Protokoll

über die 7. Sitzung des Ausschusses 5

am 15. Jänner 2004

im Parlament, Lokal IV

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder:

 

Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger                          (Vorsitzender)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic                       (stellvertretende Vorsitzende)

 

Dr. Johannes Abentung/

Mag. Dr. Nikolaus Bachler                              (Vertretung für DI Josef Pröll)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer

Dr. Ferdinand Faber                                        (Vertretung für Dr. Franz Schausberger)

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk

Mag. Anna Maria Hochhauser/

Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz                     (Vertretung für Dr. Christoph Leitl)

Prof. Albrecht Konecny

DDr. Karl Lengheimer                                     (Vertretung für Dr. Erwin Pröll)

Walter Prior

Herbert Scheibner

Dr. Johannes Schnizer                                     (Vertretung für Univ.Prof. Dr. Theo

                                                                       Öhlinger)

Dr. Kurt Stürzenbecher                                   (Vertretung für Mag. Renate Brauner)

Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin

 

Weitere Teilnehmer/Teilnehmerinnen:

 

Mag. Ronald Faber                                         (für Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)

Mag. Ulrike Lackner                                       (für Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

Dr. Marlies Meyer                                           (für Dr. Eva Glawischnig)

Mag. Sonja Nussgruber                                   (für Dr. Claudia Kahr)

Mag. Katharina Peschko-Gruber                     (für Dr. Dieter Böhmdorfer)

 


Büro des Österreich-Konvents:

 

Dr. Claudia Kroneder-Partisch                        (fachliche Ausschussunterstützung)

Monika Siller                                                  (Ausschusssekretariat)

 

Entschuldigt:

 

Dieter Egger

Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger

Dr. Klaus Wutte

 

 

Beginn:                                  10.00 Uhr

 

Ende:                                    17.00 Uhr

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.)    Begrüßung und Mitteilungen

2.)    Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung

3.)    Fortsetzung der Beratungen auf der Grundlage von Textvorschlägen

4.)    Weiteres Vorgehen

5.)    Allfälliges

 

 

Tagesordnungspunkt 1: Begrüßung und Mitteilungen

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des Ausschusses und stellt die Beschlussfähigkeit fest.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung

 

Das Protokoll der Sitzung vom 18. Dezember 2003 wird einstimmig genehmigt.

 

 

Tagesordnungspunkt 3: Fortsetzung der Beratungen auf der Grundlage von Textvorschlägen

 

Der Ausschussvorsitzende stellt eine vom ihm vorbereitete Punktation vor, die Vorschläge für die Struktur und die wesentlichen Regelungsinhalte einer neuen Kompetenzverteilung enthält ("Punktation für die vom Mandat des Ausschusses 5 abgesteckten Themenbereiche"). Die Punktation geht von einem System aus, das exklusive Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder sowie einen dritten Kompetenzbereich mit zwischen Bund und Ländern geteilten Zuständigkeiten beinhaltet.

Die Beratung erfolgt auf Grundlage dieser Punktation; aus der Diskussion wird zusammenfassend festgehalten:

 

Allgemeines zu dem in der Punktation vorgeschlagenen Modell der Kompetenzverteilung:

 

·        Die Ausschussmitglieder danken dem Vorsitzenden für die Erarbeitung der Diskussionsgrundlage.

 

·        Verschiedentlich wird davor gewarnt, eine zu große Vielfalt an Kompetenztypen zu schaffen, da damit die Abgrenzung der Kompetenzen schwierig wird.

 

·        Vereinzelt wird angemerkt, dass nach dem Modell der Punktation den Ländern im Vergleich zum Bund zu viele Möglichkeiten einräumt werden (zB die Möglichkeiten der Länder auch im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit des Bundes abweichende und ergänzende Regelung zu treffen: Art X1 Abs 2 und 3; die Beschränkungen des Bundes hinsichtlich der Rechtsetzung im dritten Bereich: Art X3 - objektives und prozedurales Kriterium) und dass Regelungen über die Bundesaufsicht (iSd Art 15 Abs 8 B-VG) fehlen.

 

·        Ein Teil der Ausschussmitglieder spricht sich für wechselseitige Informationspflichten über Gesetzgebungsvorhaben zwischen Bund und Ländern aus.
Einige Ausschussmitglieder regen an, den Konsultationsmechanismus in die Verfassung zu integrieren.

Weiters wird angedacht, den Bundesrat - zumindestens dort, wo ihm ein Zustimmungsrecht zukommt - bereits frühzeitig (zB zum Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzesvorhabens) in den Gesetzgebungsprozess einzubinden und ihm die Möglichkeit einzuräumen, noch vor Beschlussfassung durch den Nationalrat Abänderungsanträge zu stellen.

 

·        Die Frage, welchen Umfang die drei Kompetenzblöcke (ausschließliche Kompetenzen des Bundes und der Länder sowie geteilter Zuständigkeitsbereich) haben sollen, bleibt der weiteren Beratung vorbehalten.

 

·        Einige Mitglieder sprechen sich unter Verweis auf das aufwändige Verfahren und eine mögliche Rechtsunsicherheit weiterhin gegen einen dritten Kompetenzbereich (geteilte Zuständigkeit) aus.

 

 

Zu Art X1 der Punktation - Ausschließliche Zuständigkeiten des Bundes:

 

·        Opting-Out-Regelung / Delegierte Gesetzgebung:
Viele Ausschussmitglieder sprechen sich dagegen aus, dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit einzuräumen, im Bereich der ausschließlichen Kompetenz des Bundes abweichende oder ergänzende Regelungen zu erlassen.
Anstelle der in der Punktation vorgeschlagenen Opting-Out-Regelung wird angeregt, die Möglichkeit zur Delegation von Gesetzgebungskompetenzen an die Länder auszuweiten und die Regelung des Art 10 Abs 2 B-VG für den gesamten Bereich der ausschließlichen Bundeskompetenz zu verallgemeinern.
Es besteht weitgehende Einigkeit, dass bei einer Kompetenzverteilung, die keine oder eine kleine dritte Säule (geteilte Zuständigkeit) hat, eine allgemeine Delegationsmöglichkeit sinnvoll wäre.

 

·        Möglichkeit von Länderregelungen auf den Gebiet des Zivilrechts (lex Starzynski):
Die Ausschussmitglieder vertreten überwiegend die Auffassung, dass die in der Punktation des Ausschussvorsitzenden vorgesehene Regelung zu weitgehend ist. Es soll allerdings weiterhin die Möglichkeit der Länder bestehen, Regelungen auf dem Gebiet des Zivilrechts zu erlassen, soweit sie erforderlich sind.

Der Ausschuss ist weiters der Ansicht, dass den Ländern die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, sondergesellschaftsrechtliche Regelungen für in ihrem Eigentum stehende ausgegliederte Rechtsträger zu schaffen.
Diskutiert werden 2 Modelle:
Zum einen könnte die Organisationskompetenz von Bund und Ländern auch die Einrichtung ausgegliederter Rechtsträger umfassen, sodass Bund und Länder im Rahmen der Organisationskompetenz eigene Rechtsträger schaffen könnten.
Zum anderen könnte Sondergesellschaftsrecht als Bedarfskompetenz ausgestaltet werden; dh Bund und Länder könnten bei Erforderlichkeit sondergesellschaftsrechtliche Regelungen erlassen.

 

·        Möglichkeit von Länderregelungen auf den Gebiet des Strafrechts (lex Starzynski):
Einige Mitglieder sprechen sich dafür aus die lex Starzynski im Bereich des Strafrechts beizubehalten, um den Ländern die Möglichkeit zu geben, erforderlichenfalls Strafen in einer Höhe vorzusehen, die (nach der Judikatur des VfGH) nur mehr als gerichtlicher Straftatbestand zulässig sind.

 

 

Zu Art X2 der Punktation - Ausschließliche Zuständigkeiten der Länder:

 

Es besteht Konsens, dass dem Bund im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenzen der Länder keine Möglichkeit zukommen soll, abweichende oder ergänzende Regelungen zu treffen.

 

Zu Art X3 der Punktation - Gemeinschaftliche Zuständigkeiten von Bund und Ländern:

 

·        Kriterien für die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich:
Der Ausschussvorsitzende schlägt in der Punktation als objektives Kriterium für die Inanspruchnahme der Kompetenz durch den Bund eine Subsidiaritätsklausel vor (der Bund darf die Gesetzgebung ausüben "soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Ländern nicht ausreichend erreicht werden können").

Viele Ausschussmitglieder sprechen sich gegen diese Formel aus und plädieren für ein Bedarfskriterium, das darauf abstellt, ob eine bundeseinheitliche Regelung "zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist".

Einige Ausschussmitglieder lehnen objektive Kriterien grundsätzlich ab, da diese die Kompetenzzuordnung letztlich auf den VfGH verschieben. Sie plädieren dafür, die Inanspruchnahme der Kompetenz in einem politischen Verfahren zu klären.

In diesem Zusammenhang wird folgendes Modell diskutiert:
Der dritte Bereich könnte als subjektive Bedarfsgesetzgebung des Bundes ausgestaltet sein, wobei der Bundesrat feststellt, ob und inwieweit ein einheitliches Regelungsbedürfnis gegeben ist, ob und inwieweit also ein Kompetenzübergang vom Land auf den Bund erfolgen soll (der Bundesrat formuliert den Kompetenztatbestand). Erst die Kompetenzfeststellung durch den Bundesrat ermöglicht es dem Bund ein Gesetz zu erlassen. (Der Weg der Gesetzgebung selbst unterscheidet sich im dritten Bereich nicht von jenem bei den ausschließlichen Gesetzgebungskompetenzen.)

Gegen das Modell wird eingewandt, dass mit der Feststellung des Bundesrates neue (uU kleinteilige) Kompetenztatbestände geschaffen werden, die der Auslegung und Abgrenzung bedürfen.

 

·        Verhandlungsverfahren:
Der Ausschuss vertritt überwiegend die Ansicht, dass die Inanspruchnahme der Kompetenz im dritten Bereich Gegenstand eines politischen Verfahrens sein soll (uU unter Zugrundelegung von objektiven Kriterien als Leitlinie). Die Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens ist umstritten, insbesondere besteht keine Einigkeit, ob die Länder oder der Bundesrat als Verhandlungspartner des Bundes auftreten sollen.

 

·        Generalklausel:
Der Ausschuss vertritt überwiegend die Ansicht, dass der dritte Bereich die Generalklausel umfassen und darüber hinaus eine demonstrative Aufzählung von Kompetenzen enthalten soll. (Die Generalklausel wird als notwendig erachtet, da nicht alle zukünftigen Regelungsnotwendigkeiten abschätzbar sind; die Ansiedlung der Generalklausel im dritten Bereich soll eine gewisse Flexibilität für zukünftige Gesetzgebungsanforderungen gewährleisten).

 

·        Ziel- bzw Rahmengesetzgebung:
Die Punktation sieht vor, dass der Bundesgesetzgeber in bestimmten Materien/unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Vorgabe von Zielen oder Rahmenvorschriften beschränkt ist (Art X3 - objektives Kriterium).
Einige Mitglieder unterstützen diesen Vorschlag.
Die Mehrzahl der Ausschussmitglieder vertreten allerdings die Ansicht, dass eine Ziel- bzw Rahmengesetzgebung des Bundes möglich, aber nicht verpflichtend sein soll.
(Die Frage, ob eine Devolutionsregelung für den Fall der Säumnis bei der Umsetzung der Ziele bzw Rahmen notwendig ist, hängt davon ab, wie das Zugriffsrecht des Bundes auf den dritten Kompetenzbereich ausgestaltet ist.)

 

·        Gemeinsame Gesetzgebung der Länder:
Der Vorschlag, im dritten Bereich eine "gemeinsame Landesgesetzgebung" (über Ausschusslandtage) vorzusehen, wird mehrheitlich abgelehnt.

 

 

Zu Art X4 der Punktation - Privatwirtschaftsverwaltung:

 

Der Ausschuss vertritt einhellig die Ansicht, dass im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung transkompetentes Handeln weiterhin zulässig sein soll.
Viele Mitglieder äußern sich zustimmend zum Vorschlag der Punktation ("Auf die Tätigkeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung sind die Bestimmungen der Art X1 - X3 nicht anzuwenden."), wobei erwogen wird die Formulierung "in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung" durch "als Träger von Privatrechten" zu ersetzen.

Zu klären bleibt die Frage, ob Art X4 einen Kompetenztatbestand darstellt und damit die Erlassung von (außenwirksamen) Gesetzen ermöglicht.

Die Neu-Regelung des Art 17 B-VG soll in Abstimmung mit Ausschuss 7 erfolgen.

 

 

Zu Art X5 der Punktation - Umsetzung von Gemeinschaftsrecht:

 

Die Devolution der Gesetzgebungskompetenz an den Bund im Falle der Säumnis bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht könnte bereits mit Ablauf der Umsetzungsfrist (Alternative: sechs Monate nach Ablauf der Umsetzungsfrist) erfolgen.

 

 

Zu Art X6 der Punktation - Kompetenzvereinbarungen:

 

Die Punktation sieht vor, dass einzelne Gesetzgebungszuständigkeiten mittels Bund-Länder-Vereinbarungen (gemäß Art 15a B-VG) verschoben bzw gegeneinander abgegrenzt werden können.

Es wird betont, dass Kompetenzvereinbarungen jedenfalls nur unter Einbindung der Parlamente erfolgen können.

Einige Mitglieder halten die Möglichkeit, - in Randbereichen - Kompetenzen zu verschieben bzw Abgrenzungen festzulegen, für sinnvoll. (Zur Wahrung der Übersicht wird angeregt, alle Vereinbarungen in einem Dokument zusammenzufassen.)
Die Mehrzahl der Ausschussmitglieder äußert sich allerdings skeptisch gegenüber dem Modell der Kompetenzvereinbarung und befürchtet, dass damit die Kompetenzzuordnung unübersichtlich und kleinteilig werden könnte.

 

 

Strukturierung und Formulierung der Kompetenztatbestände:

 

Univ.Prof. Dr. Funk legt ein Papier mit Vorschlägen zur Neuformulierung und Aufteilung von Gesetzgebungszuständigkeiten vor. Das Modell basiert auf dem Gedanken der symmetrischen Verteilung von Kompetenzen auf Bund und Länder (zB Bundesverfassung - Landesverfassung; Bundesfinanzen - Landesfinanzen; bundesweite Raumordnung - Raumordnung im Land und in den Gemeinden) und hat eine sprachliche und strukturelle Vereinfachung der Kompetenztatbestände zum Ziel. Univ.Prof. Dr. Funk weist darauf hin, dass das Modell teilweise eine deutliche Umverteilung von Kompetenzen bewirkt (Raumordnung, Katastrophenschutz, Bildungswesen, Sicherheitsverwaltung, Wirtschaftsordnungs- und Regulierungsrecht), dass aber die Gewichtung zwischen Bund und Ländern insgesamt unverändert bleibt. Das Modell ist als Abkehr vom Versteinerungsprinzip gedacht und stellt die Interpretation der Kompetenztatbestände nach finalen Gesichtspunkten in den Mittelpunkt. Univ.Prof. Dr. Funk hält fest, dass nach diesem Modell eine dritte Säule (geteilte Zuständigkeit) nicht erforderlich wäre.

 

·        Gegen das von Univ.Prof. Dr. Funk vorgestellte Modell wird eingewandt, dass bestehende Materien auseinander gerissen würden, die neuen Grenzlinien teilweise problematisch erscheinen (Trennung überregionaler und regionaler Aspekte; Teilung des öffentlichen Auftragswesens) und die praktische Implementierung des Modells schwierig wäre.

 

 

Tagesordnungspunkt 4: Weiteres Vorgehen

 

In der nächsten Sitzung wird die Beratung auf Grundlage der Punktation des Vorsitzenden fortgesetzt werden (Sitzungsbeginn: 9.30 Uhr).

 

 

Tagesordnungspunkt 5: Allfälliges

 

Zum Tagesordnungspunkt 5 gibt es keine Wortmeldungen.

 

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 5:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

 

Univ.Doz. Dr. Peter Bußjäger e.h.                                           Dr. Claudia Kroneder-Partisch e.h.