Thomas Hofbauer / Klaus Poier

 

 

Eckpunkte für ein neues Unvereinbarkeitsgesetz

 

 

 

AA.

Politische Unvereinbarkeit

 

Der Ausschuss 8 ist zum überwiegenden Teil zur Überzeugung gelangt, dass die „politische“ Unvereinbarkeit, d.h. die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Ausübung verschiedener öffentlicher (politischer) Funktionen ausreichend geregelt ist. (A.11.1.)

 

Aus dem Bericht geht hervor, dass in diesem Zusammenhang kein legistischer Handlungsbedarf besteht und die diesbezüglichen Bestimmungen somit unverändert bleiben sollen.

Das bedeutet, dass die Landesgesetzgeber im Bereich der politischen Unvereinbarkeit ihre teilweise weiter gehenden Regelungen (z.B. Art. 46 der Tiroler Landesordnung 1989) beibehalten dürfen.

Die Möglichkeit, dass ein Mitglied der Landesregierung unentgeltlich die Funktion des Amtsf. Landesschulratspräsidenten ausübt, soll dem Landesgesetzgeber offen bleiben.

(Praktisch hilfreich wäre es allerdings, zumindest in Erläuterungen die derzeit im B-VG verstreut normierten Unvereinbarkeitsregelungen in einer Übersicht systematisch zusammenzuführen).

 

 

BB.

Wirtschaftliche Unvereinbarkeit

Die Unvereinbarkeit öffentlicher Funktionen mit Tätigkeiten in der Privatwirtschaft

 

 

I Grundsatzbestimmung im B-VG:

 

Art X

(1) Zur Wahrung der öffentlichen Interessen, zur Vermeidung von Interessenskonflikten und zur Sicherung und Verdeutlichung der Unabhängigkeit der Amtsinhaber können durch Gesetz die berufliche und sonstige wirtschaftliche Betätigung öffentlicher Funktionäre untersagt oder beschränkt sowie Verpflichtungen zur Information und Offenlegung geschaffen werden.

 

(2) Eine allfällige Untersagung oder Genehmigung einer beruflichen oder sonstigen wirtschaftlichen Betätigung obliegt bei öffentlichen Funktionären des Bundes dem hiezu berufenen Ausschuss des Nationalrates, bei öffentlichen Funktionären eines Landes dem hiezu berufenen Ausschuss des jeweiligen Landtages, ansonsten dem durch Gesetz hiezu berufenen Organ.

 

(3) Nähere Bestimmungen werden durch Bundesgesetz getroffen, zu dessen Erlassung im Nationalrat und im Bundesrat die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich sind.

 

(4) Durch Landesgesetz können für öffentliche Funktionäre der Länder und Gemeinden, für die eine bundesgesetzliche Regelung nicht vorliegt, nähere Bestimmungen getroffen werden.

 

(5) Übt ein Amtsinhaber eine untersagte oder nicht genehmigte Tätigkeit gemäß Abs. 1 aus, so kann der in Betracht kommende allgemeine Vertretungskörper oder nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften das im Sinne des Abs. 2 zuständige Organ beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, auf Verlust des Amtes oder des Mandates zu erkennen. Im Falle einer geringfügigen Rechtsverletzung kann sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung des Vorliegens einer Rechtsverletzung beschränken.

 

(6) Wird einem Amtsinhaber eine berufliche oder sonstige wirtschaftliche Betätigung nicht genehmigt oder untersagt, kann er beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen.

 

 

 

II Allgemeines zum verfassungsausführenden Unvereinbarkeitsgesetz:

 

1.        Wie bisher sollen wirtschaftliche Unvereinbarkeiten für alle drei Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) gelten. Im Gemeindebereich allerdings nur für Bürgermeister von Städten mit eigenem Statut, ihre Stellvertreter und die Mitglieder des Stadtsenates in den Städten mit eigenem Statut. Die Hereinnahme von Kleingemeinden wäre überschießend und für die Amtsträger mitunter existenzgefährdend. (A.11.3.)


2.        Im Sinne der Rechtssicherheit sind interpretationsbedürftige Generalklauseln bei der Beschreibung der Unvereinbarkeitstatbestände zu vermeiden. (A.11.5.)

           Die derzeit im § 4 des Unvereinbarkeitsgesetzes 1983 normierten Tatbestände, die auf bestimmte Funktionen in bestimmten Gesellschaftsformen abstellen, scheinen zum Teil willkürlich und unlogisch.

           So ist z.B. nicht einzusehen, dass sich der Geschäftsführer einer auf dem Gebiet des Bekleidungshandels tätigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung seine weitere Tä­tigkeit vom Unvereinbarkeitsausschuss genehmigen lassen muss, ein mit Büroartikeln (die allenfalls von einer Gebietskörperschaft angekauft werden könnten) handelnder Unternehmer aber nicht.

3.        Unter Beruf im Sinne des Unvereinbarkeitsgesetzes wird jede selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit verstanden. Darüber hinaus sind auch unentgeltliche Funktionen in der Privatwirtschaft (z.B. die unentgeltliche Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einer Gesellschaft des Handelsrechts) in das Unvereinbarkeitsrecht ausdrücklich aufzunehmen. (A.11.12.) (Ergänzungsmandat)

4. Ehrenamtliche Funktionen in einer politischen Partei, in einer gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen Berufsvereinigung sollen jedenfalls zulässig sein, ebenso ehrenamtliche Tätigkeiten in gemeinnützigen Vereinigungen. Auch bei diesen Funktionen soll es eine Meldepflicht geben.

5.        Für öffentlich Bedienstete, die ein Mandat (Nationalrat, Bundesrat, Landtag) ausüben, soll die Rechtslage unverändert bleiben. Lt. Ergänzungsmandat wird ersucht zu prüfen, ob die Normen im Unvereinbarkeitsgesetz angesiedelt werden sollen. (A.11.22.)

           Unseres Erachtens sollten die entsprechenden Regelungen auch weiterhin im Unvereinbarkeitsgesetz geregelt werden, da es sich um Fragen der Vereinbarkeit eines Berufes (wenn auch im öffentlichen Dienst) mit der Ausübung einer öffentlichen Funktion handelt.

6.        Die Verwaltung des eigenen Vermögens soll für sämtliche Funktionsträger (mit und ohne Berufsverbot) weiterhin möglich sein. (A.11.13.) Dabei soll jedoch der Missbrauch der eigenen Vermögensverwaltung zum Eingriff in Unternehmen verhindert werden.

 


III Funktionen mit grundsätzlichem Verbot einer Erwerbstätigkeit oder einer Funktionsausübung in der Privatwirtschaft

 

III.1. Funktionen mit absolutem Verbot einer Erwerbstätigkeit oder einer Funktionsausübung in der Privatwirtschaft:

Bundespräsident, Rechnungshofpräsident, Volksanwälte (Bund)

 

 

1.                  Jede über die politische Funktion hinausgehende selbstständige und unselbstständige Tätigkeit, die üblicherweise eine Erwerbstätigkeit darstellt, sowie die entgeltliche und unentgeltliche Ausübung von Funktionen in der Privatwirtschaft (z.B. Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat) sind ausnahmslos untersagt.

 

 

III.2.            Funktionen mit relativem Verbot einer Erwerbstätigkeit oder einer Funktionsausübung in der Privatwirtschaft:

Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder der Landesregierung, Präsident des Nationalrates, Klubobmänner im Nationalrat, Bürgermeister der Städte mit eigenem Statut.

 

1.                  Meldepflicht jeder entgeltlichen und unentgeltlichen Tätigkeit, die üblicherweise eine Erwerbstätigkeit darstellt, und jeder sonstigen Funktion in der Privatwirtschaft. (A.11.7.)

2.                  Weitere selbstständige und unselbstständige Tätigkeit nur möglich, wenn

a)  unentgeltlich und

b)  der zuständige Ausschuss die Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die Ziele des Unvereinbarkeitsgesetzes genehmigt.

3.                  Weitere oder neue Ausübung von Funktionen in der Privatwirtschaft (z.B. Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat) nur möglich, wenn

a)     unentgeltlich und

b)     - bei Ministern und Staatssekretären der Bund an betreffendem Unternehmen beteiligt und Bundesregierung erklärt, dass Tätigkeit in Bundesinteresse gelegen ist,

- bei Mitgliedern der Landesregierung das Land an betreffendem Unternehmen beteiligt und Landesregierung erklärt, dass Tätigkeit in Landesinteresse gelegen ist, oder

- bei Bürgermeistern der Städte mit eigenem Statut die Gemeinde an betreffendem Unternehmen beteiligt ist und der Stadtsenat erklärt, dass Tätigkeit im Gemeindeinteresse gelegen ist.

4.                  Der jeweilige Unvereinbarkeitsausschuss soll über die Zulässigkeit der weiteren (des Beginnes einer) Berufs- oder (Privatwirtschafts-)Funktionsausübung entscheiden. (A.11.8.)

5.                  Leitungsfunktionen in Vereinen, Interessensvertretungen sollten der Zustimmung des Unvereinbarkeitsausschusses bedürfen.

6.         Die Mitteilung des Eigentums an Unternehmen bzw. das Eigentum von Anteilsrechten und die damit verbundene Konsequenz (Verbot der Auftragsvergabe) im Sinne des § 3 des Unvereinbarkeitsgesetzes 1983 durch Mitglieder der Bundesregierung, durch Staatssekretäre und Mitglieder der Landesregierung sollen aufrecht bleiben und auch auf Bürgermeister von Städten mit eigenem Statut erstreckt werden. Die Einbeziehung der Anteilsrechte des Ehegatten soll hingegen wegfallen.

 

7.         Die Vermögensbekanntgabe im Sinne des § 3a des Unvereinbarkeitsgesetzes 1983 soll aufrecht bleiben (A.11.16. bis A.11.20.) und auf Bürgermeister von Städten mit eigenem Statut erstreckt werden.

 

 

D Funktionen ohne grundsätzliches Verbot einer Erwerbstätigkeit oder einer Funktionsausübung in der Privatwirtschaft

 

Übrige Nationalratsabgeordnete, Mitglieder des Bundesrates, Landtagsabgeordnete, Stadtsenatsmitglieder und Gemeinderäte der Städte mit eigenem Statut.

 

1. Meldepflicht jeder Erwerbstätigkeit oder Funktion in der Privatwirtschaft. (A.11.7.)

2. Grundsätzliches Recht zur weiteren Ausübung der Erwerbstätigkeit oder Funktion in der Privatwirtschaft. (A.11.9.)

3.        Der jeweilige Unvereinbarkeitsausschuss kann im Einzelfall die weitere Berufs- oder (Privatwirtschafts-)Funktionsausübung untersagen, wenn die politische Funktion zur Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteiles missbraucht wird oder der Versuch dazu vorliegt.

4.        Die Entscheidungskompetenz soll beim jeweiligen Unvereinbarkeitsausschuss liegen. (A.11.8.)