Protokoll

über die 14. Sitzung des Ausschusses 4

am 8. März 2004

im Parlament, Lokal IV

 

 

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk                       (Vorsitzender)

 

Mag. Bernhard Achitz                                             (Vertretung für Friedrich Verzetnitsch)

Univ.Prof. Dr. Peter Böhm                                      (Vertretung für Herbert Scheibner)

Prof. Christine Gleixner

DDr. Karl Lengheimer                                            (Vertretung für

                                                                              Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter)

Mag. Joachim Preiss                                               (Vertretung für Mag. Herbert Tumpel)

Univ.Prof. Dr. Reinhard Rack

Mag. Rüdiger Schender                                          (Vertretung für Mag. Herbert Haupt)

Dr. Johannes Schnizer                                             (Vertretung für Dr. Maria Berger)

Dr. Theodor Thanner (vormittags)/

Mag. Gregor Wenda (nachmittags)                       (Vertretung für Dr. Ernst Strasser)

 

Weitere Teilnehmer/Teilnehmerinnen:

 

Mag. Ronald Faber                                                (Büro Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)

Markus Kroiher                                                      (Büro Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

Mag. Katharina Peschko-Gruber                            (Büro Herbert Scheibner/Dr. Dieter

(vormittags)/                                                         Böhmdorfer)

Mag. Bernhard Rochowanski (nachmittags)          (Büro Dr. Dieter Böhmdorfer)

 

Mag. Gerda Marx                                                  (beigezogen von

                                                                              Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk)

Dr. Katharina Pabel                                                (beigezogen von

                                                                              Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter)

Mag. Thomas Sperlich                                            (beigezogen von Mag. Terezija Stoisits)

Mag. Maren Spitzer-Diemath                                  (beigezogen von

                                                                              Univ.Prof. Dr. Reinhard Rack)

 

Büro des Österreich-Konvents:

 

Mag. Birgit Caesar                                                 (fachliche Ausschussunterstützung)

Monika Siller                                                          (Ausschusssekretariat)

 

Entschuldigt:

 

Prof. Ing. Helmut Mader

Dr. Johann Rzeszut

Mag. Terezija Stoisits

 

 

Beginn:                                  10.00 Uhr

 

Ende:                                     16.00 Uhr

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.)      Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

2.)      Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung

3.)      Berichte

4.)      Beschlussfassung über ein Hearing (Beiziehung von Experten) zum Thema „soziale Grundrechte“

5.)      Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vorschläge für einzelne Grundrechte (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; Vereins- und Versammlungsfreiheit)

6.)      Allfälliges

 

 

Tagesordnungspunkt 1: Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des Ausschusses 4 und die weiteren Anwesenden und stellt die Beschlussfähigkeit fest.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung

(1. März 2004)

 

Das Protokoll der dreizehnten Sitzung vom 1. März 2004 wird mit folgender Maßgabe genehmigt (Änderungen/Ergänzungen wurden bereits eingearbeitet):

 

Zu Seite 5:

DDr. Lengheimer bemerkt zur Ergänzungsvariante, dass darüber kein Konsens besteht und moniert, dass – falls diese Ergänzungsvariante im Ausschussbericht aufscheint – dies auch dort festzuhalten wäre.

Der Vorsitzende merkt dazu an, dass er dies für eine Selbstverständlichkeit hält.

 

Zu Seite 8:

Die Nummerierung auf Seite 8 (Tagesordnungspunk 5 und 6) wird durch Spiegelstriche ersetzt.

 

 

Tagesordnungspunkt 3: Berichte

 

Der Ausschussvorsitzende berichtet über die neunte Konventssitzung am 5. März 2004 (Behandlung der Berichte der Ausschüsse 1, 3 und 7), die Fertigstellung des Berichtes des Ausschusses 5 (fertiggestellt mit 4. März 2004) und ein neues externes Schreiben zum Thema „Menschenwürde“ (wurde bereits elektronisch an die Ausschussmitglieder übermittelt).

 

 

Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über ein Hearing (Beiziehung von Experten) zum Thema „soziale Grundrechte“

 

Der Ausschuss beschließt, vorbehaltlich der Zustimmung des Präsidiums folgende Experten für ein Hearing zum Thema „soziale Grundrechte“ am 19. April 2004 einzuladen:

 

– Hon.Prof. Dr. Josef Cerny,

– Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek,

– Univ.Prof. Dr. Franz Marhold,

Univ.Prof. Dr. Walter Schrammel und

Hon.Prof. Dr. Gottfried Winkler.

 

 

Tagesordnungspunkt 5: Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vorschläge für einzelne Grundrechte (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; Vereins- und Versammlungsfreiheit)

 

Der Ausschuss setzt seine Beratungen über die „Gedanken-, Gewissens- und Religionsfrei­heit“ (ab Art. y Abs. 6 und 7) auf Basis des Textvorschlages fort, der bei der letzten Sitzung gemeinsam erarbeitet wurde (siehe Anlage 1).

 

Es steht folgender Textvorschlag der Ökumenischen Expertengruppe zur Diskussion:

 

(6) Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften haben das Recht, innerhalb ihrer Autonomie Einrichtungen mit Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich zu gründen, zu verwalten und aufzuheben. Sie sind berechtigt, zur Deckung ihres Personal- und Sachbedarfes von ihren Mitgliedern Beiträge einzuheben.

 

(7) Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften genießen den Beistand des Staates. In Anerkennung der Identität und des besonderen gesamtstaatlichen Beitrags der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften pflegt der Staat einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen zu allen grundsätzlichen Entwicklungen staatlicher Tätigkeit.

 

 

Zu Art. y Abs. 6 (erster Satz):

 

Es besteht Einigkeit darüber, dass generell von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religions­gesellschaften die Rede ist (dies betrifft auch die anderen Absätze des Textvorschlages der Ökumenischen Expertengruppe).

Es wird festgehalten, dass die Organisationsautonomie ebenfalls an die allgemeinen Gesetze gebunden ist. Einigkeit besteht auch, dass diese Organisationsautonomie allen gesetzlich anerkannten Kirchen zustehen soll.

 

Als Ergebnis der Beratungen liegen folgende Textvorschläge vor, worüber es im Ausschuss keinen Konsens gibt:

 

1. Variante zu Art. y Abs. 6 (erster Satz):

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften haben das Recht, innerhalb ihrer Autonomie aufgrund eigenen Rechts Einrichtungen mit Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich zu gründen, zu verwalten und aufzuheben.

 

Dieser Vorschlag findet verhältnismäßig breite Zustimmung.

 

Erläuterung zur ersten Variante:

Dieses Recht schließt es nicht aus, dass der Staat im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Rege­lungen erlässt, welche die für die Teilnahme am Rechtsverkehr erforderliche Publizität (ins­besondere außenvertretungsbefugte Organe und Haftungsverhältnisse) gewährleisten.

 

Einige Ausschussmitglieder präferieren den Entfall des Klammerausdruckes.

Darüber hinaus vertreten einige Mitglieder die Auffassung, dass eine ausdrückliche Klar­stellung des zulässigen Umfanges von Transparenzregelungen in einem Gesetzesvorbehalt erfolgen sollte.

 

Von einigen Mitgliedern wird die Auffassung vertreten, dass dies durch die nachfolgende Formulierung gewährleistet wird:

 

2. Variante zu Art. y Abs. 6 (erster Satz):

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften haben das Recht, innerhalb ihrer Autonomie aufgrund eigenen und im Rahmen staatlichen Rechts Einrichtungen mit Rechts­persönlichkeit für den staatlichen Bereich zu gründen, zu verwalten und aufzuheben.

 

Zu Art. y Abs. 6 (zweiter Satz):

 

Sie sind berechtigt, zur Deckung ihres Personal- und Sachbedarfes von ihren Mitgliedern Beiträge einzuheben.

 

Dieser Textvorschlag findet nach Maßgabe des folgenden Absatzes allgemeine Zustimmung.

 

Einige Mitglieder gehen aber davon aus, dass für den Fall, dass das Recht zur Beitrags­einhebung ausdrücklich verankert wird, damit korrespondierend ausdrücklich zu gewähr­leisten ist, dass niemand angehalten werden darf, seine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung gegen seinen Willen offen zu legen (siehe dazu die Vorschläge und Erläuterungen zu Abs. 1, letzter Satz; Protokoll der 13. Sitzung, Seite 5).

 

Gegen folgende erläuternden Hinweise zu Art. y Abs. 6 (zweiter Satz) gibt es keinen aus­drücklichen Widerspruch:

 

1.   Der vorgeschlagene Text entspricht einem Expertenvorschlag aller gesetzlich anerkannten christlichen Kirchen. Auf diesbezügliche Erläuterungen im Motivenbericht dieses Vor­schlages wird verwiesen.

 

2.   An sich ist das Recht, Beiträge von den Mitgliedern einzuheben, ein selbstverständliches Recht von Korporationen ohne Korporationszwang, auch wenn sie als juristische Personen öffentlichen Rechts eingerichtet sind.

 

3.   Aus dem zweiten Satz des Abs. 6 ist keine bindende Vorgabe betreffend die Art der Durchsetzung von Beitragsansprüchen gegenüber den Mitgliedern (etwa im Wege politischer Exekution) zu gewinnen.

 

 

Zu Art. y Abs. 7:

 

(7) Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften genießen den Beistand des Staates. In Anerkennung der Identität und des besonderen gesamtstaatlichen Beitrags der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften pflegt der Staat einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen zu allen grundsätzlichen Entwicklungen staatlicher Tätigkeit.

 

Zu diesem Vorschlag wird vorweg ein hohes Maß an Konfliktpotential festgestellt, welches die Bandbreite von unbedingter Zustimmung bis zur völligen Ablehnung umfasst.

Die Mitglieder des Ausschusses kommen überein, dass die verschiedenen Positionen mit den dazu jeweils vorgebrachten Argumenten aufgelistet werden sollen:

 

Position 1 (pro):

 

Für den Vorschlag in der vorgetragenen Formulierung wird Folgendes ins Treffen geführt:

·        Er entspricht dem Bild der gesellschaftlichen Realität im Verhältnis von Staat und Kirche, wie es sich im Laufe der historischen Entwicklung ergeben hat, und spricht in Ergänzung zu den bereits in Abs. 6 angesprochenen Sachverhalten in allgemeiner Form und in einer Dialogverpflichtung die Tatsache an, dass Kirchen in Bereichen tätig werden, wo sie auch staatlicherseits als wünschenswert angesehene Leistungen erbringen.

·        Er entspricht genau einem gemeinsamen Vorschlag der gesetzlich anerkannten christlichen Kirchen (vgl. dazu auch den angeschlossenen Motivenbericht), der im übrigen auf Art. I-51 des EU-Verfassungsentwurfes beruht.

 

Position 2 (contra):

 

·        Der Vorschlag ist in seiner Gesamtheit abzulehnen, weil er eine staatskirchenrechtliche und soziopolitische Gemengelage von Kirche(n) und Staat festschreibt und vertieft. Er führt zu einer Fortsetzung von Verflechtungen und unangemessenen Privilegierungen und steht einer gesellschaftlich wünschenswerten Entwicklung der allgemeinen Trennung von Kirche und Staat im Wege.

·        Die im Vorschlag angesprochene Beistandsgewähr legitimiert Ungleichbehandlungen. Die Formel von einem „besonderen gesamtstaatlichen Beitrag“ suggeriert besondere histori­sche Entwicklungsleistungen und verdeckt die Tatsache, dass Kirchen und religiöse Insti­tutionen verschiedentlich auch Anteil an gesellschaftlicher Unterdrückung gehabt haben.

·        Für eine Botschaft in die Richtung des Vorschlages besteht weder Bedarf noch Aussicht auf einen Beitrag zur Weiterentwicklung. Um die verfassungsrechtliche Freiheit der Religionsbekenntnisse zu gewährleisten, genügen die Vorschläge in den Absätzen 1 bis 6.

·        Dem Abs. 7 sind keine spezifisch grundrechtlichen Gewährleistungen zu entnehmen; es handelt sich inhaltlich um Staatszielbestimmungen und institutionelle Garantien.

 

Position 3 (Differenzierungen):

 

·        Das Anliegen nach einer Festschreibung der Zusammenarbeit von Kirche und Staat sollte – wenn überhaupt – im Rahmen von Staatszielbestimmungen und gemeinsam mit einem Zusammenarbeitsgebot für andere gesellschaftspolitisch relevante Gruppen geregelt werden. Denn auch andere Organisationen erbringen besondere gesamtstaatliche Beiträge kultureller und sozialer Art.

·        Die besonderen gesamtstaatlichen Beiträge der gesetzlich anerkannten Kirchen und Reli­gionsgemeinschaften sind keineswegs gleichartig und sollten daher – wenn überhaupt – entsprechend differenziert berücksichtigt werden.

·        Hinsichtlich des unter Position 1 geführten Arguments der Parallele zum EU-Verfassungs­entwurf soll festgehalten werden, dass der Ausschussentwurf konkretere Garantien als der EU-Verfassungsentwurf enthält und die Übernahme der allgemeinen Formulierung dieses Entwurfs das Schutzniveau nicht anheben würde. Dazu kommt, dass im Verfassungs­entwurf der EU keine Beistandspflicht vorgesehen ist.

 

Prof. Gleixner bemerkt, dass die Ökumenische Expertengruppe die Einwendungen ernst nimmt und einen überarbeiteten Entwurf einbringen wird, in dem die unbestimmten Begriffe („Beistand“, „Dialog“) nach Voraussetzungen und Inhalt präzisiert werden. Damit ist die Behandlung des Themas „Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit“ abgeschlossen.

 

Der Ausschuss setzt seine Beratungen fort und behandelt das Thema „Vereins- und Versammlungsfreiheit“ auf Basis der Teilsynopsen C21 und C22 (siehe Anlage 2).

 

Zu Art. x Abs. 1:

 

Allgemeine Zustimmung findet der Vorschlag von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter:

 

(1) Jede Person hat das Recht, sich friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen.

Zu Art. x Abs. 2:

Hiezu liegen folgende Textvorschläge aus dem SPÖ-Gesamtvorschlag vor:

 

Für die Versammlungsfreiheit:

(2)Eine behördliche Anmeldung darf nur für Versammlungen unter freiem Himmel verlangt werden.

Für die Vereinsfreiheit:

(2) Die Bildung von Vereinen darf nicht von einer behördlichen Bewilligung abhängig gemacht werden.

 

Hiezu wurde noch keine Lösung erzielt. Das Thema wird in der nächsten Sitzung weiter behandelt.

 

 

Tagesordnungspunkt 6: Allfälliges

 

Bei der nächsten Ausschusssitzung werden die Themen „Vereins- und Versammlungsfreiheit“ (Fortsetzung), „Fundamentalgarantien“ und „soziale Grundrechte“ behandelt.

 

Die nächste Ausschusssitzung findet am

 

Montag, 22. März 2004, von 10.00 bis 16.00 Uhr

 

statt.

 

Der Ausschussvorsitzende dankt den Anwesenden für die konstruktive Mitarbeit und schließt die Sitzung.

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 4:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

 

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk e.h.                                Mag. Birgit Caesar e.h.

 

 

 

 

 

2 Anlagen