Bericht

des Arbeitskreises des Ausschusses 10

(Besprechung am 24. März 2004)

 

 

 

In der 2. Sitzung des Ausschusses am 10. März 2004 wurde vereinbart, in einem Arbeitskreis folgende Themen zu erörtern:

 

  1. Ziele, die in die Finanzverfassung aufgenommen werden sollten
  2. Prinzip der „Parität“
  3. der Verpflichtung zur Führung von Verhandlungen im Sinne von § 7 FAG
  4. Integrierung des Stabilitätspakts und des Konsultationsmechanismus im F-VG
  5. Aufgabenorientierung – Verankerung im F-VG
  6. Anführung konkreter Steuerfindungsrechte im F-VG

 

 

Zur Sitzung des Arbeitskreises am 24. März 2004 wurden die Mitglieder des Ausschusses geladen. An der Sitzung haben teilgenommen:

 

MMag. Dr. Anton Matzinger (für BK Dr. Schüssel)
Dr. Reinhard Meißl (für LH Dr. Pröll)

Dr. Walter Starlinger (für LH Dr. Pühringer)

Dr. Egon Mohr (für LH Dr. Sausgruber)

Mag. Christine Salcher (für LH DDr. van Staa)

Dr. Ulrike Schebach-Huemer und Mag. Dietmar Griebler (für Bgm. Dr. Häupl)

Mag. Nikolaus Drimmel (für Präs. Mödlhammer)

Mag. Ronald Faber (für Dr. Heinz Fischer)
Dr. Eduard Trimmel (Ausschussbetreuer)

 

 

Der Arbeitskreis erörterte obige Themen und war bemüht, die diesbezüglichen Meinungen und Ergebnisse der Ausschusssitzung vom 10. 3. 2004 aufzubereiten.

 

 

Ad 1) Ziele, die in die Finanzverfassung aufgenommen werden sollten:

 

Grundsätzlich wurde festgehalten, dass bei der Aufnahme von Zielen in die Finanzverfassung zu beachten ist, ob die Ziele eine Richtschnur für die Rechtsanwendung und somit Grundlage für die Entscheidungen der Höchstgerichte oder als Staatszielbestimmung gestaltet sein sollen.

Hinsichtlich der Aufnahme von Staatszielbestimmungen wurde zu bedenken gegeben, dass diese aus systematischen Gründen in der Bundesverfassung aufgenommen werden sollten. Auf den offen gebliebenen Diskussionsstand im Ausschuss 1 wurde hingewiesen.

 

Sofern die Formulierung von Staatszielbestimmungen beabsichtigt ist, sind die Vorschläge des Arbeitskreises nicht abschließend.

 

1) Im Arbeitskreis wurde diskutiert, in der Finanzverfassung die bestehenden europarechtlichen Verpflichtungen Österreichs zur Haushaltskoordinierung und zur Haushaltsdisziplin im Sinn des Inkorporierungsgebotes des Konvents und zur Transparenz über die real bestehenden fiskalischen Verpflichtungen zur nachhaltigen Haushaltsführung sichtbar zu machen. Auf  den entsprechenden Vorschlag im Ausschuss 1 wurde hingewiesen:


Bund, Länder und Gemeinden haben einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt (Gesamtstaat) über einen Konjunkturzyklus sicher zu stellen und ihre Haushaltsführung im Hinblick auf diese Zielsetzung zu koordinieren. Dabei haben Bund, Länder und Gemeinden zu gewährleisten, dass die für die Haushaltskoordinierung erforderlichen Daten rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Bundesgesetzgebung regelt die näheren Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur Erreichung dieser Ziele. Dabei können insbesondere Verpflichtungen in Bezug auf Haushaltsergebnisse und Informationspflichten sowie Sanktionen für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtungen vorgesehen werden.“

Diese Regelung kann ausreichend flexibel ausgelegt werden und gewährleiste eine nachhaltige Budgetentwicklung. Nähere Ausführungen wären in einem einfachen Bundesgesetz zu regeln.

 

Bei der Regelung durch die Bundesgesetzgebung werden Gespräche der Gebietskörperschaften vorausgesetzt, die Grundsätze der Sachlichkeit und Gleichheit, der Fairness, der Nachvollziehbarkeit und der Transparenz sind zu beachten.

 

Ein weiterer Vorteil der Regelung wurde darin gesehen, dass eine Verweigerung aus Partikularinteressen zum gesamtstaatlichen Nachteil oder unsachliche Junktimierungen nicht möglich seien. Sicherheit für alle Gebietskörperschaften werde durch die Möglichkeit der nachfolgenden Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof geboten.


Obigem Vorschlag wurde entgegnet, dass eine innerstaatliche Bindung an europarechtliche Vorgaben bzw. eine Festschreibung von heute bestehenden Regelungen auf EU-Ebene bedenklich sei, da die europarechtlichen Vorgaben geändert werden könnten oder von einer Mehrheit der Staatengemeinschaft anders gehandhabt werden könnte. Österreich wäre in diesem Falle durch Selbstbindung von der europäischen Entwicklung abgekoppelt.

 

Gegen den Vorschlag einer Kompetenz des Bundes für die Haushaltsdisziplin der Gebietskörperschaften wurde vorgebracht, dass dem Bund nicht die alleinige Entscheidung zukommen dürfe. Die Festlegung der notwendigen Vorgaben für die Haushalte der Gebietskörperschaften hätte einvernehmlich zu erfolgen.

 

Als Ergebnis der intensiven Diskussion wurde in einer Regelung durch die Bundesgesetzgebung für das Ziel ausgeglichene Haushalte der Gebietskörperschaften und für die Koordinierung der gesamtstaatlichen Haushaltsverpflichtungen ein größeres Einigungspotential gesehen als in einer Kompetenz der Bundesgesetzgebung, Verpflichtungen zu bestimmten Haushaltsergebnissen oder Sanktionen vorzusehen. Vorgeschlagen wurde auch die Regelung durch eine Art. 15a B-VG Vereinbarung.

 

2) Im Zusammenhang mit der Diskussion zu Punkt 1 wurde auch vorgeschlagen, die Grundsätze des Stabilitätspaktes sowie jene des Konsultationsmechanismus (im derzeit bestehenden Regelungsumgang) in die Finanzverfassung aufzunehmen.

 

Die derzeitigen Formulierungen müssten entsprechend überarbeitet werden, um die Grundsätze der Fairness, Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Parität entsprechend umzusetzen.

 

Es wurde auch vorgebracht, die Wirkung des Konsultationsmechanismus im Sinne einer effektiven Durchsetzung von Kostenforderungen zu überdenken. Dem wurde die Forderung nach Beibehaltung des bestehenden Regelungsumfanges entgegengehalten.

 

Die Themen sind noch in nachfolgenden Ausschusssitzungen zu behandeln.

 

3) Zum Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse wurden unterschiedliche Meinungen vertreten. Es blieb vor allem offen, wie man gleichwertige Lebensverhältnisse abschließend definiert.

Es wurde auf die Problematik der unterschiedlichen Kosten für gleiche Ausgaben hingewiesen, die sich je nach der Größe der Gemeinden ergeben.

Mit diesem Grundsatz könnte ein Ausgleich zwischen den finanzschwachen und finanzstarken Kommunen erfolgen, damit sie für die Erbringung ihrer Leistungen finanziell angemessen ausgestattet werden.

 

4) Zum Grundsatz der Konnexität (eigene Kostentragung) als allgemeine Kostentragungsregelung bestand im Grunde kein Einwand.

Es wurde der Vorschlag eingebracht, die bestehende Ausnahmemöglichkeit bezüglich der Kostentragung durch die zuständige Gesetzgebung aufzuheben.

 

Vorausgesetzt wurde, dass insbesondere die Länder und Gemeinden mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden; dabei wird die vorhandene Finanzmasse den Maßstab zu bilden haben.

 

5) Die Berücksichtigung der Daseinsvorsorge in der Finanzverfassung wurde zur Diskussion gestellt.

Die Verankerung von speziellen Aufgaben als Staatszielbestimmungen wurde grundsätzlich auch kritisch gesehen. Für den Fall, dass solche Aufgaben in der Finanzverfassung (und nicht im B-VG) verankert werden sollen, behielten sich andere Ebenen die Nennung weiterer wesentlicher Bereiche/Ziele für das F-VG vor.

 

Ausführungen zum Begriff Daseinsvorsorge sind der Beilage zu entnehmen.

 

Die Notwendigkeit der Verankerung der Daseinsvorsorge wurde generell damit begründet, um eine ausreichende Finanzierung für diese Aufgabe gewährleisten zu können.

 

 

Ad 2) Parität:

Zum Grundsatz der Parität wurde ausgeführt, dass darunter die partnerschaftliche Einbeziehung aller Gebietskörperschaften bei der Gestaltung des Finanzausgleichs bzw. im Bereich der Finanzverfassung die Gleichwertigkeit der finanziellen Verantwortung hinsichtlich Ausgaben und Einnahmen sowie gleiche Rahmenbedingungen zur Bewerkstelligung der jeweiligen Aufgaben verstanden werden sollte.

Vollständige Parität sei realiter demgemäß daher nur möglich, wenn sich auch die Länder zu ihrer Verantwortung für ihre Aufgaben durch die Bereitschaft zur direkten Finanzierung durch ihre Landesbürger im Rahmen einer merklichen eigenen Steuerhoheit bekennen.

 

Von einigen Teilnehmern wurde vorgeschlagen, den Finanzausgleich nicht nur in der Praxis, sondern auch rechtlich einvernehmlich zu regeln. Allerdings wurde dazu übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass Regeln zu finden seien, die Blockaden aus Partikularinteressen zum Schaden aller Finanzausgleichspartner und unsachliche Junktimierungen verhindern.

 

Der Vorschlag einer automatischen Verlängerung des Finanzausgleichs in einem solchen Fall fand wegen der dadurch möglichen Reformblockade ebenso wenig einhellige Zustimmung wie eine Entscheidungsdelegation an ein politisches Gremium analog dem Ausschuss § 9 F-VG.

 

Hier wurde die Reformblockade in Deutschland, das eine ähnliche Regelung besitzt, als Negativbeispiel genannt.

 

Bezüglich einer automatischen Verlängerung des Finanzausgleichs wurde zu Bedenken gegeben, dass u.a. die Möglichkeit einer Prüfung der Sachgerechtigkeit der finanzausgleichsrechtlichen Regelungen durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr gegeben sein könnte.

 

Weiters wurde von einem Teil der Teilnehmer vorgeschlagen, eine Regelung zu treffen, wonach der Erlassung eines Finanzausgleichgesetzes verpflichtend Verhandlungen vorausgehen sollten; bei Einigung wäre dem Finanzausgleichgesetz eine erhöhte Bestandskraft im Sinn der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes zuzubilligen. Dies entspräche den derzeit gegebenen Verhältnissen.

 

 

Es wurde auch die Meinung vertreten, dass deutlichere und wirkungsvollere Regelungen überdacht werden sollten – obgleich der Grundsatz der Parität derzeit schon in der Finanzverfassung abgebildet ist.

 

Dabei solle aber darauf zu achten sein, dass die Möglichkeiten der Verhinderung des Zustandekommens eines Finanzausgleichs aus Partikularinteressen nicht gegeben sein sollten.

 

Weiters wurde von einem Teil der Teilnehmer gefordert, dass die Folgen einer Nichteinigung möglichst alle Beteiligten in gleicher Weise treffen sollte.

Ein Vorschlag wäre, dass die Steuern auf ein Sonderkonto überwiesen werden, zu dem nur ein sehr eingeschränkter Zugriff gegeben werden sollte.

Das Interesse am rechtzeitigen Zustandekommen eines neuen Finanzausgleiches müsste dann für alle Partner gleich groß sein.

 

Weiters wurde der notwendige Abschluss eines Paktums zum Finanzausgleich sowie ein Einspruchsrecht der Länder und Gemeinden gegen Gesetzesentwürfe des Bundes mit finanzieller Belastung dieser Gebietskörperschaften angeregt; es könnte allenfalls ein eigener Ausschuss im Parlament gebildet werden.

Dagegen wurde zu Bedenken gegeben, dass hier Reformblockaden und politisch-strategische Überlegungen in den Vordergrund treten könnten.

So könnte etwa eine Versteinerung der abgabenrechtlichen Regelungen die Folge sein.

 

Einigungspotential zu diesem Thema wurde insofern gesehen, als einhellig Blockademöglichkeiten negativ beurteilt wurden.

 

 Ad 3) Pflicht zur Führung von Verhandlungen gemäß § 7 FAG:

 

Gemäß § 7 des Finanzausgleichsgesetzes sind bei Mehrbelastungen, die als Folge von Maßnahmen des Bundes am Zweckaufwand der Gebietskörperschaften zu erwarten sind, Verhandlungen zu führen.

 

Es wurde die Forderung vorgebracht, diese Pflicht zur Führung von Verhandlungen in die Finanzverfassung aufzunehmen sowie entsprechende Durchsetzungsmöglichkeiten allenfalls berechtigter Anliegen vorzusehen.
Übereinstimmung zu diesem Thema konnte nicht erzielt werden.

 

Ad 4) Integrierung der Grundsätze des Stabilitätspaktes und des Konsultationsmechanismus:

 

Die Einarbeitung und Verfeinerung der Grundsätze des Stabilitätspaktes und jener des Konsultationsmechanismus wurde von allen Teilnehmern befürwortet.

Die näheren Ausführungen siehe oben zu Punkt 1.2.

 

Ad 5) Aufgabenorientierung des F-VG:

 

Zum Grundsatz der Zusammenführung von Aufgaben- Ausgaben- und Einnahmenverantwortung bestand im Grunde kein Einwand.

Alle Gebietskörperschaften müssten im Rahmen der Finanzausgleichsmasse mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden.

 

Zur stärkeren Betonung der Autonomie der Länder durch größere Steuerhoheit wurde kontroversiell diskutiert:

Die Deckung des Bedarfs durch die Vorschreibung von eigenen Steuern oder von Zuschlagsabgaben durch die Länder wurde von einem Teil der Teilnehmer, nicht zuletzt wegen gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, als nicht praktikabel angesehen.

Andererseits wurde in föderalistischer Sicht stärkere Autonomie der Länder in diesem Bereich gefordert (siehe auch Punkt 2 erster Absatz).

 

Ad 6) Anführung konkreter Steuerfindungsrechte im F-VG:

 

Dazu wurde festgehalten, dass über die zeitliche Befristung der Steuerfindungsrechte der Gemeinden, die derzeit im Finanzausgleichsgesetz im Einzelnen angeführt sind, im Rahmen der Verhandlungen zum Finanzausgleich zu beraten sein wird.

Diese Steuerechte sollten jedenfalls nicht in die Finanzverfassung aufgenommen werden.