Anregungen für verfassungsrechtliche Änderungen des Haushaltsrechtes

 

Globalbudget als Element einer neuen Verwaltungskultur in Österreich

 

Der Begriff des Globalbudgets ist immer stärker in den Mittelpunkt öffentlicher NPM-Debatten gekommen, noch häufig ist aber vielen Beteiligten unklar, was konkret darunter zu verstehen ist und welche Steuerungsmechanismen, Rechte und Pflichten innerhalb der Ressorts bzw. im Verhältnis der einzelnen Ressorts zum BMF damit verbunden sind.

 

Globalbudget meint in der internationalen Verwaltungsreformdebatte folgendes: Mit einem Globalbetrag wird ein vorher definiertes Leistungsspektrum für die Bürgerinnen und Bürger erbracht. Kern ist daher die Verbindung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung. Bezugsgröße ist eine in sich abgeschlossene Einheit, wie die Zentralstelle eines Ministeriums, nachgeordnete Dienststellen, wie z.B. eine Justizanstalt, eine Bundesanstalt, etc.

Deren finanzielle und fachliche Leistungserbringung wird kontrolliert und mit Anreiz- und Sanktionsmechanismen unterlegt. Mit anderen Worten: Die Verantwortlichen müssen für ihre Globalbudgets und die damit zu erbringenden Leistungen gerade stehen – im Erfolg wie im Misserfolg. Dienststellen welche die Zielsetzungen erfüllen, werden dafür belohnt, jene, die sie nicht erfüllen, werden sanktioniert.

Das stellt einen tiefgreifenden Wandel dar. Denn anstelle des „Rufes nach dem Finanzminister“ müssen innerhalb der Einheit, für die Verantwortung getragen wird, Prioritäten gesetzt werden.

 

Wenn die finanzielle und fachliche Ergebnisverantwortung von Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung durch entsprechende „Spielregeln“ verankert wird, wenn Dienststellen ihre Performance unmittelbar zu spüren bekommen – positiv oder negativ – dann kann sich das BMF - neben der verbleibenden Aufgabe der Budgeterstellung - im Budgetvollzug auf die Steuerung und Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems sowie auf die wesentlichen großen strukturellen Fragen und Vorhaben konzentrieren. Die Mitwirkung an Einzelentscheidungen kann weitestgehend entfallen. Sie werden in den einzelnen Dienststellen getroffen.

 

In der Folge wird skizzenhaft dargestellt, wie ein so verstandenes Globalbudget funktionieren könnte:

 

 

Erste Phase: Budgeterstellung

Aufbauend auf den Vorstellungen der Regierung über die fachlichen und finanzpolitischen Zielsetzungen der jeweiligen Legislaturperiode (zusammengefasst in einem integrierten Aufgaben- und Finanzplan, wo nachvollziehbar dargestellt wird, welche Politikschwerpunkte mit welchen finanziellen Ressourcen umgesetzt werden sollen, ohne dabei die finanzpolitischen Zielsetzungen der Regierung zu gefährden) wird das jährliche Budget erstellt. Es besteht grob gesagt aus zwei Elementen:

·         globale finanzielle Vorgaben für die Dienststellen (Personalstandsvorgaben könnten letztlich entfallen – jede Dienststelle entscheidet auf der Basis eines flexibilisierten Dienstrechtes selbst über den Mix an Sach- und Personalaufwand zur Erreichung der vorgegebenen fachlichen Ziele); Trennung der Vorgaben in „Verwaltungsmittel“ (umfasst Sach- und Personalaufwand als „Betriebsaufwand“) und „Programmmittel“ (Transfers, etc.). Die finanziellen Vorgaben für die Ressorts kommen vom BMF, die Ressorts teilen sie wiederum in globale Vorgaben für die einzelnen Dienststellen auf. Hintergrund: Ressourcenverantwortung muss auf der Ebene jeder Dienststelle umgesetzt werden, um tatsächlich den gewünschten Kulturwandel in der Verwaltung erreichen zu können, ein finanzieller Zentralismus der jeweiligen Zentralstelle würde dem widersprechen.

·         Fachliche Vorgaben (zu erzielende Wirkungen, zu erbringende Leistungen); diese orientieren sich am jeweiligen Integrierten Aufgaben- und Finanzplan der Bundesregierung. Sie werden vom Fachressort selbst formuliert und unterliegen ebenso wie die finanziellen Vorgaben der Einflussnahme und Beschlussfassung durch das Parlament.

 

Das jährliche Budget besteht damit aus folgenden Elementen:

A)     dem Bundesfinanzgesetz: Es unterliegt der Beschlussfassung durch den Nationalrat und bezieht sich sowohl auf finanzielle als auch fachliche Vorgaben und enthält wirkungsvolle Anreiz- und Sanktionsmechanismen zur Steuerung der finanziellen und fachlichen Zielerreichung.

B)     Budgetmaterialien, die nicht formell der Beschlussfassung durch den Nationalrat unterliegen, aber als Arbeitsbehelf wesentliche Hintergrundinformationen über das Budget enthalten, die sowohl auf die finanziellen als auch fachlichen Komponenten abstellen.

 

Die Budgetierung orientiert sich – soweit sinnvoll - an einem nach kaufmännischen Gesichtspunkten orientierten Rechnungswesen. Dessen Entwicklung und Implementierung wird erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

 

 

Zweite Phase: Budgetvollzug

Die Ressorts sind frei im Vollzug der ihnen zur Verfügung stehenden Globalbeträge, solange erkennbar ist, dass sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auskommen. Ein ausgebautes Budgetcontrolling und umfassende Informationsrechte des BMF stellen sicher, dass das BMF stets den Budgetvollzug tagesaktuell überblicken kann.

 

Wenn die Einhaltung der Globalbeträge nicht mehr gewährleistet sein sollte, werden Mechanismen in Gang gesetzt, die eine wirkungsvolle Gegensteuerung ermöglichen, z.B. weitgehende Mitbefassung des BMF bei Vorhaben von erheblicher finanzieller Bedeutung, bei Umschichtungen im Ressortbudget, etc.

 

Im fachlichen Bereich stellen regelmäßige Berichte der Fachressorts an das Parlament sicher, dass ein zeitnaher Informationsfluss an den Gesetzgeber besteht.

 

Die budgetäre und fachlichen Zielerreichung wird durch Anreiz- und Sanktionsmechanismen unterstützt. Dazu gehören flexible Gehaltsbestandteile für Ressortleitung und Verwaltungspersonal. Budgetäre Fehlbeträge sind jedenfalls in den Folgejahren hereinzubringen, budgetäre Verbesserungsbeträge verbleiben – soweit endogene Faktoren betroffen sind - der erfolgreichen Dienststelle.

 

Rechnungsabschluss

Dieser erfolgt wie bisher durch den Rechnungshof, umfasst aber auch die Bewertung der fachlichen Zielerreichung.

 

Diese Grundsätze sollten sinngemäß nicht nur für den Bund sondern auch für die übrigen Gebietskörperschaften gelten.

 

Die detaillierten Regelungen wären in den jeweiligen Spezialgesetzen (für den Bund:

Bundeshaushaltsgesetz) zu verankern. Die hier skizzierte weitreichende Reform bedingt de facto die völlige Neufassung der entsprechenden Rechtsgrundlagen und weiters eine ausreichende Zeit für die Vorbereitung und Implementierung eines neuen Haushaltsrechtes. Dies bedeutet, dass die zugrundeliegenden Verfassungsbestimmungen erst mit einem Datum in Kraft treten sollten, das auf all dies Rücksicht nimmt.