht des Berichtes festgestellt habe – und ich habe ihn gelesen, und zwar in allen Teilen vorerst einmal, ohne den Teil 4b, weil den hatte ich ja nicht – er enthält alle Positionen, er ist nicht wertend, er stellt Konsens und Dissens dar.

Und dann, meine Damen und Herren, dann kam der heute so oft zitierte Fiedler-Entwurf, und ich sage das hier klar, offen und eindeutig, als einer der kein Jurist ist, und vor allem kein Verfassungsjurist ist, und der es 19 Monate versucht hat, sich einzubringen und zu diskutieren, und Meinungen zu bilden, auch eigene Meinungen, und aus der Diskussion vielleicht eigene Meinungen auch zu ändern. Ich bin ja einiges gewöhnt an Tischvorlagen bei meiner Arbeit, aber Tischvorlagen kann man wenigstens im Nachhinein noch diskutieren. Wenn allerdings nach Abschluss eines offiziellen Zeitraumes 298 Paragraphen geliefert werden, wenn es dazu keine Erläuterungen gibt, wenn es dazu keine Gegenüberstellungen gibt der einzelnen Positionen, wo sie her sind, ob sie Konsens sind, ob sie Dissens sind, dann bedauere ich das deshalb, weil dieser Entwurf, möglicherweise rechtzeitig eingebracht, nämlich spätestens drei Monate vor Ende des ja vom Präsidium festgesetzten Endtermines, durchaus dazu führen hätte können, dass man weitere Konsenspunkte gemeinsam in diesem Konvent herausgearbeitet hätte.

Ich erwarte mir allerdings von diesem Bericht – und da meine ich den gesamten und werte nicht einen Teil anders als andere, meine Damen und Herren, ich bin nicht bereit als Konventsmitglied, eine Beilage anders zu werten als andere, das wäre eine Missachtung aller jener 71, die hier gearbeitet haben. Ich erwarte mir deshalb, dass in einer neuen Verfassung – und hier sollte daran gearbeitet werden, weil 19 Monate intensive Arbeit nicht so spurlos vorbeigehen können, wie ich heute wieder vernommen habe bei den anderen drei Anläufen, war es halt nicht. Ich glaube, dieses Elaborat von mehr als 1 000 Seiten – weil es kommt ja heute noch ein Paket dazu, wie wir wissen, wir werden uns ja alle noch finden in der Beilage 5, nehme ich an –, dass in dieser neuen Verfassung einige grundsätzliche Dinge berücksichtigt werden, zu denen es leider in manchen Bereichen durchaus keinen Konsens gegeben hat.

Ich erwarte mir als Gemeindevertreter, das, was wir gemeinsam mit den Ländern vom Bund eingefordert haben, nämlich die Parität der Gebietskörperschaften. Ich nenne hier nur Zustandekommen, Verlängerung, Ausgleich finanzwirtschaftlicher Regelungen beim Auslaufen. Ich meine damit Finanzausgleich, Stabilitätspakt und Konsultationsmechanismus. Und ich sage noch einmal sehr deutlich, ich habe das das letzte Mal auch gesagt: Ich bin gegen Blockademöglichkeiten, aber ich bin für gleichberechtigte Partnerschaften. Ich bin für das Verhandlungsgebot, ich bin für die Verhandlungspflicht und ich erwarte mir, dass solche grundsätzlichen Übereinkommen zwischen Gebietskörperschaften, die letztlich in einem föderalen Staat die Grundvoraussetzung der Zufriedenheit sind, durch Abschluss eines Paktums im Bereich aller dieser genannten drei großen Gruppen, erfolgt. Und selbstverständlich, meine Damen und Herren, ist es so wie beim Konvent auch in der Finanz, letztlich hat der Bundesgesetzgeber seine Entscheidungen zu treffen, und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen.

Ich erwarte mir von einer neuen Verfassung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern, nicht als Sonntagsreden, sondern als klares Ziel. Arbeit und Einkommen müssen übereinstimmen. Vereinbarkeit von Arbeit und Familie muss es geben. Freizeitangebote, vor allem aber Aufstiegsmöglichkeiten auch in leitende Dienstposten für Frauen müssen abgesichert sein. Und ich sage das deshalb sehr einfach, meine Damen und Herren, weil ich im Gemeinderecht weiß, dass es zwischen Frauen und Männern ganz einfach Gleichstellung gibt. Da gibt es kein eigenes Schema für Frauen. Da gibt es gleichwertige Arbeit und dort gibt es bei gleicher Qualifikation auch gleiche Aufstiegsmöglichkeiten. Und das erwarte ich mir, dass es nicht nur im Gemeindebereich erfolgt, sondern im gesamten Bereich dieses Staates.

Ich erwarte mir, dass die Daseinsvorsorge rechtlich eindeutig und klar gesichert ist. Leider hat man sich dafür, für ein Grundrecht, nicht entscheiden können. Entscheidend bei der Daseinsvorsorge, meine Damen und Herren, ist, dass es erschwingliche sozial verträgliche Preise ohne Gewinnabsicht geben kann, und dass letztlich jene Organisation, nämlich die Gemeinde, die es am besten weiß, wie sie es durchführt, auch entscheidet, wie sie es durchführt, frei von Zwängen, durchaus partnerschaftlich in Modellen, die es ja gibt, aber frei von Zwängen und rechtlich eindeutig abgesichert.

Und ich erwarte mir, wo es also Konsens gibt, dass es weiterhin keinen Zweifel an der Einheitsgemeinde gibt, dass weiterhin die Subsidiarität eine unbestrittene Sache bleibt. Und ich freue mich persönlich, dass es bei der interkommunalen Zusammenarbeit Konsens auf allen Ebenen und in allen Ausschüssen gegeben hat, weil ich meine, dass damit einiges erreicht werden kann.

Und, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich spreche mich gegen Verwaltungsmehraufwand durch eine neue Verfassung aus. Ich sage eindeutig: zweifache Prüfung von Gemeinden genügt. Wir brauchen keine dritte Instanz. Ich wehre mich dagegen deshalb, man kann auf der einen Seite von den Gemeinden nicht Sparmaßnahmen und wenig Personal verlangen und auf der anderen Seite dann so viel Prüfungen durchführen, dass man nur mehr Personal für Prüfungen zur Verfügung stellen muss.

Und ich bin ein Fan von Bürgerbeteiligung. Und ich habe derzeit gerade die Wiener Außenringautobahn in meiner Gemeinde aufliegen. Und, meine Damen und Herren, wenn gleichzeitig drei Bürger und Bürgerinnen kommen, um sie einzusehen, dann habe ich drei Bedienstete, die da dort zu sitzen haben. Weil sonst nimmt nämlich einer etwas mit. Sie glauben es gar nicht, da gibt es genug, die das tun. Da meine ich, hier müssen wir ganz klar und deutlich zur Kenntnis nehmen, dass eine ordentliche Bürgerbeteiligung in Österreich auch Geld kostet, dass man dazu Personal braucht und nicht immer nur sagen: Was ist denn in den Gemeinden da draußen? Wir sind die Bürgernächsten, wir sind demokratisch gewählt, uns kann der Bürger alle fünf Jahre sagen, ob wir gut gearbeitet haben und schlecht. Geben wir in der neuen Verfassung dieser demokratisch gewählten bürgernächsten Gebietskörperschaft auch ihren Stellenwert. – Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Herzlichen Dank für diese Wortmeldung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Dr. Peter Bußjäger. – Bitte um die Wortmeldung!

Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrter Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Natürlich ist der Konvent nicht gescheitert. Es ist der so genannte Privatentwurf Fiedler, den man als gescheitert bezeichnen kann. Natürlich kann man darüber reden, wie hoch das prozentuelle Ausmaß des Konsenses ist, ob es bei 50, 60 oder 70 Prozent liegt. Nur, was nützt es dem Hochspringer, der über zwei Meter will, wenn er locker über 1,50 Meter kommt. Es sind die letzten Zentimeter, die das Schwierige sind an der ganzen Sache.

Zur Kritik im Einzelnen. Es wurde schon viel vorgebracht. Ich kann, was den Föderalismus betrifft, einfach feststellen – ich glaube, das kann man schon wertfrei sagen – das, was hier hinsichtlich des Bund-Länder-Verhältnisses im Entwurf enthalten ist, das ist schon die Demontage des Föderalismus. Auch das kann man wertfrei sagen.

Es findet auch nicht, was gelegentlich gesagt wurde, ein Vollzugsföderalismus statt. Es ist gar nichts, was hier enthalten ist. Nämlich auch der Vollzug, das muss ja auch klar hervorgehoben werden, im Gesundheitswesen, im Schulwesen, wird ausschließlich verbundlicht. Da sehe ich auch letztlich keinerlei Ansatz, der in Richtung einer Verbilligung der Verwaltung gehen sollte. Ganz abgesehen davon, dass es selbst am letzten Tag des Konvents bisher nicht möglich war, zu wissen, wo denn überhaupt die dreieinhalb Milliarden Einsparungen herkommen sollen. Ich habe bis jetzt noch keine Auflistung gesehen.

Problematisch ist natürlich auch beim Fiedler-Entwurf, dass er im Prinzip für den Bundesrat keine Lösung hat. Es gibt ein Vermittlungsverfahren, allerdings im Bereich einer sehr kleinen dritten Säule, wo man auch nicht so genau weiß, was überhaupt dort hinein gehört. Letztlich kann der Bundesrat auch dort nur verzögern und nicht wirklich an der Bundesgesetzgebung mitwirken.

Diese Demontage des Föderalismus in diesem Entwurf überrascht mich in der Sache nicht. Es hätte mich allerdings noch weniger überrascht, wenn es ein Entwurf am Beginn des Konvents gewesen wäre. So erstaunt es aber doch, dass nach der Diskussion im Ausschuss 5, wo auch ganz andere Modelle diskutiert wurden, wo auch die Mehrheitsverhältnisse ganz anders tendierten, der Entwurf eine Variante bevorzugt, die von der Minderheit eingebracht wurde, von einer ganz klaren Minderheit vertreten wurde. Und dass der Entwurf diese Position noch einmal, wenn man dieses böse Wort des Zentralismus so sagen soll, nochmals zentralisiert.

Von einer Konsensfindung, von einem Versuch der Konsensfindung, ist hier nichts zu sehen. Das ist deswegen erstaunlich, weil im Vorblatt des Entwurfes ausgeführt wird – und das zitiere ich jetzt: „In jenen Bereichen, in denen ein Konsens nicht zu erzielen war, fand in der Regel – natürlich es gibt keine Regel ohne Ausnahme – die überwiegend vertretene Meinung Aufnahme in den Text, beziehungsweise wurde jedenfalls auf einen im Konvent vorgemachten Vorschlag zurückgegriffen. Bisweilen beruht der Text auch auf einem Mittelweg zwischen voneinander abweichenden Ansichten, um auf diese Weise unterschiedliche Standpunkte so weit als möglich anzunähern.“ Genau das macht der Entwurf nicht! Er unternimmt überhaupt keinen Versuch, gegensätzliche Standpunkte einander anzunähern. Das ist aus meiner Sicht, jetzt abgesehen von der föderalistischen Frage, mein Hauptkritikpunkt an dem Entwurf.

Insgesamt würde ich aber die gesamte Konventsarbeit, wie schon eingangs gesagt, positiv beurteilen. Ich möchte diese meine letzte Wortmeldung in diesem Konvent auch mit einem Dank abschließen. Ich habe sehr viele neue Leute kennen gelernt. Ich habe mit vielen auch freundschaftliche Kontakte geschlossen. Das freut mich sehr. Es hat mich auch sehr gefreut, diesem Gremium angehören zu dürfen. Ich habe es von Beginn an, obwohl es mit einer enormen Arbeitsbelastung, aber wem sage ich das, verbunden war, mit großer Freude gemacht und mit einem Danke an die Mitarbeiter und die Ausschussmitglieder im Konvent möchte ich schließen. – Herzlichen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Herzlichen Dank für diese Wortmeldung. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Dr. Herbert Haller, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes.

Ich bitte ihn um seine Ausführungen.

Dr. Herbert Haller: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

Hofrat Manfred Machhold, ehemaliger Leiter einer Rechtsabteilung in Niederösterreich, hat einen Gesamtentwurf der Verfassung schriftlich niedergelegt, gedruckt, er liegt vor. Er ist zum Teil sehr sehr knapp und zum Teil sehr, sehr interessant, revolutionär.

Präsident Fiedler hat es sich versagt, einen revolutionären Privatentwurf zu machen. Er hat, aufbauend auf den Ergebnissen des Konvents, einen Entwurf erstellt. Ich glaube, mit dem Bericht ist vollkommen klar, was ist Altbestand, was ist konsentiert und was ist nicht konsentiert. Darüber kann, glaube ich, keine Unklarheit bestehen. Ich glaube, es war wohl auch wert, dass er sich dieser Aufgabe unterzogen hat, denn erstmals liegen Zusammenhänge gegliedert und gleichsam bildhaft offen, Wechselbezüge können überlegt werden.

Ich glaube auch, dass das ein gutes und richtiges Ergebnis ist, denn die Verfassung hat ja nicht nur Sachfragen, die wir analysiert haben, sondern auch politische und Machtfragen. Da ist der richtige Ort das Parlament und nicht dieser Konvent. Dazu hat uns auch letztlich das Mandat gefehlt. Ich glaube, man kann mit diesem Entwurf und mit diesem Bericht sehr gut arbeiten. Ich würde sagen, Respekt und Dank an den Vorsitzenden und das Präsidium.

Zur parlamentarischen Arbeit, die jetzt folgen soll und wird und muss, würde ich mich nur kurz noch dem Vorschlag von Präsident Jabloner anschließen. Es ist wirklich überlegenswert, nicht endlos auf eine Gesamtverfassung zu warten, sondern dort, wo man Konsens erzielen kann, eine große Verfassungsnovelle zu versuchen. Wenn die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit weitestgehend oder ganz konsentiert ist und man bei der Staatsanwaltschaft Konsens hat und bei den Rechtsschutzbeauftragten im Wesentlichen, wenn der Menschenrechtsbeirat wichtig ist und die Normenbeschwerde zwar nicht das ist, was alle wünschen, aber doch die Basis inbegriffen ist in den weiteren Wünschen, könnte ich mir eine größere Rechtsschutznovelle durchaus vorstellen.

Auch von der Überlegung her, dass ein Gesamtumbau plötzliche, ganz hohe Umstellungskosten macht und, vor allem, die Rechtssicherheit in vielen Bereichen etwas heikel zu sehen ist. Also besser Schritt für Schritt. Das macht man ja vielfach im Leben.

Zur parlamentarischen Arbeit auch noch ein Wunsch: Im Ausschuss 9, wenn eine Vielzahl von 133 Ziffer-4-Behörden in eine Landesverwaltungsgerichtsbarkeit eingegliedert werden soll, können Sie sich vorstellen, dass es vor den Kulissen und hinter den Kulissen Gespräche gibt mit UFS und Vergabeamt, den UVS und mit allen möglichen Institutionen oder mit Mitgliedern dieser Institutionen, die meinen, dass die sie offiziell vertretenden Präsidenten nicht genau das sagen, was dienlich wäre und Ähnliches mehr.

Aber um dieses Österreichbild zurecht zu rücken, ich habe keine einzige Intervention erlebt, es gab keine Intervention. Es gab Bitten um Information. Es gab Information, die man mir gegeben hat. Es gab Interessen, die dargelegt worden sind. Aber es ist das Gemeinsame stets über die Einzelinteressen gestellt worden. Viele haben gesagt, ja, wenn der Ausschuss meint, dass wir da aufgehen sollen und ein Ende unserer Institution, okay, dann kann und soll das so sein.

Ähnlich muss ich sagen, ob Rechtsanwälte oder Staatsanwälte, Sie haben hervorragend plädiert im Einzelfall. Aber sie haben nie in irgendeiner Weise Unsachliches vorgebracht und haben auch den Argumenten der anderen entsprechende Beachtung gegeben. Ebenso seitens der Richterschaft, Präsident Rzeszut, die vier Präsidenten der Oberlandesgerichte haben sachbezogen für den Rechtsstaat gesprochen. Keine Regel ohne Ausnahme: Die Editorials in der Richterzeitung haben meiner Ansicht nach das Sachliche vielfach vermissen lassen. Aber insgesamt war es für mich ein sehr, sehr schönes Bild einer Gemeinsamkeit.

Und eben diese Gemeinsamkeit, wie sie auch im Ausschuss gewachsen ist, und wenn man neben der Arbeit im Ausschuss dann in einsamen Stunden Textvorschläge prüft von Mitgliedern des Ausschusses, deren Meinung man nicht teilt, aber den hohen Sachverstand sieht, oder beim Protokollanschauen sieht, dass zum dritten Mal jemand perseverierend dasselbe sagt, aber man sein ehrliches Bemühen und sein Engagement erkennt und Verständnis dann auch für seine Positionen gewinnt, so glaube ich, dass wir insgesamt in dieser Ausschussarbeit alle gewachsen sind, nämlich nicht nur an Fachverstand, den wir einander wechselseitig angeboten haben und klarer Rechtsstaatlichkeit, sondern auch an Verständnis, Geduld, menschlichen Bezügen, und ich hoffe und hätte es gerne, wir könnten das neben den sachlichen Punkten in diesen vielen Papieren auch an das Parlament weitergeben. Wechselseitiges Verständnis, der andere kann ehrlich und aufrichtig eine andere Meinung haben, die wir verstehen müssen und von diesen Positionen aus kann man dann auch zu einer Lösung kommen.

Ich wünsche gutes Gelingen. – Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals.

Die nächste Wortmeldung stammt vom Präsidenten des Salzburger Landtages, MMag. Michael Neureiter. Ich bitte um die Ausführungen.

MMag. Michael Neureiter: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident Jabloner hat heute eine Glosse in einer österreichischen Tageszeitung angesprochen, die nicht rhetorisch – rhetorisch hat die Frage ja später dann der Herr Prof. Brauneder gestellt – gefragt hat, wer braucht die Länder? Präsident Jabloner war so lieb und hat sogar den Kernsatz aus dieser Glosse auch zitiert, nämlich, dass der Föderalismus ein Krebsgeschwür sei. So weit die Berichterstattung über ein heutiges Medium.

Ich möchte mich zuerst bedanken, bevor ich auf das Bild des Konvents in der Öffentlichkeit komme, bedanken nach acht Monaten der Zugehörigkeit für die Ergebnisse insbesondere des Ausschusses 3, dem ich zugehören durfte. Kollege Lengheimer hat schon die Problematik beim Wahlalter angesprochen. Ich danke trotzdem auch für den leichten Durchbruch bei der Briefwahl und bedanke mich noch nicht dafür, dass zum E-Voting noch immer keine Vorkehrung in Vorbereitung ist.

Ich bedanke mich für die Gesprächsmöglichkeiten mit hochrangigen Experten und für das lebendige Miteinander. Ich bedanke mich für die von der Konventsarbeit ausgelösten Stellungnahmen der Länder. Es ist nicht unbeachtlich, dass am 19. Jänner alle neun Länder sich verständigt haben auf diese Stellungnahme zur Kompetenzverteilung, und ich bedanke mich auch für das hohe Niveau bei dem heutigen Zusammensein.

Das hohe Niveau, das etwas konterkariert wird durch das, was im öffentlichen Bild dieses Österreich-Konvents entstanden ist und herbei geschrieben wurde. Ich gehe davon aus, dass nicht der heutige Bericht im ORF das Bild des Konvents wesentlich auf Dauer prägen wird, sondern dass die vielen Untergriffe der letzten Wochen, Monate und Jahre entscheidend sein werden. Die laufende Berichterstattung und das laufende Heruntermachen der Arbeit der vielen werden entscheidend sein, so fürchte ich, und es ist leider so, dass das Bild des Konvents auch durch die vielen puzzleartigen Stellungnahmen von jedem von uns zustande kommt.

Ich habe deswegen sechs Wünsche vorbereitet. Ich wünsche den Beteiligten und den Berichterstattern, dass sie das weitersagen, was heute fast durchgehend und durchwegs positiv an Urteilen auf den Tisch gelegt wurde. Es ist ganz interessant, dass man gestern in der Zeitung von dem gleichen, der heute von einem Quantensprung spricht, das Scheitern lesen konnte, und so weiter. Es gab sehr viele positive Stellungnahmen. Ich bitte um das Weitersagen dieser.

Ich bitte zweitens den Wunsch äußern zu dürfen, dass die Scheiternherbeischreiber sich zuerst informieren und dann erst polemisieren.

Ich wünsche mir drittens, dass die Schuldzuschreiber auch der Versuchung der Kamera und der Versuchung des Mikrophons einmal widerstreben und widerstehen können.

Ich wünsche viertens, dass die Föderalismusangstverbreiter sich damit abfinden, dass die Gemeinden und die Länder den Bürgern näher sind.

Mein fünfter Wunsch trifft die Das-Ende-der-Republik-Befürchter, sie sind heute nicht mehr unter uns, die gemeint haben, das Ende der Republik sei gekommen, weil es eine Mitwirkung der Länder bei sie betreffenden Vorkehrungen in Finanzangelegenheiten geben soll,

und ich wünsche sechstens dem Parlament, der Konvent hat ja seine Schuldigkeit getan und das Parlament, der Nationalrat ist am Zug, seine Stunde ist jetzt gekommen, Ehrlichkeit und Mut.

Ich wünsche Ihnen, dass das, was Paulus im ersten Thessalonicher-Brief – ich habe das Zitat schon einmal gebracht – geschrieben hat, auch für Sie gelte. Paulus schreibt: „Prüft alles, das Gute behaltet.“ Ich wünsche dem Nationalrat, dass er alles prüft und das Machbare, das Bürgernahe, das Menschenwürdige auch realisieren kann. – Herzlichen Dank.

 

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Herzlichen Dank für diese Wortmeldung.

Als nächste Wortmeldung liegt mir jene von Dr. Evelin Lichtenberger vor, die seit Beginn des Konvents vom Nationalrat in das Europäische Parlament gewechselt ist. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Dr. Evelin Lichtenberger: Ich hatte ja die Ehre, nun schon dem zweiten Konvent anzugehören, zuerst dem Europäischen, dann dem Österreichischen. Die Stimmung am Abschluss der Konventsberatungen ist äußerst unterschiedlich. Während bei dem Europäischen Konvent eine große Erleichterung, dass man schlussendlich doch in einen Konsens über weite Teile gekommen war, dominierte, ist das hier nicht in diesem Ausmaß der Fall, denn wenn auch von vielen beschworen wurde, dass man sich in so vielen Dingen gefunden habe, gibt es genügend Beispiele, die aufzeigen, dass klare Konsense einfach nur in zirka einem Viertel der Fälle da sind. Und das ist die Basis der Weiterarbeit für den Verfassungsausschuss. Da nützt auch der Fiedler-Entwurf in diesem Zusammenhang wenig, weil er gerade viele der gefundenen Konsense eben nicht aufgreift und dort versucht einen „Konsens“ herzustellen, wo er nicht vorliegt.

Für mich gilt, dass die Basis der Weiterarbeit im Verfassungsausschuss natürlich das Arbeitsergebnis des Konvents ist und das ganz klar für die weiteren Beratungen zur Verfügung steht und zur Verfügung gestellt werden soll.

Bei der heutigen Sitzung habe ich mich auch sehr gefreut über Wortmeldungen von Menschen, die ich in den Ausschüssen, wo heftig gearbeitet wurde, nur vom Namensschild gekannt habe. Das ergänzt mein Bild über die Gesamtheit des Meinungsspektrums etwas, und ich möchte aber noch ein bisschen beispielhaft auf einige Bereiche eingehen, die für mich sehr zentral waren, die für uns als Grüne sehr zentral waren, aber nicht nur für uns als Grüne, sondern wo sich diese Haltungen auch bei anderen sehr deutlich gezeigt haben, dass sie mitgetragen worden wären. Das bezieht sich zu Fragen der direkten Demokratie, der Transparenz, der Bürger- und Bürgerinnen-Beteiligung in allererster Linie und dann komme ich noch zu allgemeinen Bemerkungen.

Eine der zentralen Fragen, und ich habe das ein bisschen auch aus der Stimmung des Europäischen Konvents mitgenommen, war die Frage der Transparenz. Wir haben im Ausschuss des Langen und des Breiten und sehr intensiv und auch sehr genau darüber beraten, wie etwa eine Beseitigung eines wirklich überlebten österreichischen Prinzips ausschauen könnte, nämlich das der Amtsverschwiegenheit. Dies zu ersetzen durch ein Recht auf Auskunft war für mich eine zentrale Anforderung der Modernisierung, wo die Ängste vor den Bürgerinnen und Bürgern endlich abgelegt werden können und Zugang zu zentralen Fragen für die Bürgerinnen und Bürger, für die so genannten Normunterworfenen einfach möglich geworden wären. Es ging lang ein breiter Konsens dahin, nur dann kamen halt schon wieder durch die Hintertüre die Einschränkungen in einem Ausmaß, so dass das Recht auf Auskunft letzten Endes ein Papiertiger geworden wäre. Das ist leider symbolisch für einiges, wie es in diesen Beratungen sich gezeigt hat.

Der zweite Punkt in Ergänzung dazu. Zentral und richtig und wichtig wäre gerade dieses Recht auf Auskunft gewesen für all die ausgelagerten Bereiche. Wir kennen heute alle den Trend zur Auslagerung, und damit auch zum Entzug von bestimmten demokratischen Kontrollmechanismen gegenüber öffentlichem Handeln. Hier war kein Konsens zu finden. Der Kreis jener Institutionen, die der Auskunftspflicht unterworfen werden sollten, schränkte sich leider leider mehr und mehr ein, sodass ein Rumpfrecht entstanden wäre und dieser Rumpf war ein sehr magerer. Also, insofern ist diese Tendenz negativ zu sehen, wenn die öffentliche Hand auslagert, dann muss die demokratische Kontrolle, dann muss die öffentliche Kontrolle, muss die Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger erhalten und gestärkt werden, um nicht Demokratieverlust hinnehmen zu müssen und das kann ja wohl eine neue Verfassung in Österreich nicht bedeuten.

Im gleichen Ausmaß ging es etwa auch zu bei den demokratischen Instrumenten, bei den direkt demokratischen Instrumenten, die wir auch sehr intensiv beraten haben, wo wir zwar jetzt in der Rede wieder die Anliegen der Freiheitlichen Partei gehört haben, die aber in diesem Sinne im Ausschuss nicht artikuliert worden waren, also nicht sozusagen als Vorschläge präsent waren, aber die Ausweitungsmöglichkeiten, die wir uns gewünscht hätten und die auch ein moderner demokratischer Standard wären, etwa auf Ausweitung der Möglichkeiten des Einsatzes von direkt demokratischen Instrumenten auf Vorhaben der Europäischen Union, auf Verordnungen und individuelle Verwaltungsakte, wäre ein Schritt in die Modernität gewesen, der leider nicht erfolgt ist.

Dies betrifft natürlich auch gerade, auch und gerade Fragen des Umweltschutzes. Hier wurde ein kleiner und wichtiger Fortschritt erzielt, trotzdem war generell keine echte Bereitschaft da zur Erweiterung der Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in Sachen Partizipation, etwa entsprechend der Aarhus-Konvention, die Österreich ja ratifiziert hat. Hier gab es die Bereitschaft nicht und diese wäre aber einem modernen Partizipationsverständnis, auch einem modernen Transparenzgebot sehr wichtig und entsprechend gewesen, hier muss ich sagen, habe ich das schlechteste Gefühl, wenn ich an die Arbeit des Konvents zurückdenke. Denn auch und leider sind im Präsidium viele Dinge, wo man etwa einen Konsens hätte erzielen können, nicht weiter beraten worden, wie etwa die Verstärkung des Umweltschutzes in Richtung einer Staatszielnachhaltigkeit oder etwa der Schutz der öffentlichen Wasserressourcen oder etwa Garantien für die Rechtsdurchsetzungen. Hier hätte ich mir vorstellen können, dass, wenn im Präsidium die Anliegen des Umweltschutzes wirklich ernst genommen worden wären, man zu einer Einigung gekommen wäre, nur das wurde leider nicht aufgegriffen.

Ich komme nun zu einigen allgemeinen Bemerkungen, die zu denen mich Herr Präsident Khol provoziert hat, er konnte es nicht lassen, leider, das war der einzige, der einzige parteipolitische Angriff in dem ganzen Tag, musste natürlich wieder sozusagen gegen die Grünen losschießen, im Zusammenhang mit der Frage Südtirol und der Präambel. Und hier muss der Wahrheit einfach die Ehre gegeben werden. Bei der Debatte um die Verankerung der Schutzfunktion ging es um die Frage, ob es eine Präambel geben würde oder nicht, und zweitens es ging nicht nur um Südtirol, es ging genauso um die Altösterreicher. Hier muss komplettiert werden, damit die Haltung der Grünen auch nachvollziehbar und verständlich wird.

Denn zu diesem Zeitpunkt der Beratungen war eines klar, eine Präambel sollte sowohl Staatsziele als auch Grundrechte ersetzen und war deswegen für uns nicht akzeptabel. Und in diesem Zusammenhang zu sagen, wir benützen Südtirol zur Durchsetzung einer Präambel in unserem Sinn, ist kein Weg des Umganges mit dem politischen Partner, vor allem nicht im Kontext mit einer Konventsform, wo es doch eigentlich darum geht, gemeinsam Lösungen für bestehende Probleme zu suchen. Ideologeme zu kreieren, wo sachliche Lösungen gefordert sind, ist in einigen Ansätzen immer wieder geschehen, konnte aber in den Ausschussberatungen sehr, sehr oft zurückgewiesen werden und auch auf das sachlich Notwendige und Richtige reduziert werden. Leider nicht immer. Hier muss ich diesen Angriff wirklich zurückweisen. Wir haben als Grüne immer den Konsens, den Vierparteienkonsens zur Schutzfunktion Österreichs gegenüber Südtirol aufrechterhalten, mitgetragen und auch aktiv betrieben. Und dies jetzt uns öffentlich unterstellen zu wollen, nur weil es keinen Konsens über eine Präambel gab, das muss ich strengstens zurückweisen, das war eigentlich ein negativer Punkt in den heutigen Beratungen, den ich mir in diesem Ausmaß nicht erwartet hätte.

Wie wird es jetzt weitergehen? Die Unterlagen, Ergebnisse werden nun den Weg in den Verfassungsausschuss gehen und es wird dort nicht leichter werden, denn dort werden die Konsensbereitschaften nicht unbedingt steigen. Das kenne ich aus dem parlamentarischen Alltag. Trotzdem wünsche ich mir, dass das Bestmögliche mit diesen hart erarbeiteten Unterlagen geschehen möge, denn das, was viele Expertinnen und Experten, die viel Zeit aufgewendet haben, hier beigetragen haben, soll nicht in den Aktenschränken verstauben und verschwinden. – Ich danke Ihnen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals für diese Wortmeldung.

Als Nächster der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Helmut Mödlhammer. – Bitte um die Ausführungen.

Helmut Mödlhammer: Danke, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren!

Die Vertreter der Gemeinden haben gelernt und sind es gewöhnt hart zu arbeiten, Sachprobleme anzugehen, aber auch Geduld zu üben und geduldig zuzuhören. Das haben wir heute wieder bewiesen, weil der erste Vertreter der Gemeinden an 33. Stelle der Rednerliste gesetzt wurde und der Gemeindebund nach wie vor mit seinen zwei Vertretern vollzählig in diesem Plenum anwesend ist. Ich muss das auch sagen, wir haben aber auch gelernt natürlich, niemals zu resignieren. Und dass sich daran nichts ändern wird, haben wir also auch zu Beginn des Konvents natürlich rasch feststellen müssen, warum sollte sich auch so rasch etwas ändern. Auch wenn in so mancher Gemeindestube ein Schild hängt, Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger, so sind die Wunder in der Politik sehr sehr selten.

Und es wäre ein Wunder gewesen, wenn bei diesem Konvent alle Wünsche der Gemeinden natürlich erfüllt worden wären. Nämlich wir haben das einmal schon durchgemacht, der Weg bis zu unserer Gemeindeverfassungsnovelle im Jahr 1962 war ebenfalls lang und steinig, er hat insgesamt rund 10 Jahre lange Diskussionen benötigt, um zu einem Ergebnis zu kommen. Ich hoffe doch, dass dieser Konvent nicht so lange dauern wird, um Ergebnisse zu bringen. Wir sind also gewohnt, hier geduldig zu arbeiten.

Meine Damen und Herren! Ich habe zu Beginn des Konvents fünf Ziele für die Gemeinden formuliert. Erstens: eine rechtliche, politische und wirtschaftliche Absicherung der bürgernächsten Gebietskörperschaft, nämlich der Einheitsgemeinde, und zwar von der Kleinstgemeinde bis zur großen Stadtgemeinde. Zweitens: eine neue und besser ausgeprägte Partnerschaft mit den übergeordneten Gebietskörperschaften, in der die Gemeinden nicht als fünftes Rad, sondern als gleichberechtigte Partner auch anerkannt werden. Drittens: eine Bereinigung des Kompetenz- und Aufgabendschungels mit einer klaren Zuordnung der Aufgaben, aber auch der Finanzierungsverantwortung. Und die Frau Bundesministerin Gehrer hat heute ein aktuelles Beispiel gebracht, Kinderbetreuung. Auch hier wird es gut tun, wenn man die Kompetenzen klar regelt, aber auch die wirtschaftliche und finanzielle Zuteilung klar regelt. Viertens: wir haben verlangt, mehr Mitwirkung und Mitsprache der Gemeinden bei der Gesetzgebung, auch das ist ein offener Punkt, vieles wird in den gesetzgebenden Körperschaften beschlossen, ohne die Auswirkungen auf die Gemeinden zu berücksichtigen. Und fünftens: wir haben verlangt die Festlegung von Kernaufgaben, wie etwa die Bereiche der Daseinsvorsorge für die Gemeinden. Und natürlich, meine Damen und Herren, gab es einen umfangreichen Wunschkatalog darüber hinaus, der zwischen Städtebund und Gemeindebund auch abgestimmt wurde, mit dem Ziel, dem Begriff Subsidiarität Leben einzuhauchen.

Und wenn wir heute Bilanz ziehen, so tun wir das zunächst einmal, wie wir es in den Gemeinden gewohnt sind, mit Dankbarkeit. Ich danke namens des Gemeindebundes allen, die Verständnis für die Anliegen der Gemeinden zeigen – und das sind, erfreulicherweise muss ich das sagen, sehr, sehr viele –, ich danke den Initiatoren des Konvents, den Vorsitzenden und dem Präsidium, den Expertinnen und Experten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch meinen Freunden im Gemeindebund, Bernd Vögerle, der im Ausschuss 10 maßgeblich verantwortlich war, aber auch unseren Vertretern im Städtebund.

Und ich verhehle auch nicht, dass trotz unterschiedlicher Auffassung wir Präsidenten Franz Fiedler ein herzliches Dankeschön sagen und Respekt und Anerkennung zollen für die geleistete Arbeit: Trotz der unterschiedlichen Bewertung, wie Sie heute erfahren konnten, des vorliegenden Entwurfes zur österreichischen Bundesverfassung, ist die Leistung außerordentlich. Die Lösungsansätze und die Einbringung der Vorschläge sind gewaltig und sind, glaube ich, auch ein Ausdruck des gemeinsamen Konsenses, der in mühevollen Stunden, Tagen und Wochen erarbeitet wurde. Und er ist auch, glaube ich, geeignet, dass man auf diesem Entwurf aufbauen kann für weitere Arbeit und für weitere Reformen.

Meine Damen und Herren! Bernd Vögerle und Generalsekretär Pramböck haben bereits einige Punkte angeführt, aber es finden sich wichtige Forderungen der Gemeinden im bisherigen Konsenspapier wieder, wie etwa die Stärkung der Gemeindeautonomie – nämlich, dass keine Grenzänderung in den Gemeinden erfolgen darf, ohne die Zustimmung der Bürger einzuholen –, die demonstrative Aufzählung der wichtigen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die Aufnahme der Aufgaben der Daseinsvorsorge und die Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit.

Das sind einige positive Beispiele, denen sicherlich auch negative Beispiele entgegenstehen – einige wurden bereits auch erwähnt. Kritische Anmerkungen: Wahlrecht, wählen mit 16: Wie soll ich einem Bürger wirklich erklären, der mit 16 Jahren zur Gemeindewahl kommt und gleichzeitig bei der Landtagswahl, die gleichzeitig stattfindet, aber ausgeschlossen ist? – Da tut man dem Bürger nichts Gutes! Ich glaube, es ist hier notwendig, hier eine Änderung oder ein Umdenken herbeizuführen.

Zweiter Punkt, die überbordende Mehrfach-Kontrolle – auch die wurde bereits erwähnt –: Wir scheuen in den Gemeinden keine Kontrolle – ich sage das außerordentlich. Wir begrüßen jede Kontrolle, nur muss sie sinnvoll sein, effizient sein und auch wirtschaftlich vertretbar sein. Ob uns der Bundesrechnungshof prüft, die Landesrechnungshöfe oder die Gemeindeabteilungen prüfen, ist uns im Grunde genommen egal, aber eine Stelle sollte es sein, die effizient, wirtschaftlich vernünftig und bürgernahe auch entsprechend prüft.

Dritter Punkt, der auch hier sicherlich auf Kritik stößt – auch bereits erwähnt – Finanzverfassung: Wir hätten uns mehr erwartet! Die Partnerschaft ist notwendig auch in der Finanzverfassung, weil die Gemeinden auch Säulen dieser Partnerschaft sind, und weil sie auch gewaltige wirtschaftliche Investoren sind. Ich möchte nur immer wiederholen: Die Gemeinden investieren zwei Drittel des gesamten öffentlichen Investitionsvolumens, und das in einem Umkreis von 50 Kilometern, das heißt, sie sind die regionalen Wirtschaftsförderer und Arbeitsplatzsicherer! – Deshalb hätten wir auch hier erwartet, dass man die finanzielle Absicherung entsprechend auch festhält.

Trotzdem, meine Damen und Herren, ist der Entwurf eine gute Arbeit, eine gute Basis zur Weiterarbeit aus der Sicht der Gemeinden. Meine Damen und Herren! Die Haltung des Österreichischen Gemeindebundes ist in der letzten Sitzung des Österreich-Konvents durch die drei Buchstaben „F“, „G“ und „H“ bestimmt: „F“ wie Frust, „G“ wie Glaube und „H“ wie Hoffnung.

Natürlich gibt es Frust, wenn nach 18 Monaten harter Arbeit von einem Scheitern des Konvents gesprochen wird, und natürlich gibt es Frust, wenn nicht alle Ergebnisse sofort in einem tragbaren Kompromiss zustandegekommen sind – vielleicht waren auch die Hoffnungen und die Erwartungen zu hoch gesteckt.

Aber es gibt auch einen großen Glauben, nämlich den Glauben daran, dass diese wertvolle Arbeit nicht in irgendwelchen Schubladen, wie Kollegin Lichtenberger das gesagt hat, und Ablagen verschwindet, sondern das Fundament für den weiteren Aufbau einer modernen, zeitgemäßen Verfassung ist.

Und wir haben Hoffnung! Frau Präsidentin Orthner hat hier gesagt und heute davon gesprochen, dass die Verfassung ein Haus ist – sie hat also einen Vergleich mit einem Hausbau angezogen. Und wir hoffen, dass es nicht bei der Bodenplatte oder bei den Grundfesten bleibt, sondern dass darauf auch Mauern und Wände entstehen können und gebaut werden, eine sinnvolle Raumeinteilung und Zimmerverteilung mit den Kompetenzen stattfindet und Zimmer entstehen, wo sich die Bürgerinnen und Bürger wohl fühlen, und dass ein gutes rot-weiß-rotes Dach darübergestülpt wird, nämlich das Dach Österreich.

Der Österreichische Gemeindebund und die österreichischen Gemeinden sind bereit, hier mitzuarbeiten. – Ich danke vielmals.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Peter Kostelka: Danke vielmals, Herr Präsident!

Als nächste Wortmeldung jene von Frau Mag. Johanna Ettl.

Mag. Johanna Ettl: Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist heute in den Medien und auch hier sehr oft davon gesprochen worden: War dieser Konvent ein Erfolg, war er kein Erfolg? – Ich würde eines festhalten wollen: Dieser Konvent war sehr wichtig, wenn es unser aller gemeinsames Anliegen war, dass wir in absehbarer Zeit zu einer neuen Verfassung für dieses Land kommen.

Warum war dieser Konvent so wichtig aus unserer Sicht? – Er war deshalb wichtig, einerseits, weil es doch einige Konsenspunkte gegeben hat, er war aber andererseits auch wichtig, weil mittlerweile für alle Beteiligten in allen Lagern offen liegt, wo die Schmerzgrenzen der jeweils anderen Fraktion liegen. Und ich hebe das deshalb so hervor: Ich bin eine relativ alte Sozialpartnerin, ich bin gewohnt, in Sozialpartnerschaft zu leben, und diese Konsenskultur, die uns auch immer wieder vorgeworfen wird – aber wir haben sie nur deshalb geschaffen, weil wir die Schmerzgrenzen des Anderen kannten und sie respektiert haben.

Und es ist nicht zuletzt auch deshalb in diesem Konvent eines passiert: dass ein großer Teil der Einigungen auf die Sozialpartner zurückzuführen war, nämlich dieser Entwurf über die sozialen Grundrechte. – Der Herr Bundeskanzler hat heute Vormittag gesagt, wir hätten sie mitgetragen. – Das stimmt nicht ganz! Wir haben sie entworfen, ausverhandelt, eingebracht, und der Konvent hat sie akzeptiert, sozusagen konsensual. Und ich glaube, deshalb muss und kann dieser Konvent ganz wirklich ein Startpunkt sein für eine neue Verfassung.

Und ich versuche jetzt noch ganz kurz  – die Zeit ist fortgeschritten –, sozusagen unsere Schmerzgrenzen als Arbeitnehmerorganisation im positiven wie im negativen Sinn zu formulieren, was unsere Anliegen an eine neue Verfassung betrifft: Für uns ist natürlich ganz wesentlich eines: dass das, was die Sozialpartner hier ausgehandelt haben an sozialen Grundrechten, Einlass findet in die neue Verfassung.  Nicht nur das, sondern einiges plus: Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Recht auf menschenwürdiges Wohnen und so weiter und so fort – ich verbreitere mich nicht allzu sehr.

Als ich den Entwurf von Präsident Fiedler gelesen habe, habe ich mir gedacht: Na toll, da ist ja alles wortgleich drin, bis ich den Artikel 83 Absatz 2, glaube ich, gelesen habe, wo so ungefähr drinsteht ein ordentlicher Finanzierungsvorbehalt, und nur, wenn es aus wirtschaftspolitischen Gründen angemessen ist.  Da denke ich mir, da tickt dieses merkwürdige Ding in der Himmelpfortgasse, dieser merkwürdige Schuldenabbau-Ticker, ja? – das ist ja wirtschaftspolitisch offenbar momentan das Wichtigste –, und da ist es dann vollkommen egal, ob jemand ein Grundrecht hat auf ein ordentliches Gerichtsverfahren – das gilt nämlich für alle Grundrechte, das haben die Wenigsten bemerkt – oder ein Grundrecht auf seine Existenz: Wenn der Schulden-Ticker nicht ordentlich tickt, dann ist nichts mit Grundrecht!  So kann es nicht sein! Also, diesen Vorbehalt können wir wirklich nicht akzeptieren.

Was wir auch ziemlich bedauerlich gefunden haben, das ist die Tatsache, dass eigentlich nur über relativ wenige Staatsziele Einigung gefunden wurde, ebenso wenig, wie überhaupt, ob es überhaupt einen Staatsziel-Katalog geben soll.

Wenn ich mich recht entsinne, hat ein relativ prominenter Vertreter dieses Konvents einmal zu Beginn gesagt, das Ziel dieser Verfassungsreform sei, dass jeder Staatsbürger irgendwie die neue Verfassung am Nachtkästchen liegen hat und nachlesen kann, was sozusagen die Gemeinschaft bereit ist für ihn zu tun und was er für die Gemeinschaft tun muss.  Da wäre es in meinen Augen nicht unwichtig gewesen, dass man sich über die Grundfesten dieses Staates einigt und einen Staatsziel-Katalog entwickelt, damit der Bürger und die Bürgerin wissen, wofür dieser Staat steht. Und ich denke, es wird wohl kaum jemand bestreiten, dass es Aufgabe oder Ziel dieses Staates sein soll, nicht nur die wesentlichen bürgerlichen Freiheiten zu garantieren, sondern auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Menschen in diesem Lande annähernd gleiche Chancen haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Daher war es für uns schwer nachzuvollziehen, warum das Anliegen von Präsident Verzetnitsch sozusagen keinen Konsens finden konnte, dass ein Staatsziel in dieser neuen Verfassung Einlass finden sollte mit einem Bekenntnis zum Wohlfahrtsstaat mit einem hohen Standard an sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit.

Oder warum hat beispielsweise die Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse, also die so genannte Daseinsvorsorge, zwar grundsätzlich Konsens als Staatsziel gefunden, warum sind aber manche zurückgeschreckt, sie genauer zu definieren als Leistungen, die aus Gründen der Versorgungssicherheit, des Verbraucherschutzes, der sozialen Erreichbarkeit, der Gesundheit, der Bildung, der Nachhaltigkeit und des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft notwendig sind? Ich kann mir eigentlich schwer vorstellen, dass irgendjemand etwas hat gegen diese konkretisierten Staatsziele. Ich denke, mit einigen Gesprächen müsste das auch möglich sein.

Es war aber auch nicht möglich, Konsens über die Verankerung des Anspruchs auf Leistungen von allgemeinem Interesse als Grundrecht in die Verfassung zu erzielen, weil keine gemeinsame Formulierung gefunden werden sollte. Dies trotz des einhelligen Beschlusses des Präsidiums, das Recht auf Zugang zu solchen Leistungen als Menschenrecht zu verankern. Hier haben offenbar die angemessene Qualität oder die erschwinglichen Preise für Widerstand gesorgt. Ich hoffe ja doch, dass es sich um ein Missverständnis handelt, denn das würde ja bedeuten, dass Bildung oder Gesundheit weder in angemessener Qualität noch zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung gestellt werden müssen. Also ich denke, aus diesem Konvent ist einiges hervorgegangen, wo wir, wenn wir uns zusammensetzen, über alle ideologischen Grenzen hinweg noch einiges machbar wäre, wo wirklich ein gutes Fundament für eine künftige Verfassung gelegt wurde.

Noch einiges wollte ich sagen ganz kurz zum Staatsziel „Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“. Das wurde heute den ganzen Tag nicht angesprochen. In diesem Zusammenhang wurden Vorschläge eingebracht, die für uns absolut unakzeptabel sind, weil sie eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Instrumente, nämlich die Budgetpolitik, ausschließlich auf ausgeglichene Haushalte reduzieren würde. So wichtige Ziele wie Wachstumsförderung, Beschäftigungspolitik, Verteilungsgerechtigkeit, würden bei so einer Prioritätensetzung absolut negiert. Und ein ausgeglichenes Budget kann kein Staatsziel sein. Ein Budget ist immer ein Instrument zur Erreichung von Zielen. Ein ausgeglichenes Budget kann eine Rahmenbedingung zu einer bestimmten Zeit sein, aber kein Staatsziel, das möchte ich hier auch noch festhalten.

Positiv zu bewerten ist auch die Einigung beim Gender Budgeting. Das hat auch Einlass in den Entwurf vom Präsidenten Fiedler gefunden, dass tatsächlich bei der Budgetierung Rücksicht auf die Bedürfnisse der Frauen genommen wird.

Ich habe zu dem wahrscheinlich herausragendsten Dissensthemas dieses Konvents, nämlich Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern schon einige Male hier gesprochen. Ich würde sagen, man kann sich auch da einigen. Es ist ganz einfach ökonomisch so, wir haben genug Dezentralisierung, mehr brauchen wir nicht. Vielleicht kann die Dezentralisierung effizienter sein, aber wir sind ein Land mit mittlerer Dezentralisierung mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen. Wir brauchen nicht mehr. Und ich glaube, in diesem Sinne sollten wir auch in Zukunft zusammenarbeiten. Und es wundert mich nicht, dass bei der Finanzverfassung nicht sehr viel herausgekommen ist, denn, wenn man sich über die Kompetenzverteilung nicht einigt, kann auch bei der Finanzverfassung kein großer Konsens entstehen.

Zum Abschluss – ich bin gleich fertig – denke ich, wir brauchen Verfassungsinhalte, die sich ganz einfach an den Lebenssachverhalten und Lebensnotwendigkeiten von Menschen orientieren. Wir müssen ihnen die grundlegenden Sicherheiten gewährleisten, die sie für sich selbst, für ihre Kinder, in Notsituationen oder im Alter benötigen. Nur dann können Sie jene Freiheiten nutzen, die sie für ein selbstbestimmtes und kreatives Leben brauchen. – Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler (übernimmt den Vorsitz):   Danke schön für die Wortmeldung.

Ich darf als nächsten Redner Herrn Klubobmann Scheibner aufrufen und darauf aufmerksam machen, dass, da es sich bereits um die zweite Wortmeldung handelt, jetzt die Redezeit mit 5 Minuten limitiert ist. – Bitte, Herr Klubobmann.

Herbert Scheibner: Ich brauche nur eine Minute. Ich wollte nur auf eines hinweisen. Die Frau Abgeordnete Lichtenberger, wir haben es aber auch persönlich ausdiskutiert, hat den Vorwurf von Präsidenten Khol zurückgewiesen, dass die Grünen im Konventspräsidium gegen die Verankerung der Schutzmachtstellung Österreichs für Südtirol gestimmt hätten. Da hat es anscheinend ein Missverständnis gegeben.

Klar ist, das war im Konvent, im Präsidium war es so, weil wir verschiedene Formulierungsvorschläge hier eingebracht haben, die alle nicht konsensual gewesen sind, es dann darum gegangen ist, ob man grundsätzlich der Meinung ist, egal wo und egal wie, dass diese Schutzmachtfunktion in der Bundesverfassung verankert sein soll. Und da war es dann auch so, wie es der Präsident Khol zu Beginn geschildert hat, dass die SPÖ hier gesagt hat, sie ist offen, und die Grünen dezidiert dagegen gewesen sind. Die Frau Abgeordnete Lichtenberger wollte aber, wie sie mir gesagt hat, hier zum Ausdruck bringen, sie sind dagegen, dass dieses Prinzip in der Bundesverfassung verankert ist. Sie sind aber dafür, dass in der aktuellen Politik oder in der Tagespolitik selbstverständlich diese Unterstützung für die Südtiroler ausgeübt wird. Also, ich glaube, wir haben das damit fürs Protokoll klar gestellt.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Klubobmann. Gibt es dazu von Ihrer Seite aus noch eine Wortmeldung, Frau Abgeordnete? Dann darf ich auch Sie darauf aufmerksam machen, dass die 5 Minuten Redezeitbeschränkung gilt. – Bitte sehr.

Dr. Evelin Lichtenberger: Ich brauche auch nur eine Minute. Ich habe offensichtlich, weil das Licht schon blinkte, den zweiten Teil weg gelassen.

Ich halte die Frage der Schutzfunktion Österreichs für ein Problem der praktischen Politik in einem breiten Vier-Parteien-Konsens. Ich halte es für problematisch, schlafende Hunde zu wecken und zu provozieren, dass Gegnerinnen und Gegner der Autonomien oder der Rechte von Minderheiten dadurch die Möglichkeit erhalten, Schaden anzurichten. Meine Zurückweisung bezog sich auf das Nicht-für-Südtirol-sein der Grünen, was nicht stimmt. Aber ich glaube nicht, dass in der Verfassung der richtige Ort ist für diese Frage.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Frau Abgeordnete.

Ich darf nun als nächsten Redner Herrn Dr. Poier aufrufen. Bitte sehr, Herr Doktor!

Dr. Klaus Poier: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Der amerikanische Historiker Joseph J. Ellis widmete sich in seinem äußerst lesenswerten und auch mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Buch „Sie schufen Amerika“, das sich mit der Gründergeneration der Vereinigten Staaten von Amerika von John Adams bis George Washington beschäftigt, verständlicherweise auch dem Urvorbild unseres Österreich-Konvents, nämlich dem Verfassungskonvent von Philadelphia im Jahre 1787, der die bis heute geltende amerikanische Verfassung ausarbeitete.

Ellis schreibt in diesem Buch, dass zwar viele Kritikpunkte am damaligen Verfassungskonvent zutreffen – da finden sich im Übrigen Kritikpunkte, die wir auch beim Österreich-Konvent gehört haben, insbesondere, was die Zusammensetzung des Konvents betrifft. Er meint aber auch weiter, dass der damalige Verfassungskonvent tatsächlich auch als das „Wunder von Philadelphia“ zu bezeichnen ist. Nach Ellis – ich zitiere ihn kurz – ist Wunder „nicht im üblichen, quasi religiösen Sinne [zu verstehen], wonach eine Versammlung von Halbgöttern göttliche Eingebung empfing, sondern in den profaneren und prosaischeren Sinne, dass die Verfassung ein politisches Problem zu lösen behauptete, das anscheinend unlösbar war. „Denn sie erhob“, so Ellis weiter, „den Anspruch, eine gefestigte Bundesregierung zu schaffen, deren Befugnisse hinreichten, Gehorsam gegenüber nationalen Gesetzen zu erzwingen …, und zugleich beanspruchte sie den republikanischen“ – das bedeutet im amerikanischen Verständnis: den föderalistischen – „Prinzipien von 1776 treu zu bleiben.“

Nun, meine Damen und Herren, sicher ist wohl, dass auch der Österreich-Konvent keine Versammlung von Halbgöttern darstellte und – Frau Oberin Gleixner wird es mir verzeihen – dass auch die göttliche Eingebung zu fehlen scheint. Aber von einem Wunder in dem von Ellis beschriebenen profaneren Sinne kann zum Teil sehr wohl gesprochen werden, denn für viele Probleme unserer Bundesverfassung, die eigentlich als politisch unlösbar erschienen, liegen nach diesen 19 Monaten der Arbeit im Österreich-Konvent herzeigbare Konsensergebnisse vor.

An der Spitze steht dabei sicherlich der Konsens über eine tief gehende formale Reform der Verfassung. Angesichts des desaströsen formalen Zustandes unserer Bundesverfassung war eine solche Reform auch schon sehr lange gefordert und gewünscht. Aber gerade die Tatsache, dass diese Rufe Jahrzehnte lang zu hören waren, machte es doch recht unwahrscheinlich, dass es diesmal gelingen könnte, und viele wurden von den Ergebnissen im Konvent daher positiv überrascht.

Dabei ist nicht nur hervorzuheben, dass es gelungen, eine Lösung für die 1 300 Verfassungsbestimmungen außerhalb des B-VG zu finden, in meinen Augen noch auffallender ist das formale Neukonzept der Bundesverfassung mit dem relativen Inkorporationsgebot, aber insbesondere auch mit der Einführung des Typus der verfassungsausführenden Gesetze, die ursprünglich auf recht großen Widerstand von vielen Seiten gestoßen ist, mit Anleihen im romanischen Rechtskreis, aber mit einer sicherlich spezifisch österreichischen Ausgestaltung.

Und erstaunlich ist auch, wie schnell eine solche Konzeption auch breitenwirksam werden kann. So schreibt mittlerweile die Boulevardpresse mit geradezu spielerischer Leichtigkeit von den zukünftigen „Trabanten“ unserer Verfassung. Es ist daher offensichtlich gelungen, auch ein griffiges Vokabular zu verwenden.

Neben den Vorschlägen zu einer formalen Verfassungsreform finden sich im Ergebnis des Konvents auch viele inhaltliche Konsenslösungen, die zum Teil zumindest als kleine Wunder im Ellis’schen Sinne und jedenfalls als sehr positive Entwicklungen anzusehen sind. Ich nenne nur den weit gehenden Konsens über einen einheitlichen Grundrechtskatalog, insbesondere unter Einschluss sozialer Grundrechte, und den heute schon mehrfach angesprochenen Konsens über die Verwaltungsgerichte.

Freilich gab es innerhalb des Konvents in einigen wichtigen Fragen keine Möglichkeit des Konsenses, dies etwa gerade bei dem anfangs für die Vereinigten Staaten angesprochenen Verhältnis zwischen Bund und Ländern. In diesem Punkt fehlte für mich im Konvent auch eine grundlegende Diskussion über den Sinn und die Konsequenzen des bundesstaatlichen Prinzips, die vielleicht auch keinen Konsens herbeigeführt hätte, aber zumindest deutlich gemacht hätte, welche grundsätzlichen, divergierenden Vorstellungen den jeweiligen macht- und parteipolitischen Überlegungen zugrunde liegen.

Trotz dieser ungelösten Probleme zeigt für mich der Entwurf für eine neue Bundesverfassung, den Präsident Fiedler vorgelegt hat und der gemeinsam mit den übrigen Teilen des Berichts sicherlich eine brauchbare Grundlage für die nun kommenden Verhandlungen darstellt, dass es doch in einer großen Zahl von Fragen gelungen ist, zu einem Konsens zu kommen. Präsident Khol hat von 75 Prozent gesprochen, über die Konsens herrscht. Ich denke, dass das vielleicht sogar zu nieder angesetzt ist. Dies sollte Ansporn genug sein, die noch wenigen offenen, aber sicherlich wichtigen Fragen nun im Parlament einer Lösung zuzuführen.

Verschweigen möchte ich freilich nicht, dass es zum Teil auch Konsensergebnisse im Konvent gab, mit denen man meines Erachtens nur schwer zufrieden sein kann. So finde ich im internationalen Vergleich das Schmalspurergebnis in der Frage der Briefwahl, die nur in Ausnahmefällen möglich sein soll, als geradezu beschämend. Ebenso hätte ich mir bürgerfreundlichere Lösungen in der Frage der direkten Demokratie gewünscht.

Aber auch diese Fragen zeigen nur, dass Verfassungen stets Kompromisse sind. Dies war 1787 in Philadelphia der Fall. Dies war 1920 bei uns der Fall, und dieses Prinzip gilt selbstverständlich auch für eine neue österreichische Bundesverfassung.

Letztlich müssen eben alle politischen Akteure und vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger ihre Verfassung als legitim ansehen. Einseitige Diktate und Erpressungen schaffen dauerhaft nicht die Grundlage für ein geordnetes, friedliches Zusammenleben.

Auch der Österreich-Konvent war in diesem Sinne auf der Suche nach einem Kompromiss, der vieles moderner, transparenter und effektiver macht, der aber eben auch gleichzeitig von allen als legitim angesehen wird. In vielen Punkten kam der Konvent ans Ziel, in einigen stieß er an seine Grenzen.

Insgesamt sind die Ergebnisse des Konvents jedenfalls eine sehr gute Grundlage für die nun anstehenden Parteienverhandlungen im Parlament. Die Hoffnung – sie wurde heute schon strapaziert –, die Hoffnung lebt und sie ist auch groß, dass wir bald – nach der nächsten Nationalratswahl – eine neue moderne österreichische Bundesverfassung bekommen werden.  – Danke sehr.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Dr. Poier. Nur wenn man einen Vergleich mit Philadelphia anstellt, dann waren wir wesentlich fleißiger. Wir haben 19 Monate getagt – in Philadelphia waren es nur drei Monate.

Als nächste Rednerin hat sich Frau Vizepräsident Pfeifenberger zu Wort gemeldet.  – Bitte sehr.

Dr. Michaela Pfeifenberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist schön, fast das letzte Wort zu haben. Hohes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es muss sich in einem Verwaltungsreformprozess als einem Teil der Diskussion zur Erstellung einer neuen Verfassung ein zeitgemäßes Verständnis der Öffentlichen Verwaltung wieder finden, und wir brauchen klare Kriterien, die die Marke Verwaltung prägen. Wenn man bei einer Schokolade sagt: Sie ist quadratisch, praktisch und gut, so soll für die Verwaltung gelten, sowie für die gesamte neue österreichische Verfassung: Effizient, transparent und bürgerorientiert.

Hans Kelsen hat schon bei der Erstellung der Vorentwürfe für eine Bundesverfassung alles Brauchbare aus der bisherigen Verfassung beibehalten. Auch für mich wäre die Beibehaltung einiger Grundsätze doch notwendig und sinnvoll. Es muss weiterhin Kernbereiche der staatlichen Hoheitsgewalt geben, und damit sind auch Schranken für Ausgliederungen verbunden.

Ein Zweites ist die Unparteilichkeit des Öffentlichen Dienstes. Sie ist zu sichern. Daher muss es auch in Zukunft für gewisse, exponierte Bereiche einen höheren dienstrechtlichen Schutz geben, als er in einem privaten Arbeitsfeld üblich ist. Aber trotzdem muss für jeden einzelnen Bediensteten des Öffentlichen Dienstes die Freiheit der politischen Meinungsäußerung und auch seine politische Betätigung als Mandatsausübung gewährleistet sein.

Gleichzeitig darf aber nicht alles beim Alten bleiben. Aufgabenkritik ist notwendig. Verwaltungsstrukturen brauchen flache Hierarchien. Die Verwaltungsvereinfachung ist fortzusetzen. Wir brauchen eine stärkere Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Das waren wesentliche Ziele, die sich der Österreich-Konvent mit all seinen Mitgliedern gesetzt hat. Eines wurde in dem vorliegenden Textentwurf des Herrn Präsidenten Fiedler eindeutig erreicht: Das war die Umsetzung des Inkorporationsgebotes nach dem Motto: Nur wo Verfassung draufsteht, ist Verfassung drin.

Auf einen Teil des Berichts darf ich aber näher eingehen, wo aus meiner Sicht und auch im Sinne der konsensualen Ergebnisse des Ausschusses 6 noch etwas fehlt, nämlich die Organisationsgrundsätze der Behördenstruktur wären in der neuen Verfassungsurkunde festzuschreiben. Es ist das der Bereich der Sicherheitsverwaltung. Im Letztentwurf des Herrn Präsidenten Fiedler ist vorgesehen, von organisatorischen Sonderregelungen für die Sicherheitsbehörden des Bundes Abstand zu nehmen.

Ich darf erinnern an Diskussionen und auch an die vorgelegten Entwürfe im Ausschuss 6. In einem Modell, nämlich im Modell „Kombinierte Behördenstruktur“ sind bewährte Strukturen kombiniert mit dem Gedanken von Nutzung der Synergien. Bewährte Strukturen, nämlich die Vollziehung der Sicherheitsverwaltung durch spezialisierte Sicherheitsbehörden in den Ballungsräumen, außerhalb dieses Bereichs die Beibehaltung der Bezirksverwaltungsbehörden als Sicherheitsbehörden erster Instanz, sollen beibehalten werden. Die Nutzung der Synergien könnte erzielt werden durch eine Verschmelzung der bestehenden Bundespolizeidirektionen in den Landeshauptstädten mit den Sicherheitsdirektionen.

Da gebe ich Herrn Landeshauptmann Niessl recht, wenn er gesagt hat: Eine Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften als Sicherheitsbehörden wäre wohl nicht sinnvoll. So ist also das Konzept der Sicherheitsregionen, wie es die SPÖ vorsieht, vielleicht nicht der beste Weg.

Noch einmal zum Modell der kombinierten Behördenstruktur, welches im Detail so aussieht: Oberste Behörde bleibt der Bundesminister für Inneres. Durch ein einfaches  Bundesgesetz, und somit recht flexibel, kann die Möglichkeit geschaffen werden, ein Bundeskriminalamt oder ein Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung einzurichten. Auf Landes- und Bezirksebene ist eine Neustrukturierung angedacht, um so flache Hierarchien zu erzielen.

Was haben wir derzeit in sieben Landeshauptstädten? Neben den Sicherheitsdirektionen auch Bundespolizeidirektionen als Sicherheitsbehörde erster Instanz. Ich habe daher den Vorschlag eingebracht, nach dem Muster der Bundespolizeidirektion Wien, in den Landeshauptstädten diese Sicherheitsdirektionen mit den Bundespolizeidirektionen zu neuen Landespolizeidirektionen zusammenzulegen.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen und Vorschriften, die es uns gestatten, flexibler zu sein, nämlich in Städten mit eigenem Statut, oder wenn dies sonst aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Ich darf da noch einmal erinnern an die Ausschussberatungen, wo als Beispiel die besondere Aufgabenstellung des Flughafens Schwechat erwähnt wurde, und so die Notwendigkeit einer spezialisierten Sicherheitsbehörde in Form einer Stadtpolizeidirektion samt deren Außenstellen möglich sein soll.

Aber auch das Sicherheitswesen darf sich einer Aufgabenkritik nicht entziehen. Es gibt Agenden, wie zum Beispiel das Pressewesen, das nicht zwingend in den sicherheitsbehördlichen Kernbereich fällt und könnte so, ähnlich wie bereits das Passwesen, von den Bundespolizeidirektionen auf die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern übertragen werden.

Eine Auflistung der einzelnen Bereiche der Sicherheitsverwaltung scheint in einem neuen Bundesverfassungsgesetz nicht unbedingt notwendig, trotzdem darf ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass im Textentwurf des Herrn Präsidenten Fiedler einige Bereiche fehlen, nämlich das Passwesen, das Vereinswesen, das Meldewesen, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesen, oder das Pressewesen.

Und selbst, wenn der Gedanke der Einsparungsmöglichkeit nicht oberste Priorität haben darf für die neue österreichische Bundesverfassung, so sollte man doch erwähnen, dass nach dem geschilderten Modell der kombinierten Behördenstruktur die Zahl von derzeit 22 Bundessicherheitsbehörden, nämlich 14 Polizeidirektionen und 8 Sicherheitsdirektionen, wesentlich reduziert werden könnte.

Noch einige Kleinigkeiten zum so genannten Fiedler-Entwurf: begrifflich wäre eine Klarstellung notwendig. Man sollte auch in einem neuen Verfassungstext weiterhin von der örtlichen Sicherheitspolizei sprechen, statt den nicht eindeutig umschriebenen Begriff der „örtlichen Sicherheit“ zu verwenden. Und zu den Verfassungsübergangsbestimmungen noch eine Anmerkung: Einmal sollten wir sie noch diskutieren, um nicht die Gefahr der Rechtsunsicherheit entstehen zu lassen. Ich weiß, dass Weihnachten vorbei ist, und ich mache auch keinen Wunsch ans Christkind, sondern es ist vielmehr ein Appell an die politischen Entscheidungsträger.

 Es darf nicht ein Scheitern des Österreich-Konvents in den Schlagzeilen stehen. Der Konvent ist nicht gescheitert. Es sind Verhandlungen, es sind Ergebnisse auf Basis der erarbeitenden Modelle und Textentwürfe, es ist eine neue österreichische Bundesverfassung, die eine Schlagzeile wert sein sollen. Insgesamt war der Österreich-Konvent ein Ehrenamt, das wir als Mitglieder des Österreich-Konvents übernommen haben, und es war mir eine Ehre, hier mitzuarbeiten. Ehrenamt heißt auch, es ist etwas gratis. Das war es, aber es darf nicht umsonst gewesen sein. Und so komme ich zum Schluss dann doch noch zu einem Wunsch: Der österreichischen Bundesverfassung wünsche ich gutes Gelingen und viel Erfolg für ihren parlamentarischen Weg! Danke. – Auf Wiedersehen!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin! Auch Dank für die guten Wünsche, die Sie dem Bericht und dem Verfassungsentwurf mit auf den Weg gegeben haben.

Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Finz zu Wort gemeldet. Ich darf ihm das Wort erteilen und auch gleichzeitig darauf hinweisen, dass er nur eine Redezeit von 5 Minuten hat. Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Zunächst einmal an Sie, sehr verehrte Damen und Herren, danke, dass Sie so lange ausgeharrt haben, dass Sie mich noch ertragen.

Als Staatssekretär im Finanzministerium möchte ich mich natürlich der Finanzverfassung widmen, genauer, dem Fiedler-Vorschlag über die Finanzverfassung. Er hat wichtige Eckpunkte meiner Ansicht nach: Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, alles muss man finanzieren können – es nützen die schönst geschriebenen Rechte nichts, wenn man sie nicht finanzieren kann – ausgeglichener Haushalt für alle Gebietskörperschaften, Zusammenführung von Aufgaben: Ausgaben- und Einnahmenverantwortung, Verhandlungsgebot zum Finanzausgleich, jedoch keine Vetomöglichkeit einzelner Verhandlungspartner, Kompetenz für das Finanzausgleichsgesetz weiterhin beim Bundesgesetzgeber, Einführung einer wirkungsorientierten Verwaltung, Vergrößerung der operativen Autonomie der Verwaltung und somit mehr Flexibilität, Stichwort: Einführung von Globalbudgets, Möglichkeit zur Beschlussfassung von Doppelbudgets.

Was ist das Resümee? Dieser Verfassungsvorschlag ist eindeutig ein Forschritt gegenüber der bisherigen Finanzverfassung, dieser Vorschlag ermöglicht es dem Bund, flexibel und rasch die sich aus dem europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspakt ergebenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Das müssen wir ja sehen, dass wir heute in einem Binnenmarkt mit Pflichten eingebunden sind, und daher ein Instrumentarium brauchen, wo wir rasch reagieren können.

Weiters verhindert dieser Entwurf Blockademöglichkeiten aus Partikulärinteressen, andererseits gibt er die Möglichkeit für eine flexible Verwaltungsführung und den Einsatz von New Public Management. Landeshauptmann Niessl hat heute davon gesprochen, dass er möchte, dass die Pflichtschulen weiterhin im Landesbereich bleiben. Er hat aber nicht gesagt, dass die Länder die Kosten für die Pflichtschullehrer übernehmen, die zahlt nämlich der Bund. Daher finde ich es so wichtig, dass in einer Finanzverfassung steht: Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Dann müsste er nämlich die Landeslehrer zahlen.

Der Herr Präsident Halder ist leider nicht mehr da. Ich muss was zum Rechnungshof sagen, nachdem ich dieser Institution lange angehört habe. Ich finde den Vorschlag gut, dass der Rechnungshof in Wien auch sämtliche Gemeinden prüft. Und bei einer Einrichtung einer Kontrolle gehört eine gewisse organisatorische, räumliche Entfernung vom Geprüften. Das ist äußerst wichtig, das stärkt die Kontrolle und das sichert eine unabhängige Kontrolle. Die ist nämlich gefährdet, wenn die Kontrolleure ganz nah bei dem Geprüften sind. Außerdem lebt der Rechnungshof vom Vergleich, und je mehr er Vergleichsmasse hat, desto gezielter kann er seine Empfehlungen geben. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Besten Dank, Herr Staatssekretär. Als ehemaliger Präsident des Rechnungshofes brauche ich nicht hinzuzufügen, wie sehr ich mich darüber gefreut habe, dass Sie auch an der Ausweitung der Rechte des Rechnungshofes in Wien betreffend die Gemeinden interessiert sind und das unterstützen. Besten Dank auch dafür.

Mir liegt nun keine weitere Wortmeldung mehr vor. Und es bleibt mir daher zum Abschluss nur mehr, Ihnen allen, Ihnen den Mitgliedern des Konvents, sehr herzlich zu danken, nicht nur für die heutige Diskussion, die sehr anregend war, sehr fair geführt wurde, sehr sachlich geführt wurde und auch in die Tiefe gegangen ist, sondern vor allem für Ihre Arbeit während der letzten 19 Monate. Im Besonderen danke ich den Vorsitzenden der Ausschüsse, den stellvertretenden Vorsitzenden der Ausschüsse und den Mitgliedern des Präsidiums. Ich danke natürlich auch den Mitarbeitern des Büros des Konvents, die gerade in den letzten Wochen und Tagen bis spät in die Nachtstunden tätig waren, damit der Bericht rechtzeitig fertig gestellt werden konnte. Ich danke auch den Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, die uns 19 Monate, ich glaube sagen zu können, hervorragend betreut haben. Und ich danke natürlich der Vielzahl an namentlich bekannten, aber zum Teil auch namentlich gar nicht in die Öffentlichkeit getretenen Experten, die in verschiedensten Funktionen und nicht wenige von ihnen im Hintergrund für den Konvent gearbeitet haben, ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben. Ihnen allen gilt mein Dank, und ich glaube, sagen zu können, Ihnen allen gilt unser Dank.

Die Anerkennung, die die Mitglieder des Konvents und alle jene, die sich um den Konvent verdient gemacht haben, gefunden haben, diese Anerkennung wird uns auch von außen zuteil. Und ich darf Ihnen mitteilen, dass mich vor wenigen Tagen der Herr Bundespräsident verständigt hat, dass er in Anerkennung und Würdigung der Leistungen des Konvents den Konvent am 23. Februar zu sich in die Hofburg einladen will. Ich darf Ihnen das mitteilen. Er hat mich gebeten, Ihnen dies in der letzten Sitzung zur Kenntnis zu bringen. Ich glaube, das ist ein würdiger Abschluss des Konvents und bringt auch zum Ausdruck, wie sehr man vom höchsten Repräsentanten dieses Staates die Tätigkeit des Konvents schätzt.

Was haben wir nun nach 19 Monaten Arbeit im Konvent vorzulegen? Einen Bericht, einen sehr umfassenden Bericht, der wirklich alles enthält, was sich im Konvent abgespielt hat, inklusive eines Verfassungsentwurfes. Und ich glaube, sagen zu können, der Bericht mit all seinen Teilen wird den Anliegen des Gründungskomitees gegenüber dem Konvent durchaus gerecht. Ich glaube daher weiters sagen zu können, und das mit Fug und Recht sagen zu können, der Konvent hat sein Ziel erreicht.

Ich will durchaus nicht verhehlen, dass es mir lieber gewesen wäre, es hätte zu allen Themen, die im Konvent behandelt wurden, einen Konsens gegeben. Das war nicht der Fall. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aber wir sollten darüber nicht jammern. Wir sollten das nicht beklagen, sondern wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass nunmehr, nach Abschluss der Tätigkeit des Konvents, eben weitere Verhandlungen zu pflegen sind. Und die Voraussetzungen dafür sind durch die Arbeit des Konvents geschaffen worden.

Wir haben, das glaube ich, auch sagen zu können, im Einvernehmen mit Ihnen allen eine bestmögliche Aufbereitung für die weitere politische Entscheidungsfindung geschaffen. Wir tragen natürlich alle die Hoffnung in uns, dass es noch gelingen wird, in den weiteren Verhandlungen, die doch noch bestehenden interessenspolitischen Gegensätze zu überwinden.

Die Meinungsvielfalt, wie sie sich im Konvent immer wieder ergeben hat, war fruchtbar und war wertvoll. Nunmehr liegt es an den politischen Entscheidungsträgern, daraus einen Meinungsgleichklang herzustellen, und zwar in vollem Umfang, nicht nur in jenem Umfang, der beachtlich genug ist, der bereits im Konvent selbst hergestellt werden konnte.

Zusammenfassend lassen Sie mich daher sagen: Ich stehe auf dem Standpunkt, der Konvent hat seine Aufgabe erfüllt. Ich glaube, Folgendes können wir auch alle im Konsens sagen, es ist mehrfach auch in den Wortmeldungen zum Ausdruck gekommen: Die Entscheidung liegt nunmehr bei jenen in einer Demokratie, die hiezu berufen sind, bei den Politikern. Wir haben das Unsere dazu geleistet. Ich danke Ihnen nochmals und darf hiermit diese letzte Sitzung dieses Konvents schließen.