Wirtschaftspolitische Blätter

Diskussion/Schwerpunkt: Staatsquote und Verwaltungsreform

Heft 3/2002

 

Begleitend zur Diskussion über die Arbeiten der Aufgabenreformkommission und die Verwaltungsreform 2001 wurde dieser Schwerpunkt der Wirtschaftspolitischen Blätter mit folgenden Beiträgen gestaltet:

 

Bernhard Felderer/Bernhard Grossmann/Reinhard Koman

The Size of the Public Sector. Taxes, Social Spending and True Government Debt

„Für ein Projekt, das sich zum Ziel setzt, für eine repräsentative Gruppe von Ländern die jeweilige Größe des öffentlichen Sektors näher abzustecken und einen internationalen Vergleich anzustellen, bietet sich grundsätzlich eine Reihe von Anknüpfungspunkten. Ganz allgemein gesprochen knüpfen üblicherweise derartige kennzahlen („Staatsquoten“) im weitesten Sinn an die Einnahmen- und Ausgabenströme an, wie sie in den öffentlichen Haushalten nachgewiesen sind. Grundsätzlich werden hier die folgenden Indikatoren herangezogen: Abgabenquoten, Sozialquoten und Verschuldungsquoten. Derartige Staatsquoten sind allerdings bekanntermaßen durch diverse institutionelle, formelle und verrechnungstechnische Arrangements verzerrt und beschreiben aus dem einen oder anderen Grund nicht wirklich befriedigend das Ausmaß, in dem der Staat auf das wirtschaftliche und soziale Geschehen Einfluss nimmt. Eine weitere Analyse muss daher solche Verzerrungen aufspüren und den Versuch unternehmen, die prima vista nicht oder nur bedingt vergleichbaren Indikatoren „voll“ vergleichbar zu machen.

 

Wolfgang Weigel

Möglichkeiten zur Erfassung der Staatstätigkeit. Eine Bestandsaufnahme

„Umbau und Verkleinerung des öffentlichen Sektors schlagen sich zwar in einer sinkenden Staatsquote zu Buche, aber zugleich wecken sie auch (die alten) Zweifel an deren Aussagekraft. Besonders Augenmerk gilt dem Umstand, dass das sinkende Niveau des öffentlichen Haushaltes nicht automatisch eine Verringerung des Statseinflusses bedeutet, weil dieser sehr wohl über vielfältige prozesspolitische Einflüsse bzw. Regulierungsaufgaben präsent bleibt. Aber auch die Besitzstände ändern sich verhältnismäßig wenig, wenn mit nur formellen Privatisierungen oder „Ausgliederungen“ operiert wird. Dieser Beitrag gibt einen Überblick darüber, wie den genannten Phänomenen in der Messung der Staatstätigkeit Rechnung getragen wird.“

 

Alexander Rauner

Aussagefähigkeit von Staatsquoten. Analyse nach VGR anhand des Beispiels der Schweiz

 „Die OECD widmete sich 1999 in ihrem Schweizer Länderbericht den institutionellen Rahmenbedingungen des nationalen Abgabensystems. Die Schweiz weist im internationalen Vergleich bei den klassischen Indikatoren wie Abgaben- und Staatsausgaenquote niedrige Werte auf. Dadurch kam die Schweiz zu ihrem Ruf, ein Land mit geringem Anteil von Staatseinfluss bei der nationalen Ressourcenallokation zu sein. Für die aktuelle ökonomische Diskussion, die sich in letzter Zeit verstärkt um eine Neuabgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Sektor entwickelt hat, ist es daher besonders reizvoll, den spezifischen institutionellen Hintergrund des Schweizer Systems zu untersuchen.“

 

Frans van Waarden

Deregulation. Trading in one governance mechanism for less efficient others?

 “Everywhere, the free unfolding of market forces through deregulation and privatization has become a key issue of socio-economic policy. The US under Reagan and Britain under Thatcher took the lead in attempting to reduce state intervention and regulation of the economy. Their policies were also followed by many other countries including countries with formerly strongly organized and regulated economies, such as Sweden, the Netherlands, Germany and Austria. ‘Less rules, more market’, seems to be the maxim of such deregulation policies. The somewhat trivial assumption seems to be that deregulation will automatically result into more market competition. The present essay questions the self-evidence of such assumptions.”

 

Bruno Rossmann

Schlanker Staat. Durch Senkung der Abgabenquote und Reform der öffentlichen Verwaltung?

 „Diskussionen über Reformen der öffentlichen Verwaltung sind nichts Neues. Die Schlagworte der schwarz-blauen Regierungskoalition vom „Neuen Regieren“ und „Vom Sparen beim Staat anstatt beim Bürger“ verhalfen dem Thema Verwaltungsreform zu neuer Aktualität. Ein wenig erstaunt hat dabei, was alles unter den Begriff Verwaltungsreform – von tatsächlichen Reformmaßnahmen in der Verwaltung bis hin zum Personalabbau einschließlich der Frühpensionierungen – subsumiert wurde, wie unendlich hoch die Einsparungspotenziale einer Verwaltungsreform eingeschätzt werden und was daher aus diesen Einsparungen finanziert werden kann. In diesem Beitrag geht es um zweierlei: Es sollen die bisherigen Bemühungen zur Reform der Verwaltung ein wenig ausgeleuchtet werden und es sollen die Konsequenzen der geplanten Senkung der Abgabenquote aufgezeigt werden.“

 

Ulrich Zellenberg

Verwaltungsreform. Konzeptionelle und verfassungsrechtliche Probleme.

„Im Zuge der Durchführung der Verwaltungsreform werden nicht nur Konflikte deutlich, die zwischen den verfolgten Zielen bestehen; es zeigt sich auch – und das vor allem bei Ausgliederungen, den Plänen zur Neugestaltung des Rechts der öffentlichen Bediensteten und Deregulierungsschritten –, dass einzelne Maßnahmen und Vorhaben in einem Spannungsverhältnis zu Grundrechten und Verfassungsgeboten stehen.“