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Verfassung/Innenpolitik
Pressedienst des Österreich-Konvents/02/01.12.2004/Nr. 25

Heiße Diskussion um Konventsergebnisse

Ausschussergebnisse im Plenum


Zwtl.: "Die Reform der Verwaltung ist ein dauerhafter Prozess der Veränderung"


"Der Ausschuss sieht Reformbedarf", meinte Johannes Abentung, der Vorsitzende von Ausschuss 6 (Reform der Verwaltung), in seinem Bericht über das Ergänzungsmandat. So habe der Ausschuss zwei Modelle für eine Neuordnung der Schulverwaltung vorgelegt. Ob allerdings dem regionalen Bildungsmanagement oder den autonomen Schulbehörden der Vorrang zu geben sei, hielt der Ausschuss offen. Ebenso wenig konsentiert waren die Vorschläge zur Sicherheitsverwaltung. Vorgelegt wurden zwei Modelle für eine kombinierte Behördenstruktur und für Sicherheitsregionen. Dass die Grundsätze der Sicherheitsverwaltung auf alle Fälle in die Verfassung aufgenommen werden sollen, darüber herrschte im Ausschuss Konsens. Ziel sei, verfassungsrechtliche Grundstrukturen zu schaffen, damit durch Maßnahmen des einfachen Gesetzgebers die Verwaltung umfassend modernisiert und effizienter sowie sparsamer organisiert werden kann, betonte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Manfred Matzka forderte, das erweiterte Effizienzgebot, über das im Ausschuss Konsens herrsche, mit Inhalten zu füllen.


Zwtl.: Konventsarbeit in Diskussion


Bundesrat Albrecht Konecy forderte, Wege vorzugeben, wie die Arbeit des Konvents zu einem Ergebnis gelangen könne. Da jeder Bericht divergierende Standpunkte enthalte, müsse als Ergebnis ein Verfassungsdokument vorgelegt werden, das die Vielfalt der Meinungen wiedergebe. Es solle alles gesammelt werden, um darauf die Diskussion des Verfassungsgesetzgebers aufzubauen. Der Konvent werde nicht an einem einheitlichen Verfassungstext gemessen, sondern daran, ob er Probleme aufdecken kann, meinte Landtagspräsident Johann Hatzl. Das sei passiert. Nun könne die Politik darüber diskutieren und Lösungen finden. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller forderte, den politischen Prozess zu beginnen, da eine Verfassungsänderung von allen Parteien getragen werden müsse. Der Konvent könne hier nur Vorschläge liefern. Landtagspräsidentin Angela Orthner meinte, dass der Konvent einen Text vorlegen werde, der einen guten Kompromiss aus den Ausschussergebnissen präsentiere. Die politische Abstimmung müsse dann im Parlament vorgenommen werden. Auch Bundesrat Herwig Hösele appellierte an die Mitglieder, den Erfolg des Konvents sicherzustellen. Es sei im Interesse aller, einen neuen Verfassungstext zu schaffen. Dazu wären tragfähige Kompromisse von allen gefordert.


Zwtl.: Straffere Kompetenzfelder für Bund und Länder


Ausschuss 5 (Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden) sei es gelungen, mit der Erstellung von Kompetenzfeldern die bestehenden Kompetenztatbestände zu verdichten, meinte der Vorsitzende, Landtagsdirektor Peter Bußjäger, zu seinem ergänzenden Bericht. Viele Kompetenzen konnten auch bereits zugewiesen werden. Allerdings gebe es hier teils gravierende Auffassungsunterschiede. Der Ausschuss sprach sich überwiegend für ein 3-Säulenmodell der Kompetenzzuordnung aus, da eine gewisse Flexibilisierung unumgänglich sei, die bei einem 2-Säulenmodell nicht möglich wäre. Über die Ausgestaltung der 3. Säule konnte im Ausschuss jedoch kein Konsens erzielt werden. Hier wurde die Meinung vertreten, dass in dieser Frage die Politik zu einer Lösung kommen solle. Einig war man sich, dass die Zuordnung der Kompetenzen jedenfalls auf verfassungsrechtlicher Ebene zu erfolgen habe.


In der anschließenden Diskussion plädierte Landtagspräsident Michael Neureiter für die Stärkung der Länder, da die Landeskompetenzen näher bei den Bürgern angesiedelt seien. Univ.Prof. Theodor Öhlinger wandte ein, dass man die Gesetzgebungskompetenzen nicht diskutieren könne, ohne die Vollziehung mitzubedenken. Vorbild für Österreichs Kompetenzverteilung solle das Modell der EU und ihrer Mitgliedsstaaten sein. Er plädierte dafür, dem Bund dort die Gesetzgebungskompetenz zu erteilen, wo Bedarf an einheitlicher Regelung besteht.


Johannes Schnizer meinte, dass der Konvent ein Erfolg sei, wenn es ihm gelinge, die vorliegenden Ergebnisse der Ausschüsse zusammenzufassen, um so die politische Debatte zu eröffnen. Er kritisierte das von der ÖVP vorgelegte Kompetenzmodell, das nicht im Ausschuss behandelt wurde.


Klaus Poier erklärte, dass in Österreich die Kompetenzverteilung nicht eine Frage von Bund und Ländern, sondern von politischen Parteien sei. Er sprach sich für den Beschluss eines Kompetenzzuordnungsgesetzes aus, weil diese Frage auch politisch gelöst werden müsse. Hier sei das ÖVP-Modell ein geeigneter Vorschlag.


Johanna Ettl gab zu bedenken, dass nicht der Machtgedanke im Vordergrund stehen solle, sondern dass Grundregeln für das Zusammenleben der Menschen gefunden werden müssten. Gleichzeitig sei der Erhalt des Wohlstandes zu sichern. Österreich müsse ein einheitliches Wirtschaftsgebiet haben, jegliche „Schrebergartendiskussion“ sei nicht konstruktiv. Im Hinblick auf die Rechtssicherheit sei es wichtig, dass die Kompetenzzuordnung verfassungsrechtlich abgesichert sei.


Bundesminister Josef Pröll erklärte, dass nicht Partei- und Machtpolitik, sondern die Frage, wie man Österreich in Zukunft bürgernäher und wettbewerbsfähiger gestalten könne, im Vordergrund stehen müsse. Österreich sei EU-Mitglied und müsse daher – speziell in Kompetenzfragen – die EU-Verfassung im Auge behalten. Ziel für die neue Verfassung müsse sein, Österreich als Standort zu stärken.


Klubobmann Herbert Scheibner wies in seinem Diskussionsbeitrag darauf hin, dass das 3-Säulen-Modell des Ausschusses 5 keinen Konsens erlangt habe. Er halte zwei Säulen für ausreichend, da es nicht wichtig sei, neue Dinge zu erfinden, sondern die Kompetenzen vernünftig zuzuordnen. Er wies darauf hin, dass im Konvent viele Lösungsmöglichkeiten für die aufgezeigten Probleme geschaffen wurden und dass nur ein Kompromiss zum Ergebnis führen könne. Abschließend meldete sich Landtagsdirektor Peter Bußjäger noch einmal zu Wort und erklärte, dass niemand die Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes abschaffen wolle, dass das aber nicht bedeute, dass es nur einheitliche Regeln für die Wirtschaft geben dürfe.


Zwtl.: Vertrauen in die Politik durch demokratische Kontrolle


Anschließend berichtete die Zweite Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer, dass in Ausschuss 8 (Demokratische Kontrollen) unter anderem Mindeststandards für Kontrollrechte der Parlamente und für parlamentarische Minderheitenrechte erarbeitet wurden. Texte wurden formuliert, allerdings konnte kein Konsens gefunden werden. Außerdem wurden die Kompetenzen des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft diskutiert, hier wurden auch Textvorschläge erarbeitet, allerdings nicht konsentiert. Konsens gab es im Ausschuss 8 über die Durchbrechung der Diskontinuität von Volksbegehren. Abschließend meinte Barbara Prammer, dass der demokratischen Kontrolle ein besonderer Stellenwert eingeräumt werde, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik auszubauen. Und es gebe Bereiche, wo im Anschluss an den Österreich-Konvent eine politische Debatte nötig sei.


Günther Voith meinte, dass der Konvent erfolgreich sei. Nicht wegen seine ungeheuren Zahl an – oft im Dissens – erarbeiteten Vorschlägen, sondern weil er die Verfassungsauswüchse aufgezeigt habe. Eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform sehe er in den bisherigen Ergebnissen des Konvents nicht, auch das Sparsamkeits- und Effizienzgebot sehe er nicht verwirklicht. Nicht an die nächste Wahl, sondern an die nächste Generation müsse gedacht werden. Bundesrat Herwig Hösele meinte, dass alle Voraussetzungen für ein Gelingen des Konvents gegeben seien: Das Ziel sei ein tragfähiger, guter Kompromiss für die Zukunft. Daher sei die Vorlage eines Verfassungstextes wichtig.


Zwtl.: Modelle für Ausgliederungen und Weisungsfreiheit liegen vor


Manfred Matzka erklärte, dass nach Vorstellung von Ausschuss 7 (Strukturen besonderer Verwaltungseinrichtungen) die Weisungsfreiheit ermöglicht werden solle. Hier liege ein im Kern konsentierter Text mit fünf Punkten vor, wo diese weisungsfreien Organe geschaffen werden können. Zu Ausgliederungen hielt der Ausschuss fest, dass weder die parlamentarische noch die rechtsstaatliche Kontrolle durch Ausgliederungen berührt werden solle. Allerdings konnte im Ausschuss kein Konsens darüber erzielt werden, wo die Grenzen der Ausgliederung zu setzen sind, da die Kernaufgaben ideologisch unterschiedlich besetzt sind. Er zeigte sich zuversichtlich, dass ein Konsens für eine Ausgliederungsregel im Präsidium gefunden werden könne. Auch Generalsekretärin Anna-Maria Hochhauser bestätigte, dass im Ausschuss positive Ergebnisse erzielt wurden. Sie begrüßte, dass der Ausschuss bereits im ersten Bericht Konsens über nichtterritoriale Selbstverwaltung gefunden habe. Allerdings müssten die Entscheidungen auf politischer Ebene fallen. Hier hoffe sie aber, dass auf die Ausschussergebnisse Rücksicht genommen werde. Daran knüpfte auch Univ.Prof. Wilhelm Brauneder an. Er sprach sich auch dafür aus, dass das Präsidium Textvarianten vorlege.


Zwtl.: Verfassungsbereinigung auch bei den staatlichen Institutionen


Univ.Prof Gerhart Holzinger bestätigte, dass auch Ausschuss 3 (Staatliche Institutionen) Konsens darüber gefunden habe, die Verfassung zu bereinigen. So könnten die Verfassungsbestimmungen zum Nationalrat, zur Bundesregierung und der Organisation der Landesverwaltung reduziert werden. Allerdings müsse man die verfassungspolitischen Grenzen bei dieser Reduzierung beachten. Konsens bestand darin, dass die Wahlrechtsgrundsätze für die Nationalratswahl taxativ und abschließend im B-VG geregelt werden sollten. Bei Briefwahl und e-Voting sollten bei Landtags- und Gemeinderatswahlen dieselben Grundsätze gelten wie für Nationalratswahlen. Bei den Gemeinden habe der Ausschuss zwei Textvorschläge erarbeitet, die eine gute Basis für eine künftige Neuregelung bilden. Er betonte, dass der Ausschuss zwar nicht überall Konsens gefunden, aber eine gute Basis für den Verfassungsgesetzgeber aufbereitet habe und hoffe, dass sich diese Ergebnisse auch im Endbericht widerspiegeln.


In der anschließenden Diskussion meinte Kurt Stürzenbecher, dass die Bürger davon ausgehen können sollten, dass die neue Verfassung ein mehr an Demokratie und Partizipation schaffe. Deshalb wäre es aus demokratie- und integrationspolitischen Gründen wichtig, das kommunale Wahlrecht auf Nicht-EU-Bürger auszuweiten. Der Gesetzgeber solle hier eine Möglichkeit vorsehen, die das Ausländerwahlrecht ermöglicht, wie es in der Mehrzahl der "alten" EU-Staaten bereits der Fall sei.


Klaus Poier zeigte sich von den Ergebnissen bei der Briefwahl und dem e-Voting enttäuscht. Schließlich sei die Briefwahl ein Wunsch der Bevölkerung, dem man nachgeben müsse. So könne die Briefwahl auch in Österreich zu einem Massenphänomen werden, wenn sie die Bevölkerung ohne die Bekanntgabe besonderer Gründe ausüben könne.


Nationalratspräsident Andreas Khol meinte, dass Dissens in der Natur des Verfahrens liege, das Präsidium aber vor allem im Bereich der Grundrechte immer mehr Konsens finde. Er glaube, dass unter Termindruck noch viel mehr möglich sein werde. Es sei Auftrag des Gründungskomitees, einen Bericht mit Vorschlägen zu Verfassungsbestimmungen zu liefern, und die Berichte seien hier eine sehr gute Basis. In dem Schlussbericht können auch abweichende Stellungnahmen vorhanden sein.


Zwtl.: Landesverwaltungsgerichte und dreistufiger Gerichtsaufbau


Univ.Prof. Herbert Haller stellte das Modell vor, das Ausschuss 9 (Rechtsschutz, Gerichtsbarkeit) für eine dreistufige Gerichtsbarkeit gefunden hat. So sei es sinnvoll, Sprengel zusammenzulegen. Auch die Einrichtung von Verwaltungsgerichten erster Instanz in den Ländern sei ein Anliegen des Ausschusses. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Clemens Jabloner, meinte, dass Dissens über die Einführung der Verfassungsbeschwerde bestanden habe. Diese hätte Sinn, wenn eine Beschränkung möglich wäre. Allerdings wird diese Forderung aus der Praxis in Deutschland widerlegt. Die geplante Umgestaltung des Asylrechts widerspricht dem Ergebnis der Ausschussberatungen. Ausschuss 9 schlage vor, aus dem Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) ein Verwaltungsgericht erster Instanz zu machen, sodass die Kontrolle durch den VwGH möglich sei. Schließlich gehe es hier um die Existenz von Menschen. Der Präsident des Obersten Gerichtshofes, Johann Rzeszut, meinte, dass sich Ausschuss 9 um gute Ergebnisse bemüht habe. Zum Justizsenat merkte er an, dass Vorschläge für eine Einführung am Tisch liegen und die Richter auch in Budgetfragen gehört werden wollen. Zur Einklagbarkeit der sozialen Grundrechte meinte er, dass der Oberste Gerichtshof durchaus in der Lage sei, diese zu judizieren. (Schluss)


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