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Plenum
Stichworte: Einsetzung/Volksabstimmung/Präambel
Pressedienst des Österreich-Konvents/02/15.12.2003/Nr. 6

Fiedler bei Pressekonferenz: Für Volksabstimmung über neue Verfassung

Arbeiten im Konvent gehen gedeihlich voran


Wien (PK) - Gewichtige Stimmen sprächen für eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung, auch wenn eine solche nicht zwingend erforderlich sei. Man sollte auf diese Stimmen hören. Diese Auffassung vertrat heute der Vorsitzenden des Österreich-Konvents Franz Fiedler unter Hinweis auf Artikel I des Bundes-Verfassungsgesetzes: "Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volk aus", anlässlich einer Bilanz-Pressekonferenz nach sechs Monaten Konventsarbeit.


Grundsätzlich zeigte sich Fiedler mit den bisherigen Beratungen im Plenum und in den Ausschüssen zufrieden. "Wir liegen im Plan, die Arbeiten gehen gedeihlich voran", sagte er und er ortete auch eine durchaus positive Stimmung unter den Mitgliedern. Im Laufe der Diskussionen habe die Notwendigkeit, eine neue Verfassung zu schaffen, tiefer gegriffen und somit habe der Arbeitsprozess an Dynamik gewonnen. Der Vorsitzende zeigte sich auch optimistisch, dass der Konvent seine Arbeit Ende 2004 fertig stellen könne, und wollte sich keineswegs durch das Scheitern der Verfassungsdiskussion auf EU-Ebene irritieren lassen. Er hielte es für defaitistisch, die Flinte ins Korn zu werfen, nur weil die EU am Wochenende gescheitert ist.


Fiedler unterstrich, dass der Konvent keine verfassungsgebende Versammlung und auch keine Legislativkörperschaft darstelle, sondern eine ad hoc einberufene Plattform, um einen Entwurf vorzulegen. Der Gesetzwerdungsprozess sei dann der zweite Schritt. Als wichtiges Prinzip gelte für ihn, die Diskussionen tabulos führen zu lassen. Jeder müsse seine Meinung äußern können, so Fiedler, auch wenn dem Konvent auferlegt worden sei, das demokratische, rechtsstaatliche, republikanische und bundesstaatliche Prinzip nicht anzutasten. Dennoch könnten innerhalb der föderalen Strukturen Änderungen vorgenommen werden und es seien auch keine Vorgaben gemacht worden, wie der föderale Rahmen in Zukunft ausgefüllt werde. In diesem Zusammenhang berichtete Fiedler nach einer konkreten Frage, dass es zum Thema Bundesrat und Landtage, wie auch zum Thema Bundespräsident die unterschiedlichsten Vorstellungen gebe, aber dies alles noch lange nicht ausdiskutiert sei.


Angesprochen auf eine etwaige Präambel meinte Fiedler, dass auch hier der Diskussionsbedarf noch nicht ausgeschöpft sei, er selbst könne aber mit und ohne Präambel leben. In Österreich habe eine Präambel wenig Tradition und sie sei auch bisher nicht abgegangen. Hinsichtlich des Gottesbezuges seien nach den klaren Stellungnahmen der Kirchen die Würfel gefallen. Jedenfalls sollte die Verfassung das Fundament für ein Rechtsgebäude schaffen und nicht durch Absichtserklärungen überfrachtet werden.


Der Vorsitzende des Konvents ging anfangs kurz auf die Gründe für die Einsetzung des Gremiums ein. Die Verfassung sei eben nicht mehr zeitgemäß, wenn man allein bedenke, dass diese zu den ältesten in Europa zähle. Darüber hinaus existiere keine eigentliche Verfassungsurkunde und so würden neben dem B-VG rund 1000 Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen existieren. Nach dem Beitritt zur EU habe man auch Kompetenzen nach Brüssel abgeben müssen, was ebenfalls ein neues Gesetzeswerk notwendig mache. Schließlich hätten auch ökonomische Gründe dafür gesprochen, nachdem man im Laufe der Bemühungen um eine Verwaltungsreform gesehen habe, dass die Verfassung durch die Überfrachtung mit operationalen, organisatorischen und administrativen Bestimmungen diesen Zielen eine enge Grenze setze. Man wollte daher eine Voraussetzung für eine Verwaltungsreform schaffen, mit dem Ziel eines schlanken und kostengünstigeren Staatsaufbaus und transparenteren und bürgernäheren Bestimmungen.


Zur Arbeitsweise des Konvents erläuterte Fiedler, dass die Hauptarbeit in den Ausschüssen geleistet werde, wo zu bestimmten Themen die Detaildiskussionen stattfänden. Neun dieser Ausschüsse seien bereits konstituiert und man könne damit rechnen, dass einige in zwei Monaten erste Textvorschläge vorlegen werden. Der Ausschuss zur Finanzverfassung werde erst in den nächsten Wochen konstituiert, berichtete Fiedler, dies deshalb, weil man über die Finanzverfassung erst dann sprechen wolle, wenn hinsichtlich der Kompetenzen Klarheit besteht. Textvorschläge würden dann im Präsidium beraten und dort werde auch entschieden, ob diese angenommen oder abermals überarbeitet werden müssten. Über die Inhalte würde nicht abgestimmt, sondern man werde seitens des Präsidiums und des Vorsitzenden versuchen, einen Kompromissvorschlag als Zusammenfassung vorzulegen.


Auf die kritische Anmerkung, ob es im Konvent nicht zu viele Interessenvertreter gebe, bemerkte Fiedler, dass er die Zusammensetzung für nicht schlecht halte, denn dadurch könne man vielleicht das vermeiden, was auf EU-Ebene passiert ist. Man müsse eben berücksichtigen, dass der demokratische Prozess gewissen Spielregeln folge und es sei besser, sich im Rahmen des Machbaren zu bewegen. (Schluss)


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