37. Sitzung des Präsidiums des Österreich–Konvents

23. November 2004, 9.00 Uhr, 1017 WienParlament, Empfangssalon, Ende 17.00 Uhr

Protokoll

Teilnehmer:

Dr. Franz Fiedler, Präsident des Rechnungshofes a.D.

Vorsitzender des Präsidiums

 

Dr. Peter Kostelka, Volksanwalt

Stellvertretender Vorsitzender des Präsidiums

 

Angela Orthner, Erste Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages

Stellvertretende Vorsitzende des Präsidiums

 

Dr. Eva Glawischnig, Abgeordnete zum Nationalrat

Mitglied des Präsidiums

 

Dr. Claudia Kahr, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes

Mitglied des Präsidiums

 

Univ.Prof. Dr. Andreas Khol, Präsident des Nationalrates

Mitglied des Präsidiums

 

Herbert Scheibner, Klubobmann

Mitglied des Präsidiums

Anwesend:

Abgeordneter zum Nationalrat Dr. Dieter Böhmdorfer, beigezogen von Klubobmann Herbert Scheibner

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, beigezogen vom stellvertretenden Vorsitzenden

Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter,  beigezogen vom Präsidenten des National­rates

Landtagsdirektor Dr. Helmut Hörtenhuber, beigezogen von der stellvertretenden Vorsitzenden

Mag. Jochen Danninger, beigezogen vom Präsidenten des Nationalrates

Dr. Marlies Meyer, beigezogen von der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Eva Glawischnig

Mag. Thomas Sperlich, beigezogen von der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Eva Glawischnig

Mag. Ronald Faber, beigezogen vom stellvertretenden Vorsitzenden

Mag. Katharina Peschko-Gruber, beigezogen von Klubobmann Herbert Scheibner

Mag. Joachim Preiss, beigezogen vom Mitglied des Verfassungsgerichtshofes

Mag. Birgit Caesar, beigezogen vom Vorsitzenden

Dr. Renate Casetti, beigezogen vom Vorsitzenden

Dr. Gerald Grabensteiner, beigezogen vom Vorsitzenden

 

Tagesordnung:

1.)       Grundrechte und Staatsziele

2.)        Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit

3.)        Allfälliges

 

zu 1.)   Grundrechte und Staatsziele

Einleitend findet eine Generaldebatte zum Thema „Grundrechte“ statt. Als Arbeits­grundlage für die Beratungen wird zunächst das Papier der Sozialpartner über soziale Grundrechte im Bereich der Arbeitswelt herangezogen. Darüber hinaus werden folgende Bereiche in die Diskussion eingebracht: Recht auf Bildung, Gesundheitsschutz, Umwelt­schutz, Verbraucherschutz, Recht auf Wohnung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Daseinsvorsorge. Weiters werden die Themen Asylrecht, Antidiskriminierungs-rechte, Staats­bürgerschaftsrecht und Tierschutz behandelt.

Es wird festgehalten, dass Grundrechte – auch soziale Grundrechte – durchsetzbar sein müssen. Diesbezüglich werden auch die Subsidiarbeschwerde und die Verfassungs-beschwerde sowie die Fragen der Staatshaftung angesprochen. . Dissens gibt es bezüglich der Verbandsklage und beim Bezug von Leistungsansprüchen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

Die Unterscheidung zwischen Bürgerrechten und Menschenrechten ist bei der Behandlung der einzelnen Grundrechte anzusprechen.

Das Präsidium klärte im ersten Schritt die Frage, ob ein bestimmter Wert als Grundrecht verankert werden sollte, im zweiten Schritt wurde geklärt, ob es zur konkreten Ausge-staltung Konsens gibt.

Das Präsidium diskutiert in der Folge einzelne Grundrechte anhand der Übersicht der im Ausschuss 4 behandelten Grundrechte (Synopse vom 18.11.2004). Die Darstellung folgt der Reihenfolge, in welcher die Themen im Präsidium behandelt werden.

Recht auf Bildung

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Zusätzlich zu den vorliegenden Varianten werden weitere Textvorschläge erstattet bzw. angekündigt. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Schutz der Gesundheit

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Grundrecht zu verankern. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Schutz der Umwelt

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht zu verankern. Es wird diskutiert, ob eine Verankerung als Grundprinzip (nicht Baugesetz im Sinne des Art 44 Abs 3 B-VG ) im Sinn der Gliederung des Ausschusses 2 bzw als Staatsziel oder als Grund­recht erfolgen soll. Die Beratungen zu diesem Thema werden vorläufig zurückgestellt.

Recht auf existenzielle Mindestversorgung

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht auf Basis des Papiers der Sozialpartner zu verankern. Zum Vorschlag, das Recht auf jene Personen zu beschränken, die in Österreich ihren rechtmäßigen Aufenthalt haben, besteht kein Konsens. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Recht auf soziale Sicherheit

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Keine Einigung gibt es bezüglich der Textierung dieses Grundrechtes.

Recht auf Verbraucherschutz

Über die grundrechtliche Verankerung dieses Bereichs gibt es Dissens.

Recht auf Wohnung

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht im Sinn der Ausschussvariante 4 zu verankern („Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnen.“).

Von einem Mitglied des Präsidiums wird vorgeschlagen,  ein Recht auf „menschen­würdiges Wohnen“ zu verankern .

Recht auf Arbeit

Es besteht Konsens, dieses Recht als Menschenrecht im Sinn der Ausschussvariante 1 zu verankern.

In diesem Zusammenhang besteht auch Konsens, das Recht auf gleiches Entgelt für gleich­wertige Arbeit bei dem Grundrecht betreffend die Gleichheit von Frau und Mann festzu­schreiben („Frauen und Männer sind in allen Bereichen gleichberechtigt. Dies schließt das Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ein.“).

Recht auf Arbeitsvermittlung

Es besteht Konsens, dieses Recht als Menschenrecht im Sinn der Ausschussvariante 1 zu verankern.

Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Zusätzlich zu den vorliegenden Varianten werden weitere Textvorschläge erstattet bzw. angekündigt. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Recht auf Zugang zu Leistungen von allgemeinem Interesse

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Koalitionsfreiheit

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Rechte von anderen Formen freiwilliger oder gesetzlicher Interessenvertretungen sollen dadurch nicht eingeschränkt werden. Dissens gibt es bezüglich eines allfälligen Gesetzesvorbe­haltes.

 

Berufsfreiheit und unternehmerische Freiheit

Es besteht Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Der vom Ausschuss vorgeschlagene Text findet Zustimmung.

Allgemeiner Gleichheitssatz, allgemeines Diskriminierungsverbot

Es besteht  Konsens, den Allgemeinen Gleichheitssatz   als Menschenrecht zu verankern. Der Text des Ausschusses 4 zum allgemeinen Gleichheitssatz findet allgemeine Zustimmung. Dissens besteht über die zusätzliche Anführung einzelner Diskriminierungsverbote. Hin­sichtlich der genauen Ausgestaltung des allgemeinen Diskriminierungsverbots soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Gleichheit von Frau und Mann

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern.

Es wird folgender Textvorschlag eingebracht:

„(1) Frauen und Männer sind in allen Bereichen gleichberechtigt. Dies schließt das Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ein.

(2) Frauen und Männer haben das Recht auf tatsächliche Gleichstellung und die Beseitigung bestehender Benachteiligungen wegen des Geschlechts.“

Zusätzlich wird vorgeschlagen, die Verbandsklage, eine Geschlechterverträglichkeitsprüfung sowie eine Verpflichtung zur geschlechtsspezifischen Verwendung von Amtsbezeichnungen in die Bestimmung aufzunehmen. Dazu besteht kein Konsens.

Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Rechte von Menschen mit Behinderung

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Hin­sichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

 

Rechte von Kindern

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Rechte von älteren Menschen

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Rechte der Volksgruppen

Über die grundrechtliche Verankerung dieses Rechts besteht Konsens. Dissens besteht darüber, ob die über verschiedene Rechtsquellen verstreuten bestehenden Garantien textlich zusammengeführt werden sollen, oder ob der Volksgruppenschutz inhaltlich ausgebaut werden soll (offener Volksgruppenbegriff, Gleichstellung aller Volksgruppen, Aufnahme des interkulturellen Dialogs, Verbandsklagerecht).

 

Asylrecht

Es besteht grundsätzlich Konsens, dieses Recht als Menschenrecht zu verankern, nicht jedoch über die genaue Ausgestaltung. Zusätzlich zu den vorliegenden Varianten wird ein weiterer Textvorschlag angekündigt.. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung soll das Vorbereitungskomitee einen Vorschlag ausarbeiten.

Staatsbürgerschaftsrecht

Es besteht kein Konsens über die Frage, ob die Staatsbürgerschaft als Grundrecht verankert werden soll (als Prinzip des „ius soli“ oder des „ius sanguini“).

Tierschutz (im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit)

Dieses Thema wurde vom Ausschuss 4 im Zusammenhang mit der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit behandelt. Im Präsidium gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen: Verankerung als „Grundprinzip“ (nicht Baugesetze im Sinne des Art.44 Abs.3 B-VG) bzw als Staatsziel oder als allgemeiner Gesetzesvorbehalt zu den Grundrech­ten. Univ.Prof. Dr. Funk und Univ.Prof. DDr. Grabenwarter werden ersucht, dazu einen Textvorschlag auszuarbeiten.

Vorgangsweise zur Erstellung des Endberichts

Das Präsidium diskutiert die Vorgangsweise zur Erstellung des Endberichts des Österreich-Konvents und dessen Aufbau bzw. Gliederung. Dazu legen Dr. Kahr und Dr. Kostelka ein Papier betreffend „Überlegungen zum Endbericht des Österreich-Konvents“ vor. In der Diskussion wird insbesondere die Frage angesprochen, ob der Bericht eine Darlegung der einzelnen Ausschussergebnisse und/oder einen durchgehenden Text für eine neue Bundes­verfassung enthalten soll. Diesbezüglich werden auch die Vorgaben des Gründungsko­mitees und der Geschäftsordnung diskutiert. Ferner wird darauf hingewiesen, dass der Entwurf des Endberichts rechtzeitig vor der Behandlung im Plenum den Mitgliedern des Konvents vorliegen muss. Diese Fragen sollen bei der nächsten Sitzung des Präsidiums weiter diskutiert werden.


Weitere Termine

Das Präsidium nimmt folgende weiteren Termine in Aussicht:

29.11.2004, 11.00 –16.00 Uhr: Präsidium (Themen: Demokratische Kontrollen, Grundrechte, Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit, allenfalls Reform der Verwaltung)

01.12.2004, 10.00 Uhr: Konvent (Behandlung der Berichte der Ausschüsse 3, 5, 6, 6 und 7, 7, 8, 9)

06.12.2004, 10.00-16.00 Uhr: Präsidium

07.12.2004, 10.00-13.00 Uhr: Präsidium

 

Um 17.00 Uhr wird die Sitzung beendet. Die noch nicht behandelten Punkte der Tagesordnung werden auf die folgenden Sitzungen des Präsidiums vertagt.