Diskussionsgrundlage 1

zum Ergänzungsmandat für den Ausschuss 3

Vorbemerkung

Die vorliegende Diskussionsgrundlage dient der Vorbereitung der Beratungen über das Ergänzungsmandat für den Ausschuss 3. Sie beruht vor allem auf folgender Überlegung: Es sollen nur die vom Präsidium konkret erbetenen Textvorschläge formuliert bzw. die darüber hinaus vom Präsidium konkret aufgeworfenen Fragen behandelt werden. Im Übrigen sollte der Bericht vom 9. Februar 2004 aufrecht bleiben.

I. Ergänzungsmandat gemäß der 20. Präsidiumssitzung am 29. April 2004

I.1. Politische Parteien

Ergänzungsmandat:

Wie sollen die Fragen der Aufgaben, der Stellung, der Finanzierung und der Kontrolle der politischen Parteien auf verfassungsgesetzlicher Ebene geregelt werden? Besteht in diesem Zusammenhang hinsichtlich des Art. I des Parteiengesetzes, BGBl. Nr. 404/1975 idF BGBl. I Nr. 71/2003, ein Änderungsbedarf, und wenn ja, in welcher Richtung?“

Rechtslage:

Die politischen Parteien sind im B‑VG - abgesehen von einer Unvereinbarkeitsbestimmung im Zusammenhang mit dem Verfassungsgerichtshof in Art. 147 Abs. 4 B‑VG - nicht ausdrücklich geregelt. Eine Verankerung auf verfassungsgesetzlicher Ebene erfolgte 1975 durch das Parteiengesetz, BGBl. Nr. 404, dessen § 1 in Verfassungsrang steht und wie folgt lautet:

§ 1. (1) Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art. 1 B-VG).

(2) Zu den Aufgaben der politischen Parteien gehört die Mitwirkung an der politischen Willensbildung.

(3) Die Gründung politischer Parteien ist frei, sofern bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ihre Tätigkeit darf keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden.

(4) Die politischen Parteien haben Satzungen zu beschließen, die in einer periodischen Druckschrift zu veröffentlichen und beim Bundesministerium für Inneres zu hinterlegen sind. Aus der Satzung hat insbesondere ersichtlich zu sein, welches ihre Organe sind und welche hievon zur Vertretung nach außen befugt sind, sowie welche Rechte und Pflichten die Mitglieder besitzen. Mit der Hinterlegung der Satzung erlangt die politische Partei Rechtspersönlichkeit.

(5) Dem Präsidenten des Rechnungshofes kann durch Bundesgesetz die Aufgabe übertragen werden, Listen von Spenden an politische Parteien entgegenzunehmen, zu verwahren und auf Ersuchen der betreffenden Partei öffentlich festzustellen, ob Spenden in der ihm übermittelten Liste ordnungsgemäß deklariert wurden.“

Überlegungen:

Die vom Präsidium aufgeworfene Frage, ob und inwieweit diesbezüglich ein Änderungsbedarf besteht, ist verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

In der Lehre wird in diesem Zusammenhang etwa vorgebracht, dass im geltenden Parteienverfassungsrecht eine explizite Bindung der Parteien in ihrer Tätigkeit und ihren Programmen an die Grundwerte der Bundesverfassung ebenso fehlt wie ein verpflichtender demokratischer Aufbau der innerparteilichen Strukturen. Weiters wird angemerkt, dass dem Staat für ein Vorgehen gegen verfassungswidrige Parteien nur unzureichende rechtliche Instrumente zur Verfügung stehen (siehe zu all dem Wieser, Art 1 ParteienG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht Rz 13, 44, 50 f).

In rechtstechnischer Hinsicht ist folgendes zu beachten: Entsprechend dem Bericht des Ausschusses 2 kann die Regelung nicht als Verfassungsbestimmung in einem einfachen Gesetz (Parteiengesetz) bestehen bleiben (siehe S 10 des Berichts des Ausschusses 2). Auch die Ausformulierung von § 1 des Parteiengesetzes als eigenständiger „Verfassungstrabant“ erscheint angesichts der Tatsache, dass es nur „einige wenige besondere Verfassungsgesetze“ (siehe S 11 des Berichts des Ausschusses 2) geben soll, wenig zielführend. Am zweckmäßigsten erscheint daher ein Einbau der Bestimmungen in das B‑VG. Dabei wäre zu überlegen, ob bzw. inwieweit die Abs. 4 und 5 auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene entbehrlich wären.

I.2. Sitz der obersten Organe

Ergänzungsmandat:

Besteht hinsichtlich der Regelung über die Bundeshauptstadt sowie über den Sitz der obersten Organe gemäß Art. 5 B‑VG unter Bedachtnahme auf allfällige Folgekosten sowie auf Gesichtspunkte der Flexibilität ein Änderungsbedarf?“

Rechtslage:

Artikel 5. (1) Bundeshauptstadt und Sitz der obersten Organe des Bundes ist Wien.

(2) Für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung den Sitz oberster Organe des Bundes in einen anderen Ort des Bundesgebietes verlegen.“

Überlegungen:

Die Regelung des Art. 5 Abs. 1 B‑VG bezieht sich auf alle obersten Organe des Bundes - sowohl der Gesetzgebung wie auch der Vollziehung. Der Grundsatz der räumlichen Zentralisierung der obersten Bundesorgane ist in Österreich somit uneingeschränkt verwirklicht. (Demgegenüber sind in anderen Staaten, wie etwa in Deutschland, insbesondere die Höchstgerichte räumlich dezentralisiert eingerichtet.)

Die vom Präsidium aufgeworfene Frage, ob und inwieweit diesbezüglich ein Änderungsbedarf besteht, ist verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

Überlegt werden könnte, ob Art. 25 B‑VG (vgl. auch die darauf verweisenden Art. 36 Abs. 3 und 38 B‑VG), der eine dem Art. 5 B‑VG entsprechende Regelung betreffend den Nationalrat beinhaltet, angesichts seines bloß wiederholenden Charakters entbehrlich ist.

I.3. Bundesversammlung

Ergänzungsmandat:

Besteht hinsichtlich der Regelungen betreffend die Bundesversammlung in den Art. 38 bis 40 B‑VG ein Änderungsbedarf?“

Rechtslage:

Artikel 38. Der Nationalrat und der Bundesrat treten als Bundesversammlung in gemeinsamer öffentlicher Sitzung zur Angelobung des Bundespräsidenten, ferner zur Beschlussfassung über eine Kriegserklärung am Sitz des Nationalrates zusammen.

Artikel 39. (1) Die Bundesversammlung wird - abgesehen von den Fällen des Art. 60 Abs. 6, des Art. 63 Abs. 2, des Art. 64 Abs. 4 und des Art. 68 Abs. 2 - vom Bundespräsidenten einberufen. Der Vorsitz wird abwechselnd vom Präsidenten des Nationalrates und vom Vorsitzenden des Bundesrates, das erste Mal von jenem, geführt.

(2) In der Bundesversammlung wird das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates sinngemäß angewendet.

(3) Die Bestimmungen des Art. 33 gelten auch für die Sitzungen der Bundesversammlung.

Artikel 40. (1) Die Beschlüsse der Bundesversammlung werden von ihrem Vorsitzenden beurkundet und vom Bundeskanzler gegengezeichnet.

(2) Die Beschlüsse der Bundesversammlung über eine Kriegserklärung sind vom Bundeskanzler amtlich kundzumachen.“

Überlegungen:

Überlegt werden könnte insbesondere, die Regelung betreffend eine Beschlussfassung über eine Kriegserklärung - vor allem im Hinblick darauf, dass Österreich gemäß Art. I des BVG Neutralität seine immerwährende Neutralität erklärt hat - entfallen zu lassen.

Sollten die Befugnisse des Bundespräsidenten im Zusammenhang mit der Einberufung des Nationalrates entfallen und die entsprechenden Regelungen über die Einberufung nicht mehr auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene normiert werden, dann müsste Gleiches auch für die in Art. 39 Abs. 1 erster Satz B‑VG enthaltene Vorschrift gelten.

Im übrigen ist die vom Präsidium aufgeworfene Frage, ob und inwieweit diesbezüglich ein Änderungsbedarf besteht, verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

I.4. Rückkehrrecht von Regierungsmitgliedern

Ergänzungsmandat:

Besteht hinsichtlich des in Art. 56 Abs. 2 bis 4 B‑VG normierten Rückkehrrechts von Regierungsmitgliedern in ihre (vormals innegehabte) Stellung als Nationalratsmandatar ein Änderungsbedarf? (Für den Fall einer Änderung ist auch die entsprechende Ermächtigung des Landesgesetzgebers in Art. 96 Abs. 3 B‑VG zu beachten.)“

Rechtslage:

Artikel 56. (1) ...

(2) Hat ein Mitglied der Bundesregierung oder ein Staatssekretär auf sein Mandat als Mitglied des Nationalrates verzichtet, so ist ihm nach dem Ausscheiden aus diesem Amt, in den Fällen des Art. 71 nach der Enthebung von der Betrauung mit der Fortführung der Verwaltung, von der zuständigen Wahlbehörde das Mandat erneut zuzuweisen, wenn der Betreffende nicht gegenüber der Wahlbehörde binnen acht Tagen auf die Wiederausübung des Mandates verzichtet hat.

(3) Durch diese erneute Zuweisung endet das Mandat jenes Mitgliedes des Nationalrates, welches das Mandat des vorübergehend ausgeschiedenen Mitgliedes innegehabt hat, sofern nicht ein anderes Mitglied des Nationalrates, das später in den Nationalrat eingetreten ist, bei seiner Berufung auf sein Mandat desselben Wahlkreises gegenüber der Wahlbehörde die Erklärung abgegeben hat, das Mandat vertretungsweise für das vorübergehend ausgeschiedene Mitglied des Nationalrates ausüben zu wollen.

(4) Abs. 2 und 3 gelten auch, wenn ein Mitglied der Bundesregierung oder ein Staatssekretär die Wahl zum Mitglied des Nationalrates nicht angenommen hat.“

Überlegungen:

Aus der Sicht der Regierungsmitglieder stellt die Regelung ein „Rückkehrprivileg“ dar. Aus der Sicht der für die Regierungsmitglieder „nachrückenden“ Mandatare beinhaltet die Regelung insbesondere eine Einschränkung des passiven Wahlrechts, die einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung bedarf. Die Regelung führt zu einer Differenzierung im Status der Abgeordneten.

Durch die Regelung soll sichergestellt werden, dass ein zum Mitglied der Bundesregierung ernanntes Mitglied des Nationalrates nicht endgültig auf sein Mandat verzichten muss. Das Rückkehrprivileg besteht unabhängig davon, aus welchem Grund der oder die Betreffende aus dem Amt ausgeschieden ist.

Die Regelung erstreckt sich nur auf Mitglieder der Bundesregierung (sowie Staatssekretäre), die zuvor Nationalratsabgeordnete waren. Nicht erfasst sind Mitglieder des Bundesrates oder eines Landtages sowie Mitglieder einer Landesregierung. Allerdings ermächtigt Art. 96 Abs. 3 B‑VG den Landesgesetzgeber, ein entsprechendes „Rückkehrprivileg“ für Landtagsabgeordnete vorzusehen, die in den Bundesrat oder in die Landesregierung wechseln.

Ob die entsprechende Regelung weiterhin zweckmäßig ist und beibehalten werden soll, ist eine rechtspolitische Frage, die im Ausschuss zu diskutieren sein wird.

Für den Fall der Beibehaltung des „Rückkehrprivilegs“ ist - in rechtstechnischer Hinsicht - zu überlegen, die eingehende Regelung auf Verfassungsebene durch eine Ermächtigung für den einfachen Gesetzgeber zu ersetzen, dahingehende Bestimmungen (etwa im GOG-NR) zu treffen.

I.5. Sonderregelungen für öffentlich Bedienstete

Ergänzungsmandat:

Besteht hinsichtlich der in Art. 59a B‑VG vorgesehenen Sonderregelungen für öffentliche Bedienstete im Zusammenhang mit ihrer Stellung als Nationalratsmandatar ein Änderungsbedarf? (Für den Fall eines Änderungsbedarfes sind auch die Regelungen in Art. 23b Abs. 1 und 2 sowie in Art. 95 Abs. 4 1. Satz B‑VG zu beachten.)“

Rechtslage:

Artikel 59a. (1) Dem öffentlich Bediensteten ist, wenn er sich um ein Mandat im Nationalrat bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren.

(2) Der öffentlich Bedienstete, der Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates ist, ist auf seinen Antrag in dem zur Ausübung seines Mandates erforderlichen Ausmaß dienstfrei oder außer Dienst zu stellen. Während der Dienstfreistellung gebühren die Dienstbezüge in dem Ausmaß, das der im Dienstverhältnis tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung entspricht, höchstens aber 75 vH der Dienstbezüge; diese Grenze gilt auch, wenn weder die Dienstfreistellung noch die Außerdienststellung in Anspruch genommen wird. Die Außerdienststellung bewirkt den Entfall der Dienstbezüge.

(3) Kann ein öffentlich Bediensteter wegen der Ausübung seines Mandates an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden, so hat er Anspruch darauf, dass ihm eine zumutbar gleichwertige – mit seiner Zustimmung auch eine nicht gleichwertige – Tätigkeit zugewiesen wird. Die Dienstbezüge richten sich nach der vom Bediensteten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.“

Artikel 23b. (1) Öffentlich Bediensteten ist, wenn sie sich um ein Mandat im Europäischen Parlament bewerben, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren. Öffentlich Bedienstete, die zu Mitgliedern des Europäischen Parlaments gewählt wurden, sind für die Dauer der Mandatsausübung unter Entfall der Dienstbezüge außer Dienst zu stellen. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.

(2) Universitätslehrer können eine Tätigkeit in Forschung und Lehre und die Prüfungstätigkeit auch während der Zugehörigkeit zum Europäischen Parlament fortsetzen. Die Dienstbezüge für diese Tätigkeit sind entsprechend den tatsächlich erbrachten Leistungen zu bemessen, dürfen aber 25% der Bezüge eines Universitätslehrers nicht übersteigen.“

Artikel 95. (1) ...

(4) Für öffentlich Bedienstete, die sich um ein Mandat im Landtag bewerben oder die zu Abgeordneten eines Landtages gewählt werden, gilt Art. 59a, strengere Regelungen sind zulässig. Durch Landesverfassungsgesetz kann eine Einrichtung mit den gleichen Befugnissen und der gleichen Pflicht zur Veröffentlichung eines Berichtes wie die der Kommission gemäß Art. 59b geschaffen werden.“

Überlegungen:

Die Regelung in Art. 59a Abs. 1 B‑VG dient der „Absicherung“ für öffentlich Bedienstete, sich politisch zu betätigen (was historisch nicht unbestritten war; vgl. auch Art. 7 Abs. 4 B‑VG). Bereits die Stammfassung des B‑VG, BGBl. Nr. 1/1920, enthielt in Art. 59 Abs. 2 eine dahingehende Regelung:

„(2) Öffentliche Angestellte, einschließlich der Angehörigen des Bundesheeres, bedürfen zur Ausübung eines Mandates im Nationalrat oder im Bundesrat keines Urlaubes. Bewerben sie sich um Mandate im Nationalrat, ist ihnen die dazu erforderliche freie Zeit zu gewähren. Das Nähere bestimmen die Dienstesvorschriften.“

Zweck dieser Bestimmung war, dass „die Ausübung des parlamentarischen Mandates nicht von der grundsätzlich im Ermessen der vorgesetzten Behörde gelegenen Urlaubserteilung abhängig sein soll.“[1]

Die Regelung in Art. 59a Abs. 2 und 3 B‑VG verfolgt hingegen das Ziel, „doppelte Bezüge“ von Beamten, die zugleich Mandatare sind, möglichst hintan zu halten. Zwar hat ein öffentlich Bediensteter Anspruch darauf, seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst auch im Falle der Ausübung eines politischen Mandates fortzusetzen, allerdings muss er eine Reduzierung seiner Bezüge in Entsprechung der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung (um mindestens 25%) und gegebenen Falles die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes hinnehmen.

Die Regelung des Art. 59a B‑VG erstreckt sich auf öffentlich Bedienstete aller Gebietskörperschaften. Die im Ergänzungsmandat ebenfalls angesprochenen Art. 23b Abs. 1 und 2 sowie 95 Abs. 4 B‑VG enthalten korrespondierende Regelungen für öffentlich Bedienstete, die sich um ein Mandat im Europäischen Parlament oder in einem Landtag bewerben bzw. die zu Mitgliedern des Europäischen Parlaments oder zu Abgeordneten eines Landtages gewählt wurden.

Hinzuweisen ist auf den Zusammenhang mit (der sehr ausführlichen Regelung des) Art. 59b B‑VG betreffend die Kontrolle der Bezüge von öffentlich Bediensteten, die zu Mitgliedern des Nationalrates oder des Bundesrates gewählt wurden:[2]

Artikel 59b. (1) Zur Kontrolle der Bezüge von öffentlich Bediensteten, die zu Mitgliedern des Nationalrates oder des Bundesrates gewählt wurden, wird bei der Parlamentsdirektion eine Kommission eingerichtet. Der Kommission gehören an:

           1. je ein von jedem Präsidenten des Nationalrates namhaft gemachter Vertreter,

           2. zwei vom Präsidenten des Bundesrates mit Zustimmung der Vizepräsidenten namhaft gemachte Vertreter,

           3. zwei Vertreter der Länder,

           4. zwei Vertreter der Gemeinden und

           5. ein Mitglied, das früher ein richterliches Amt ausgeübt hat.

Die Mitglieder gemäß Z 3 bis 5 sind vom Bundespräsidenten zu ernennen, wobei die Bundesregierung bei ihren Vorschlägen (Art. 67) im Falle der Z 3 an einen gemeinsamen Vorschlag der Landeshauptleute und im Falle der Z 4 an einen Vorschlag des Österreichischen Gemeindebundes und an einen Vorschlag des Österreichischen Städtebundes gebunden ist. Die Mitglieder der Kommission gemäß Z 1 bis 4 müssen Personen sein, die früher eine Funktion im Sinne des Art. 19 Abs. 2 ausgeübt haben. Mitglied der Kommission kann nicht sein, wer einen Beruf mit Erwerbsabsicht ausübt. Die Mitgliedschaft in der Kommission endet mit einer Gesetzgebungsperiode, jedoch nicht vor der Namhaftmachung oder Ernennung des neuen Mitgliedes.

(2) Die Kommission gibt auf Antrag eines öffentlich Bediensteten, der Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates ist, oder auf Antrag seiner Dienstbehörde eine Stellungnahme zu Meinungsverschiedenheiten ab, die in Vollziehung des Art. 59a oder in dessen Ausführung ergangener gesetzlicher Vorschriften zwischen dem öffentlich Bediensteten und seiner Dienstbehörde entstehen. Die Kommission gibt Stellungnahmen auch zu solchen Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Richter und einem Senat oder einer Kommission im Sinne des Art. 87 Abs. 2 sowie zu Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates und dem Präsidenten des Nationalrates in Vollziehung des Art. 30 Abs. 3 ab.

(3) Das Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates, das öffentlich Bediensteter ist, ist verpflichtet, der Kommission jährlich mitzuteilen, welche Regelung es betreffend seine Dienstfreistellung oder Außerdienststellung gemäß Art. 59a getroffen hat und auf welche Weise die von ihm zu erbringende Arbeitsleistung überprüft wird. Für Erhebungen der Kommission gilt Art. 53 Abs. 3 sinngemäß. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Kommission hat jährlich dem Nationalrat - soweit Mitglieder des Bundesrates betroffen sind, dem Bundesrat - einen Bericht zu erstatten, der zu veröffentlichen ist.“

Ob die entsprechenden Regelungen weiterhin zweckmäßig sind und beibehalten werden sollen, ist eine rechtspolitische Frage, die im Ausschuss zu diskutieren sein wird.

Für den Fall der Beibehaltung von Sonderregelungen für öffentlich Bedienstete ist - in rechtstechnischer Hinsicht - zu überlegen, die eingehende Regelung auf Verfassungsebene durch eine Ermächtigung für den einfachen Gesetzgeber zu ersetzen, dahingehende Bestimmungen zu treffen. Da die Abs. 2 und 3 des Art. 59a B‑VG (ebenso wie Art. 59b B‑VG) einen Konnex zum Bezügerecht aufweisen, ist zu überlegen, eine Akkordierung mit dem - die Verfassungsbestimmungen aus dem Bereich des Bezügerechts beratenden - Ausschuss 2 vorzunehmen.[3]

II. Ergänzungsmandat gemäß der 21. Präsidiumssitzung am 25. Mai 2004

Ergänzungsmandat:

Das Präsidium hat in der 21. Sitzung am 25. Mai 2004 beschlossen, dass die Ausschüsse in ihren weiteren Beratungen auch die im Tabellenteil des Zwischenberichts des Ausschusses 2 enthaltene „Zusammenstellung der in Geltung stehenden Regelungen in bundesverfassungsgesetzlicher Form“ (Bundesverfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen in Bundesgesetzen) berücksichtigen sollen.

Die Bundesverfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen aus dem Bereich „Bezügebegrenzung“ (74bvg - BezügebegrenzungsBVG 1987, 77bvg - BezügebegrenzungsBVG 1997 und 7vfb - bezügerechtliche Regelung im VfGG) sollen jedoch nicht, wie im Tabellenteil des Zwischenberichts des Ausschusses 2 vorgesehen, vom Ausschuss 3, sondern vom Ausschuss 2 selbst vertieft beraten werden.

Als zu berücksichtigende Normen verbleiben daher die laufenden Ziffern 25bvg (1. B‑VG-Novelle 1962), 433vfb (Regelung im Zusammenhang mit dem Begnadigungsrecht des Bundespräsidenten im Heeresdisziplinargesetz 2002), 10bvg (Regelung im Zusammenhang mit dem Begnadigungsrecht des Bundespräsidenten im ÜG 1920) sowie 60vfb (Parteiengesetz).“

II.1. § 4 der B‑VG-Novelle 1962, BGBl. Nr. 205, betreffend Grundsätze des Gemeinderechts

Rechtslage:

§ 4. Die bisherigen Städte mit eigenem Statut bleiben als solche bestehen.“

Überlegungen:

Die verfassungsgesetzliche Garantie der bestehenden Städte mit eigenem Statut hat zur Folge, dass diese Städte unabhängig vom Erfüllen der in Art. 116 Abs. 3 B‑VG normierten Voraussetzungen jedenfalls Statutarstädte sind und ihnen das Stadtrecht nicht durch Landesgesetz entzogen werden kann. Wenn dieser Status beibehalten werden soll, dann bedarf es weiterhin einer verfassungsgesetzlichen Regelung. In rechtstechnischer Hinsicht empfiehlt sich diesfalls eine Einordnung in das zu schaffende „Verfassungsbegleitgesetz“ (siehe S 11 des Berichts des Ausschusses 2).

II.2. § 10 des Heeresdisziplinargesetzes 2002, BGBl. I Nr. 167

Rechtslage:

§ 10. (Verfassungsbestimmung) Dem Bundespräsidenten steht das Recht zu,

           1. a) die nach diesem Bundesgesetz verhängten Disziplinarstrafen zu mildern oder zu erlassen oder

               b) die Rechtsfolgen dieser Strafen oder von Schuldsprüchen ohne Strafe nachzusehen und

           2. anzuordnen, dass ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet oder ein eingeleitetes Disziplinarverfahren eingestellt wird.“

Überlegungen:

Gemäß Art. 65 Abs. 2 lit. c B‑VG steht dem Bundespräsidenten die Befugnis zu, gerichtlich Verurteilte zu begnadigen bzw. strafgerichtliche Verfahren niederzuschlagen. § 10 HDG bezieht sich hingegen nicht auf strafgerichtliche Verfahren, sondern auf Verfahren vor einer Disziplinarbehörde. Da die Befugnisse des Bundespräsidenten erschöpfend auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene normiert sind, bedarf die Einräumung von Begnadigungs- bzw. Niederschlagungsrechten hinsichtlich Verfahren vor Behörden, die nicht als Gerichte zu qualifizieren sind, einer verfassungsgesetzlichen Regelung.

Ausgehend davon, dass die Beibehaltung als Verfassungsbestimmung in einem einfachen Gesetz künftig ausgeschlossen sein soll, sind folgende Varianten denkbar:

·        Die Bestimmung wird aufgehoben; die entsprechenden Befugnisse des Bundespräsidenten würden demnach entfallen.

·        Die Bestimmung wird in Art. 65 Abs. 2 B‑VG als eigene lit. aufgenommen.

·        Art. 65 Abs. 2 lit. c B‑VG wird dahingehend geändert, dass das Begnadigungs- bzw. Niederschlagungsrecht auf Verfahren vor Disziplinarbehörden bzw. auf Personen, die von einer derartigen Behörde bestraft wurden, ausgedehnt wird.

·        Die Regelung des Art. 65 Abs. 3 B‑VG, wonach der einfache Gesetzgeber den Befugniskatalog des Bundespräsidenten in bestimmten Angelegenheiten erweitern kann, wird dahingehend ergänzt, dass der Bundespräsident durch einfaches Gesetz zur Begnadigung bzw. Niederschlagung im Zusammenhang mit Verfahren vor Disziplinarbehörden ermächtigt werden kann.

Die unter den letzten beiden Punkten angeführten Varianten könnten zu einer Ausweitung der Befugnisse des Bundespräsidenten führen, da die Befugnisse nicht mehr auf Disziplinarverfahren bzw. -strafen gemäß dem HDG beschränkt wären.

II.3. § 25 Abs. 3 des Übergangsgesetzes 1920, wiederverlautbart durch BGBl. Nr. 368/1925

Rechtslage:

§ 25. Zu Artikel 65, Absatz 3.

(1) ...

(2) ...

(3) Unvorgreiflich der Neuregelung des Dienstrechtes der Bundesangestellten steht dem Bundespräsidenten auch das Recht zu, von den Disziplinarbehörden über Bundesangestellte verhängte Disziplinarstrafen zu erlassen und zu mildern, deren Rechtsfolgen nachzusehen, sowie anzuordnen, daß ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet oder das eingeleitete Disziplinarverfahren wieder eingestellt werde.“

Überlegungen:

Bei der Regelung des § 25 Abs. 3 ÜG 1920 handelt es sich um eine Sonderregelung im Bereich des Gnadenrechts des Bundespräsidenten im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren bzw. -strafen gegen Bundesangestellte. Pkt. II.2. betreffend § 10 HDG 2002 gilt daher sinngemäß.

II.4. Art. I § 1 des Parteiengesetzes, BGBl. Nr. 404/1975

Überlegungen:

Dieser Punkt deckt sich mit Pkt. I.1. und muss daher nicht gesondert behandelt werden.

III. Ergänzungsmandat gemäß der 26. Präsidiumssitzung am 13. Juli 2004

III.1. Einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung für Bundes- und Landesebene

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss 3 wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht:

Es soll eine für die Nationalratswahl und die Landtagswahlen einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung formuliert werden, in der der Grundsatz der Verhältniswahl als Wahlrechtsgrundsatz enthalten ist. In dieser Norm soll der einfache Gesetzgeber ermächtigt werden, den Grundsatz der Verhältniswahl durch eine Mindestprozentklausel, nicht aber durch eine Grundmandatshürde einzuschränken, wobei die konkrete Höhe der Prozentklausel vom Wahlrechtsgesetzgeber festzulegen wäre.

Die Formulierung soll sicherstellen, dass den Ländern im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie ein möglichst großer Gestaltungsspielraum verbleibt, die bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben sollen somit auf ein Minimum beschränkt und die Verfassungsautonomie der Länder soll nach Möglichkeit gestärkt werden.“

Rechtslage:

Derzeit sind die Regelungen für die Wahlen zum Nationalrat, zu den Landtagen und zu den Gemeinderäten in getrennten Bestimmungen (Art. 26, 95 und 117 Abs. 2 B‑VG) enthalten, wobei inhaltlich weitgehende Übereinstimmung besteht (Prinzip der Einheitlichkeit der Wahlrechtsgrundsätze; wahlrechtliches Homogenitätsprinzip).

Artikel 26. (1) Der Nationalrat wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechtes der Männer und Frauen, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Durch Bundesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren getroffen.

(2) Das Bundesgebiet wird in räumlich geschlossene Wahlkreise geteilt, deren Grenzen die Landesgrenzen nicht schneiden dürfen; diese Wahlkreise sind in räumlich geschlossene Regionalwahlkreise zu untergliedern. Die Zahl der Abgeordneten wird auf die Wahlberechtigten der Wahlkreise (Wahlkörper) im Verhältnis der Zahl der Staatsbürger, die nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung im jeweiligen Wahlkreis den Hauptwohnsitz hatten, vermehrt um die Zahl der Staatsbürger, die am Zähltag im Bundesgebiet zwar nicht den Hauptwohnsitz hatten, aber in einer Gemeinde des jeweiligen Wahlkreises in der Wählerevidenz eingetragen waren, verteilt; in gleicher Weise wird die Zahl der einem Wahlkreis zugeordneten Abgeordneten auf die Regionalwahlkreise verteilt. Die Wahlordnung zum Nationalrat hat ein abschließendes Ermittlungsverfahren im gesamten Bundesgebiet vorzusehen, durch das sowohl ein Ausgleich der den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine Aufteilung der noch nicht zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.

(3) Der Wahltag muss ein Sonntag oder ein anderer öffentlicher Ruhetag sein. Treten Umstände ein, die den Anfang, die Fortsetzung oder die Beendigung der Wahlhandlung verhindern, so kann die Wahlbehörde die Wahlhandlung auf den nächsten Tag verlängern oder verschieben.

(4) Wählbar sind alle Männer und Frauen, die am Stichtag die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 19. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein.

(6) Zur Durchführung und Leitung der Wahlen zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten und von Volksabstimmungen sowie zur Mitwirkung bei der Überprüfung von Volksbegehren und Volksbefragungen sind Wahlbehörden zu bestellen, denen als stimmberechtigte Beisitzer Vertreter der wahlwerbenden Parteien anzugehören haben, bei der Bundeswahlbehörde überdies Beisitzer, die dem richterlichen Stand angehören oder angehört haben. Die in der Wahlordnung festzusetzende Anzahl dieser Beisitzer ist - abgesehen von den dem richterlichen Berufsstande entstammenden Beisitzern - auf die wahlwerbenden Parteien nach ihrer bei der letzten Wahl zum Nationalrat festgestellten Stärke aufzuteilen. Die Stimmabgabe im Ausland bei Wahlen zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten sowie bei Volksabstimmungen muss nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen. Die näheren Bestimmungen über die Stimmabgabe im Ausland können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

(7) Die Wählerverzeichnisse werden von den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich angelegt.“

Artikel 95. (1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürger gewählt. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren und über die allfällige Wahlpflicht getroffen. In diesem Landesgesetz sind insbesondere auch die Gründe festzusetzen, aus denen eine Nichtteilnahme an der Wahl trotz Wahlpflicht als entschuldigt gilt.

(2) Die Landtagswahlordnungen dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat.

(3) Die Wähler üben ihr Wahlrecht in Wahlkreisen aus, von denen jeder ein geschlossenes Gebiet umfassen muss und die in räumlich geschlossene Regionalwahlkreise unterteilt werden können. Die Zahl der Abgeordneten ist auf die Wahlkreise im Verhältnis der Bürgerzahl zu verteilen. Die Landtagswahlordnung kann ein abschließendes Ermittlungsverfahren im gesamten Landesgebiet vorsehen, durch das sowohl ein Ausgleich der den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine Aufteilung der noch nicht zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig.

(4) ... “

Artikel 117. (1) ...

(2) Die Wahlen in den Gemeinderat finden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller Staatsbürger statt, die in der Gemeinde den Hauptwohnsitz haben; die Landesgesetze können jedoch vorsehen, dass auch Staatsbürger, die in der Gemeinde einen Wohnsitz, nicht aber den Hauptwohnsitz haben, wahlberechtigt sind. In der Wahlordnung dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger gezogen sein als in der Wahlordnung zum Landtag. Es kann jedoch bestimmt werden, dass das aktive und passive Wahlrecht in den Gemeinderat Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommt, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist. Unter den von den Ländern festzulegenden Bedingungen steht das aktive und passive Wahlrecht auch den Staatsbürgern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu. Die Bestimmungen über die Wahlpflicht bei den Wahlen zum Landtag (Art. 95 Abs. 1 letzter Satz) finden für die Wahlen in den Gemeinderat sinngemäß Anwendung. Die Wahlordnung kann bestimmen, dass die Wähler ihr Wahlrecht in Wahlkreisen ausüben, von denen jeder ein geschlossenes Gebiet umfassen muss. Eine Gliederung der Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig. Für den Fall, dass keine Wahlvorschläge eingebracht werden, kann in der Wahlordnung bestimmt werden, dass Personen als gewählt gelten, deren Namen auf den Stimmzetteln am häufigsten genannt werden.

... “

Textvorschlag:

Artikel X. Der Nationalrat und die Landtage werden auf Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren, geheimen, persönlichen und freien Verhältniswahlrechts gewählt. Die Wahlordnung kann vorsehen, dass nur solche wahlwerbende Parteien Anspruch auf Zuweisung von Mandaten haben, die einen bestimmten Mindestprozentsatz der gültigen Stimmen im gesamten Wahlgebiet erzielt haben.“

Anmerkungen:

In eine einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung sollte jedenfalls der Grundsatz der freien Wahl aufgenommen werden. Wenn der Kreis der Wahlberechtigten nicht mehr ausdrücklich definiert wird, sollte auch der Grundsatz der allgemeinen Wahl explizit angeführt werden. Der zweite Satz ist dahingehend zu verstehen, dass als Eintrittshürde für wahlwerbende Parteien in die jeweilige gesetzgebende Körperschaft nur eine Mindestprozentklausel vorgesehen werden kann. Andere Eintrittshürden, wie etwa eine Grundmandatshürde, wären demnach unzulässig. Die konkrete Höhe der Prozentklausel ist vom Wahlrechtsgesetzgeber festzulegen, wobei der Grundsatz der Verhältniswahl zu beachten ist.

Wenn die Möglichkeit der Einteilung des Wahlgebietes in Wahlsprengel erhalten bleiben soll, so wäre dafür auf verfassungsgesetzlicher Ebene Vorsorge zu tragen, da nach herrschender Ansicht die Gliederung des Wahlgebietes in Wahlkreise in einem Spannungsverhältnis mit dem Verhältniswahlrecht steht.

Wie sich dem Ergänzungsmandat ohnehin entnehmen lässt, wird die Verfassungsautonomie der Länder am ehesten dadurch gestärkt, dass die bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben auf ein Minimum reduziert werden. Wenn die einheitliche Wahlrechtsbestimmung nur die unstrittigen Wahlrechtsgrundsätze sowie allenfalls einen Verweis auf die Möglichkeit der Einführung einer Mindestprozenthürde enthält, so fallen die übrigen Regelungsinhalte in die Regelungsautonomie des jeweiligen Wahlrechtsgesetzgebers und somit auch des Landesgesetzgebers.

III.1a. Ausdehnung der einheitlichen Wahlrechtsgrundsätze auf die Gemeindeebene

Ergänzungsmandat:

„Darüber hinaus soll der Ausschuss prüfen, welche Auswirkungen eine Ausdehnung einheitlicher Wahlrechtsgrundsätze auch auf die Gemeindeebene hätte und inwieweit ein Bedürfnis bzw. die Notwendigkeit besteht, für Wahlen auf Gemeindeebene größere Gestaltungsspielräume zu eröffnen.“

Überlegungen:

Die vom Präsidium aufgeworfene Frage, ob und inwieweit in diesem Bereich ein Bedürfnis nach größeren Regelungsspielräumen für die Gemeindeebene besteht, ist verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

Anzumerken ist dazu Folgendes: Wie bereits ausgeführt ist die Homogenität in Wahlrechtsfragen auf allen Ebenen (somit auch auf der Gemeindeebene) derzeit ein die einschlägigen bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen prägendes Element. Eine allein aus ihrer Eigenschaft als Gemeinden resultierende Notwendigkeit nach abweichenden Regelungen für die Gemeindeebene ist nicht erkennbar.

III.2. Ermöglichung der Briefwahl

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausformulierung eines Textvorschlages ersucht, der die Stimmabgabe mittels Briefwahl (nicht aber E‑Voting) zulässt.

Als Variante soll eine Regelung ausformuliert werden, der zu Folge die Stimmabgabe mittels Briefwahl nur dann zulässig ist, wenn die Stimmabgabe vor einer Wahlbehörde aus sachlich gerechtfertigten Gründen nicht möglich ist (Briefwahl nur subsidiär zulässig).“

Rechtslage:

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes steht die Briefwahl in Widerspruch zu den Grundsätzen der geheimen und persönlichen Wahl. Sie bedarf daher einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung. Gemäß Art. 26 Abs. 6 letzter Satz B‑VG iVm § 60 NRWO muss die Stimmabgabe im Ausland nicht vor einer Wahlbehörde erfolgen; sie kann - nach Art einer Briefwahl - durch postalische Übermittlung der Wahlkarte (samt Wahlkuvert) an die Wahlbehörde erfolgen; erforderlich ist aber eine „Bestätigung“ durch einen „Notar“, eine österreichische Vertretungsbehörde oder einen österreichischen Staatsbürger.

Textvorschlag:

Artikel X. Die Wahlberechtigten können ihre Stimme nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung auch in Form der Briefwahl abgeben.“

Variante:

Artikel X. Die Wahlordnung kann die Stimmabgabe in Form der Briefwahl vorsehen, wenn dies durch die Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint und sichergestellt wird, dass der Wahlberechtigte die Wahlentscheidung persönlich und in einer für Dritte nicht erkennbaren Weise getroffen hat.“

Anmerkungen:

Im Textvorschlag wird die Briefwahl der Stimmabgabe vor der Wahlbehörde prinzipiell gleichgestellt.

In der Variante stellt die Stimmabgabe vor der Wahlbehörde den Grundsatz dar, von dem der Wahlrechtsgesetzgeber in gerechtfertigten Fällen Ausnahmen zulassen kann. Diesfalls sollte in den Erläuterungen näher dargelegt werden, wann von einer derartigen Rechtfertigung durch die Umstände des Einzelfalls auszugehen ist, wobei dies insbesondere bei einem Aufenthalt außerhalb des Wahlgebietes gegeben sein wird.

III.3. Ausländerwahlrecht

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausformulierung eines Textvorschlages ersucht, der eine Einräumung des Wahlrechts für Ausländer vorsieht.

Als Variante soll eine Regelung ausformuliert werden, der zufolge Ausländern das Wahlrecht unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit eingeräumt wird.“

Rechtslage:

Nach der geltenden Rechtslage ist das Wahlrecht österreichischen Staatsbürgern vorbehalten. Eine Ausnahme bildet das Kommunalwahlrecht von Staatsbürgern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß Art. 117 Abs. 2 vierter Satz B‑VG.

Textvorschlag:

Artikel X. Die Wahlordnung kann vorsehen, dass das [aktive] Wahlrecht auch Personen zukommt, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen[, wenn sie im Wahlgebiet seit fünf Jahren ihren Hauptwohnsitz haben].“

Variante:

Artikel X. Unter der Voraussetzung der [staatsvertraglich gewährleisteten] Gegenseitigkeit kommt das [aktive] Wahlrecht auch im Wahlgebiet ansässigen Personen zu, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.“

Anmerkungen:

Im Textvorschlag wird dem Wahlrechtsgesetzgeber ein gewisser Regelungsspielraum eingeräumt, wobei dieser Spielraum in den Erläuterungen dahingehend näher determiniert werden könnte, dass die Einräumung des Wahlrechts an bestimmte Bedingung (etwa ein Wohnsitzerfordernis bestimmter Dauer) geknüpft werden kann. Alternativ dazu könnten die Voraussetzungen, unter denen Ausländern das Wahlrecht zukommt, im B‑VG selbst normiert werden.

In der Variante wird demgegenüber das Erfordernis der Gegenseitigkeit normiert. Als Subvariante könnte dabei - wie dies in der Fassung BGBl. Nr. 392/1929 der Fall war - auf eine staatsvertraglich gewährleistete Gegenseitigkeit abgestellt werden.

Wenngleich das Ersuchen des Präsidiums nicht auf das aktive Wahlrecht abstellt, könnte eine derartige Einschränkung als zweckmäßig angesehen werden.

III.4. Verlängerung der Gesetzgebungsperiode

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, in seinen Bericht über das Ergänzungsmandat eine Textvariante aufzunehmen, in der eine Gesetzgebungsperiode von fünf Jahren vorgesehen ist.“

Rechtslage:

Gemäß Art. 27 Abs. 1 B‑VG dauert die Gesetzgebungsperiode vier Jahre.

Textvorschlag:

Artikel 27. (1) Die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates dauert fünf Jahre, vom Tag seines ersten Zusammentrittes an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem der neue Nationalrat zusammentritt.“

Anmerkung:

Abgesehen von der Dauer der Legislaturperiode ist Art. 27 Abs. 1 B‑VG unstrittig; der (übrige) Wortlaut der Bestimmung kann daher unverändert beibehalten werden.

III.5. Diskontinuität zwischen den Gesetzgebungsperioden

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht:

Zwischen zwei Gesetzgebungsperioden soll der Grundsatz der Diskontinuität gelten, zwischen zwei Tagungen innerhalb einer Gesetzgebungsperiode soll hingegen Kontinuität bestehen. Ein Volksbegehren, das innerhalb einer Gesetzgebungsperiode nicht abschließend behandelt worden ist, soll mit dem Ende der Gesetzgebungsperiode nicht verfallen. Diese Vorgaben sollen mit einer möglichst einfachen und knappen Formulierung umgesetzt werden, wobei insbesondere geprüft werden soll, inwieweit die entsprechenden Regelungen überhaupt im B‑VG getroffen werden müssen oder ob mit einer Regelung im GOG-NR das Auslangen gefunden werden kann.“

Rechtslage:

Art. 28 Abs. 4 B‑VG, der eine Regelung betreffend die Kontinuität zwischen zwei Tagungen innerhalb einer Gesetzgebungsperiode enthält, lautet wie folgt:

Artikel 28. (1) ...

(4) Bei Eröffnung einer neuen Tagung des Nationalrates innerhalb der gleichen Gesetzgebungsperiode werden die Arbeiten nach dem Stand fortgesetzt, in dem sie sich bei der Beendigung der letzten Tagung befunden haben. Bei Beendigung einer Tagung können einzelne Ausschüsse vom Nationalrat beauftragt werden, ihre Arbeiten fortzusetzen.“

Daraus wird der Umkehrschluss gezogen, dass zwischen zwei Gesetzgebungsperioden Diskontinuität besteht. Mangels abweichender Regelung gilt dies auch für Volksbegehren; ein Volksbegehren „verfällt“ also, wenn es mit Ablauf einer Gesetzgebungsperiode nicht abschließend behandelt worden ist.

Textvorschlag:

Artikel X. Arbeiten, die mit Ablauf einer Gesetzgebungsperiode noch nicht abgeschlossen sind, werden zu Beginn der neuen Gesetzgebungsperiode nicht fortgesetzt.“

Anmerkungen:

Der vorliegende Textvorschlag geht davon aus, dass die Bestimmungen der Art. 28 Abs. 1 bis 3 sowie 5 und 6 B‑VG betreffend die (Einberufung der) Tagungen des Nationalrates entfallen (siehe Ausschussbericht S 9 f). In den Erläuterungen wäre klarzustellen, dass sich aus der vorgeschlagenen Regelung im Umkehrschluss ergibt, dass innerhalb einer Gesetzgebungsperiode jedenfalls Kontinuität herrscht.

Hinsichtlich der „Durchbrechung“ der Diskontinuität bei Volksbegehren wurde bereits im Bericht vom 9. Februar 2004 ein Textvorschlag erstattet, der wie folgt lautet:

Art. 41 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Ist die Behandlung eines Volksbegehrens bei Ablauf einer Gesetzgebungsperiode noch nicht abgeschlossen, so ist der Antrag von der Bundeswahlbehörde dem neu gewählten Nationalrat erneut vorzulegen.“

Überlegungen zur Notwendigkeit einer bundesverfassungsgesetzlichen Regelung:

Inwieweit die entsprechenden Regelungen überhaupt im B‑VG getroffen werden müssen, ist eine rechtspolitische Frage, die im Ausschuss zu diskutieren sein wird.

Anzumerken ist dazu Folgendes: Auch wenn - was sich empfiehlt - die Dauer der Gesetzgebungsperiode im B‑VG geregelt wird, ergibt sich keine Notwendigkeit, Regelungen betreffend die Kontinuität oder Diskontinuität zwischen den Gesetzgebungsperioden ebenfalls auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene zu treffen. Vielmehr erscheint eine Regelung im GOG‑NR ausreichend.

III.6. Begutachtungsverfahren

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht:

Für Regierungsvorlagen soll ein Begutachtungsverfahren mit einer Mindestbegutachtungsfrist vorgesehen werden. Die Regelung soll eine Klausel beinhalten, wonach vom Regelfall des Begutachtungsverfahrens in sachlich gerechtfertigten Gründen abgewichen werden kann. ... Die Regelung soll keine ausdrückliche Anführung einzelner begutachtender Institutionen beinhalten.“

Rechtslage:

Derzeit ist das Begutachtungsverfahren bundesverfassungsgesetzlich nicht geregelt.

Textvorschlag:

Nach Art. 41 Abs. 1 wird folgender Abs. 2 eingefügt:

Artikel 41. ...

(2) Zur Vorbereitung von Vorlagen der Bundesregierung ist ein Begutachtungsverfahren durchzuführen, in dem die Gebietskörperschaften und die betroffenen Interessentenkreise zur Stellungnahme binnen einer zumindest vierwöchigen Frist eingeladen werden. Von der Durchführung eines Begutachtungsverfahrens kann in Fällen unvorhersehbarer Dringlichkeit abgesehen werden.“

Der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung „(3)“.

Anmerkungen:

In den Erläuterungen wäre klarzustellen, dass sich die Festlegung der einzubeziehenden Interessentenkreise an der bisher geübten Praxis orientieren soll (insbesondere Interessenvertretungen). (Der Begriff der „unvorhersehbaren Dringlichkeit“ findet sich bereits jetzt in Art. 51b Abs. 4 Z 1 B‑VG - dort im Zusammenhang mit dem Bundesfinanzgesetz.)

III.6a. allgemeine Zugänglichkeit von Regierungsvorlagen

Ergänzungsmandat:

„Weiters sollen Überlegungen angestellt werden, ob eine entsprechende Regelung [betreffend das Begutachtungsverfahren] eine Bestimmung über die allgemeine Zugänglichkeit von Regierungsvorlagen bzw. über ein Einsichtnahmerecht enthalten kann.“

Textvorschlag:

Art. 41 Abs. 2 (in der unter Pkt. III.6. vorgeschlagenen Fassung) wird folgender Satz angefügt:

Vorlagen der Bundesregierung sind allgemein zugänglich zu machen.

Anmerkung:

Alternativ zur vorgeschlagenen Regelung könnte auch erwogen werden, dem Bedürfnis nach Transparenz und Bürgerbeteiligung dadurch Rechnung zu tragen, dass in der bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Geschäftsordnung der Bundesregierung vorgesehen wird, dass eine solche Geschäftsordnung Regelungen betreffend die Veröffentlichung von Beschlüssen (und somit auch von Vorlagen) der Bundesregierung beinhalten muss (siehe dazu Pkt. III.7.).

III.7. Geschäftsordnung der Bundesregierung

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht:

Die Bundesregierung soll zur Erlassung einer Geschäftsordnung ermächtigt werden, in der jedenfalls Regelungen über das für Beschlüsse erforderliche Anwesenheitsquorum, die Zulässigkeit von Umlaufbeschlüssen und die Veröffentlichung von Tagesordnungen und Beschlüssen [sowie allenfalls die Vertretung von Regierungsmitgliedern] getroffen werden sollen.“

Rechtslage:

Die Erlassung einer Geschäftsordnung durch die Bundesregierung ist derzeit bundesverfassungsgesetzlich nicht vorgesehen. Das für Beschlüsse der Bundesregierung erforderliche Anwesenheitsquorum ist in Art. 69 Abs. 3 B‑VG normiert. Das B‑VG enthält keine Regelung über die Zulässigkeit von Umlaufbeschlüssen sowie über die Veröffentlichung von Tagesordnungen und Beschlüssen der Bundesregierung.

Textvorschlag:

Art. 69 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere die näheren Bestimmungen über den Geschäftsgang, die Beschlussfassung sowie die Veröffentlichung von Beschlüssen der Bundesregierung getroffen werden.“

Anmerkungen:

In den Erläuterungen wäre darzulegen, dass die Geschäftsordnung unter dem Aspekt der „Beschlussfassung“ auch Regelungen über das Anwesenheitsquorum bzw. die Zulässigkeit von Umlaufbeschlüssen zu treffen hat. Wenn die Geschäftsordnung die näheren Bestimmungen über die Beschlussfassung enthält, könnte Art. 69 Abs. 3 B‑VG, der das Anwesenheitsquorum normiert, auf verfassungsgesetzlicher Ebene entfallen.

Hinsichtlich der Veröffentlichung von Beschlüssen der Bundesregierung könnte in den Erläuterungen zum Ausdruck gebracht werden, dass bestimmte Beschlüsse, wie etwa solche über Regierungsvorlagen, jedenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.

III.8. Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung:

Ergänzungsmandat:

„Weiters wird der Ausschuss um die Ausarbeitung eines Textvorschlages ersucht, in dem die Vertretungsregelungen des Art. 73 B‑VG in vereinfachter Form auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene getroffen werden. (Allenfalls kann vorgesehen werden, dass bei dieser Variante die näheren Ausführungsbestimmungen in der Geschäftsordnung getroffen werden sollen).“

Rechtslage:

Die Art. 69 Abs. 2 und 73 B‑VG idgF lauten wie folgt:

Artikel 69. (1) ...

(2) Der Vizekanzler ist zur Vertretung des Bundeskanzlers in dessen gesamtem Wirkungsbereich berufen. Für den Fall der gleichzeitigen Verhinderung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers betraut der Bundespräsident ein Mitglied der Bundesregierung mit der Vertretung. Sind der Bundeskanzler und der Vizekanzler gleichzeitig verhindert, ohne dass ein Vertreter bestellt worden ist, so wird der Bundeskanzler durch das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter durch das an Jahren älteste, nicht verhinderte Mitglied der Bundesregierung vertreten.“

Artikel 73. (1) Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers betraut der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem zu vertretenden Bundesminister oder, falls dies nicht möglich ist, im Einvernehmen mit dem Vizekanzler einen der Bundesminister, einen dem verhinderten Bundesminister beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des betreffenden Bundesministeriums mit der Vertretung. Dieser Vertreter trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister (Art. 76). Ein Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt nicht als Verhinderung.

(2) Der jeweils zuständige Bundesminister kann die Befugnis, an den Tagungen des Rates der Europäischen Union teilzunehmen und in diesem Rahmen zu einem bestimmten Vorhaben die Verhandlungen zu führen und die Stimme abzugeben, einem anderen Bundesminister oder einem Staatssekretär übertragen.

(3) Ein Mitglied der Bundesregierung, das sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält, kann seine Angelegenheiten im Nationalrat oder Bundesrat durch einen ihm beigegebenen Staatssekretär oder einen anderen Bundesminister wahrnehmen lassen. Ein Mitglied der Bundesregierung, das nicht vertreten ist, kann sein Stimmrecht in der Bundesregierung einem anderen Bundesminister übertragen; seine Verantwortlichkeit wird dadurch nicht berührt. Das Stimmrecht kann nur einem Mitglied der Bundesregierung übertragen werden, das nicht bereits mit der Vertretung eines anderen Mitgliedes der Bundesregierung betraut ist und dem nicht schon ein Stimmrecht übertragen worden ist.“

Textvorschlag:

Art. 69 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere die näheren Bestimmungen über den Geschäftsgang, die Beschlussfassung, die Übertragung einzelner Befugnisse sowie die Veröffentlichung von Beschlüssen der Bundesregierung getroffen werden.“

Art. 69 Abs. 2 lautet:

„(2) Der Vizekanzler ist zur Vertretung des Bundeskanzlers in dessen gesamtem Wirkungsbereich berufen. Für den Fall der gleichzeitigen Verhinderung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers betraut der Bundespräsident ein Mitglied der Bundesregierung mit der Vertretung. Sind der Bundeskanzler und der Vizekanzler gleichzeitig verhindert, ohne dass ein Vertreter bestellt worden ist, so wird der Bundeskanzler durch das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter durch das an Jahren älteste, nicht verhinderte Mitglied der Bundesregierung vertreten.“

Art. 73 lautet:

Artikel 73. Im Fall der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers betraut der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers einen der Bundesminister, einen dem verhinderten Bundesminister beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des betreffenden Bundesministeriums mit der Vertretung. Dieser Vertreter trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister.“

Anmerkungen:

Zu Art. 69 Abs. 1 letzter Satz B‑VG:

Die in Pkt. III.7. vorgeschlagene Ermächtigung zur Erlassung einer Geschäftsordnung soll um einen Verweis auf die Übertragung einzelner Befugnisse ergänzt werden. Wenn für die Übertragung einzelner Aufgaben durch eine Regelung in der Geschäftsordnung Vorsorge getragen werden kann, ergibt sich daraus, dass für ein Regierungsmitglied, dem die Ausübung bloß einzelner Befugnisse nicht möglich ist, kein Vertreter bestellt werden muss. Eine zeitweilige Verhinderung im Sinne des Art. 73 B‑VG ist daher nur dann anzunehmen, wenn ein Mitglied der Bundesregierung an der Ausübung aller mit dem Amt verbundenen Funktionen verhindert ist. Daher führt etwa eine Dienstreise für sich allein nicht automatisch zu einer Verhinderung. Aus diesem Grund ist die Sonderregelung betreffend den Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gemäß Art. 73 Abs. 1 letzter Satz B‑VG entbehrlich.

Als einzelne Befugnisse, die auf der Grundlage einer Regelung in der Geschäftsordnung übertragen werden können, sind beispielsweise die Teilnahme an Ratstagungen, das Stimmrecht in der Bundesregierung (und allenfalls die Wahrnehmung der Angelegenheiten im Nationalrat oder Bundesrat) zu nennen. Art. 73 Abs. 2 (Aufgaben im Zusammenhang mit dem EU-Ministerrat), Abs. 3 zweiter und dritter Satz (Stimmrechtsübertragung in der Bundesregierung) und - gegebenen Falles - Abs. 3 erster Satz B‑VG (Wahrnehmung der Angelegenheiten im Nationalrat oder Bundesrat) können daher entfallen.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Vertreters eines Bundesministers ist darauf hinzuweisen, dass der bislang in Art. 73 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG enthaltene Klammerausdruck „(Art. 76)“ entfällt. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass ein Vertreter allen die Verantwortlichkeit eines Regierungsmitgliedes betreffenden Vorschriften, somit auch dem Misstrauensvotum gemäß Art. 74 B‑VG, unterliegt.

Zu Art. 69 Abs. 2 B‑VG:

Art. 69 Abs. 2 B‑VG entspricht der geltenden Fassung. Da es sich inhaltlich um eine Vertretungsregelung handelt (Vertretung des Bundeskanzlers durch den Vizekanzler), ist zu überlegen, diese Bestimmung aus systematischen Gründen in den Art. 73 B‑VG zu integrieren.

Zu Art. 73 B‑VG:

Anders als in der geltenden Regelung ist eine Mitwirkung des zu vertretenden Bundesministers oder des Vizekanzlers bei der Namhaftmachung des Vertreters nicht mehr vorgesehen. Wenn ein solches Einvernehmen weiterhin als wünschenswert angesehen wird, so könnte man eine Ermächtigung aufnehmen, Näheres in der Geschäftsordnung der Bundesregierung zu regeln, etwa durch eine Bestimmung folgenden Inhalts: „Inwieweit der Bundeskanzler hiebei des Einvernehmens anderer Mitglieder der Bundesregierung bedarf, ist in der Geschäftsordnung zu regeln.“

III.9. Verantwortlichkeit der einstweiligen Bundesregierung

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages ersucht, in dem klargestellt wird, dass die einstweilige Bundesregierung hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit denselben Regelungen unterliegt wie die definitive Bundesregierung.“

Rechtslage:

Art. 71 B‑VG idgF lautet wie folgt:

Artikel 71. Ist die Bundesregierung aus dem Amt geschieden, hat der Bundespräsident bis zur Bildung der neuen Bundesregierung Mitglieder der scheidenden Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und einen von ihnen mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung zu betrauen. Mit der Fortführung der Verwaltung kann auch ein dem ausgeschiedenen Bundesminister beigegebener Staatssekretär oder ein leitender Beamter des betreffenden Bundesministeriums betraut werden. Diese Bestimmung gilt sinngemäß, wenn einzelne Mitglieder aus der Bundesregierung ausgeschieden sind. Der mit der Fortführung der Verwaltung Beauftragte trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister (Art. 76).“

Im Hinblick auf den im letzten Satz enthaltenen Verweis auf Art. 76 B‑VG, der nur die staatsrechtliche Anklage regelt, könnte strittig sein, ob gegenüber einem Mitglied der einstweiligen Bundesregierung ein Misstrauensvotum gemäß Art. 74 B‑VG möglich ist.

Textvorschlag:

Art. 71 letzter Satz lautet:

„Der mit der Fortführung der Verwaltung Beauftragte trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister.“

Anmerkungen:

Durch den Entfall des Klammerausdruckes „(Art. 76)“wird klargestellt, dass ein mit der Fortführung der Verwaltung Betrauter allen die Verantwortlichkeit eines Regierungsmitgliedes betreffenden Vorschriften, somit auch dem Misstrauensvotum gemäß Art. 74 B‑VG, unterliegt.

III.10. Fortführung der Amtsgeschäfte durch ein Regierungsmitglied, dem vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, Überlegungen folgenden Inhaltes anzustellen:

Es soll ausgeschlossen sein, dass ein Regierungsmitglied, dem vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde, mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut wird. Zu prüfen ist, ob es zur Umsetzung dieser Vorgabe legistischer Maßnahmen im B‑VG bedarf.“

Rechtslage:

Im Hinblick auf Art. 71 B‑VG (siehe dazu oben Pkt. III.9.) ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass der Bundespräsident einen Bundesminister, dem vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde, bis zur Ernennung eines neuen Bundesministers mit der Fortführung der Verwaltung betraut.

Überlegungen:

Ob es ausdrücklich ausgeschlossen werden soll, dass ein Regierungsmitglied, dem vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde, mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut wird, ist eine rechtspolitische Frage, die im Ausschuss zu diskutieren sein wird.

Ausgehend von der unter Pkt. III.9. vorgeschlagenen Neufassung des Art. 71 B‑VG wird aber Folgendes zur Erwägung gestellt: Wenn bundesverfassungsgesetzlich klargestellt wird, dass auch ein Mitglied einer einstweiligen Bundesregierung dem Misstrauensvotum des Nationalrates unterliegt, so stünden einer Betrauung eines Mitgliedes, dem bereits einmal das Misstrauen ausgesprochen wurde, zwar weiterhin keine rechtlichen Hindernisse entgegen, allerdings wäre die Betrauung eines solcher Art scheidenden Mitgliedes der Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung rein praktisch kaum denkbar, da der Bundespräsident damit rechnen muss, dass diesem Mitglied erneut das Misstrauen ausgesprochen wird. Insofern ist fraglich, ob hier eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Regelung tatsächlich erforderlich ist.

III.11. Bundesverfassungsgesetzliche Sonderregelungen für die Bundeshauptstadt Wien

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, zu untersuchen, welche der bestehenden bundesverfassungsgesetzlichen Sonderregelungen für Wien noch zweckmäßig sind. Aufbauend darauf soll ein Textvorschlag ausgearbeitet werden, in dem die bestehenden Sonderregelungen so weit wie möglich zurückgenommen werden und dem Landesverfassungsgesetzgeber ein größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt wird. Dabei soll aber jedenfalls dafür Vorsorge getragen werden, dass Wien auch in Hinkunft nicht in mehrere Gemeinden gegliedert sein muss.“

Rechtslage:

Die bundesverfassungsgesetzlichen Sonderregelungen für die Bundeshauptstadt Wien finden sich in den Art. 108 bis 112 B‑VG und lauten wie folgt:

Artikel 108. Für die Bundeshauptstadt Wien als Land hat der Gemeinderat auch die Funktion des Landtages, der Stadtsenat auch die Funktion der Landesregierung, der Bürgermeister auch die Funktion des Landeshauptmannes, der Magistrat auch die Funktion des Amtes der Landesregierung und der Magistratsdirektor auch die Funktion des Landesamtsdirektors.

Artikel 109. In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung geht der Instanzenzug, soweit ein solcher nicht durch Bundesgesetz ausgeschlossen ist, im Lande Wien vom Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde oder, soweit in erster Instanz Bundesbehörden mit der Vollziehung betraut sind (Art. 102 Abs. 1 zweiter Satz), von diesen an den Bürgermeister als Landeshauptmann; im Übrigen gilt Art. 103 Abs. 4.

Artikel 111. In den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens steht die Entscheidung in oberster Instanz besonderen Kollegialbehörden zu. Die Zusammensetzung und Bestellung dieser Kollegialbehörden wird landesgesetzlich geregelt.

Artikel 112. Nach Maßgabe der Art. 108 bis 111 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im Übrigen die Bestimmungen des Abschnittes C dieses Hauptstückes mit Ausnahme des Art. 117 Abs. 6 zweiter Satz, des Art. 119 Abs. 4 und des Art. 119a. Art. 142 Abs. 2 lit. e findet auch auf die Führung des vom Bund der Bundeshauptstadt Wien übertragenen Wirkungsbereiches Anwendung.“

Überlegungen:

Die vom Präsidium aufgeworfene Frage, ob und inwieweit diesbezüglich ein Änderungsbedarf besteht, ist verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

Der Ausschuss hat bereits in seinem Bericht vom 9. Februar 2004 zum Ausdruck gebracht, dass Einvernehmen darüber besteht, „dass vor allem im Hinblick auf Art. 116 Abs. 1 erster Satz B‑VG (Gliederung jedes Landes in Gemeinden) eine bundesverfassungsgesetzliche (Sonder)Regelung erforderlich ist“ (Ausschussbericht S 21).

Art. 108 B‑VG normiert die Identität der wichtigsten bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Landes- und Gemeindeorgane. Bei Entfall der Bestimmung wäre die zwingende Organidentität aufgehoben, Landes und Gemeindeorgane müssten entsprechend den jeweils maßgeblichen verfassungsgesetzlichen Vorgaben als getrennte Organe eingerichtet werden. Fraglich könnte sein, ob es dem Landesverfassungsgesetzgeber möglich wäre, ohne eine entsprechende bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung eine Organidentität vorzusehen.

Art. 109 B‑VG enthält eine Sonderregelung für den Instanzenzug in der mittelbaren Bundesverwaltung; die Wahrnehmung der erstinstanzlichen Funktion der Bezirksverwaltungsbehörde wird dem Magistrat übertragen, der damit als Behörde eingerichtet wird. (In der Regel ist die Bezirksverwaltung bei einer Statutarstadt Teil des übertragenen Wirkungsbereiches und wird vom Bürgermeister wahrgenommen.) Da angesichts der bisherigen Ergebnisse des Ausschusses 6 von einer Beibehaltung der mittelbaren Bundesverwaltung auszugehen ist, würde bei einem Entfall der Bestimmung des Art. 109 B‑VG der Instanzenzug in der mittelbaren Bundesverwaltung vom Bürgermeister an den Landeshauptmann gehen.

Art. 111 B‑VG beinhaltet eine Regelung betreffend besondere Kollegialbehörden in Bau- und Abgabensachen für Wien. Der Ausschuss 9 hat in dem ihm erteilten Ergänzungsmandat unter dem Punkt „Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern“ auch die Aufgabe erhalten, Überlegungen zu folgendem Punkt anzustellen:

„Schaffung einer sachlich gerechtfertigten Regelung unter Berücksichtigung ökonomischer Gesichtspunkte, welche allen Ländern die Möglichkeit zur Errichtung besonderer Verwaltungsgerichte eröffnet (Beseitigung der Sonderrolle Wiens hinsichtlich besonderer Verwaltungsgerichte)“

Da die Zukunft des Art. 111 B‑VG einen wesentlichen Aspekt dieses Ersuchens darstellt, erscheint es fraglich, ob eine zusätzliche Behandlung dieser Bestimmung im Ausschuss 3 zweckmäßig ist.

Art. 112 enthält Regelungen darüber, welche bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen (betreffend die Länder bzw. die Gemeinden) für Wien maßgeblich sind. Da diese Regelungen aber davon ausgehen, dass sich Länder und Gemeinden als getrennte Gebietskörperschaften mit jeweils eigenständigen Organen gegenüberstehen, beinhaltet die Bestimmung weitere Sonderregelungen insbesondere im Bereich der Kontrolle (Nichtanwendung des Art. 119 Abs. 4 sowie des Art. 119a B‑VG). Im Falle einer Beibehaltung der Organidentität würde ein Entfall dieser Sonderregelungen dazu führen, dass kontrollierende und kontrollierte Organe identisch wären.

III.12. Änderungen im Bestand von Gemeinden

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag folgenden Inhaltes auszuarbeiten:

Änderungen im Bestand von Gemeinden sollen nur bei Zustimmung durch die betroffene Bevölkerung möglich sein.“

Rechtslage:

Derzeit finden sich auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene keine Regelungen betreffend Änderungen im Bestand der Gemeinden.

Textvorschlag:

Nach Art. 116 Abs. 1 erster Satz wird folgender zweite Satz eingefügt:

„Veränderungen im Bestand von Gemeinden bedürfen der Zustimmung der Mehrheit der zum Gemeinderat Wahlberechtigten in jeder der betroffenen Gemeinden.“

Anmerkungen:

In den Erläuterungen wäre klarzustellen, dass eine Bestandsänderung nur dann vorliegt, wenn zwei oder mehr Gemeinden zusammengelegt werden bzw. eine Gemeinde getrennt wird. (Die Terminologie „Veränderungen im Bestand“ findet sich auch im Bericht des Ausschusses 2 betreffend den Vorschlag über eine Neufassung des Art. 2 B‑VG, wobei auch dort auf die Fälle Zusammenlegung von Bundesländern, Trennung und Neuaufnahme eines Bundeslandes verwiesen wird - siehe S 28 des Ausschussberichtes bzw. den Textvorschlag in Pkt. VIII. des Anhanges.) Der Kreis der „Zustimmungsberechtigen“ soll nicht eigenständig definiert werden, hier erscheint ein Anknüpfen an den Kreis der Wahlberechtigten bei Gemeinderatswahlen (gemäß Art. 117 Abs. 2 B‑VG) zweckmäßig. Eine Zustimmung liegt vor, wenn in jeder der zusammenzulegenden Gemeinden bzw. in der zu trennenden Gemeinde mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf „ja“ lautet.

III.13. Reduzierung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben für die Gemeinden

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, zu prüfen, welche der bestehenden Vorgaben für die Gemeinden auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene (Art. 115 bis 120 B‑VG) allenfalls entbehrlich sind.“

Rechtslage:

Die - die Gemeinden betreffenden - Bestimmungen der Art. 115 bis 120 B‑VG sind äußerst detailliert und umfangreich, die Regelungsdichte ist um ein Vielfaches höher als in anderen vergleichbaren Verfassungen.

Überlegungen:

Der Ausschuss hat bereits in seinem Bericht vom 9. Februar 2004 zum Ausdruck gebracht, dass die „Möglichkeit, die bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen betreffend die Gemeinden (Art. 115 bis 120 B‑VG), die weitaus detaillierter sind als – beispielsweise – die vergleichbaren Bestimmungen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland oder der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zu reduzieren, ... von den Mitgliedern des Ausschusses überwiegend skeptisch eingeschätzt“ wird.

Hinzuweisen ist weiters darauf, dass in dem seitens des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes vorgelegten Textentwurfes der Entfall des Art. 119a Abs. 6 B‑VG (Rechtmäßigkeitskontrolle von Verordnungen) vorgeschlagen wird.

III.14. Ausbau des Instruments der Statutarstadt - Einführung einer Region mit eigenem Statut

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag folgenden Inhaltes auszuarbeiten:

Das Instrument der Statutarstadt soll erweitert (Anspruch auf Statuterteilung ab 20 000 Einwohnern sowie bei Vorliegen allfälliger weiterer Kriterien) und eine Region mit eigenem Statut soll ermöglicht werden.“

Rechtslage:

Art. 116 Abs. 3 B‑VG, der die Regelung betreffend die Verleihung des Statuts an eine Gemeinde beinhaltet, lautet wie folgt:

„(3) Einer Gemeinde mit mindestens 20 000 Einwohnern ist, wenn Landesinteressen hiedurch nicht gefährdet werden, auf ihren Antrag durch Landesgesetz ein eigenes Statut (Stadtrecht) zu verleihen. Ein solcher Gesetzesbeschluss darf nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden. Die Zustimmung gilt als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss bei dem zuständigen Bundesministerium eingelangt ist, dem Landeshauptmann mitgeteilt hat, dass diese verweigert wird. Eine Stadt mit eigenem Statut hat neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen.“

Die Erteilung eines Statuts an eine Region (einen Gemeindeverband) ist derzeit nicht vorgesehen.

Textvorschlag zum Ausbau des Instruments der Statutarstadt:

Artikel 116. ...

(3) Einer Gemeinde mit mindestens 20 000 Einwohnern ist auf ihren Antrag hin durch Landesgesetz ein eigenes Statut (Stadtrecht) zu verleihen[, wenn Landesinteressen hiedurch nicht gefährdet werden]. Ein solcher Gesetzesbeschluss darf nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden. Die Zustimmung gilt als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss bei dem zuständigen Bundesministerium eingelangt ist, dem Landeshauptmann mitgeteilt hat, dass diese verweigert wird. Eine Stadt mit eigenem Statut hat neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen.“

Anmerkungen:

Hinzuweisen ist auf folgende Problematik: Selbst wenn den Gemeinden durch eine Änderung des Art. 116 Abs. 3 B‑VG ausdrücklich ein Anspruch auf Statuterteilung eingeräumt wird, bleibt ungelöst, wie dieser Anspruch allenfalls durchgesetzt werden kann, wenn der Landesgesetzgeber das entsprechende Landesgesetz nicht erlässt. Eine Lösung dieses Problems könnte nur dadurch erfolgen, dass das System der Durchsetzbarkeit verfassungsrechtlicher Ansprüche vor dem Verfassungsgerichtshof entsprechend neu gestaltet wird.

Über einen Textvorschlag betreffend ein Modell der Region mit eigenem Statut wird zu diskutieren sein.

III.15. Gemeindeverbände

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag folgenden Inhaltes auszuarbeiten:

Die Bildung von Gemeindeverbänden soll erleichtert und die demokratische Struktur von Gemeindeverbänden soll verbessert werden. Dabei sollen insbesondere die Textvorschläge der Bundesstaatsreform (B‑VG-Novelle 1996) zum Bereich Gemeindeverbände berücksichtigt werden.“

Rechtslage:

Derzeit ist die Bildung von Gemeindeverbänden gemäß Art. 116a B‑VG nur zur Besorgung einzelner Aufgaben und nicht bundesländergrenzüberschreitend möglich.

Textvorschlag:

Artikel 116a. (1) Zur Besorgung einzelner oder verschiedener sachlich zusammenhängender Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches können sich Gemeinden durch Vereinbarung zu Gemeindeverbänden zusammenschließen. Eine solche Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden. Die Genehmigung ist durch Verordnung oder durch Vereinbarungen gemäß Art. 15a zu erteilen, wenn eine dem Gesetz entsprechende Vereinbarung der beteiligten Gemeinden vorliegt und die Bildung des Gemeindeverbandes

           1. im Falle der Besorgung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährdet,

           2. im Falle der Besorgung von Aufgaben der Gemeinden als Träger von Privatrechten aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Interesse der beteiligten Gemeinden gelegen ist.

...

(4) Die Organisation der Gemeindeverbände ist durch Landesgesetz oder Vereinbarung gemäß Art. 15a zu regeln. Als Organe sind jedenfalls eine Verbandsversammlung und ein der Verbandsversammlung verantwortlicher Verbandsobmann vorzusehen. Die Verbandsversammlung hat aus gewählten Vertretern aller verbandsangehörigen Gemeinden zu bestehen, wobei die in den Gemeinderäten der verbandsangehörigen Gemeinden vertretenen Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung in der Verbandsversammlung haben. Für Gemeindeverbände, die durch Vereinbarung gebildet worden sind, sind weiters Bestimmungen über den Beitritt und Austritt von Gemeinden sowie über die Auflösung des Gemeindeverbandes zu treffen.“

Anmerkungen:

In Abs. 1 soll zum einen klargestellt werden, dass Gemeindeverbände nicht nur zur Besorgung einzelner, sondern auch zur Besorgung verschiedener Aufgaben gebildet werden können (siehe den gemeinsamen Textvorschlag von Gemeindebund und Städtebund). Da Gemeindeverbände auch bundesländergrenzüberschreitend möglich sein sollen, hat eine Genehmigung gegebenen Falles durch mehrere Aufsichtsbehörden zu erfolgen. Die Genehmigung soll auch durch eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG möglich sein.

Abs. 4 orientiert sich am Vorschlag der Regierungsvorlage zur Bundesstaatsreform 14 BlgNR 20.GP. Festgelegt wird, dass der Verbandsobmann der Verbandsversammlung gegenüber verantwortlich ist. Die in den jeweiligen Gemeinderäten vertretenen Wahlparteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung in der Verbandsversammlung. Um Gemeindeverbände zu ermöglichen, die Gebiete mehrere Bundesländer umfassen, soll es möglich sein, die Organisation eines Gemeindeverbandes durch Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG (und nicht mehr nur durch Landesgesetz) zu regeln.

III.16. Abschluss von Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG durch Gemeinden

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, einen Textvorschlag auszuarbeiten, dem zu Folge einzelne Gemeinden untereinander oder mit anderen Gebietskörperschaften Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG abschließen können.“

Rechtslage:

Derzeit können nur Bund und Länder untereinander Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG abschließen.

Textvorschlag:

Art. 15a Abs. 1 erster Satz lautet:

„Bund, Länder und Gemeinden können untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen.“

Art. 15a Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Vereinbarungen der Gemeinden untereinander können nur über Angelegenheiten ihres eigenen Wirkungsbereiches getroffen werden und bedürfen der Genehmigung durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden.“

Anmerkungen:

Durch die Neufassung des Abs. 1 sollen die Gemeinden explizit in das Regime des Art. 15a B‑VG einbezogen werden.

Abs. 2 zweiter Satz enthält - korrespondierend zur Regelung in Abs. 2 erster Satz für Vereinbarungen zwischen Ländern - eine Regelung betreffend Vereinbarungen zwischen Gemeinden. Derartige Vereinbarungen sollen - wie dies Art. 116a Abs. 1 B‑VG für die Bildung von Gemeindeverbänden vorsieht - der Genehmigungspflicht durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden unterliegen.

III.17. Schaffung gemeinsamer Einrichtungen

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausarbeitung eines Textvorschlages ersucht, dem zufolge den Gebietskörperschaften die Möglichkeit eingeräumt wird, gemeinsame Einrichtungen zu schaffen.“

Rechtslage:

Das B‑VG enthält keine Regelungen betreffend die Schaffung gemeinsamer Einrichtungen von Gebietskörperschaften. Nach der überwiegenden Lehre ist die Schaffung von gemeinsamen Einrichtungen mit Hoheitsbefugnissen durch eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG nicht zulässig.

Textvorschlag:

Nach Art. 15a Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Durch Vereinbarungen nach Abs. 1 oder 2 können für einzelne Angelegenheiten gemeinsame Einrichtungen geschaffen werden.

Anmerkungen:

Die Regelung orientiert sich an der Regierungsvorlage zur Bundesstaatsreform 14 BlgNR 20.GP, nach der es den Ländern ermöglicht werden sollte, durch Vereinbarung untereinander gemeinsame Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters zu schaffen. Nunmehr soll allen Gebietskörperschaften die Möglichkeit zur Schaffung von gemeinsamen Einrichtungen offen stehen und die Regelung soll nicht auf Einrichtungen nichtbehördlichen Charakters beschränkt sein.

III.18. öffentlich-rechtliche Verträge

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht, Überlegungen folgenden Inhalts anzustellen: Besteht für Gebietskörperschaften ein Bedarf, über das Instrument der Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG hinaus untereinander Verträge öffentlich-rechtlicher Art abzuschließen. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob dem dahin gehenden Bedürfnis durch eine Ausweitung des Regelungsregimes des Art. 15a B‑VG auf die Gemeinden in ausreichender Form Rechnung getragen werden kann.

Besteht für Gebietskörperschaften ein Bedarf, mit Dritten Verträge öffentlich-rechtlicher Art abzuschließen. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob dem dahin gehenden Bedürfnis durch die von der Expertengruppe des Präsidiums „Handlungsformen und Rechtsschutz in der öffentlichen Verwaltung“ behandelten Aspekte in ausreichender Form Rechnung getragen wird.

Sollte der Ausschuss zur Ansicht gelangen, dass zusätzlich zu den genannten Aspekten bundesverfassungsgesetzliche Regelungen erforderlich sind, so wird er um die Ausarbeitung eines dahingehenden Textvorschlages ersucht.“

Rechtslage:

Derzeit finden sich auf bundesverfassungsgesetzlicher Ebene - abgesehen von den Bestimmungen über (Glied)Staatsverträge - keine Regelungen betreffend den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge.

Überlegungen:

Die vom Präsidium aufgeworfene Frage, inwieweit diesbezüglich ein Handlungsbedarf besteht, ist verfassungspolitischer Natur. Sie wird im Ausschuss zu diskutieren sein.

Anzumerken ist aber Folgendes: Wenn das Instrument der Vereinbarungen gemäß Art. 15a B‑VG auch auf Gemeinden ausgedehnt wird, dann erscheint fraglich, ob ein noch darüber hinaus gehender Bedarf nach Regelungen betreffend öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Gebietskörperschaften besteht.

Hinsichtlich Verträgen zwischen Gebietskörperschaften und Dritten erscheint es zweckmäßig, die Ergebnisse der vom Präsidium eingesetzten Expertengruppe über Handlungsformen und Rechtsschutz in der öffentlichen Verwaltung, die bis Ende September 2004 vorliegen sollen, abzuwarten. Erst danach kann beurteilt werden, ob ein darüber hinausgehender Handlungsbedarf besteht.

III.19. Umsetzung von EU-Richtlinien

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird um die Ausformulierung eines Textvorschlages folgenden Inhaltes ersucht: Die Umsetzung von gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien durch Verordnung soll zulässig sein, wenn der Gesetzgeber dazu formell ermächtigt und wenn die Richtlinie inhaltlich derart bestimmt ist, wie dies Art. 18 B‑VG derzeit für innerstaatliche Gesetze fordert.“

Rechtslage:

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass Art. 18 Abs. 2 B‑VG durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht modifiziert worden ist (VfSlg. 15.189/1998). Zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften, die einer innerstaatlichen Konkretisierung zugänglich sind (wie etwa bei Richtlinien oft der Fall), ist daher nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen.

Textvorschlag:

Art. 18 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Der Gesetzgeber kann die Verwaltungsbehörden zur Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union [eines Europäischen Rahmengesetzes] durch Verordnung ermächtigen, wenn die Richtlinie das Verhalten der Verwaltungsbehörde in einer dem Abs. 1 entsprechenden Weise bindend festlegt.“

Anmerkungen:

Der neu eingefügte Satz beinhaltet die Möglichkeit einer formalgesetzlichen Delegation für den Fall der Umsetzung von EU-Richtlinien; der Gesetzgeber muss dabei auch die Ziele oder die einzuhaltenden Verfahrensregelungen nicht näher im Gesetz festlegen. Eine derartige Delegation der Richtlinienumsetzung ist nur zulässig, wenn die Richtlinie den Anforderungen entspricht, die Art. 18 Abs. 1 B‑VG bei der Ausgestaltung von Gesetzen an den Gesetzgeber stellt.

III.20. Reduzierung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben betreffend die Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union

Ergänzungsmandat:

„Der Ausschuss wird ersucht einen Textvorschlag folgenden Inhaltes auszuarbeiten: Die in Art. 23c B‑VG normierten Mitwirkungsbefugnisse österreichischer Organe an der Ernennung von Organen der Europäischen Union sollen in knapper, reduzierter Weise formuliert werden. Die einzelnen mitwirkenden Institutionen sollen nicht im B‑VG selbst genannt werden, allerdings wäre in den Erläuterungen klarzustellen, dass die Neufassung nicht zu einer Reduzierung der derzeit bestehenden Mitwirkungsrechte bisher eingebundener Institutionen führen soll.“

Rechtslage:

Art. 23c B‑VG betreffend die Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union lautet wie folgt:

Artikel 23c. (1) Die österreichische Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern der Kommission, des Gerichtshofes, des Gerichtes erster Instanz, des Rechnungshofes, des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen im Rahmen der Europäischen Union obliegt der Bundesregierung.

(2) Für die Mitglieder der Kommission, des Gerichtshofes, des Gerichtes erster Instanz, des Rechnungshofes und des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank hat die Bundesregierung dabei das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen. Die Bundesregierung hat den Hauptausschuss des Nationalrates und den Bundespräsidenten gleichzeitig von der von ihr beabsichtigten Entscheidung zu unterrichten.

(3) Für die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses sind von der Bundesregierung Vorschläge der gesetzlichen und sonstigen beruflichen Vertretungen der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens einzuholen.

(4) Die österreichische Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern des Ausschusses der Regionen und deren Stellvertretern hat auf Grund von Vorschlägen der Länder sowie des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes zu erfolgen. Hiebei haben die Länder je einen, der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund gemeinsam drei Vertreter vorzuschlagen.

(5) Von den gemäß Abs. 3 und 4 namhaft gemachten Mitgliedern hat die Bundesregierung den Nationalrat zu unterrichten. Von den gemäß Abs. 2, 3 und 4 namhaft gemachten Mitgliedern hat die Bundesregierung den Bundesrat zu unterrichten.“

Textvorschlag:

Artikel 23c. Die österreichische Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern von Organen der Europäischen Union obliegt[, soweit in diesem Bundesverfassungsgesetz nicht anderes bestimmt ist,] der Bundesregierung. Inwieweit die Bundesregierung bei der Mitwirkung an die Vorschläge anderer Stellen gebunden ist oder diese zur Stellungnahme einzuladen hat, ist durch Bundesgesetz zu regeln.“

Anmerkungen:

Um die Regelung der Mitwirkungsbefugnisse gemäß Art. 23c B‑VG zu vereinfachen, soll in Abs. 1 die Aufzählung der einzelnen betroffenen Organe durch eine generelle Bezugnahme auf die Organe der Europäischen Union ersetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments gemäß Art. 23a B‑VG gewählt, und demgemäß nicht im Sinne des Art. 23c B‑VG ernannt werden.

Die Bindung an das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates kann gemäß Art. 55 Abs. 4 B‑VG ohnehin durch Gesetz erfolgen und muss daher nicht verfassungsgesetzlich geregelt werden. Da die bestehenden Mitwirkungsrechte nicht verändert werden sollen, sollte die Aufhebung des Art. 23c Abs. 2 bis 5 B‑VG - in den Übergangsbestimmungen - an das In-Kraft-Treten entsprechender bundesgesetzlicher Regelungen geknüpft werden. Derzeit bestehende bindende Vorschlagsrechte bedürfen aber jedenfalls einer verfassungsgesetzlichen Regelung; der vorgeschlagene Wortlaut lehnt sich an die Formulierung in Art. 67 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG an. Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll in dieser Bestimmung auch auf mögliche Stellungnahmerechte einzubeziehender Stellen hingewiesen werden.

III.20a. Abweichende Mitwirkungsbefugnis bei Mitgliedern des Rechnungshofes der Europäischen Union

Ergänzungsmandat:

„Weiters wird der Ausschuss ersucht, einen alternativen Textvorschlag auszuarbeiten, dem zufolge die Mitwirkung an der Ernennung des österreichischen Mitgliedes des Europäischen Rechnungshofes dem Hauptausschuss des Nationalrates allein zukommt.“

Textvorschlag:

Art. 23c (in der vorgeschlagenen Fassung) erhält die Absatzbezeichnung „(1)“. Folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Die Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern des Rechnungshofes der Europäischen Union obliegt dem Hauptausschuss des Nationalrates.“

Anmerkung:

Abweichend von der grundsätzlichen Regelung in Art. 23c B‑VG soll die Mitwirkung an der Ernennung von Mitgliedern des Rechnungshofes der Europäischen Union dem Hauptausschuss des Nationalrates obliegen.

 



[1] Kelsen/Fröhlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (2003) 150.

[2] Die Erläuterungen - AB 249 BlgNR 20.GP - geben zur Frage, warum die Regelungen derart eingehend auf verfassungsgesetzlicher Ebene getroffen wurden, nichts her. In der Lehre - Kucsko-Stadlmayer, Art 59b, in: Korinek-Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht Rz. 1 ff; Mayer, B‑VG3 (2002), Art 59b B‑VG II. ff - wird insbesondere kritisiert, dass die Einordnung dieser Einrichtung in die Staatsorganisation problematisch sei. Es handelt sich bei der Kommission jedenfalls um ein Bundesorgan, das Kontrollfunktionen im Bereich der Bundes- und der Landesvollziehung ausübt. Weiters wird davon ausgegangen, dass die Mitglieder der Kommission bei Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sind.

[3] Der Ausschuss 2 hat sich mit dieser Thematik in der 13. Sitzung am 1. Juli 2004 bereits kurz befasst und laut Protokoll festgehalten, „dass die Formulierung eines „2/3-Gesetzes“ anzustreben ist (Ermächtigung für den Gesetzgeber, ein Verfassungsausführungsgesetz zu erlassen).“